Dann bist du also für die Domestos-resistenten Biester verantwortlich, die ich regelmäßig mit der Kneifzange aus meiner Hose reiße.
Nein. Meine GVOs verlassen das Labor nur durch den Autoklaven, und wären außerhalb auch so nicht lebensfähig, weil ihnen ein paar Gene zur Herstellung bestimmter Aminosäuren fehlen (u. a.). Wenn du Domestos-resistente Keime hast, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass du sie dir selbst gezüchtet hast. Ich verwende außerhalb eines Labors oder eines Krankenhauses keinerlei Desinfektionsmittel - abgesehen von Haushaltsessig, wenn der Kühlschrank mal riecht und die normalen WC-/Badreiniger, welche durch pH-Wert und den enthaltenen Essig etwas antibakteriell wirken.
Aber das verändert doch auch grundsätzlich das Umfeld und die Reproduktion oder nicht?
Ja und nein. Prinzipiell könnte man durchaus einen Zusammenhang konstruieren, der ist aber nicht so direkt wie der mit Desinfektionsmitteln (der ja nach dem Schema "Was dich nicht umbringt..." funktioniert).
Also: Ja, Hormone beeinflussen die Reproduktion, und damit auch natürlicherweise die Weitergabe des eigenen Gencodes an die Nachfolgegenerationen, ob nun sexueller Natur oder asexuell. Je mehr Nachkommen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass Mutationen in deiner Keimbahn sofort wieder aussterben.
Nein insofern, als dass die Hormone keinerlei Einfluss darauf haben, was genau du an Gencode weitergibst. D. h. Hormone steuern nicht die Zusammensetzung des Gencodes in einem neuen Individuum; bei asexueller Vermehrung wird der komplette Gencode weitergegeben (als Kopie des eigenen Erbguts; das kann haploid - einfach - oder in doppelter Ausführung - diploid - geschehen), bei sexueller Vermehrung ebenfalls (dort allerdings nur als haploide Kopie, die dann mit der Keimzelle des Geschlechtspartners wieder einen diploiden Satz ergibt, der sich in der Folge aneinander angleichen muss - exklusive der Gonosomen, der Geschlechtschromosomen, die immer haploid vorliegen und auch differenziert bleiben, wenn sie unterschiedlich (XY) sind). Ist ein bisschen schwer, das in aller Vollständigkeit ohne Bilder und ohne Wall of Text weiterzugeben, seht mir also bitte nach, wenn ich Ausnahmen (Polyploidie etc.) rauslasse.
Daher spielen Hormone in diesem Zusammenhang nur eine Rolle, wenn tatsächlich wesensverändernde Mutationen im betrachteten Erbgut vorliegen und der Organismus sich insofern aktiv von seinen Artgenossen unterscheidet. Gerade im Hinblick auf Einzeller ist das aber schwer vorstellbar, da Hormonschwankungen sich immer auf die ganze Population auswirken, so dass einzelne Mutanten effektiv nur dann einen Vorteil haben, wenn der entsprechende Hormonpegel ihre eigene Reproduktion beschleunigen, die der ehemaligen Artgenossen jedoch nicht.
Ich meine Antibiotiker und Desinfektionsmittel beeinflussen die Evolution doch afaik auch nur dadurch das sie die Konkurrenz eliminieren.
Richtig. Sie eliminieren empfindlichere Individuen und geben damit den resistenteren Individuen eine Umgebung, in der weniger Nahrungs- und Platzkonkurrenz vorliegt. Gefährlich sind dort aber weniger die Primärmutanten, sondern vielmehr die Prokaryonten, welche über horizontalen Gentransfer die Resistenzgene geschenkt bekommen. Primärmutanten haben durch die Mutation oft einen Nachteil in ihrer Effektivität, weil ja ein Genabschnitt unwiderruflich mutiert wurde, der aber wichtig für die Funktion der Zelle war und jetzt mutationsbedingt schlechter/ineffektiver funktioniert. Sekundärmutanten, also Empfänger, tragen hingegen den unveränderten Abschnitt noch in sich, und zusätzlich die Mutation, können also bei Bedarf entscheiden, welche der beiden Sequenzen verwendet wird oder nicht. Meist werden beide parallel verwendet; der Organismus gleicht die Effektivität dann halbwegs durch Konzentrationsunterschiede aus. Ändert sich die Umgebung, so dass die Mutation vorteilhaft wird, hat der Organismus bereits vorgefertigte Reserven und kann gezielt die Mutation exprimieren.
