Wilders konnte nicht vom Türkei-Streit profitieren. Rutte und seine Partei konnten die Wahl deutlich gewinnen und holen 31 Sitze. Wilders PVV holt 19, genauso wie die D66 und die CDA.
Merkwürdige Ansicht. Wilders hat wesentlich weniger Sitze bekommen, als er sich vorgenommen hatte. Er rechnete mit 30. Trotzdem hat seine Partei 3% zugelegt und ist die zweitgrößte Partei. Darüberhinaus konnte Rutte den Stimmenverlust seiner Partei nur abfedern, weil er diverse Positionen der PVV übernommen hat. Insofern hatte Wilders schon vor der Wahl gewonnen.
Mein Bauchgefühl sagt mir, der Erdogan kriegt seinen Masterplan durch, hoffe aber inständig, dass die Mehrheit der wahlberechtigten Türken doch noch soviel Hirn hat, gegen Erdogan zu stimmen. Dieser größenwahnsinnige Mann muss seine Grenzen aufgezeigt bekommen.
An der Stelle bin ich äußerst unentschlossen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern geht die AKP extrem kontinuierlich, pragmatisch in kleinen Schritten vor, um ihr Ziel (Diktatur/Sultanat in Verbindung mit einem islamischen Gottesstaat), zu erreichen.
Türkei früher: Wahl bringt einen Ruck Richtung Islam -> Militär greift ein und putscht, steckt die Wahlgewinner in den Knast oder richtet sie gleich hin -> "Demokratie" und Laizismus wiederhergestellt.
Türkei heute: Erdogan kommt an die Macht, gibt sich europafreundlich und weltoffen, sammelt fleißig Kohle ein -> Erdogan baut seine Macht aus und entmachtet vor allem das Militär -> Erdogan wandelt die Türkei langsam aber sicher in ein konservatives islamistisches Sultanat um.
Ich seh das in der Türkei so ähnlich wie mit dem Frosch im Wasserkocher. Schmeißt man einen Frosch ins heiße Wasser, dann springt der sofort raus. Schmeißt einen Frosch ins kalte Wasser und erhitzt das langsam, wird der Frosch irgendwann gekocht.
Genauso hat der Erdogan die Türken über die letzten 15 Jahre hinweg eingelullt und auf seinen Kurs getrimmt. Das Militär ist mit der Wiederherstellung der "Demokratie" im vergangenen Sommer gescheitert. Was jetzt der Türkei helfen würde, wäre eigentlich nur ein Sturz Erdowahns. Aber dafür unterstützen ihn zuviele Türken. Er hat zuviel Rückhalt in der eigenen Bevölkerung. Noch nutzt er die demokratischen Mittel. Ich denke, um ihren Irrweg tatsächlich wahrzunehmen, müssen sich die Türken noch mehr in die Scheiße reiten. Und das geht eigentlich am direktesten, wenn Erdowahn seine Abstimmung gewinnt und rechtmäßiger Sultan des neoosmanischen Reiches wird. Für mich steht die Türkei ganz Nahe an der Grenze zu einem Failed State. Und damit meine ich nicht Syrien.
Die USA haben ebenfalls eine Präsidialregierung, trotzdem gilt die USA als der Hort, quasi die Geburtsstätte der weltweiten Demokratie.
Als die Amis ihr Präsidialsystem einführten, herrschten in den meisten Ländern der Welt noch Monarchen. Deswegen ist das mit der Geburtsstätte schon korrekt. Das heutige Zwei-Parteiensystem im Amiland dürfte allerdings wohl kaum mehr die Speerspitze der Demokratie darstellen. Und trotz der vermeintlichen umfassenden Befugnisse des Amipräsidenten ist auch der
nicht allmächtig.
Und selbst mit dem Verhalten von Rutte war Wilders nicht zufrieden.… Kann es sein, dass die Rechten eh nie zufrieden sind, egal wie die Regierung in so einem Fall handelt?
Rutte und Wilders waren Kontrahenten im Wahlkampf. Die müssen sich gegenseitig kritisieren. Das nennt man Opposition. Die einzige Wahl, bei der alle Parteien und Kandidaten die gleiche Meinung hatten, war die
Europawahl 2014. Dass Wilders Rutte nur kritisiert hat, stimmt ebenfalls nicht:
http://www.n-tv.de/politik/Rechts-entlang-zum-Machterhalt-article19748355.html
Am Ende bekam der Ministerpräsident im TV-Duell für seinen Umgang mit den Wahlkämpfern aus Ankara sogar ein Lob von seinem größten Gegner Geert Wilders.
Lustig ist auch der Seitenhieb der Bundesregierung auf die Wahlunterstützung für die Türkei im Ausland. Bei den Bulgaren dürfen nämlich die im Ausland lebenden Bulgaren ebenfalls wählen. Die Türken haben da aber ein anderes Maß angesetzt:
http://www.n-tv.de/politik/Letzte-Warnung-an-Erdogan-article19747932.html
Einen Seitenhieb kann sich Schäfer nicht verkneifen: Bei der Durchführung von Wahlen im Ausland seien nicht alle Staaten so großzügig. Schäfer erzählt von der bulgarischen Minderheit in der Türkei und von den Parlamentswahlen Ende März in Bulgarien. "Mit einiger Verwunderung" habe man zur Kenntnis genommen, dass "die Großzügigkeit, die die Bundesregierung an den Tag legt und auf die die türkische Regierung allergrößten Wert zu legen scheint, im umgekehrten Fall" nicht angewandt werde. Bulgarische Politiker dürften nicht zu Wahlkampfauftritten in die Türkei reisen. Das wollte Martin Schäfer offenbar noch ganz gerne loswerden.
Ach ja, gestern gab's mal wieder Ausverkauf von Türkei-Urlauben auf
sonnenklar.tv. 1 Woche Antalya, 5-Sterne-Hotel AI für 200€. Der Moderator:
"Ja, wir wissen ebenfalls, wie die momentane Lage in der Türkei ist. Aber wenn man mal die politische Situation ausblendet, kann man da ein richtiges Schnäppchen machen…" *lol* Klang irgendwie verzweifelt.