• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

[Sammelthread] User Game Reviews

Alexiell

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Im Dunkeln ist gut Munkeln. Das 2D Puzzle Game DARQ lädt ein in eine düstere Traumwelt, und erinnert dabei sehr stark an Little Nightmares.
Unser Hauptcharakter wirkt wie aus einem Tim Burton Stop Motion Film entsprungen, mit seiner langen, dürren Statur und puppnehaften Äußeren. Ähnlich wie Little Nightmares wirkt die Welt oft wie ein aufgeschnittenes Puppenhaus. Zudem strahlt konstant ein weißes Licht, vergleichbar mit einem Filter, der über dem Spiel liegt, was die Unwirklichkeit noch verstärkt. Am Anfang empfand ich das als etwas gewöhnungsbedürftig, und auch leichtes Flirren durch unzureichendes AA war teils zu sehen. Im weiteren Verlauf habe aber nichts davon mehr wahrgenommen.

Wir beginnen in einem heruntergekommenen Apartment, wo sich unser Charakter zum Schlafen hinlegt, was das jeweilige Kapitel startet. Er geht hinüber in die Traumwelt, in der er nun an glatten Wänden emporlaufen und damit die Schwerkraft verändern kann. Dies wird die ganze Zeit über auf unterschiedlichste Weise in den Leveln eingebunden. Auch in den Vorder- und Hintergrund kann an festen Punkten zuweilen gewechselt werden, was das ganze nochmal eine Stufe erweitert.
Der Ablauf der Kapitel ist immer ähnlich: Um den rettenden Ausgang zu öffnen, muss eine bestimmte Anzahl an Items eingesammelt werden. Das kann etwas klassisches sein wie Zahnräder, aber auch abgetrennte Gliedmaßen. Auf der Suche treffen wir immer wieder auf recht typische Rätsel. Drücke Knöpfe in der richtigen Reihenfolge, löse ein Schieberätsel, drehe Tafeln, um eine Linie zu verbinden – die üblichen Verdächtigen. In der Regel ist nichts davon übermäßig schwer. In seltenen Fällen kommt ein Zeitlimit hinzu, da kann es dann eher nochmal etwas nervig werden.
Nebenbei gibt es mal ein Item einzusammeln, das irgendwo benutzt werden muss. Da wir uns in einer Traumwelt befinden, wird es mit der Logik nicht immer so eng genommen. Unsere Möglichkeiten sind aber immer so eingeschränkt, das etwas Trial’n’Error hier nicht weiter schlimm ist.
Böse Kreaturen gibt es ab und an ebenfalls, an denen man sich vorsichtig vorbeischleichen muss. Sie machen aber eher einen geringen Teil aus.

Zwar ist die Steuerung in sich sehr simple, die Tastenbelegung und vor allem die Bedienung von manchen Puzzle-Elementen wirkt aber nicht immer so intuitiv, was es für mich manchmal etwas fummelig machte.
Die Interaktionsicons sind relativ klein und können daher, vor allem auf hellem Hintergrund, schnell mal übersehen werden.

Am Ende eines jeweiligen Levels landen wir wieder im Apartment, wo wir uns wieder ins Bett legen, um das nächste Kapitel zu starten und in eine völlig neue Umgebung geworfen zu werden.

Die Story ist sehr kryptisch, ohne Dialog, nennenswerte Cutscenes oder irgendwas an Erklärungen. Durch diesen Kreislauf mit dem Apartment als HUB wirken die einzelnen Kapitel etwas getrennt voneinander. Zwar scheint die Story einen gewissen roten Faden zu haben und voran zu schreiten, vermittelen tut dies das Spiel jedoch nur sehr gering, und die einzelnen Abschnitte wirken recht unabhängig voneinander.
Trotzdem hat DARQ eine sehr dichte und faszinierende Atmosphäre, mit ungemütlichen Orten und merkwürdigen Kreaturen, immer wieder mal mit (Jump)Scares versehen.

Nach dem Hauptspiel gibt es noch 2 separate DLCs, die im Grunde als zwei zusätzliche Kapitel fungieren. Von der Story her bauen sie aufeinander auf, wirken aber abgetrennt vom Hauptspiel.
Der erste DLC erscheint wie ein Best Of aller Rätselideen aus dem Hauptspiel, während der zweite eine ganz neue Mechanik einführt. Diese will ich nicht weiter verraten, allerdings ist die Steuerung hier manchmal etwas fummelig. Zusätzlich haben sehr viele Puzzle ein Zeitlimit oder erfordern bestimmtes Timing, was gerade in Kombination mit der unintuitiven Steuerung ein wenig nervig sein kann. Im Level selbst ist Orientierung auch nicht immer so leicht.
Sowohl im Hauptspiel als auch im DLC sind immer Collectibles zum einsammeln versteckt, die aber wirklich eine zusätzliche Fleißaufgabe darstellen und nichts freischalten oä.

Gespeichert wird automatisch, und man kann nur einen aktiven Spielstand zur Zeit haben. Im Verlauf schaltet man aber nach und nach eine Kapitelanwahl frei.
Die Steuerung ist recht überschaubar und sollte auch mit Tastatur gut von der Hand gehen. Was Gamepads angeht, hat das Spiel leider keine so rühmliche Historie, und auch nach einem Patch scheint es immer noch eine Glückssache zu sein, ob man seinen Controller vollständig zum laufen bekommt oder nicht. Vor allem Drittherstellerpads und kabellose sind nicht gern gesehen. Ich musste mich hier tatsächlich ganz schön verbiegen, um über eine krude Lösung mein Logitech Pad nutzen zu können.

Das Hauptspiel hat mich ca. 2 Stunden in Anspruch genommen. Das erste DLC Kapitel um eine halbe Stunde, das zweite hat mich ein wenig länger beschäftigt.
Insgesamt ist DARQ ein sehr faszinierendes Gruselerlebnis mit netten Rätsel-Ideen. Wer Little Nightmares mag oder umgekehrt, sollte auf jeden Fall mal ein Auge auf das jeweils andere Game werfen.

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Alexiell

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Viel fauler Zauber findet im 3D Action Adventure Effie statt, der einiges an Wert auf Platforming legt.
Ein Großvater erzält seiner Enkelin die Geschichte von Galand, der von einer Hexe verflucht wurde. Um besagten Fluch zu brechen, muss Galand das Land von bösen Mächten befreien. Und genau das ist es, was wir spielen. Der Großvater fungiert dabei die ganze Zeit als Erzähler aus dem Off, der alles kommentiert, was auf dem Schirm passiert. Und viele seiner Sätze für wiederkehrende Ereignisse, zB Tod oder Kiste öffnen, wiederholen sich sehr schnell, was auf die Dauer etwas nerven kann.
Insgesamt ist die Story recht blah und egal, das Ende vorhersehbar und langweilig. Und wer sich wundert, warum das Spiel Effie heißt – das ist der Name der Enkelin. Das ist alles.

Das Spiel verfolgt einen vereinfachten Cellshade Comic Look, was per se nicht schlecht ist, mich aber nicht vollends überzeugen konnte.
Galand selbst sieht schon recht goofy aus, mit seinen verschobenen Zwergenproportionen. Und auch die Umgebung hat vielfach sehr einfach gehaltene Texturen und gleichförmige Flächen, was alles schnell etwas langweilig aussehen lässt. Dabei hat es durchaus auch schöne Ecken und immer wieder tolle Leuchteffekte und Lichtstimmungen. Gerade auch Wasser und Lava sehen gut aus. Die Oberwelt besticht mit weiten, roten Wiesen und Bäumen. Flair hat es auf jeden Fall immer mal wieder. Doch kann eben auch ganz schnell sehr einfach und öde aussehen.

