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Liebe Boardgemeinde,
seit gestern bin ich wieder aus dem Krankehaus entlassen und bin einfach nur heilfroh. Ich bin meines Dafürhaltens eigentlich nicht der Typ, der zu Übertreibungen und Argwohn neigt, aber ich hab echt ein bisschen das Gefühl, dass mich diese eine stationäre Woche ein wenig traumatisiert hat. Ich bin Mittzwanziger, stehe mit beiden Beinen im Leben, aber diese Erfahrung hat mich echt hilflos wie ein Kind fühlen lassen.
Wie kam es zur stationären Aufnahme? Ich leide seit über 13 Jahren an einer Hämorrhoidalproblematik, bei der sich mitunter sehr schmerzhafte, sekundäre Geschwüre bilden, etc. - darauf muss man jetzt aber, glaub ich, nicht näher eingehen. Die Dinger wurden dann in den letzten Jahren immer mal wieder ambulant aufgeschnitten und die Thromben ausgeräumt, ansonsten wurde halt sklerosiert (verödet), um die Probleme immer für eine gewisse Zeit in den Griff zu bekommen. Eine Lösung von Dauer war das so nie, aber vor ner großen OP hatte ich einfach Schiss.
Jedenfalls waren am vorletzten Freitag die Schmerzen so übel, dass ich - nachdem ich mich zunächst mal an einer Mischung mit Bahnhofs-THC, das ich mir in meiner Verzweiflung besorgt hatte, und mir rezeptiertem Codein versucht habe, in der Hoffnung, dass das die analgetische Wirkung verstärkt (großer Fehler!), direkt in die Notaufnahme bin. Dort unter Tränen angekommen verwies man mich in ein Zimmer mit einer Liege, auf der ich dann - mit stetig zunehmenden Schmerzen und mittlerweile auch laut stöhnend - 2 Stunden verweilen durfte, bis ich überhaupt ein Schmerzmittel i.v. bekam. Das Schmerzmittel war Novalgin, ein Mittel, das man bei mäßigen Schmerzen verabreicht. Das empfand ich als Hohn. In meiner Verzweiflung habe ich den Pfleger - dem es aus meiner Sicht ziemlich gleichgültig war, dass sich da einer vor Schmerzen windet und zittert - angefleht, mir bitte möglichst schnell ein Opioid zu injizieren. Der sagte dann, ich solle ihn nicht "anblöken" und ich könne nicht erwarten, dass das Novalgin sofort wirkt.
Nach einer weiteren Stunde - Mitch noch immer stöhend auf der Bahre - kam er dann mit Dipidolor. Innerhalb von zwei Minuten waren die Schmerzen weggeblasen. Ich war selig. Mittlerweile war auch meine Freundin eingetroffen, die mit mir die folgenden neun Stunden in dem mir zugewiesenen Zimmer verbrachte, bis sich mir ein Arzt annahm. Dieser klärte die stationäre Aufnahme und holte die Vorbefunde meines behandelnden Arztes ein. Da ich vom Opioid ziemlich benommen war und sich dies auch durch meine Sprache etc. bemerkbar machte, redete dieser mit mir wie mit einem Kleinkind. Ich will da jetzt nicht zu viel ausführen. Jedenfalls dauerte alles sehr lang und ich hatte - trotz stärkster Schmerzen - wirklich nicht den Eindruck, dass das irgendwen dort gejuckt hat. Diese Null-Empathie hat mich echt geschockt.
Die folgenden drei Tage lag ich mit Dipidolor in der Vene im Einzelzimmer und dämmerte vor mich hin. Der Chefarzt sagte, man wolle zunächst ein "Behandlungskonzept" erstellen. Wieso dieses drei Tage auf sich warten ließ (ich wurde zu keiner Zeit bis zur OP untersucht, sondern erst explorativ in der OP), weiß vermutlich nur der Chefarzt. Nach diesen drei Tagen wurde ich dann in einer zweistündigen OP operiert. Ich wurde nicht genauer über die OP-Verfahren aufgeklärt, nur über evtl. Komplikationen unterrichtet (die mir ohne weitere Erläuterung schlichtweg von einem Assistenzarzt vorgelesen wurden). In meinem sedierten Zustand habe ich das dann unterschrieben und ab ging's in den OP.
