[Politik und Gesellschaft] Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschem Vorbild

Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling sieht das deutsche Hartz4-Modell aus Vorbild. Das Arbeitslosengeld sei zu hoch und für Unternehmen sei es schwer Arbeitskräfte zu finden, da das Arbeitslosengeld und das Arbeitseinkommen fast gleich hoch sind, so Schelling. Die Grünen und der ÖGB(österreichische Gewerkschaftsbund) wittern eine Demontage des Sozialstaats, denn die Arbeitsstellen, die in Deutschland geschaffen wurden, sind in erster Linie Niedriglohn-Jobs.



Zitat Schellings aus dem Interview mit den Standard:

In einem Interview mit dem „Standard“ beurteilte der Politiker das deutsche Hartz-IV-Modell als nachahmenswert. „Es ist auch deshalb schwer, Arbeitskräfte zu finden, weil das Arbeitsloseneinkommen fast genauso hoch ist wie das Arbeitseinkommen. In Deutschland gibt es mit HartzIV ein Modell, das offenbar besser funktioniert“, sagte Schelling.

Quellen:

http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/4784683/Hartz-IV-kommt-in-Osterreich-an?_vl_backlink=/home/wirtschaft/index.do
http://derstandard.at/2000019681222/Schelling-Arbeitslosengeld-in-Oesterreich-ist-zu-hoch

 

[Trolling Stone]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Tja, so wird es überall geschehen. Statt die Reichen vernünftig zu besteuern, geht es denen an den Kragen, die eh nix haben.
Wie halt bei uns.

Wir sind halt eine Solidargemeinschaft.

 

[virtus]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Tja, so wird es überall geschehen.

Die Wiedereinführung der Sklaverei kommt auch wieder.
Das nennt sich dann nur etwa "Standardlebensbedarfsdeckung (SLBD)" bei Brot und Wasser, einem Kämmerchen und Fließbandarbeit.
Es wird der Zeitpunkt sein, zu dem uns Unternehmen diktieren, was wir wann wie und in welchen Mengen konsumieren dürfen, um ihnen im Gegenzug unsere dauerhafte Arbeitsleistung zu überlassen. Immerhin braucht so jeder nur noch für sich zu hoffen, dass er zum richtigen Zeitpunkt auf der richtigen Seite steht.

 

[Ruby]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Wie man an dem Interview erkennt, ist der Herr Finanzminister ein typischer Politiker: Schwingt Reden für die Wirtschaftslobby, hat von der Realität aber keine Ahnung.

 

[electric.larry]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

@Ruby: Wenn dieser "Erguss" das Erste wär, was ich von Herrn Schelling sehen würd, dann würd ich mir das vielleicht auch denken. Es stimmt so eigentlich aber nicht.

Der war schon Millionär, bevor er Politiker war. Er hat sich nach dem BWL Studium bei verschiedenen Firmen (KIKA/Leiner, LUTZ, PALMERS) nach oben gearbeitet. Er hat 2009 Anteile an Lutz (Möbelkette) verkauft, da dürft ein großer Teil davon herstammen. Er ist auch Vorstand im Hauptverband der SVA und bezieht dafür einen vergleichsweise niedrigen Betrag, man spricht von 3.000 Euro Brutto. Also eigentlich kein Berufspolitiker.

Hab eine Rede von ihm vor mehreren KMUs gesehen und da machte er auch absolut nicht den Eindruck, von der Realität keine Ahnung zu haben. Woher die tolle Idee für weniger Arbeitslosengeld jetzt stammt, das kann ich mir nur schwer erklären, hätte soetwas trotz ÖVP-Nähe von seiner Seite nicht erwartet.

Er hat aus meiner Sicht im Prinzip ja auch nicht ganz unrecht, dass man beim Arbeiten nicht deutlich viel mehr verdient als bei der Arbeitslosen, ist ja ein Armutszeugnis für den Wirtschaftsstandort. Aber ich hätt draus geschlussfolgert, dass man die Mindestlöhne branchenübergreifend anheben müsste, anstatt die Arbeitslose runter bis auf die Armutsgrenze zu beschneiden.

