überhaupt ein konzept von "wertung"
...und genau da irrst du dich. Die Natur wertet nicht moralisch, das ist auch völlig richtig (wir Menschen tun das auch nicht, wir glauben es nur, weil wir gegen ein derzeitiges Moral"system" abgleichen, das aber selbst ständig Änderungen unterworfen ist und sich teilweise völlig umkehrt). Aber die Natur wertet die "Fitness" einer Spezies mithilfe aller anderen Individuen der Umgebung. Ein Bär, der keine Krallen und Zähne mehr hat, aber dafür ein hocheffizientes Verdauungssystem wird wahrscheinlich untergehen, weil ihm die Wehrhaftigkeit fehlt - trotz eindeutiger Überlegenheit an anderer Stelle. Das ist Evolution - die fortlaufende Wertung der Natur, ob eine Spezies sich in ihrer Umgebung behaupten kann oder nicht. Insofern ist sogar eine Selbstzerstörung der Spezies kein Wertungsproblem; es zeigt sich die Nichtangepasstheit an die Folgen der eigenen Produktion (wir Menschen sind da nicht allein, schau dir Hefen an, die in Maische so lange Alkohol produzieren, bis sie sich damit vergiftet haben).
...und andererseits sprichst du von der überheblichkeit des geistes, was doch nur ein anderer geist beurteilen kann.
Das ist korrekt und keinesfalls inkonsequent, da ich nur Gefahren aufzeige, nicht die Fitness der menschlichen Art bewerte. Ich kann auch problemfrei behaupten, dass ein Bär mit besserer Verdauung und keinen sonstigen Änderungen Vorteile in seiner Umgebung haben wird - ob die Natur mir in dieser Behauptung Recht gibt oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Es ist eigentlich ganz simpel: Ich sehe mir die Vergangenheit an, sehe, was die "Überlegenheit des Geistes" schon für Unsinn angerichtet hat und sage folgernd daraus, dass Irrtümer, wie in der Vergangenheit geschehen, in den falschen Fragen den Untergang unserer Spezies bedeuten können. Oder willst du mir etwa widersprechen wenn ich behaupte, dass ein durchgeknallter Affenabkömmling in einem ICBM-Silo beim Drücken auf den falschen Knopf nicht das "Ende der Welt" einläuten kann, wenn er in seiner Selbstüberschätzung nicht der Einzige ist? Der Natur ist das einerlei, es werden unzählige Spezies überleben (weil sie an diese rapide Änderung der Umgebung angepasst sind) und die Welt wird einen weiteren Evolutionssprung erleben, weil sich unzählige neue Nischen auftun werden. Mit Schlecht oder Gut als moralische Wertung hat das nichts zu tun. Wir werden einfach sterben, weil "schlecht" angepasst - und wir wären sogar selbst schuld daran.
gibt es denn in der tierwelt eine wissensweitergabe über die generationen, die nicht ausschließlich chemisch bzw. genetisch passiert?
Ja, unzählige Male; eigentlich bei jedem Tier mit ausgeprägtem Sozialverhalten. Affen, Delfine und die verwandten Orcas, teilweise Vögel (Raben & Werkzeugverwendung), Ratten - im Allgemeinen sind es Säugetiere, einige Fischarten und Vögel, die diese Wissensweitergabe praktizieren können, wobei Intelligenz, Kreativität und die Aneignung von Problemlösungsstrategien bei weit mehr Spezies vorkommt und nicht auf Sozialverhalten angewiesen ist (Beispiel: Octopoda).
was für ein glück, dass die e.coli viecher dumm wie brot sind, ansonsten würden sie ruck-zuck eine mutation hervorbringen, die sofort die ganze menschheit auslöscht.
Fehlverstandene Evolution:
1. Mutationen sind zufällig und nur von der Größe des Genoms sowie der Häufigkeit mutagener Vektoren abhängig.
2. Intelligenz ist nur EINE Überlebensstrategie im Baukasten des Lebens, nicht DIE. Wer sich schneller vermehrt als seine Umgebung braucht sie nicht - da ist die Anpassung an neue Nahrungsquellen und Habitate wesentlich zielführender.
(wobei das mit dem parallelismus dennoch nicht aufgeht, weil die einzelnen bakterienstämme voneinander isoliert sind und nicht global kooperieren)
Global nicht, lokal aber sehr stark. Ich habe den horizontalen Gentransfer angesprochen, der nicht einmal auf die eigene Art beschränkt ist und vor Allem gezielt vorteilhafte Mutationen verbreitet. Kooperation gibt es zuhauf. Und dank der globalen Umtriebigkeit des Menschen ist es mit dem Global auch nicht mehr weit her (MRSA anyone?).
Und der Vorteil einer geplanten Evolution technischer/wissenschaftlicher Natur ist erst dann gegeben, wenn diese deterministische serielle Schrittfolge schneller zum Ziel führt als massive Zufallsberechnung paralleler Art. Brute Force ist eine Lösung, die oft schneller ist als analytisches Vorgehen. Sieh dir doch mal den Cryptoalgorithmus DES an. Und glaub mir eins: Die Natur hat aufgrund der Unmenge an Probanden einen auf Dauer unschlagbaren "Großrechner".
der erkenntnisfähige geist ist ein radikaler paradigmenwechsel in der biologischen evolution! das gab es vorher noch nie!
