Sicherlich wissen deine Kollegen vor Ort
Danke, vielen Dank. Meine Kollegen wissen das, ich jedoch bin dazu zu blöde.
Ich rede nicht davon, in Sekunden eine Entscheidung zu treffen. Mir reichen in einer Pandemie Tage. Und ja, es geht in einer Pandemie um Tage, weil die Zyklenzeit sich im Mittel an die Dauer zwischen Ansteckung und Weiterverbreitung annähert. Das ist bei SARS-CoV-2 bei 2-5 Tagen. Wenn du mit dieser Information zurückblätterst auf meine Rechnungen, kannst du dann IM ANSATZ verstehen, warum diese Rechnungen, die eine Gesamtzeit von 20-50 Tagen umfassen, es klar machen, dass eine Stiko, die einmal alle 3 Monate tagt, völlig untauglich für adäquate Reaktionen ist?
Nur um das deutlich zu machen: Die Stiko war nie als pandemisches Entscheidungsgremium ausgelegt. Das ist eine Gruppe, die sich normalerweise alle Jahre zweimal trifft, um aktuelle Impfungen und deren Veränderungen (d. h. aktualisierte Rezepturen, mögliche neu aufgekommene Gefährdungsbeurteilungen von Beistoffen, mal der ein oder andere neue Impfstoff) ein bisschen einordnen zu können und Empfehlungen auszusprechen. Da geht es dann um Krankheiten, die lange schon endemisch sind, und deren Verbreitung wenig dynamisch ist (= kaum Veränderungen in den Infektionszahlen über Jahre hinweg). Also ein recht entspannter Job.
Jetzt haben wir eine hochdynamische Lage, ähnlich dynamisch wie das Wetter. Man kann grob sagen, wie sich Tiefdruckgebiete über die nächste Woche entwickeln werden, aber ob es nächsten Samstag in Bad Dürkheim regnet und wie viel, vermag niemand sicher zu sagen. Jedoch kann, im Gegensatz zum Wetter, darauf frühzeitig reagiert und der Verlauf gesteuert werden. Dazu haben wir drei Hauptmaßnahmen: Impfungen, Masken, Lockdowns.
- Impfungen verringern die Ansteckungsgefahr (und damit auch die Weiterverbreitung), und den Schwereverlauf (der aber für die Proliferation eigentlich scheißegal ist, sofern er nicht wie bei Hämorrhagischen Fieberviren so massiv einschlägt, dass die Leute tot sind, bevor sie das volle Verbreitungspotential ausgeschöpft haben)
- Masken verringern die Ansteckungsgefahr in Situationen, an denen sich zwei Wirte treffen
- Lockdowns verringern die Ansteckungsgefahr, weil die Situationen, an denen sich zwei Wirte treffen, seltener werden
In den epidemiologischen Berechnungen zeigen daher diese Maßnahmen keine vollständig kumulative Wirkung. Lockdowns vermindern die Effektivität der Masken und Impfungen, weil wenn sich Wirte nicht treffen, ist es auch egal, ob deren Ansteckungspotential 2% oder 100% ist. Impfungen und Masken hingegen kumulieren, weil man da eben nicht die Wirte voneinander trennt, sondern die Kontakte halbwegs normal weiter bestehen, und lediglich die Übertragbarkeit sich vermindert. Daher sind Impfungen so verdammt wichtig, um die Verbreitung zu verringern.
Insgesamt macht es einfach wenig Sinn darüber zu diskutieren das wir Kinder impfen müssen weil die angeblich die ITS vollmachen.