Was wollen die Firmen denn in 15 Jahren noch verkaufen, wenn keiner ihrer Mitarbeiter sich irgendetwas davon noch leisten kann? Wird dann nur noch in den Osten exportiert, weil es sich hier dann keiner mehr kaufen kann?

Ein Beispiel über das ich micht letzte Woche so geärgert hab: Der Installateur, der bei mir den Geschirrspüler reparieren hätte sollen, berechnet alleine für die Anreise (keine 10 Minuten zu Fuß von meiner Wohnung entfernt) 70 Euro. Mit seinem Einkommen könnt er sich aber wahrscheinlich seine eigene Arbeit kaum leisten.
Ich könnt es mir vielleicht noch leisten, aber da kommt mir Anreise und Reparatur auf 150 Euro während ein "neuer" gebrauchter Geschirrspüler mit Lieferung für 120 zu haben ist.

 

[TBow]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Da hat wohl der Neu-Winzer Schelling zuviel vom eigenen Wein erwischt.
Mit dem Koalitionspartner SPÖ ist das in der Form nicht zu machen und die zahlreichen Nachteile des Harzt4 Mlodells wurden nach seinen Aussagen auch schon aufgezeigt. Der Koalitionspartern ist dagegen und die 2 größten Oppositionsparteien auch. Das Sommerloch lässt grüssen.

 

[The_Emperor]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Ich finde die Idee genial. Details hat er zwar noch keine verraten, aber ich wäre für ein durchwegs härteres System wo man nur einige wenige Monate ALG bekommt. Wer danach nicht arbeiten will (jeder der arbeiten will findet Arbeit) hat die Wahl zwischen Arbeitsdienst mit stark gekürztem ALG oder Streichung sämtlicher Sozialleistungen wie ALG, Kindergeld oder Krankenversicherung. Damit hätte man vermutlich in wenigen Jahren Vollbeschäftigung und das allgemeine Bildungsniveau würde genau so steigen.

 

[Ruby]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

@The_Emperor:

Also wie in Deutschland, wo 3.500.000 Arbeitslose auf vielleicht 500.000 offene Stellen (sofern die denn wirklich alle existieren) kommen?

 

[The_Emperor]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Wenn man die Arbeitsplätze dazu zählt die durch Facharbeitermangel vernichtet wurden (Auslagerung in andere Länder, "Import" von hochqualifizierten Ausländern, ...) halte ich Arbeitslosenzahlen im 6-Stelligen Bereich für plausibel.

 

[Trolling Stone]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

@The_Emperor: Man merkt, dass du den Durchblick hast.
Nicht begreifend, dass dieses System nur wieder die Reichen reicher macht und die Armen ärmer, weil dadurch der Niedriglohnsektor steigt.

 

[The_Emperor]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Es macht das System reicher, nicht die Reichen. Dank Sozialstaat wird momentan der belohnt der nichts tut. Man könnte ja auf abwegige Gedanken kommen und sich um sein eigenes Weiterkommen bemühen, nach der Arbeit eine Abendschule besuchen oder längerfristige Praktika machen um sich praktische Fähigkeiten anzueignen. Wer für ein paar hundert Euro Böden schrubbt und nur in Selbstmitleid versinkt hat vermutlich kein Interesse daran seinen eigenen Lebensstandard zu erhöhen.

 

[Trolling Stone]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

@The_Emperor: Man merkt, dass du den Durchblick hast.

Ich bleibe dabei.

 

[TBow]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Dank Sozialstaat wird momentan der belohnt der nichts tut.