Im Vordergrund steht aber natürlich das Gameplay, bei dem Platforming eine große Rolle spielt. Man hat schnell das übliche Moveset: Doppelsprung und einen Dash, der auch in der Luft funktioniert. Dazu diverse Attacken. Neben der Gesundheitsanzeige gibt es zusätzlich Mana/Stamina, die für manche Attacken benötigt wird.
Man bereist die unterschiedlichsten Dungeons, die neben Sprungpassagen auch einfache Puzzle bieten, zB alle Hebel in angrenzenden Räumen umlegen. Diese Rätsel sind nett, aber nichts aufregendes und wiederholen sich auf Dauer in sehr ähnlicher Form.
Das Platforming funktioniert recht gut, allerdings mit Abzügen in der B Note. Wie in 3D Spielen üblich kann die Kamera mal gerne semi gut sein, und nicht immer ist es so leicht den eigenen Sprung einzuschätzen. Wirklich nervig wird es dann, wenn Instant Death involviert ist, durch Wasser oder Lava, was leider oft der Fall ist. Denn Respawning dauert etwas, und Checkpoints sind nicht immer gut gesetzt.
Galand kann sich auch an Kanten hochziehen, allerdings nur an den farblich gekennzeichneten. Ansonsten mag die Kante noch so perfekt aussehen und in idealer Höhe sein, er wird sie nicht anfassen.
Nebenbei laufen überall Gegner herum, und immer wieder muss man in abgesperrten Arealen einen gescripteten Hinterhalt bekämpfen, der aus verschiedenen Wellen besteht. Dabei stürmt alles Getier gleichzeitig auf einen ein, was das Kampfgeschehen recht chaotisch macht. Zwar kann man blocken, aber Taktik schien mir in dem Chaos nie wirklich möglich, und es ist mehr ein spammen von Angriffen und etwas ausweichen. (Es gibt auch kein Log On.) Man sollte hier nichts tiefgründiges erwarten.
Am Ende wartet ein Bossfight gegen die Hexe Melina. Dabei müssen entweder diverse Gegnerwellen besiegt, oder Platforming-Passagen gemeistert werden. (Der große Finalkampf ist ein Mix aus beidem.)
Alles in allem werden hier keine Bäume ausgerissen, aber Spaß machen tut es trotzdem.

Die Dungeons sind eingebettet in einer Oberwelt, die in meinen Augen etwas zu groß geraten ist und sich vielfach nur leer anfühlt. Zwar kann man hier auf seinem Schild surfen und sich so deutlich schneller fortbewegen, aber auf Entdeckungsreise zu gehen ist trotzdem recht ermüdent. Dabei ist es nett, wenn man eine optionale Aufgabe findet, wie zB einen Turm zu erklimmen, um dort eine Kiste mit einem Collectible zu bekommen, aber da ist auch sehr viel Nichts. Neben größeren Gebäuden, die man im vorbeifahren sichtet, fühlt es sich einfach nur dröge an, für den einen Runenstein da anzuhalten oder nach der eines einsamen Kiste in der Ecke zu suchen.

Die Runensteine sind inflationär über die ganze Welt und Dungeons verteilt, im Grunde wie Münzen in Mario Spielen. Hier geben sie einem Erfahrungspunkte, und ein Level Up bedeutet mehr Health und Stamina. Natürlich wird da direkt der Sammeltrieb geweckt, aber da es so absurd viele von ihnen gibt, fühlt es sich schnell müßig an und auch wenig belohnend. Gerade in der großen Oberwelt.
Das ganze wird verschlimmert dadurch, dass nach dem Tod alles zurückgesetzt wird, was man seit dem letzten Checkpoint eingesammelt hat. Nichts ist so ärgerlich, wie eine schwere Passage zu schaffen, und dann alles gelöscht zu bekommen, weil man bei etwas wenig später drauf geht. Da die Steine gefühlt ohnehin so wenig bringen, ist es das dann oft nicht wert, sie (nochmal) einzusammeln. Ein paar mehr oder weniger machen den Kohl ja auch nicht fett.
Es gibt auch Kisten mit EXP drin, die etwas seltener sind. Trotzdem lässt sich über die ähnliches sagen.
Und dann gibt es noch Truhen, die wirklich nur ein seelenloses Collectible enthalten, das einem nichts bringt außer einen Menüeintrag und etwas egale Lore, die ich mir ehrlich null angeschaut habe.
Es gibt eine deutliche Warnung am Ende, vor dem berühmten Point of No Return, was nett ist. Allerdings hat das Spiel die Angewohnheit, konstant Türen permanent hinter einem zu verschließen, so bald man sie betritt. Und auch abgeschlossene Dungeons können nicht nochmal betreten werdern. Wer also auf 100% gehen will sollte extra vorsichtig sein.

Die Optionen sind etwas blöd gemacht, da man nicht immer alles angezeigt bekommt. So kann man die Soundlautstärke nur im Hauptmenü anpassen, nicht im laufenden Spielstand. Man muss also komplett raus und vom letzten Checkpoint neu starten. Das gleiche gilt für die Steuerung. Die Kamera lässt sich dabei für alle Eingabegeräte invertieren, Remapping gibt es aber nur für die Tastatur, nicht den Controller. Wobei ich sagen muss, dass ich mit der Standardbelegung des Gamepads keine Probleme hatte.

Auch wenn ich nicht jedes Collectible gesammelt habe, habe ich mir dennoch Zeit zum Erkunden genommen und zum Durchspielen gut 5 Stunden gebraucht.
Effie ist sehr durchschnittlich. Solide aber mit einigen Macken. Es spielt sich ganz nett weg, wenn man mal wieder etwas Lust auf so ein 3D Adventure verspürt.

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Grund: Schönheitsfleck
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Alexiell

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Ein Point'n'Click Adventure aus Deutschland, mit Schauplatz in Deutschland und tollen deutschen Sprechern - Willkommen in Trüberbrook!
Der namensgebende Ort ist ein unscheinbares Kaff im ländlichen Nirgendwo, wo man als Tourist mal etwas die Seele baumeln lassen kann. Genau das hat Physikstudent Hans Tannhauser vor. Doch nach einem nächtlichen Ereignis findet er sich plötzlich auf einer Mission wieder, gemeinsam mit der toughen Gretchen, die Geheimnisse des Ortes zu entdecken. Und auf einmal liegt das Schicksal der Welt in seinen Händen.

Was sofort ins Auge sticht, ist der außergewöhnliche Look. Alles hier ist handgebaut. Die Charaktere laufen in Miniaturen herum, die an eine Modelleisenbahn erinnern. Oftmals mit einem wunderschönen Ausblick im Hintergrund, als ob eine Postkarte lebendig geworden wäre. Visuell hat mich das Spiel wirklich mit am meisten beeindruckt, das ist alles echt toll gemacht.
Die Charaktere haben ein wenig was von einem Knetmodel. An ihnen sieht man schon, dass sie per CGI zum Leben erweckt wurden, sie fügen sich aber trotzdem sehr gut in die sonstige Umgebung ein. Auch die Animationen können sich sehen lassen, obwohl doch gerne mal die gute alte Schwarzblende benutzt wird, um zu komplexe Aktionen zu vertuschen.
Das Intro macht den Eindruck eines alten Films. Trüberbrook spielt in 1967 und erweckt allgemein einen gewissen Retro-Charme.
Hören lassen kann sich auch die hervorragende Synchro. Vor allem die beiden Hauptcharaktere Gretchen und Hans haben mir dabei gut gefallen. Netter Fun-Fact: Bis auf zwei Personen sprechen alle ihre Figuren auch in der englischen Synchronfassung.