Die nächsten Tage waren schmerzmäßig wirklich albtraumartig. Mitunter wurde mir, je nach Schwester, auch das Schmerzmittel verweigert (vermutlich hielt man mich für einen Junkie,weil ich von meiner Mischmedikation THC+Codein berichtet hatte) und bot mir Ibuprofen an. Vor Schmerzen hielt ich vermutlich die ganze Station wach. Irgendwann kam dann ein junger Assistenzarzt (etwa mein Alter) und führte sich auf wie der stereotype Gott in weiß, und erklärte mir, dass ich nicht allein auf der Welt sei - nach fünf Minuten kam er mit einer Lorazepam wieder (wenn das mal nicht zynisch ist) - ein Beruhigungsmittel, ein Benzo. Nach 2 Stunden Schmerzkonzert erhielt ich dann wieder eine Infusion und konnte schlafen.
Insgesamt hat mich das Verhalten der Schwestern und Pfleger auch einfach erschreckt und schockiert. Wenn ich da jemanden liegen sehe, der vor Schmerzen nicht mehr kann - da kommen mir selber die Tränen, ich würde da in einen (sicherlich unprofessionellen) Aktionismus verfallen. Mir ist aus meiner eigenen beruflichen Praxis (klinische Psychologie) bewusst, dass man sich abgrenzen muss, aber mir kam das irgendwie eher wie eine beängstigende Abgestumpfheit rüber. Ich finde das ganz schlimm. Vor allem, als mir dann ein Pfleger sagte, ich solle nicht klingeln, wenn ich Schmerzmittel brauche, sondern solle gefälligst zu ihm laufen, das wäre schon angemessen so, solange ich noch laufen kann. Naja. Das sind nur ein paar Auszüge zum Verhalten der Pfleger.
Zum OP-Verlauf kann ich nix sagen. Ich hab immernoch starke Schmerzen und wurde meines Erachtens zu früh entlassen - auf dem Weg nach draußen bin ich vor Schmerzen kollabiert und lag dort dann wohl zehn Minuten, bis sich mir eine junge Schwester annahm und mich wieder in die Notaufnahme fuhr. Dort kam dann ein ungemein arroganter Oberarzt, der mir sagte, ich solle mich nicht anstellen und die "Schmerzen beim K*cken" seien mit den verodneten Tabletten gut in den Griff zu bekommen. Auch meiner Freundin stand der Mund recht weit offen bei dieser Äußerung. Oh Mann.
Nun bin ich mit Tilidin wieder zu Hause und es ist mit den recht starken Schmerzmitteln einigermaßen zu ertragen. Leider hab ich eine recht große Toleranz gegenüber Analgetika. Ich hab mir auch schon überlegt, mir über Silk Road Opioide zu bestellen, weil ich einfach keine zureichende Schmerztherapie erhalte, weil die Ärzte wohl nicht verstehen, dass bei mir kaum was wirkt. Ist nicht angenehm, so ein Hypochonder-Stigma.
Insgesamt hatte ich in der Zeit relativ wenig Besuch, was den Grund hatte, dass ich fast niemandem von meinem Aufenthalt wissen lassen wollte - das war ein großer Fehler. Ich glaub, Besuch im Krankenhaus ist echt wichtig und mir tun die alten Leute leid, die weder jemanden haben, der sich für ihre Patientenrechte einsetzt, noch irgendwie psychisch stabilisierend für sie da ist. Ich hab fest vor, ab sofort mal ins Altenheim zu gehen und mit jemandem, der mag, ein bisschen zu plaudern. Mir kommen echt schon wieder fast die Tränen...
Ich will noch dazusagen, dass ich als Vollzahler im KH war. Das entspricht also analog einer vollumfänglichen Leistung Privatversicherter. Ich will ohne Scheiß nicht wissen, wie das alles gewesen wäre, wenn ich da als "Kassler" gewesen wäre. Wie sind da eure Erfahrungen? Habt ihr bessere Erfahrungen im KH gemacht?