Beispiel: Penicillin-Resistenz (Beta-Lactamase)
Irgendein Vorgänger hatte eine beklagenswerte Mutation in einem Biosyntheseweg zu erleiden, welche sein ursprünglich tolles Enzym für irgendeine Synthese so abgewandelt hat, dass das Enzym zwar noch seine ursprüngliche Aufgabe erfüllte, jedoch aufgrund von Konformationsänderungen nicht mehr so effektiv wie vorher. Dafür konnte jetzt Beta-Lactam ebenfalls binden und gespalten werden, was vorher nicht möglich war. In einem Beta-Lactamfreien Umfeld wäre diese Mutation scheiße gewesen, weil eine Verlangsamung eines Stoffwechselwegs sich direkt auf die Reproduktionsfähigkeit auswirkt (langsame Reaktion -> mehr Enzym als Ausgleich nötig -> höherer Energieaufwand nötig -> langsamere Reproduktion || und/oder || häufige Fehler -> Entsorgungsschwierigkeiten & Versorgungsschwierigkeiten -> hoher Energieaufwand für gesteigerte Entsorgung und übermäßige Versorgung zum Fehlerausgleich -> langsame Reproduktion). In einem Krankenhaus ist das aber egal: Beta-Lactam behindert die Zellwandsynthese, d. h. keiner kann sich vermehren. Ein Enzym, das Beta-Lactam zerschnibbelt und damit unwirksam macht ist daher quasi der Jackpot und ein Freifahrtsschein für die Vermehrung. Langsam ist schnell, wenn die Konkurrenz gar nicht vom Fleck kommt. Natürlich sind aber Bakterien nicht egoistisch (das wäre ein Irrglaube) - tolle Produkte werden freigibig verteilt (horizontaler Gentransfer). Und so kommt es, dass das Enzym (als genetischer Bauplan) die Runde macht und quasi nur noch produziert wird, um Beta-Lactam zu zerschneiden, während das ursprüngliche Enzym in den Empfängern entweder weiter seine ursprüngliche Aufgabe übernimmt oder aber gar nicht erst vorhanden war, weil der Syntheseweg der Ursprungsspezies gar nicht in der Zielspezies vorkam. Wäre das Ursprungsenzym an letztere Zielspezies ausgeliefert worden, hätte die das verworfen, weil es ja für sie keinen Nutzen gebracht hätte - mit Mutation hingegen ist es ne geile Sache.
So und so ähnlich laufen auch Resistenzen gegen Desinfektionsmittel ab - einzige Voraussetzung ist, dass ein paar Individuen aufgrund von Mutationen eher überleben als andere. Deshalb gilt beim Desinfizieren: Wenn, dann verschwenderisch. Ein bisschen Sagrotan auf die Wäsche tötet gar nichts, sondern verschiebt nur das Gleichgewicht zugunsten der Mutanten - und das ist genau das, was wir NICHT wollen.
genauso wie Bäume an der Sonnen Seite dicker werden.
Werden sie nicht. Der Stamm wird an der windabgewandten Seite dicker, weil er so die Belastungen besser aufnehmen kann.
Das man mit Schädlings-resistenten Pflanzen, auch Schädlings-resistente Pflanzenschädlinge züchtet.
Das ist richtig. Mutanten, die immun gegen das Gift der Pflanzen sind, werden einen unangetasteten Nahrungsvorrat vorfinden. Allerdings, und da haben wir die Natur auf unserer Seite, vermehren sich die Schädlinge sexuell - es besteht eine gewisse Chance, dass die Mutation nicht weitervererbt wird. Darüber hinaus (man beachte obiges Beispiel) existiert der horizontale Gentransfer nicht bei Vielzellern, d. h. die Nachkommen müssen damit leben, dass ihr ursprüngliches Enzym beschissener funktioniert (falls überhaupt noch für die ursprüngliche Aufgabe zu gebrauchen); eine Korrektur durch den unveränderten Gencode (als Zusatz-Gen, siehe oben) ist kaum möglich. Das ist natürlich egal, solange es nur genug Futter gibt, das von anderen Arten nicht angerührt wird. Wird allerdings landwirtschaftlich zwischen zwei unterschiedlichen Giften großflächig variiert (also im Mehrjahresturnus, nie beides zur gleichen Zeit), sterben die Mutanten wieder aus (weil ihr Vorteil beim Wechsel zum Nachteil wird). Das erfordert nur eine großflächige Koordination des Anbaus.