Nochmal: Der eigentliche Sinn der Impfungen ist nicht, die ITS zu entlasten (das war ein nettes Geschenk an die Egoisten, die sich nur impfen lassen, wenn es ihnen einen unmittelbaren Vorteil bringt). Eigentlich ist das sogar kontraproduktiv. Je mehr Leute nämlich am Virus sterben, desto weniger Wirte gibt es in der Gesamtpopulation, und das drückt die Verbreitungsrate. Und ja, das ist zynisch, aber ein völlig normaler Teil der Berechnungen (daher sind Hämorrhagische Fieber auch keine Pandemien, sondern fast ausschließlich lokalisierte Ausbrüche, die einen Landstrich mal kurz von Wirten säubern und dann am Wirtsmangel zugrunde gehen, bis wieder ein zoonotischer Übergang stattfindet und einen neuen Keim in einer weiteren Population setzt). Das sind auch Probleme, die ich explizit in den oben aufgeführten Berechnungen rausgelassen habe, weil die Modellierung von Populationen und deren Kontakten wirklich, wirklich schwierig ist (SARS-CoV-2 hat zum Verständnis derselben einiges beigetragen, soweit ich mitbekommen habe, zumindest solange die Clusterverfolgung funktioniert hat). Unabhängig davon ist aber das Fehlen der Bremskomponente in obigen Berechnungen nicht der entscheidende Punkt - wichtig war nur zu zeigen, wie sich auch geringe Änderungen der Verbreitungsrate über mehrere Wochen hinweg massivst auf die Infektionen auswirken. Und da die Bremskomponente in allen Berechnungen gleich wirkt, ist der Fehler auch an sich egal.
Und um jetzt NOCHMAL auf Mutationen einzugehen: Das ist ein Problem, das wir uns selbst eingehandelt haben, durch viele Faktoren. Einer der Hauptfaktoren ist die schlechte weltweite Impfquote (die widerum Auswirkung von Egozentrik in Einzelpersonen sowie Gier und Mangel an Weitsicht in Politik und Wirtschaft ist). Mutationen passieren. Es ist der berühmte Affenvergleich mit Shakespeare. Klar werden zwei Affen, die zufällig auf einer Schreibmaschine rumhacken, in Jahrzehnten keinen einzigen Satz aus Hamlet produzieren. Aber mehrere Milliarden Affen, die das tagtäglich tun, werden es irgendwann schaffen.
Und das ist der Punkt mit Mutationen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie passieren, ist in Viren hoch. Sowieso schon. Jede 1.000ste bis 10.000ste replizierte Base im Genom des Virus wird eine Mutation sein. Die Rate ist im Menschen übrigens genauso hoch, nur haben wir, im Gegensatz zum Virus, dagegen noch Korrekturmechanismen, eben weil die Natur mit dieser Fehlerquote rechnet und diese vergleichsweise riesige Fehlerquote ohne Korrektur die Entwicklung eines Menschen (oder irgendeines mehrzelligen Organismus) völlig unmöglich machen würde. Bei Viren ist das aber egal, da wäre es theoretisch schon egal, wenn nur jeder zweite Virus funktional wäre (wir reden hier schließlich von einem Ding, das aus einem einzigen funktionsfähigen Individuum zwischen 100 und 10.000e Kopien produzieren kann). 99,99x% aller Mutationen sind negativ für die Fitness des entstehenden Virus. Also fast alle. Aber eben nur fast. Wenn man bedenkt, dass in jeder Infizierte Milliarden von Viren in seine Umgebung ablässt, kann man schon davon ausgehen, dass allein dort hunderte funktionsfähiger Mutationen darunter sind. Glück für uns: Die wenigsten Viren infizieren andere Wirte. Pech für uns: Es gibt genug davon, d. h. von Wirten und von Mutationen. Omikron ist das "Sein oder nicht sein, das ist hier die Frage!", das einer der Milliarden Affen zufällig auf seiner Schreibmaschine produziert hat. Delta war das "Der Rest ist Schweigen", produziert von einem anderen Affen auf einer anderen Schreibmaschine. Jedes Mal, wenn wieder ein Zitat korrekt getippt wurde, kommen weitere Milliarden Affen dazu, eben weil sich die Ansteckungsrate/Fitness erhöht und damit mehr Wirte in der Lotterie mitspielen. Wenn wir also verhindern wollen, dass der nächste Affe zusätzlich noch Romeo und Julia zitiert, müssen wir anfangen, Affen zu erschießen. Und zwar schneller, als neue Affen dazu kommen. Aktuell vermehren sich die Affen und Schreibmaschinen jedoch wie die Blöden, und wir gucken mit Pistole im Holster zu, weil zu viele schreien "Ich bin Pazifist!"
