Du behauptest alles und nichts. (
Du verstehst es einfach nicht.
Letzter Versuch: Bgriffe wie "Ausnahmezustand" oder "Notstand" hast Du doch sicher schon mal gehört. Weißt Du auch, was sie bedeuten?
Folgendes: Bürgerrechte werden beschnitten. Parlamentarische Kontrolle wird eingeschränkt. An die Stelle von Gesetzen, die das Parlament mit Mehrheit verabschieden muss, treten von der Regierung erlassene Notverordnungen. Im Kriegsfall auch vom Militär.
Wann wird der Ausnahmezustand oder Notstand erklärt? Bei schweren inneren Unruhen, bei schweren Katastrophen und natürlich bei einem Angriff von Außen.
Denk mal ans Hochwasser zurück: Wenn Polizei oder Bundeswehr Dich wegschicken, kannst Du nicht mit dem GG wedeln und Dich auf Dein Recht auf Freizügigkeit berufen, sondern Du must verschwinden.
Das ist rechtsstaatwidrig und undemokratisch, aber sehr vernünftig.
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Ägypten befindet sich in einer prikären Lage. Es wurde vom Volk eine Regierung mit einer Mehrheit gewählt.
Das ist unzutreffend. Nicht "das Volk" hat gewählt, sondern eine in zwei Lager gespaltene Bevölkerung.
Eigentlich sollte man, wenn man demokratische Maßstäbe ansetzt, also zu dem Schluss kommen, dass Mursi bis zum Ende seiner Amtszeit regieren sollte.
Demokratie heißt keineswegs, dass eine Regierung bis zum Ende ihrer regulären Amtszeit durchhalten muss. Sie kann zurücktreten, sie kann durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden, sie kann durch Uneinigkeit der koalierenden Parteien zum Aufgeben gezwungen werden.
Es ist aber leider so, dass die Muslimbrüder dem Volk falsche Tatsachen vorgespielt haben und falsche Versprechen gegeben haben.
Welche Tatsachen? Woher weißt Du das? Normalerweise tritt eine Partei mit einem Programm an. Darin geht es nicht um Tatsachen, sondern um ein Versprechen für die Zukunft. Wenn eine Partei genügend Stimmen erhält, um die Regierung zu bilden, und wenn sie die Versprechen, die sie gegeben hatte, nicht erfüllen kann, verliert sie den Rückhalt in der Bevölkerung. Wenn der Verlust dieses Rückhalts dramatischen Ausmaße annimmt, sollte sie zurücktreten und Neuwahlen ermöglichen im Interesse des inneren Friedens.
Daraufhin hat das Volk, vermutlich mit einer Mehrheit im Rücken, angefangen zu demonstrieren und zu fordern, die Regierung abzusetzen. Darauf hat das Militär reagiert und im Sinne des Volkes gehandelt.
Das Volk mit der Mehrheit im Rücken? Komisch. "Das Volk" IST immer die überwältigende Mehrheit. Dass eine
überwältigende Mehrheit die Absetzung Mursis gefordert hätte, entspricht offensichtlich nicht den Tatsachen. Ob es überhaupt eine Mehrheit war, weiß keiner. Oder hast Du Mursi-Anhänger und Mursi-Gegner gezählt?
Aber ich fürchte leider, dass das zu einfach gedacht ist. Auch das Militär verfolgt eigene Ziele, die man derzeit nur erahnen kann.
Welche Ziele ahnst Du?
Ich würde mir kein Urteil darüber erlauben, ob das Militär jetzt wirklich der große Heilsbringer ist oder nur die nächste Besatzungsmacht.
Das Militär war noch nie ein Heilsbringer, und im eigenen Land ist es keine Besatzungsmacht.
Mir tut das Volk der Ägypter leid. Jahrelang haben Sie zwar gut gelebt, aber unter einem Regime gelitten, dass auch nicht vor Folter zurückschreckt.
Die armen Ägypter, also die meisten, haben überhaupt nicht gut gelebt. Sowohl die Gefolterten als auch die Folterer waren Ägypter, und zwar Leute "aus dem Volk". Die Dreckarbeit macht die Oberschicht nicht eigenhändig, für sowas hat man Personal.
Dann haben Sie sich erhoben um eben jenes Regime zu stürzen und anschließend fängt das ganze Land an zu straucheln. Das ist traurig.
Das ist nicht traurig, sondern erfreulich normal. Ägypten strauchelt nicht, sondern es brechen soziale Gegensätze und Spannungen auf, die unter Mubaraks autoritärem Regime mit Gewalt am Aufbrechen gehindert wurden.
Die Muslimbrüder verdanken den Zulauf der Massen ihrem Ruf als wohltätige Organisation. Mit Geldern aus Saudiarabien vermutlich haben sie die Ärmsten der Armen unterstützt und durch diese Tätigkeit Anhänger und Gefolgschaft gewonnen. Ihre Anhängerschaft dürften die auf dem Land lebenden und unter den Städtern die sehr armen Ägypter sein. Die Mursi-Gegner dürften eher der städtischen Mittelschicht angehören, auch nicht reich, aber viele haben zumindest Internet, und das hat in Ägypten nicht jeder.
Die Armen ohne Ambitionen und Chancen für sozialen Aufstieg suchen Zuflucht in der Konservierung traditioneller Lebensformen durch die Religion. Wir kennen das Phänomen aus Deutschland und Europa, die Kirche hatte in dörflichen Gegenden noch ihre Bastion, als sie in den Großstädten schon bedeutungslos wurde. Und umgekehrt sieht die städtische Mittelschicht nur im Aufbrechen der traditionellen, durch die Religion vorgegebenen Lebensform eine Chance, den angestrebten Aufstieg zu realisieren.
Das Problem bei der gegenwärtigen Konfrontation zwischen diesen beiden Lagern ist, dass keines von ihnen ein Konzept besitzt, wie die wirtschaftliche Lage auch nur der eigenen Gruppe zu stabilisieren oder gar zu bessern wäre. Deshalb dreht sich im Streit zwischen den Lagern alles um die Frage, mehr oder weniger Islam, ein Frage, bei der keine Kompromisse möglich sind. Die wahren Probleme - wovon soll sich das Land ernähren, was soll es produzieren, wo finden die Menschen Arbeit und Auskommen - werden verdrängt und an ihre Stelle tritt ein Weltanschauungs- oder Glaubenskrieg. Die einen erwarten vom Koran ein Wunder, die anderen, nicht minder gläubig, erwarten das Wunder vom weltlichen Staat.
In dieser Situation halte ich die Militärherrschaft für eine gute Interimslösung, und ich halte es für zwar verständlich, aber falsch, dass die EU auf schnelle Neuwahlen und Einsetzen einer zivilen Regierung drängt. Dann ist die demokratische Fassade zwar wieder vorhanden, aber sie kann nur Kosmetik sein, weil die Menschen im Augenblick keine wirkliche Wahl haben zwischen plausiblen Konzepten für die Wirtschaftspolitik. Keine Partei kann damit aufwarten.
Es braucht Zeit, bis die zu bildenden Parteien solche Konzepte präsentieren können, es braucht noch mehr Zeit, damit die Bevölkerung sie diskutieren kann. Erst danach sollten Wahlen abgehalten werden, erst danach werden die Menschen fähig sein, nicht zwischen irgendwelchen Gallionsfiguren oder Weltanschauungen, sondern wirtschaftspolitischen Programmen zu wählen.