Geht es ums Gameplay, fangen jedoch die Probleme an.
Fährt man mit dem Mauszeiger über Hotspots, leuchten diese gelblich auf, was leider etwas hässlich wirkt und den sonst so schönen Miniaturstil etwas stört. Klickt man sie an, bekommt man die üblichen Icons für weitere Aktionen.
Sehr gewöhnungsbedürftig wird mit dem Inventar umgegangen. Zwar hat man eines am oberen Bildschirmrand, kann aber lediglich nur anschauen, was man gerade bei sich trägt. Man kann die Items weder näher untersuchen, noch frei Schnauze benutzen - anklicken verboten.
Klickt man auf einen Hotspot, wird ggf ein Icon angezeigt, dass man hier Inventargegenstände verwenden könnte. Klickt man nun da drauf, werden einem mögliche Items angezeigt. Was auch mal nur ein einziges sein kann, von all den Sachen, die man mit sich führt.
Dies führt zu einem sehr gelenktem Gameplay. Man kann nichts richtig ausprobieren und nichts genauer anschauen, so dass teils das Verständnis fehlt, was hier eigentlich gerade die Idee ist. Gleichzeitig wird man in seinen Möglichkeiten so eingeschränkt, dass man schon fast ohne groß Nachdenken halt einfach das macht, was man kann, ohne richtig zu verstehen, was das bringen soll.

Noch eine Kleinigkeit zum Inventar: Die Items erscheinen hier als vereinfachte Bildchen im Piktogramm-Stil, vermutlich in Anlehnung an die späteren Sci-Fi Themen des Spiels. (Ähnlich wie die Hexagon-Form des Cursors.) Allerdings empfand ich es als unpassend zum restlichen Look und hätte bevorzugt, hier auch diesen Miniatur-Look zu haben.

Die Rätsel sind überwiegend einfach und bestehen zumeist aus Fetchquests und das Sammeln von Items von einer Liste. Die begrenzten Möglichkeiten unterstützen diese Einfachheit. Zugleich kann es aber auch schnell mal verwirrend sein, wenn man teilweise nicht genau nachvollziehen kann, was von einem gewollt wird, durch fehlende Kommentare und Interaktionsmöglichkeiten, was es dann schwerer machen kann, als es sein sollte.
Stellenweise ist die Lösung auch hart gescriptet. Ausgegraute Items können sich plötzlich ändern, oder ein NPC taucht aus dem Nichts auf, für eine kleine Kleinigkeit und ist schon wieder verschwunden. In Dialogen sollte man immer alles zur Erschöpfung durchklicken, denn auch hier können sich unerwartete Trigger verstecken.

Das Pacing fühlt sich oft etwas seltsam an.
An einer Stelle muss man dem Konzert einer Band während eines Festivals beiwohnen und sich wirklich etliche Minuten lang den Song anhören. Per Mausklick kann man dabei zwar Feuerwerk zünden, was ganz nett ist, aber nach kurzer Zeit wird's trotzdem langweilig. Unterm Strich fand ich die Szene einfach nur bizarr.
Auch die enthaltenen Fetchquests, die einen primär von A zu B zu C und zurück zu A führen, erwecken öfters einen trägen Eindruck.
Fasttravel wird erst recht spät freigeschaltet, und die Karte öffnet sich dann jedes Mal, wenn man die Szene verlässt. Dies wirkt teils unnötig, da viele Orte zuvor direkt nebenan lagen, und jetzt muss man den extra Schritt über die Karte gehen. Es lässt einen auch zu einem Ort zurück, der mittlerweile völlig irrelevant ist. Wahrscheinlich wurde das nur eingebaut, weil dort etliche Namen von Kickstarter Backern eingebaut sind.

Hans trägt ein Diktiergerät mit sich, auf das er immer wieder Nachrichten spricht. Interagiert man mit einem Hotspot, kann dort manchmal ein REC-Symbol erscheinen, und er spricht dann seine Gedanken dazu aufs Band. Die Anzahl der gemachten Aufnahmen wird wie ein Collectible für Achievements gezählt, birgt aber nichts weiter relevantes.

Wie eingangs erwähnt ist die deutsche Synchro richtig toll, und generell wirken all die Charaktere liebevoll gestaltet. Wirklich bekommen hat mich die Story an sich aber dennoch nicht. Vieles wirkt wie einzelne, aneinander gepackte Versatzstücke, die sich nicht so richtig ins große Ganze einfügen und oft auch nicht groß thematisiert werden. Gretchens Plot wirkt auch recht überstürzt erzählt.
Der Humor ist grundsätzlich ok und hat mich ab und an schmunzeln lassen. Gerade in Dialogen findet man die üblichen Referenzen zu anderen Spielen, was okay ist und nicht zu aufdringlich. Aber die Scherzantworten auszuwählen hat meistens den Dialog gekillt, was mich etwas verwundert hat, warum sie dann überhaupt drin sind. Sie haben auch einmal zu oft den Gag eingebaut, dass, egal was man auswählt, Hans trotzdem etwas anderes sagt.
Zum Schluss gibt es eine Entscheidung mit entsprechend zwei unterschiedlichen Enden, wobei beide sehr kurz sind und sich nur geringfügig unterscheiden. Unabhängig davon gibt es nach den Credits aber eine nette kleine Schlussszene, die eine Sache nochmal in neuen Kontext rückt.

Gespeichert wird nur automatisch, manuell ist hier nichts möglich. Man kann aber 3 Spiele parallel laufen haben, in unterschiedlichen Slots. Es gibt eine Kapitelanwahl, die nach und nach freigeschaltet wird.
Die Untertitel können manchmal etwas buggy sein und leicht asynchron. Und wenn zwei Figuren gleichzeitig sprechen, kann nicht beides angezeigt werden, und sie löschen sich teils gegenseitig aus. Insgesamt kommt dies aber nicht zu häufig vor.

Es hat mich ein wenig mehr als 4 Stunden gekostet, Trüberbrooks Geheimnisse zu entschlüssen. Ich wollte es gerne mögen und war immer wieder verzückt von der wirklich tollen Optik. Aber alles andere am Spiel kam nicht so richtig bei mir an, und am Ende war ich dann doch eher enttäuscht. Wirklich Schade.
Wieviel Liebe grundsätzlich ins Spiel geflossen ist, sieht man auch an dem Trüberbrook Reiseführer, den es als Extra zum runterladen gibt, mit schrägen Fun Facts über das Dorf und Profile der vorkommenden Charaktere. Sowas mag ich total gerne. (Leider ist nur die englische Version verfügbar, wenn man das Spiel digital erwirbt.)

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Alexiell

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Wenn ein Spiel die Bezeichnung Cinematic Platformer verdient, ist es zweifelsohne Hoa, denn dieses seichte Adventure sieht tatsächlich aus wie ein interaktiver Ghibli-Film.
Man spielt ein kleines Wesen, im Grunde eine rote Zipfelmütze mit Beinchen und rundem Gesicht in der Mitte. Auf einem Blatt liegend treibt sie an Land, und auf dem Weg durch den Wald trifft sie schnell Tiere und Waldwesen, die sie zu kennen scheinen.

Alles ist 2D handgemalt und sieht halt ehrlich aus wie ein Spinoff von Chihiros Reise ins Zauberland. Man hat knuffige Waldtierchen, alles in wirklich toll gestalteter und sehr abwechslungsreicher Kulisse. Optisch eine echte Augenweide.

Ganz entspannt geht es durch die unterschiedlichen Level voller seichtem Platforming. Ab und an bekommt man eine neue Fähigkeit und lernt immer wieder ein paar neue Ideen kennen. Das Rad wird zwar nicht neu erfunden, aber alles fügt sich sehr schön in die Kulisse ein, ist gut umgesetzt und unterhaltsam.
Grundsätzlich ist die Struktur recht linear gehalten. Zu groß werden die Areale nie, und eine Map, die alles wichtige einzeichnet, nimmt einen fest an die Hand. Es gibt keine optionalen Collectibles und keine sonstigen Geheimnisse. Alles, was es gibt, muss auch eingesammelt und besucht werden.
Trotzdem sind die Level sehr schön aufgebaut und geben ein gewisses Gefühl von Erkundung. Mal links, mal rechts, mal rauf, mal runter. An diversen Stellen gibt es immer wieder gut eingebaute Abkürzungen, so dass sich Backtracking in Grenzen hält.
Gefahren gibt es dabei keine. Kein Fallschaden, keine bodenlose Abgründe, und das Schlimmste, was einem Gegner antun können, ist einen etwas zurück zu stoßen. Hier geht es um den entspannten Flow, gechillt eine wunderschöne Kulisse zu durchhüpfen.
Die ruhige, schöne Hintergrundmusik unterstreicht dies noch. Nur das Sprunggeräusch stach für mich manchmal etwas störend heraus.