Affen erschießen ist Impfen. Und Masken. Und Lockdowns. Alles Dinge, die gemacht werden müssen. Omikron ist nur ein weiterer Schritt auf der Evolutionsleiter. Die Leiter ist aber endlos, per Definition erst am Ende, wenn der Virus keine Wirte mehr findet - d. h. die Menschheit und fast alle hohen Lebewesen entweder gegen alle Varianten immun sind, oder tot. Aktuell ist Letzteres die finale Grenze, weil Immunität offenbar nicht richtig funktioniert. DAS ist die Lehre aus dem "Die Impfstoffe wirken gegen Omikron aber nicht mehr richtig."
Hier wird es teilweise so dargestellt als seien Kinder extrem gefährdet und extreme Infektionstreiber. Das entspricht halt nicht der aktuellen Datenlage.
Alle Erwachsenen müssen durchgeimpft werden, das muss das Ziel sein.
Die zitierten Zahlen sagen aber genau was anderes als du hier behauptest. Und deine Behauptung wird nicht wahrer, wenn du sie nur stumpf wiederholst.
Sag mal, bist du zu blöde, eine Modellierung durchzuführen, oder einfache Berechnungen nachzuvollziehen? Ich hab dir oben schon ausgeführt, in Zahlen mit allen Formeln dazu, dass das Impfen aller Erwachsenen allein nicht mehr ausreicht. Das hat seit Delta nicht mehr ausgereicht. Muss ich dir erst die ODS-Datei geben, damit du das siehst?
Würden aber gerne noch 1-2 jahre damit Warten, um einfach zu sehen wie die kleinen Körper generell auf solch eine Impfung reagieren.
Da man auch durch die Medien sehr verunsichert wird wie eine Impfung & deren Nebenwirkungen werden kann.
Ich weiß, ich bin hier schon der Drostensche Papagei. Trotzdem nochmal: Impfungen sind KEINE Medikamente. Der primäre Wirkmechanismus ist anders, und zwar sehr kurzfristig. Das bedeutet, man sieht nach wenigen Wochen alle Nachwirkungen der Impfung. Was man NICHT sieht, ist die Dauer des Impfschutzes, und das liegt an folgendem Problem:
Das Immunsystem ist komplex, daher ist das hier nur ein sehr grober Schnitt, aber im Prinzip wird die Langzeitimmunität durch B-Zellen hergestellt, während die kurzfristige Immunität durch Antikörper im Blut entsteht. Antikörper sind das Überbleibsel aus einer vorangegangenen Infektion oder Impfung, und werden nicht weiter nachproduziert, wenn keine Notwendigkeit dafür gegeben ist (weil das energetisch gesehen Verschwendung wäre, und während die Natur als Ganzes zwar die Verschwendung liebt, ist der einzelne Organismus für die Umwelt besser angepasst, wenn er sparsam mit den Ressourcen umgeht). Antikörper sind Proteine (Eiweiß), und die halten alle nicht ewig. Es gibt stabilere und instabilere, daher ist ein Mittel schwer anzugeben, aber wie stabil jeder einzelne ist, lässt sich immer nur in Wahrscheinlichkeiten und damit Halbwertszeiten für den Einzelfall berechnen, was aber kompliziert und extrem aufwändig ist (hier sei mal auf das
FoldIt-Projekt verwiesen). Da Antikörper an ihren Bindedomänen (also dort, wo sie den Virus erkennen) Zufallsprodukte sind, ist das selbst von Mensch zu Mensch also nicht übertragbar.
Lange Rede, kurzer Sinn: Antikörper sind die erste Immunabwehr, schwimmen im Blut rum und gehen mit der Zeit kaputt - wie schnell, kann man erst im Verlauf der Zeit und im Durchschnitt sehen.
Für den Langzeit-Schutz stellt der Körper die Fabriken dieser Antikörper (die spezialisierten B-Zellen) aufs Abstellgleis (in die Milz und die Lymphknoten). Da kommt man also nicht wirklich ran, es sei denn, man überzeugt den Körper mit einer weiteren Impfung oder Infektion, dass er gerade wieder vom gleichen Arschloch angegriffen wird. Dann wird die Produktion wieder angeworfen und die Vernichtungsmaschinerie geht ihren Gang.
