@tm98:
Die virale Last ist laut dieser Studie bei symptomatischen Patienten mit Delta kaum unterscheidbar zwischen geimpft und ungeimpft, zumindest nicht initial. Vorsicht, die Studie wirft gerne asymptomatic in den Raum, das ist aber nicht ganz richtig, weil sie nur Leute sehen, die Symptome zeigen, wenn auch nur leichte und unspezifische - das sagen sie auch mal zwischen den Zeilen in der Discussion:
https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2021.07.28.21261295v1
Deine Quelle beim RKI sagt eigentlich auch genau das, was ich auch sage, nur abgeschwächter und vereinzelt:
Ja, die Impfung vermindert die Chance, sich zu infizieren, mit dem Grundstamm. Bei Delta ist das schon reduziert, wenn auch nur wenig (80-90%). Da aber Delta (was wir aus Studien und dem Infektionsgeschehen ableiten können) wesentlich effizienter infiziert als die Stammvariante, reduziert sich die Verminderung weiter (weil mehr und aggressivere Viren bei Delta & folgenden).
Die Impfung verhindert schwere Verläufe/Hospitalisierungen. Erkrankt bist du schon, wenn du leichten Husten hast (weil du damit Symptome zeigst, also eigentlich per Definition nicht mehr asymptomatisch bist, was aber gern etwas lax ausgelegt wird). Allerdings, und das muss ich zugeben, gibt es keine eindeutige Definition von Erkrankung, d. h. du kannst jederzeit eine andere Definition finden, bei der z. B. Symptome nur dann eine Rolle spielen, wenn deine Lebensqualität dadurch beeinflusst wird.
Zusammenfassend sagt auch das CDC, dass durch die höhere Infektiosität von Delta ähnliche Infektionsraten erreicht werden wie vor der Verfügbarkeit von Impfstoffen. Was allerdings allgemein relativ wenig bekannt ist, auch weil man keine unbiased Tests macht (also einfach random Leute testen, womit man den Anteil asymptomatischer Träger sauber schätzen könnte), wie viele asymptomatische Infektionen es gibt. Und das sagt man leider sehr wenig bzw. übersieht man gern in den Studien (auch weil natürlich der Aufwand wesentlich höher ist). Daher ist die Aussage, dass die Impfung eigentlich nur vor schweren Verläufen schützt, schon weitestgehend richtig. Nicht zu 100%, das ist korrekt, aber in grober Zusammenfassung schon. Und ganz ehrlich: Ich diskutiere schon zu lange über das Thema, mit viel zu vielen völligen Laien, dass ich mittlerweile auch keinen Bock mehr habe, explizit ausdifferenziert zu antworten.
Zumal es da ein weiteres Problem gibt: Deutsch/Englisch und "Wissenschaftlich" haben keine gemeinsame Sprachbasis. Während Letzteres sich eigentlich immer den Weg offen hält, sich zu irren ("xy zeigt an", "lassen auf xy schließen", "scheint wahrscheinlich"), sind die meisten anderen Sprachen eher auf Fakten ausgelegt. Die Nuancen werden entweder gar nicht erkannt, oder, wenn sie erkannt werden, oft in ihrer Bedeutung krass falsch eingeschätzt. Deshalb ist das RKI auch so in der Problematik, die Schwere der Pandemie zu erklären: Sind sie zu wissenschaftlich, interpretieren die Aussagen fast alle Leute falsch und sehen sich bei der Subgruppe der Bevölkerung, die ja "ein gutes Immunsystem" haben und daher sowieso keinen schweren Verlauf haben werden. Versuchen sie zu stark, die eigentlichen Aussagen rüber zu bringen, finden irgendwelche Erbsenzähler aber, dass ja 90% nicht gleich 100% ist.
P.S.: Ich bin immer noch die Erklärung schuldig, aber ich erreiche grad meine Leute nicht, die ich fragen könnte. Bei einem weiß ich, dass es Urlaub ist, bei anderen hab ich die Befürchtung, dass sie nach 1,5 Jahren Pandemie einfach im Burnout hängen.