Sorry, dass es jetzt etwas lang wurde, aber ich hab das Bedürfnis gehabt, mich hier mal mitzuteilen. Ich bin mir auch bewusst, dass der Text strukturell nicht so ganz sauber ist. Danke für's Lesen auf jeden Fall
seit gestern bin ich wieder aus dem Krankehaus entlassen und bin einfach nur heilfroh. Ich bin meines Dafürhaltens eigentlich nicht der Typ, der zu Übertreibungen und Argwohn neigt, aber ich hab echt ein bisschen das Gefühl, dass mich diese eine stationäre Woche ein wenig traumatisiert hat. Ich bin Mittzwanziger, stehe mit beiden Beinen im Leben, aber diese Erfahrung hat mich echt hilflos wie ein Kind fühlen lassen.
Wie kam es zur stationären Aufnahme? Ich leide seit über 13 Jahren an einer Hämorrhoidalproblematik, bei der sich mitunter sehr schmerzhafte, sekundäre Geschwüre bilden, etc. - darauf muss man jetzt aber, glaub ich, nicht näher eingehen. Die Dinger wurden dann in den letzten Jahren immer mal wieder ambulant aufgeschnitten und die Thromben ausgeräumt, ansonsten wurde halt sklerosiert (verödet), um die Probleme immer für eine gewisse Zeit in den Griff zu bekommen. Eine Lösung von Dauer war das so nie, aber vor ner großen OP hatte ich einfach Schiss.
Jedenfalls waren am vorletzten Freitag die Schmerzen so übel, dass ich - nachdem ich mich zunächst mal an einer Mischung mit Bahnhofs-THC, das ich mir in meiner Verzweiflung besorgt hatte, und mir rezeptiertem Codein versucht habe, in der Hoffnung, dass das die analgetische Wirkung verstärkt (großer Fehler!), direkt in die Notaufnahme bin. Dort unter Tränen angekommen verwies man mich in ein Zimmer mit einer Liege, auf der ich dann - mit stetig zunehmenden Schmerzen und mittlerweile auch laut stöhnend - 2 Stunden verweilen durfte, bis ich überhaupt ein Schmerzmittel i.v. bekam. Das Schmerzmittel war Novalgin, ein Mittel, das man bei mäßigen Schmerzen verabreicht. Das empfand ich als Hohn. In meiner Verzweiflung habe ich den Pfleger - dem es aus meiner Sicht ziemlich gleichgültig war, dass sich da einer vor Schmerzen windet und zittert - angefleht, mir bitte möglichst schnell ein Opioid zu injizieren. Der sagte dann, ich solle ihn nicht "anblöken" und ich könne nicht erwarten, dass das Novalgin sofort wirkt.
Nach einer weiteren Stunde - Mitch noch immer stöhend auf der Bahre - kam er dann mit Dipidolor. Innerhalb von zwei Minuten waren die Schmerzen weggeblasen. Ich war selig. Mittlerweile war auch meine Freundin eingetroffen, die mit mir die folgenden neun Stunden in dem mir zugewiesenen Zimmer verbrachte, bis sich mir ein Arzt annahm. Dieser klärte die stationäre Aufnahme und holte die Vorbefunde meines behandelnden Arztes ein. Da ich vom Opioid ziemlich benommen war und sich dies auch durch meine Sprache etc. bemerkbar machte, redete dieser mit mir wie mit einem Kleinkind. Ich will da jetzt nicht zu viel ausführen. Jedenfalls dauerte alles sehr lang und ich hatte - trotz stärkster Schmerzen - wirklich nicht den Eindruck, dass das irgendwen dort gejuckt hat. Diese Null-Empathie hat mich echt geschockt.
Die folgenden drei Tage lag ich mit Dipidolor in der Vene im Einzelzimmer und dämmerte vor mich hin. Der Chefarzt sagte, man wolle zunächst ein "Behandlungskonzept" erstellen. Wieso dieses drei Tage auf sich warten ließ (ich wurde zu keiner Zeit bis zur OP untersucht, sondern erst explorativ in der OP), weiß vermutlich nur der Chefarzt. Nach diesen drei Tagen wurde ich dann in einer zweistündigen OP operiert. Ich wurde nicht genauer über die OP-Verfahren aufgeklärt, nur über evtl. Komplikationen unterrichtet (die mir ohne weitere Erläuterung schlichtweg von einem Assistenzarzt vorgelesen wurden). In meinem sedierten Zustand habe ich das dann unterschrieben und ab ging's in den OP.