Da ist es fast überraschend, dass bei all dieser Seichtheit, an manchen Stellen die Sprungpassagen doch recht präzise daher kommen. Auf den ersten Blick ist auch nicht immer sofort so gut erkennbar, was Vorder- und was Hintergrund ist, was in Einzelfällen die Wegfindung etwas erschweren kann.
Den Vogel schießt allerdings das letzte Level ab, leider im negativem Sinne. Da kommt ein gewisser Kniff ins Spiel, der zu einem extremen Anstieg des Schwierigkeitsgrads führt, der sich leider recht unfair anfühlt. Der ganze Abschnitt steuert sich frustrierend fummelig, ist zu lang, und lässt einem in Prinzip nur ein Best Of der vorherigen Level nochmal spielen, nur eben mit diesem nervigen Kniff dazu.
Es werden schlicht und ergreifend bei der Steuerung links und rechts vertauscht. Teilweise kippt sich auch das ganze Areal zur Seite, so das man quasi an der Wand läuft, mit eben dieser verdrehten Steuerung. Das hat mich extrem an einen Tempel aus dem ersten Ori erinnert, der mich auch schon in den Wahnsinn getrieben hat. Und auch etwas das letzte Level von GRIS. Ich komm auf sowas wirklich gar nicht klar.
Dabei gibt es ganz am Anfang dieses Areals eine tolle neue Idee, die sie super hätten weiterführen können. Stattdessen ist damit sehr schnell Schluss und besagter Kniff setzt ein. Hier wurde leider großes Potential mit beiden Händen aus dem Fenster geworfen.

Die Steuerung an sich geht aber super von der Hand, mein Logitech Pad wurde ebenfalls auf Anhieb perfekt erkannt. Alternativ kann man natürlich auch zur Tastatur greifen. Nur die Maus wird nicht einmal für die Menüs unterstützt.
Gespeichert wird automatisch, mit nur einem aktiven Spielstand zur Zeit. Dabei gibt es die bekannte Kapitelanwahl. Hier sind sogar alle Kapitel sofort anwählbar und müssen nicht erst freigeschaltet werden.
Öffnet man das Spiel zum ersten Mal (oder hat es einmal komplett durchgespielt), beginnt sofort das Intro an zu laufen und kann auch leider nicht abgebrochen werden. So dauert es diverse Minuten, bevor man das Menü aufrufen kann, um zB die Optionen zu checken oder ein bestimmtes Kapitel anzuwählen. Nur wenn man einen aktiven Spielstand laufen hat, landet man beim Start sofort im Hauptmenü. Das finde ich sehr unglücklich gemacht.

Bei mir am PC lief das Spiel sehr gut mit sehr kurzen Ladezeiten, und Bugs habe ich nicht groß gehabt. Jedoch gibt es um das letzte Kapitel herum zwei längere Cutscenes, die bei mir extremst merkwürdig geruckelt haben und teils regelrecht kaputt aussahen. Allerdings konnte ich niemand anderen mit diesem Problem finden, scheint also nichts verbreitetes zu sein.
Die erste dieser Cutscenes ist im übrigen eine Verfolgungsjagd, bei der man eigentlich die ganze Zeit darauf wartet, die Steuerung zu übernehmen. Tatsächlich bleibt man aber passiver Zuschauer, und dafür ist die Szene fast einen Ticken zu lang.

Hoa ist eine wunderschöne, kompakte Reise, für die man um 2,5 Stunden benötigt.
Eine ganz großes Empfehlung für alle, die so Spielen wie Abzu, Flower und Gris was abgewinnen können. Ein seichtes Andventure mit Gameplay, das einen unterhält ohne zu fordern und dabei Sound und Optik die restlichen Sinne berauschen und einen in eine warme Kuscheldecke hüllen.

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Im Weltall hört dich keiner klicken. Bei STASIS handelt es sich um ein Horror Point'n'Click Adventure aus der, für diese Genre eher ungewöhnlichen, Iso-Perspektive.
Unser Protagonist John wacht plötzlich aus dem STASIS-Schlaf auf einem ihn unbekanntem Raumschiff auf. Schnell stellt sich heraus, dass es sich hierbei um ein fliegendes Labor der bösen Corporation CAYNE handelt, die an Bord so ziemlich alles an fragwürdigen Experimenten gemacht hat, die man sich vorstellen kann. Und natürlich ging irgendwann irgendwas gewaltig schief. (Quasi das Umbrella der PnC Adventure.) Auf der Suche nach Frau und Tochter bahnt sich John nun seinen gefahrvollen Weg durch das mit Leichen gepflasterte Schiff.

Optisch geben die vorgerenderten Hintergründe einiges her und sind voller Details. Einzelne beweglichen Elemente, wie zB blinkende Lichter oder sich drehende Ventilatoren, sorgen dafür, dass alles nicht zu tot und starr wirkt. Hier kommt sehr schnell eine wirklich gute und dichte Gruselatmosphäre auf.
Das Ganze wie eingangs erwähnt mit Draufsicht von schräg oben. Die Kamera ist dabei fix, auch Reinzoomen ist nicht möglich, wobei sie immer relativ weit weg ist vom Geschehen, wodurch alles recht klein wirkt. Das gibt ihnen zwar die Möglichkeit, all die verstümmelten Leichen etc hinzuklatschen, da man ja nicht so wirklich viel erkennen kann, für das generelle Gameplay kann es dann aber schon mal etwas schwierig werden.
Johns Animationen sind grundsätzlich ok. Ruft man das Inventar auf, sieht man die Spielfigur sogar darauf reagieren. Grundsätzlich wirkt er aber schon eher hölzern und gerade bei Aktionen wie zB eine Leiter raufklettern, hebt er sich mehr vom Hintergrund ab, und seine Bewegungen sind leicht versetzt und passen nicht genau zum Bild.

Die Interaktion mit der Umgebung ist leicht anders, als man es gewohnt ist.
Fährt man mit dem Mauszeiger über einen Hotspot, erscheint am unteren Bildschirmrand eine sehr blumige Beschreibung. Mich hat das sehr an den Schreibstil reiner Textadventure erinnert. Nur wenn statt einem Auge ein Handsymbol erscheint, kann man tatsächlich auf den Hotspot klicken, damit John ggf eine Aktion durchführt.
Das ist erst etwas ungewohnt, man gewöhnt sich aber schnell an dieses Konzept. Das Problem ist jedoch, dass die Beschreibungen, so farbig sie auch geschrieben sind, einem nicht immer das verraten, was man wirklich wissen muss. Auch John selber gibt nur die üblichen "Nein, klappt nicht" Leerphrasen von sich, statt einer konstruktiven Hilfestellung. Oftmals wird daher nicht klar, was die Schwierigkeit ist, oder was er da am Hotspot jetzt eigentlich gerade macht oder nicht.
Ein wenig Rumprobieren kann manchmal die Lösung bringen, da Gebiet und Möglichkeiten immer recht eingeschänkt gehalten werden. Ideal ist das natürlich aber nicht, und an manchen Stellen konnte ich dem Gedankengang des Spiels einfach nicht folgen.
Einige Hinweise zu Rätseln sind zudem extrem gut versteckt. Entweder sehr klein oder völlig unscheinbar im Hintergrund eingebunden. Oft sind sie nicht einmal ein Hotspot. Sie können dann schnell im sonstigen Geschehen untergehen und übersehen werden.
Sehr vieles beinhaltet, Terminals jeglicher Art zu bedienen. In der Nahansicht dafür reagiert der Cursor leider nicht auf Hotspots, was zu einigem Rumklicken führen kann, was denn hier überhaupt interagierbar ist. Manche Nahansichten sind auch wirklich nur zum angucken da, und jeder Klick lässt stattdessen John wie dumm im Hintergrund umherlaufen.