Dumm nur: Wir impfen gerade noch gegen Alpha. Delta sah schon anders aus. Omikron sieht wieder anders aus. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Körper beim Kontakt mit einer der neuen Varianten sich auf die bereits eingelagerten Fabriken (die ja für Alpha erstellt wurden) rückbesinnen kann, sinkt. Man kann sich das vorstellen wie im Krieg: Gegen den
T-40 war der deutsche
PzKpfW II mehr als ausreichend. Als die Sowjetunion jedoch den
T-34 ins Feld schickte, war die Produktion weiterer PzKpfW II nutzlos, sofern dieser nicht mit einer bestimmten Kanone ausgerüstet war. Im Gegensatz zum Körper kann man im Krieg aber Modelle abwandeln und Fabriken umstrukturieren. Ersterer hingegen muss einsehen, dass die eingelagerten B-Zellen für die aktuelle Bedrohung nutzlos sind und sich wieder ans Reißbrett setzen und neue B-Zellen ausbilden. Das dauert. Einige Individuen mögen zwar den verbesserten PzKpfW II von vornherein produziert haben, und der wird dann auch genutzt für die neue Bedrohung, aber eben nur ein bestimmter Prozentsatz - der Rest wird zum sog. Impfdurchbruch.
Eine Impfung manipuliert nicht am Körper rum, wie es Medikamente tun. Eine Impfung ist für den Körper Tagesgeschäft. Ob das nun eine Impfdosis oder ein Bad im warmen Baggersee ist, ändert für den Körper nichts an der Vorgehensweise. Und daher ist die Gefahr von Spätfolgen auch nichtexistent. Langzeitfolgen können auftreten, die treten aber direkt danach auf. Der Unterschied zwischen Spät- und Langzeitfolgen wird dummerweise in der Presse nicht gemacht. Eine Spätfolge ist etwas, das erst nach langer Zeit auftritt, und kann kurz anhalten, oder auch zur Langzeitfolge werden. Reine Langzeitfolgen treten direkt auf, und sind für lange Zeit sichtbar. Bei den Impfungen haben wir keine Langzeitfolgen, die nicht durch den Virus in viel höherer Wahrscheinlichkeit hervorgerufen werden. Spätfolgen haben wir durch Impfungen prinzipbedingt schon nicht. Wir haben ja auch keine Spätfolgen vom Bad im Baggersee. Langzeitfolgen können wir davon haben - wenn wir zum Beispiel ins zu flache Wasser gesprungen sind und uns den Fuß dabei gebrochen haben. Aber niemand geht her, wenn er sich zwei Monate nach dem Bad den Fuß bricht, dieses Ereignis auf das Bad im Baggersee zu schieben.
Aber gerade da bei der neuen Omicron variante schon Gespräche laufen, das der Impfstoff nicht so wirklich wirkt und Angepasst werden muss,
sehen wir bei Covid für die Zukunft eine alle 6-12 Monate Auffrischungs Impfung für die Mutation der Mutation, und bis das nicht eindeutig geklärt ist, möchten wir noch warten.
Und? Was ändert das an der Problematik und damit an der Entscheidung?
Wenn sich euer Kind mit Delta infiziert, und ungeimpft ist, ist es nachher geimpft. Mit den möglichen Schäden. Die Schutzwirkung gegen Omikron ist entweder da, oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Infektion eine Schutzwirkung gegenüber Omikron hinterlässt kann höher sein (das liegt daran, dass ein Virus nicht nur ein Oberflächenprotein hat, und der Körper zufällig auch eines für den Antikörperbausatz wählen kann, das in der Impfung nicht vorkommt und sich zwischen den Varianten auch nicht geändert hat), kann aber auch niedriger sein (wenn das gewählte Protein sich stärker verändert hat als das Spike, das in der Impfung ist, und damit noch schlechter erkannt wird).
Es ändert gar nix. Ihr werdet in Zukunft immer neue Varianten sehen, weil die weltweite Politik eine Ausrottung unterlässt und damit den Mutationen in die Karten spielt. Und bei Mutationen ist es nunmal so, dass die Fittere sich durchsetzt, und das sind IMMER die Neuen, während die alten wegsterben. Impfungen sind Chancen, Infektionen zu bekommen ohne die tatsächlichen Auswirkungen. Sie sind der Boxkampf im Trainingslager. Man kann dort einen Kampf gegen Vladimir Klitschko trainieren, für den Fall, dass man ihn im Entscheidungskampf mal trifft. Natürlich bringt das wenig, wenn stattdessen Henry Maske vor einem steht, aber es ist immer noch besser als gar nicht trainiert zu haben.