Oktopoda sind Weichtiere - näher verwandt mit den Schnecken als mit uns. So viel zu "noch nie". Und über vergangene Spezies (etwa die Raptoren) wissen wir NICHTS. Es gibt sogar Überlegungen, dass selbst eine Hochkultur einer Dinosaurierart keinerlei Spuren hinterlassen hätte, die wir heute finden könnten (und zwar aufgrund der Kurzlebigkeit der Kultur, der gigantischen Zeiträume und der massiven Erosion durch die Natur - vergleiche mal den Zeitraum zu den Ägyptern und was von denen heute noch da ist). Von einer Momentaufnahme in der Evolution auf ein "noch nie" zu kommen, das ist sportlich - und selbstüberschätzend.
die natur hatte noch überhaupt keine zeit, darauf zu reagieren.
Wie kommst du denn darauf? Hast du Haustiere? Hunde, Katzen? Kennst du Malaria, HIV und Trypanosoma? Schon mal in deinem Keller gewesen, was da an Spinnen, Asseln und Käfern bei dir lebt? Hausstaubmilben sind dir ein Begriff? In Chernobyl gibt es nach weniger als 30 Jahren einen Pilz, der sich von Strahlung ernährt, der Hausschwamm gehört zu den gefürchtetsten Pilzen in urbanen Gebieten.
Nur weil dir noch kein Einsiedlerkrebs deine Wohnung streitig gemacht hat bedeutet es doch noch lange nicht, die Natur würde auf uns nicht reagieren!
alle "makroskopischen" gefahren wurden besiegt und ressourcen für den erhalt und wachstum der spezies beschafft
Die größte Gefahr wurde nicht besiegt und die Rohstoffe gehen uns langsam aus. Wir sind etwa an dem Stadium, den auch die Blaualgen in der frühen Atmosphäre hatten, als langsam der Sauerstoffgehalt der Umgebung giftige Ausmaße angenommen hat. Die haben übrigens wahrscheinlich auch nicht viel länger gebraucht als wir.
wieso bist du der festen überzeugung, dass wir die mikrobiologie niemals in den griff kriegen werden?
...weil ich bei mehreren Versuchen mit Antibiotika auf einer einzigen Agarplatte mit nur einer Spezies innerhalb von 2 Tagen 2-10 Mutationen nachweisen konnte, die teilweise weitgehende Resistenz gegen das verwendete Antibiotikum mit sich brachten. Ganz ohne zusätzliche mutagene Substanz oder Umgebung. Ausgangspunkt waren etwa 100-200 Bakterien. Versuche mit einer Art mit abgeschalteten Genen für die Synthese einer Aminosäure auf einem Mangelagar haben gezeigt, dass 10 Minuten UV-Licht für etwa 200 Bakterien ausreichen, um 99% zu töten und hinterher mehrere Kolonien zu haben, welche die Aminosäure wieder herstellen konnten. Multipliziere das mit dem Faktor 10 hoch 20, dann kommen wir eventuell auf die weltweite Menge einer Bakterienart, mit der die Natur in diesem Augenblick tausende Probleme zeitgleich "cruncht". Es ist die schiere Übermacht, die uns nahezu witzlos aussehen lässt. Wir beobachten erfolgreiche Mikroevolution im Labor - nicht einmal im Jahr, sondern 5-50 Mal in einer einzigen Probe.
aber ein intelligenter verstand ermöglicht exponentielles wachstum an erkenntnis
Ja, das ermöglicht er. Was nützt das, wenn diese ganze Erkenntnis in einem Körper steckt, den ein einziger "Glückstreffer" der Natur binnen Wochen auslöschen kann? Du gehst immer davon aus, dass wir an einer Front kämpfen, nur ein einziges Problem zu lösen haben. Tun wir nicht und haben wir nicht. Wir kämpfen an jeder Front; gefressen werden können wir, unsere Rohstoffe, unsere Nahrung, unsere Technik, und vieles davon ist verdammt attraktiv als Nahrungsmittel. Benzin zum Beispiel. Wir haben auch nicht nur mit einer Spezies zu kämpfen, sondern mit allen, und zwar mit allen gleichzeitig, und ein Teil dieser potentiellen Feinde sind für uns unersetzbar und überlebensnotwendig. Wir haben die Mechanismen auch schon verstanden - und wissen daher, dass wir auf Dauer keine Chance haben, unabhängig von ihnen zu agieren. Sie sind unser größter Feind, aber eben auch unser größter Freund (in Gestalt unseres Immunsystems und unserer Darmflora).
hmm, z.b. der gewaltige einschlag, der den planeten in 2 teile brach, von denen seither der eine als mond um den anderen kreist?
...und der explizit als unbelebter Vorgang physikalischer Natur ausgeschlossen war, weil er die Evolution zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht einmal tangiert hat (es gab noch kein Leben zu diesem Zeitpunkt, und hätte es das gegeben, würden wir Mikroben oder deren Fossilien auf dem Mond finden).
Selbst wenn er es hätte, wären die Spezies, die angepasst waren, vor einem Paradies gestanden, mit unzähligen Toten, die alle als Nahrung dienen konnten. Und auch wir werden am Ende den Planeten nicht vor der Vernichtung durch die Sonne bewahren können, wir werden höchstens fliehen können. Und ob das andere Spezies nicht ebenso schaffen, aus eigener Kraft mittels Sporen oder Exoskeletten etc - das steht in den Sternen. Oder passiert dort soeben. So ein Sonnensturm bei zusammengebrochenem Magnetfeld ist zum Beispiel eine gar nicht so unpassable Reisemöglichkeit für Sporen in oberen Atmosphärenschichten, so rein als Idee. Und wenn es ein einziges Ziel im Leben gibt, dann ist es dieses: Fortpflanzung und Sicherung des Erhalts der eigenen Art. Die Mittel sind egal, in Krieg und Liebe ist alles erlaubt.