Tod ist ein elementarer Bestandteil des Spiels. Immer wieder wird die Umgebung einen umbringen. An diesen Stellen speichert das Spiel automatisch und gibt einem einen Checkpoint. Es ist dennoch höchst ratsam, selbst regelmäßig und oft zu speichern, denn diese Checkpoints sind teils recht semi gut gesetzt. Cutscenes und Dialoge sind zu keiner Zeit überspringbar, und nicht selten bedeutet ein Tod, die selbe Sequenz wieder und wieder anzusehen, da der Checkpoint davor statt dahinter gelegen ist.
Als eine Art makaberes Easter Egg kann man mit diversen Inventargegenständen auch Selbstmord begehen, wenn man sie auf John anwendet. (Davor sollte man aber auf jeden Fall speichern, da es hier keinen Checkpoint gibt.) Es war auf merkwürdige Weise spaßig nach den Freitoden zu suchen, obwohl sie recht spärlich und kontextlos dargestellt werden.

Spieloptionen gibt es nicht so wirklich. In einer separaten Exe im Spielordner kann man nur sehr rudimentäre Bildschirmanpassungen vornehmen. Glücklicherweise kann man hier die Größe der Schrift erhöhen, da ich den Standard doch recht klein fand. Das war's dann aber auch schon wieder, und Soundoptionen gibt es schon mal gar keine.
Ab und an können recht lange Ladezeiten auftreten, vor allem daran gemessen, was für ein überschaubares Spiel es dann doch ist. Oft gibt es sogar Ladebildschirme vor und nach Seqzuenzen, die sonst zur Kaschierung von selbigen genutzt werden. Wie zB eine Fahrstuhlfahrt. Allerdings passiert dies alles meist zwischen größeren Kapiteln. Wechselt man in einem Gebiet zwischen den Räumen, geht alles noch vergleichsweise fix. Nichtsdestotrotz hat es mich stellenweise etwas genervt.

Das größte Problem, das ich mit STASIS habe, ist die Story, bzw viel mehr der fürchterliche Schreibstil.
Es handelt sich hier um den absoluten Vorschlaghammer. Eine Horror-Space-Opera, die jedes Klischee beinhaltet, das man sich vorstellen kann, auf die plumpste Art ins Gesicht geballert. Wie das Resident Evil Fanfic eines 12 jährigen, der auf edgy und widerlich macht, wie man es in den Kreisen für cool hält.
Zum einen fehlt etwas der rote Faden. Anstatt sich auf ein Experiment zu konzentrieren, geht es hier ständig um ein anderes, die alle mehr oder weniger nicht viel miteinander zu tun haben. Sie alle gehen irgendwie schief und alles splittet sich noch weiter in kleine Nebengeschichten auf.
Vieles fühlt sich dabei nutzlos an, da es nirgendwo konstruktiv hin führt. Ein Arbeiter war anscheinend ein Spion. Eine Wissenschaftlerin etwas durchgeknallt und hat heimlich eigene Experimente gestartet. Aber am Ende ist das alles egal, und sie sterben einfach alle in dem Chaos, das später ausbricht, ohne das irgendwas groß eine Bedeutung hat.
Auch Hauptcharakter John bleibt sehr blass. An manchen gescripteten Stellen ist er erschrocken oder selbst mal völlig niedergeschlagen. Die meiste Zeit reagiert er aber überhaupt nicht. Das ist vor allem merkwürdig, wenn man an einem Terminal mal wieder diverse Einträge liest, und darin seine Frau auftaucht.

Aber das schlimmste sind wirklich die PDAs, die als Tagebücher für all die Angestellten fungieren und alle paar Meter bereit liegen.
Die Crew besteht zu 95% aus Psychopathen und verrückten Wissenschaftlern. Oder etwas nah dran. Und hier wird es auch richtig Soap Opera, denn ständig geht es auch darum, wer wen mag und mit wem Sex haben will oder hat. Nach einer Weile wird gerade das sehr ermüdent, als verfolge man hier GZSZ im Weltall. Alles in diesem plumpen in your face Stil gehalten.
Darüber hinaus übersteigt die Quantität die Qualität bei weitem. Es gibt so viele Einträge, die nur leere Worthülsen sind und nichts beizutragen haben. Schlimmer noch: Viele reagieren immer wieder sehr ähnlich auf die gleichen Ereignisse, von denen man zuvor schon zig mal gelesen hat.
Es kommt auch keine Beziehung zu den Figuren auf. Sie sind alle lang tot, man weiß nicht mal wie sie aussehen, und bei all den Namen, die hin und her geworfen werden, ist es teils schwer überhaupt den Überblick zu wahren, wer denn nun warum mit wem.
An manchen Stellen machen sie tatsächlich auch mal einen ganz netten Kniff, wenn die Sichtweise von A einen ganz anderen Blick auf das wirft, was B schreibt. Aber das ist sehr selten und rettet die sonstige Flut an Einträgen der Unsympathen nicht.

Eigentlich wirkt die Geschichte interessant und hat eine gewisse Faszination. Wie sie sich erzählt ist aber so unheimlich trashig, da muss man schon eine hohe Toleranz für haben.

Insgesamt habe ich ca 7 Stunden für meinen Durchgang gebraucht.
Die grundsätzliche Story hat mich nicht bekommen, genauso wenig wie die Figuren. Und wenn es um die PDAs geht, kann ich den Schreibstil nur als grottig bezeichnen. Aber ich kann die dichte Atmosphäre wertschätzen. Zwar etwas zu plump mit dem Holzhammer in manchen Teilen, aber trotzdem wirken die Areale alle sehr atmosphärisch, mit ein paar gut gemachten Grusel-Effekten. Das ist, was mich am meisten an der Serie fasziniert und trotz meiner sonstigen Probleme bei der Stange hält.

Wer in das generelle Konzept etwas reinschuppern will, kann dies gut mit dem kostenlosen Spin-Off CAYNE tun. Zur Hauptreihe wurde schon ein Sequel angekündigt, STASIS: Bone Totem, zu dessen Demo ich mich hier näher geäußert habe.

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The Great Perhaps ist ein 2D Puzzle-Adventure im Comic Look, das sich sehr wie das uneheliche Kind von Candle und The Silent Age anfühlt.
Wir spielen einen Astronauten, der sich auf einer Raumstation im All befand, während sich auf der Erde eine schwere Katastrophe ereignete, die alles auslöschte. Nach etlichen Jahren des Cryo-Schlafs beschließt er, auf die verwüstete Erde zurück zu kehren, um in seinem alten Heim Selbstmord zu begehen. Doch dann findet er auf seinem Weg eine Lampe, die ihn zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her reisen lässt und ihm damit die Möglichkeit eröffnet, das Schicksal seines Heimatplaneten vielleicht zu ändern.

Gerade diese düstere, melancholische, schon fast depressive Prämisse gepaart mit der Zeitreisemechanik erinnert extrem an das PnC Adventure The Silent Age. Vom eigentlichen Gameplay her ähnelt es aber deutlich mehr Candle, mit etwas Platforming, kleinen Puzzlen und nur rudimentärer Item-Nutzung.