Die nächsten Tage waren schmerzmäßig wirklich albtraumartig. Mitunter wurde mir, je nach Schwester, auch das Schmerzmittel verweigert (vermutlich hielt man mich für einen Junkie,weil ich von meiner Mischmedikation THC+Codein berichtet hatte) und bot mir Ibuprofen an. Vor Schmerzen hielt ich vermutlich die ganze Station wach. Irgendwann kam dann ein junger Assistenzarzt (etwa mein Alter) und führte sich auf wie der stereotype Gott in weiß, und erklärte mir, dass ich nicht allein auf der Welt sei - nach fünf Minuten kam er mit einer Lorazepam wieder (wenn das mal nicht zynisch ist) - ein Beruhigungsmittel, ein Benzo. Nach 2 Stunden Schmerzkonzert erhielt ich dann wieder eine Infusion und konnte schlafen.
Insgesamt hat mich das Verhalten der Schwestern und Pfleger auch einfach erschreckt und schockiert. Wenn ich da jemanden liegen sehe, der vor Schmerzen nicht mehr kann - da kommen mir selber die Tränen, ich würde da in einen (sicherlich unprofessionellen) Aktionismus verfallen. Mir ist aus meiner eigenen beruflichen Praxis (klinische Psychologie) bewusst, dass man sich abgrenzen muss, aber mir kam das irgendwie eher wie eine beängstigende Abgestumpfheit rüber. Ich finde das ganz schlimm. Vor allem, als mir dann ein Pfleger sagte, ich solle nicht klingeln, wenn ich Schmerzmittel brauche, sondern solle gefälligst zu ihm laufen, das wäre schon angemessen so, solange ich noch laufen kann. Naja. Das sind nur ein paar Auszüge zum Verhalten der Pfleger.
Zum OP-Verlauf kann ich nix sagen. Ich hab immernoch starke Schmerzen und wurde meines Erachtens zu früh entlassen - auf dem Weg nach draußen bin ich vor Schmerzen kollabiert und lag dort dann wohl zehn Minuten, bis sich mir eine junge Schwester annahm und mich wieder in die Notaufnahme fuhr. Dort kam dann ein ungemein arroganter Oberarzt, der mir sagte, ich solle mich nicht anstellen und die "Schmerzen beim K*cken" seien mit den verodneten Tabletten gut in den Griff zu bekommen. Auch meiner Freundin stand der Mund recht weit offen bei dieser Äußerung. Oh Mann.
Nun bin ich mit Tilidin wieder zu Hause und es ist mit den recht starken Schmerzmitteln einigermaßen zu ertragen. Leider hab ich eine recht große Toleranz gegenüber Analgetika. Ich hab mir auch schon überlegt, mir über Silk Road Opioide zu bestellen, weil ich einfach keine zureichende Schmerztherapie erhalte, weil die Ärzte wohl nicht verstehen, dass bei mir kaum was wirkt. Ist nicht angenehm, so ein Hypochonder-Stigma.
Insgesamt hatte ich in der Zeit relativ wenig Besuch, was den Grund hatte, dass ich fast niemandem von meinem Aufenthalt wissen lassen wollte - das war ein großer Fehler. Ich glaub, Besuch im Krankenhaus ist echt wichtig und mir tun die alten Leute leid, die weder jemanden haben, der sich für ihre Patientenrechte einsetzt, noch irgendwie psychisch stabilisierend für sie da ist. Ich hab fest vor, ab sofort mal ins Altenheim zu gehen und mit jemandem, der mag, ein bisschen zu plaudern. Mir kommen echt schon wieder fast die Tränen...
Ich will noch dazusagen, dass ich als Vollzahler im KH war. Das entspricht also analog einer vollumfänglichen Leistung Privatversicherter. Ich will ohne Scheiß nicht wissen, wie das alles gewesen wäre, wenn ich da als "Kassler" gewesen wäre. Wie sind da eure Erfahrungen? Habt ihr bessere Erfahrungen im KH gemacht?
Sorry, dass es jetzt etwas lang wurde, aber ich hab das Bedürfnis gehabt, mich hier mal mitzuteilen. Ich bin mir auch bewusst, dass der Text strukturell nicht so ganz sauber ist. Danke für's Lesen auf jeden Fall
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