Aha, wie hoch ist denn in Österreich die Nettoersatzrate?
Recherchiere mal und rechne uns dann das ALG für eine Person aus, die im Niedriglohnsektor für zB 1200 arbeitet.
Na, wieviel liegt die dann über der Mindestsicherung, oder "stockt" man da schon auf?
Aber aufgepasst, ich kenne die Lösung. Also nicht schummeln, sonst gibts was mit dem Stock auf den Popo.

 

[The_Emperor]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Ich bleibe dabei.

Die Erläuterung eines rationalen Standpunktes würde in einer Diskussion mehr nützen als das Zitieren eigener Beiträge.

 

[electric.larry]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Deine Überlegung stimmt,wenn man davon ausgeht,dass jeder das Privileg hat,eine ordentliche Ausbildung zu machen. Leider gibt es hier aber massive Unterschiede in der Bevölkerung. Denk mal nicht an 20 bis 30 Jahre alte Akademiker,sondern an eine 55 Jährige Haushälterin. Du meinst,diese wird mit ein paar Wifi Kursen eine tolle Qualifikation bekommen?

 

[The_Emperor]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Kein Privileg für eine Ausbildung in einem gut bezahltem Mangelberuf, aber bereits die Schulpflicht ist eine hervorragende Basis für einen erfolgreichen Start in eine weitergehende Schule oder berufsbegleitende Ausbildung. Die Schulpflicht ist der kleinste gemeinsame Nenner den ein zukünftiger Straßenkehrer mit einem zukünftigen Finanzexperten teilt. Was man daraus macht bleibt jedem selbst überlassen. Einer 55 jährigen Reinigungskraft (nur als extremes Beispiel genommen) werden Weiterbildungskurse kaum noch weiterhelfen, denn ohne Ausbildung hat man keine Chancen, vor allem nicht kurz vor der Rente. Aus nichts wird auch nichts, hier ist der Fehler nicht beim Staat, der aktuellen Arbeitsmarktsituation oder dem Amt zu suchen.

 

[TBow]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Und was willst du uns mit den Allgemeinplätzen sagen?
Kritisierst du die Höhe der Nettoersatzrate?
Passen dir die Kriterien für die Mindestsicherung nicht?

 

[The_Emperor]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Nicht die Höhe der Nettoersatzrate, sondern die Dauer in der man sie beziehen kann. Mindestsicherung mag ein wünschenswerter Schutz vor Obdachlosigkeit sein, deren Höhe ermöglicht aber viel mehr ein "würdevolles Dahinvegetieren" statt Anreiz für Jobsuche zu geben.

 

[Trolling Stone]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Weil Arbeit ja bekanntlich frei macht, ne?
Und nur, wenn jeder auch fleißig arbeitet, kannst du ruhig schlafen?

 

[TBow]

Re: Österreichischer Finanzminister erwägt Hartz4-Modell nach deutschen Vorbild

Mindestsicherung mag ein wünschenswerter Schutz vor Obdachlosigkeit sein, deren Höhe ermöglicht aber viel mehr ein "würdevolles Dahinvegetieren" statt Anreiz für Jobsuche zu geben.

Na Sapperlot, da erdreistet sich doch der österreichische Staat mehr zu geben, als für ein würdevolles Dahinvegetieren notwenig wäre. Verdammte soziale Errungenschaften.
Aber gut, hock dich einfach ins AMS und besorg all den Leuten Arbeit. Viel Glück, du wirst es brauchen, all den Billiglöhnern Arbeit zu verschaffen.

Ach ja, da fällt mir was ein. Wir kürzen das ALG, kassieren stattdessen ordentlich Steuern auf die hohen Gehälter und nicht arbeibtsbezogene Einkommen und subventionieren damit die niedrigen Arbeitseinkommen.
Dann verdient auch der Billiglöhner netto 3000 Euronen und alle sind glücklich. Dann hast du den Anreiz, den du willst. Ich wette, die "Oberschicht" ist ganz scharf drauf, so einen Anreiz in die Tat umzusetzen.