Das wichtigste Gameplay-Feature ist natürlich die magische Lampe. Wechsel zwischen den Zeiten um Hindernisse zu überwinden, wie zB ein Loch im Boden, das früher noch nicht da war. Es hat ein klein wenig gebraucht, mich mit der Steuerung anzufreunden und wie die Lampe zu aktivieren ist. Sie reagiert auch leicht verzögert.
Dies macht Stellen, an denen man sehr schnell reagieren und die Zeit wechseln muss, natürlich nochmal einen Ticken schwerer als ohnehin schon. Der Astronaut wird von einer KI begleitet, die einen ab und an vor Gefahren warnt, allerdings ist es da meist auch schon zu spät.
Trial'n'Error hat einen nicht geringen Anteil am Spielgeschehen. Meist kann man nicht vorhersehen, was passieren wird, und muss einfach ausprobieren und schauen. Und teils hat man eben auch sehr wenig Zeit zu reagieren. Der Tod ist daher ein ständiger Begleiter. Leider sind die Checkpoints oft nicht so gut gesetzt und man muss doch einiges wiederholen, teils auch immer wieder den gleichen Dialog abwarten. Das ist besonders an Stellen nervig, wo man sich ohnehin schon nur recht langsam bewegen kann.

Das Platfroming ist sehr einfach gehalten und besteht meist nur daraus, einen Vorsprung hochzuklettern.
Es gibt ein wiederkehrendes Mini-Spiel, das auch das einzige Puzzle in der Form ist. (Und bei der letzten Variante wurde ein nerviges Zeitlimit mit eingebaut.)
Alle sonstigen Rätsel werden entweder rein durch die Lampe gelöst, oder ab und an gibt es mal ein Item aufzusammeln. Hier ist nervig, dass man nur eine Sache zur Zeit tragen kann, es gibt kein Inventar. Das führt öfters dazu, hin und her rennen zu müssen, um eine Sache nach der anderen ans Ziel zu tragen.
Die Rätsel machen dabei nicht immer perfekt Sinn und beruhen viel darauf, einfach einen gewissen Trigger zu aktivieren und einfach zu machen, was man halt kann, ohne unbedingt den Sinn zu begreifen.
Es gibt auch viele Schleichpassagen, bei denen man nicht gesehen werden darf, oder feindliche Wesen greifen einen an. Man muss dann immer in die jeweils andere Zeit wechseln, um nicht erwischt zu werden. Dies wird nochmal etwas erschwert dadurch, dass die Lampe ein Limit hat, und einen nach einer bestimmten Weile automatisch in die Gegenwart zurück wirft. Hier ist also gutes Timing gefragt und regelmäßiges zurückwechseln, um den Timer zu reseten, damit man nicht in einem ungünstigen Moment rausgeworfen wird.
Items, Türen und sonstige Hotspots, mit denen man interagieren kann, werden entweder durch eine schwache weiße Umrandung oder einen kleinen weißen Punkt auf ihnen markiert, was ich recht leicht zu übersehen fand. Vor allem, wenn man es etwas eiliger hat.

Alles ist optisch in einem Comic-Look gehalten. Zwar in einem sehr einfachem Zeichenstil gehalten, steckt es aber voller diverser Details. Dazu gehört auch diverses Storytelling durch die Umgebung. Man kann oft sehen, wie Menschen den letzten Moment verbracht haben, Wände sind mit Schrift beschmiert, Barrikaden wurden errichtet.
Auch gibt es diverse kleine Easter Eggs. Zum Beisipiel tragen zwei NPCs im Hintergrund T-Shirts der Adventure Time Charaktere. Oder man findet die elbische Schrift aus Herr der Ringe.

Der Weg des Astronauten ist im Prinzip eine aneinander Reihung von Setpieces, die nicht zwingend passend ineinander über gehen. Die Atmosphäre springt dabei etwas hin und her, wobei sie insgesamt sehr düster bleibt. Selbst wenn man sich auf einem eigentlich fröhlichem Festival befindet, ist da immer noch die verwüstete Gegenwart. Auch unabhängig von dem drohenden Untergang kommt man des öfteren in ziemlich düstere Situationen.
Die Story ist insgesamt nicht wirklich einzigartig und hat diverse Holzhammermomente. Trotzdem mochte ich es unterm Strich, und die typischen Zeitreise-Tropes haben mich nicht sonderlich gestört.

Gespeichert wird automatisch, mit nur einem aktiven Spielstand, und man schaltet im Verlauf die übliche Kapitelanwahl frei.

Von der Länge her würde ich es auf 2 Stunden schätzen, wenn man gut und zackig durchkommt, wobei ich mehr 3 gebraucht habe. Es ist eine durchaus interessante kleine Reise, mit einigen guten Ideen gepaart. Leider fühlt sie sich an diversen Stellen immer mal wieder etwas zäh und frustrierend an, das muss man leider in Kauf nehmen.

An der Stelle sei nochmals kurz The Silent Age empfohlen. Ein eher leichtes PnC Adventure, aber die Zeitwechsel-Mechanik gibt den Rätseln einen netten Kniff.

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Alexiell

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Wer die Myst Reihe mag, aber immer viel zu schwer fand, sollte mal einen Blick auf Quern: Undying Thoughts werfen. Dieses Puzzle Adventure in der Egoperspektive hat einen durchaus zugänglicheren Schwierigkeitsgrad.
Ohne großes Intro wachen wir auf einer magischen Insel auf, von der es scheinbar kein Entkommen gibt. Der Fremde, dem wir dies zu verdanken haben, hat selbst etliche Jahrzehnte hier verbracht und sämtliche Rätsel und Mechanismen vorbereitet, die wir jetzt zu lösen haben, in der Hoffung auf einen Heimweg. Überall verstreut finden wir Briefe von ihm, die uns seine Geschichte verraten.

Quern hat einen sehr realistischen Look. Obwohl es sich um eine magische Insel handelt, sieht alles sehr gewöhnlich aus, ja fast schon öde und trist. Die Insel besteht im Grunde aus grauen Felsen, die aus dem Meer heraus ragen, mit grauen Steingebäuden drauf.
Es gibt überall Fackeln und andere Lichtquellen, glühende Kristalle, schöne Effekte und alles wurde mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Dabei gibt es auch immer wieder schönes Enviromentel Storytelling. All die Maschinen sind ebenfalls faszinierend und sorgen für den ein oder anderen coolen Moment.
Und doch ist man die meiste Zeit von dem immer gleichen Grau in Grau umgeben, kaum eine Ecke sieht mal deutlich anders aus, und alles wirkt, als sei die Sättigung auf Minimum gedreht. Selbst der Strand bleibt blass, genau wie das umgebende Meer, und die Skybox ist komplett starr. Erst im aller letzten Abschnitt des Spiels bekommt man optisch eindrucksvollere Umgebungen geboten.
Von einem rein technischen Standpunkt macht die Grafik einen sehr soliden Eindruck, das sieht schon alles recht schick aus. Nur in der Ferne sieht man doch sehr hartes rein und raus poppen vom Felsen im Meer. Das ist aber zu verschmerzen.

In Egoperspektive kann sich frei bewegt werden. Selbst Springen ist möglich, wobei das nie nötig ist.
Alle Puzzle und Rätsel beruhen auf dem Konzept, sich die Zusammenhänge und Lösungen selbst non-verbal aus Hinweisen zu erschließen und die Bedienung der Maschinen auszutesten.
Neben Hebel ziehen und Knöpfe drücken gibt es auch ein Inventar, das sich nach und nach mit Items füllt. Jedes davon kann in einer sehr hübschen und detaillierten Nahansicht betrachtet werden. Dort ist sogar zu sehen, wenn in einem Item etwas drin ist, wie zB ein Fisch, der in einem Glas herum schwimmt. Manche Items können in dieser Nahansicht weiter manipuliert werden.
Wenn man eine Maschine bedient, ist es nicht immer so einfach zu erkennen, welcher Hotspot-Bereich zu was gehört, da auch keine Namen angezeigt werden. Die Bedienung fühlt sich manches mal etwas fummelig an, wo was wie welche Funktion hat und wie reagiert.

Die Puzzle variieren in Art und Schwierigkeitsgrad. Grundsätzlich empfand ich sie als angenehm zugänglich und nicht zu verworren und schwer. Selbst wenn ich einen Guide brauchte, war es meist für eine Kleinigkeit, und das eigentliche Rätsel konnte ich dennoch selbständig lösen.
Zu Beginn ist das Areal noch stark eingeschränkt, doch Stück für Stück erschließen sich einem immer mehr Bereiche der Insel (es gibt sogar eine Karte). Gerne schickt einen das Spiel hin und her, oft kann man ein Rätsel noch gar nicht lösen und muss später wiederkommen. Einige Puzzle werden sogar mehrfach verwendet, quasi als zweite Phase. Dieses "2 in 1" hat mich beim ersten Mal völlig überrascht. Die Maschine war für mich abgeschlossen, und ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass ich ein weiteres Mal da ran muss.
Ein schönes Feature ist das Notizbuch, das einem zur Verfügung steht. Hier kann man Zeichnungen von der Umgebung machen (im Endeffekt schwarz-weiß Screenshots) und Notizen dazu schreiben. So hat man immer einen Überblick, wo was war, und was man mal irgendwo gesehen hat, ohne physisch dorthin laufen zu müssen. Echtwelt Notizen werden damit aber nicht völlig ersetzt, Zettel und Stift sollten auf jeden Fall bereit liegen.
Eine andere Hilfefunktion gibt es für Inventaritems. Man kann sich Tips geben lassen, was das sein könnte, und für was man es benötigt. Leider gibt es keine Tips zu den Rätseln an sich, wenn man irgendwo festhängt.

Stellenweise ist Quern auf eine unnötige Weise schwer. Eigentlich sollten es ja die Puzzle sein, die einen fordern und beschäftigen, und die meisten Items, die man benötigt, werden einem regelrecht prominent dargeboten.
Aber dann gibt es Fälle, wo ein wichtiger Gegenstand halbwegs versteckt nebenbei liegt, oder man muss sich mühsam aus der Umgebung Einzellteile zusammensuchen. Leicht zu übersehen ist manches Mal auch ein Hebel oder sonstiger wichtiger Teil einer Maschine, weil er versteckt an der Seite angebracht ist.
Zwar kann man sich alles Interagierbare mit einem dezenten grünen Schimmer hervorheben lassen, das hilft in diesen Fällen aber nicht weiter. Und vor allem sollte es nicht nötig sein, um wichtige Items zu finden. Das fühlt sich eher wie gemeine Spielzeitstreckung an.

Im Verlauf des Spiels merkt man doch recht deutlich, wie Rätsel wiederverwendet werden. Entweder hat man das selbe Puzzle in abgeänderter Form, oder aber ganz einfach und platt die berühmte Rule of Three mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Manche fühlen sich auch künstlich gestrecht an. Wenn zB ganze 8 Symbole nachgebaut werden müssen, auf immer gleiche Weise, wo es locker 4 getan hätten.
Als zu störend empfand ich es nicht und möchte es dem Spiel daher nicht zu hart ankreiden, nichtsdestotrotz fiel es durchaus auf und war manchmal einen kleinen Ticken zu fiel.
Zwei Puzzle haben einen besonders negativen Eindruck bei mir hinterlassen.
Das eine ist ein typisches Simon Says Rätsel, das man 3 Mal lösen muss und dabei immer schwerer wird. Wobei das 3te Mal jenseits von Gut und Böse ist, mit mehr als ein Dutzend Signalen in zufälliger Reihenfolge, die schnell hintereinander kommen und nur ein einziges Mal gezeigt werden.
Das andere wirkte einfach total deplatziert in jeder Hinsicht. Für eine Maschine werden Einzelteile gesammelt, was sich dann als Einarmiger Bandit herausstellt. Jetzt muss man 3x hintereinander "spielen" - beim 3ten Mal "gewinnt" man und hat das Rätsel damit gelöst. Dass man zunächst erstmal verliert, verwirrt ist und einen Sinn hinter Maschine und Symbolen sucht ist eine Sache. Dass es zudem so sinnfrei ist und tonal gar nicht zu dem gesamten Rest des Spiels passt, noch eine andere.
Die Geschichte, die sich im Hintergrund entfaltet, hat mich nicht nennenswert kriegen können. Es war ganz nett als Kontext, der ab und an mal eingestreut wurde, aber großartig interessiert habe ich mich für die Insel nicht. Nahe dem Ende wird man dann aber plötzlich mit einer Minuten langen Cutscene konfrontiert, die all die Lore auf einen kippt, in einem recht zäh wirkendem Monolog.
Als Finale wartet eine Entscheidung auf einen, quasi "gutes" und "böses" Ende, wenn man so will. Wobei sich beide kaum voneinander unterscheiden und recht unspektakulär und sehr kurz sind.

Auf technischer Seite hat das Spiel den Ruf, nicht sonderlich gut optimiert zu sein, und die empfohlenen Systemanforderungen auf der Storepage sind zu niedrig für das, was man normalerweise unter empfohlen versteht. Ich persönlich habe auf der Voreinstellung "Hoch" gespielt, womit es die meiste Zeit flüssig lief. Erst in der letzten Spielhälfte gab es kurze Stellen, wo die Framerate runter ging, aber in verschmerzbarem Rahmen.
Die Optionen lassen einen diverse Detaileinstellungen an der Grafik vornehmen. Das selbe gilt für die Soundmischung - selbst der Klang der Schritte hat hier seinen eigenen Regler! Leider gibt es nichts für die Schriftgröße, die vor allem im Menü etwas klein geraten ist. Dafür aber einen FOV Slider.
Ich habe klassisch mit WASD + Maus gespielt, Controller geht aber auch. Mit Motion Sickness hatte ich keine Probleme.
Beim Spielstart lädt es arg lang, ansonsten ist man aber völlig ohne Ladebildschirme unterwegs. Im Hintergrund wird die ganze Zeit automatisch gespeichert, man kann aber auch manuell jeder Zeit verschiedene Speicherstände anlegen.

Quern hat mich zum Durchspielen ca 13 Stunden gekostet, mit beiden Enden anschauen. Es ist ein tolles Rätseladventure, bei dem man sich auch mal so richtig smart fühlen kann, wenn man das Puzzle löst. Nur die langweilig gestaltete Umgebung und das Gefühl von Wiederholung in der Rätselstruktur trüben den Spielspaß ein wenig. Von mir aber dennoch eine Empfehlung.

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Alexiell

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In den letzen Jahren haben 3D Jump'n'Runs ein Comeback gefeiert, wobei auch alte IPs wieder neues Leben eingehaucht bekamen, darunter Yooka-Laylee. Der 3D Teil kam aber nur durchschnittlich an, weswegen sich für das Sequel Yooka-Laylee and the Impossible Lair (kurz YLIL im nachfolgendem genannt) wieder auf 2D zurück besinnt wurde, mit dem ein oder anderem besonderen Kniff.

Bösewicht Capital B will das Bienenkönigreich unterjochen und klaut der Königin all ihre Wächterbienen. So weit die grobe Story. YLIL ist tatsächlich meine erste Berührung mit dem Franchise, und auch den Vorgänger habe ich nicht gespielt. Was stellenweise etwas stören kann, da wirklich ständig Verweise auf das erste Spiel gemacht werden, die natürlich bei mir gar nicht zünden. Aber Story ist traditionell bei Jump'n'Runs ja ohnehin eher zweitranging.

Das Besondere an YLIL ist seine Struktur, denn im Prinzip sind 99% des Spiels optional.
Während des Tutorials, das zugleich als Intro fungiert und nicht übersprungen werden kann (man kann währenddessen nicht mal das Spiel an sich beenden, ohne auf Alt+F4 zurückzugreifen), ist man zunächst unverwundbar, bis zum Bossfight mit Capital B, der das Ende des Tutorials einleitet. Ab hier kassiert man Treffer und kann recht schnell tot sein. Besiegt man ihn zunächst, geht es nahtlos weiter durch das namensgebende Impossible Lair, das wortwörtlich darauf ausgelegt ist, schier unmöglich zu sein. So bald man stirbt, wirft es einen auf die Oberwelt, wo der eigentliche Löwenanteil des Spiels auf einen wartet.
Um eine bessere Chance im IL zu haben, gilt es, die entführten Bienen der Königin zu befreien, die dann im finalen Level als Schutzschild fungieren. Also schlicht Hitpoints darstellen. Besagte Bienen erhält man am Ende eines jeden Levels, die über die Oberwelt verstreut sind.
Sowohl auf das IL als auch die Oberwelt komme ich später nochmal genauer zu sprechen.

Schauen wir uns zunächst erstmal die Level an. Tatsächlich haben die mich, optisch wie spielerisch, etwas an Giana Sisters: Twisted Dreams denken lassen.
In klassischer Seitenansicht in 2D geht es von links nach rechts. Dabei suggeriert die Optik teils Tiefe in Richtung 2.5D, es bleibt aber alles auf einer Ebene. Zwar gibt es immer wieder Verstecke und kleine Abzweigungen, grundsätzlich ist die Levelstruktur aber angenehm klar und linear.
Die Welt ist super hübsch, kunterbunt, voller Effekte und sehr detailverliebt. Sowohl Yooka und Laylee sind sehr umfangreich und liebevoll animiert, als auch die verschiedenen Gegner. Trägt Yooka ein Item im Maul herum, klingen sogar die Laute, die er von sich gibt, dumpfer. Man kann quasi richtig hören, dass er gerade den Mund voll hat.

Grundsätzlich reagiert die Steuerung sehr zackig und gut, allerdings mit Abzügen im Detail.
Läuft man "normal", kam mir Yooka teils etwas langsam und träge vor. Viel mehr will man die ganze Zeit rollen, was einen nicht nur schneller macht, sondern auch Kisten zerstört und Gegner zerdeppert. Alternativ gibt es natürlich noch den klassischen Sprung auf den Kopf, und mit dem Schwanz kann Yooka ebenfalls einen Hieb ausführen.
Obendrein gibt es zwei Aktionen, die nur möglich sind, wenn man Laylee bei sich hat. Dann kann in der Luft ein kurzer Twirl ausgeführt werden, der ein wenig wie ein schwacher Doppelsprung wirkt. Das zweite ist eine Stampfattacke, die als zusätzliche Attacke fungiert, primär aber benutzt wird, um durch Falltüren im Boden zu brechen.
Bei einem gegnerischen Treffer fliegt Laylee aufgeregt umher, und man hat eine gewisse Zeit, sie wieder einzusammeln, bevor sie endgültig davon fliegt. Ohne Begleitung bedeutet der nächste Treffer den sofortigen Tod. (Das Prinzip erinnert an Baby Mario in Yoshi's Island.) Im Level verteilt gibt es Glocken, die Layle wieder herbeirufen. Stirbt man, respawnt man mit ihr zusammen am letzten Checkpoint. Eine sonstige Begrenzung über Leben gibt es nicht.
Das Problem hier ist, dass man eigentlich die meiste Zeit mit ihr unterwegs ist, und gerade der Twirl extrem existenziell ist. Ohne die zusätzlichen Aktionen gehen einem nicht nur Geheimverstecke durch die Lappen, die man dann nicht erreichen kann, das Level insgesamt wird sofort eine Spur schwerer. Oben drauf kann es sehr schnell die Muscle Memory durcheinander bringen, wenn man automatisch wie immer den Twirl machen will - aber ja gerade Laylee verloren hat.
Die Laylee-Glocke ist gar nicht mal so selten und vor allem immer taktisch klug in den Leveln platziert, so als ob auch die Entwickler anerkennen, wie wichtig ihre Rolle für das Leveldesign ist. Da verwundert es mich ein Stück weit, dass sie dieses Konzept überhaupt so durchgezogen haben, sie verlieren zu können, und ob man da nicht eine elegantere Lösung hätte machen können.

Eine andere Schwachstelle der Steuerung ist die starke Verwendung von Momentum. Ob man läuft, rollt, gerade von einem Seil abspringt - bei allen Aktionen nimmt man Schwung mit, der Sprünge und Flüge sehr unterschiedlich beeinflussen kann, was es mitunter schwierig macht, seine eigenen Möglichkeiten einzuschätzen. Manche Sprünge, vor allem für Extras, müssen obendrein extrem präzise und perfekt ausgeführt werden.
Mit zu viel Schwung fliegt man gerne mal über eine Platform hinweg, hat aber nicht genug, um die nächste zu erreichen, und so landet man schnell im Abgrund.
So entstehen immer wieder sehr rasante Passagen. Das Spiel ermutigt auch aktiv dazu, rollend den Boden entlang zu rasen und alles wegzubashen, was da im Weg liegt. Gleichzeitig stellt es einem bewusst Fallen, primär auf Extras bezogen. Oft braucht man Kisten oder Gegner, um sie als Sprungbrett zu höher gelegenen Ecken zu nutzen. Rasch passiert es einem, dass man durch alles durch rast und zu spät erkennt, dass man sich gerade alles kaputt gemacht hat. Nicht selten werden Gegner extra so platziert, einen zu einer Rolle zu verführen, was einen in prekäre Situationen bringen kann.
Die Rolle ausführen und mit dem Schwanz schlagen liegt übrigens auf dem selben Button. Das eine macht Yooka nur, wenn er still steht, das andere in Bewegung. Und ich sag's mal so: Jedes Mal 1€ dafür, wenn ich das eine machen wollte, aber das Spiel es als das andere erkannt hat, ich hätte einen ordentlichen Sack Kleingeld hier stehen.
All diese Kleinigkeiten sorgen dafür, dass ich nicht immer das Gefühl der 100% Kontrolle hatte und am Anfang auch einige Eingewöhnungszeit brauchte.

Als Währung gibt es Federn zum einsammeln, und das typische Sammelobjekt darf auch nicht fehlen: In jedem Level sind 5 Münzen versteckt. Dabei entwickelt man sehr schnell ein Gefühl für mögliche Verstecke. Am Ende wird gespeichert, welche man gefunden hat. Man muss also nicht alle in einem Rutsch einsammeln, sondern kann sich beim nächsten Durchlauf auf die konzentrieren, die einem noch fehlen.

Jedes Level hat eine zweite Variante, die man freischalten kann. Und diese unterscheidet sich durchaus deutlich von der vorherigen, so dass es sich auch wirklich wie ein neues Level anfühlt und nicht zu sehr wie das gleiche in Grün. In der Regel ist diese B-Seite auch einen Hauch schwerer, als das Original.
In manchen Fällen lauert hier aber auch Potential für Verwirrung. Öfter mal kann man Platformen und Gänge erahnen, hinter denen man ein Extra vermutet und sucht sich dumm und dusselig, wie man da hin kommen soll und überhaupt. Um später festzustellen, dass es sich dabei um Dinge handelt, die mit der anderen Level-Variante zusammen hängen.
Ähnliche Unsicherheiten kann es bei Items geben, die man manchmal bekommt. Diese können als Geschoss benutzt werden, Gegner abzuwerfen, aber auch wichtig sein, ein Hindernis zu zerstören, um eine Münze einzusammeln. An vielen Ecken stellt sich somit die Frage: Was ist das hier, welchen Zweck hat es, brauch ich das für ein Geheimnis oder kann das weg? Ich habe gar nicht mal so unselten sinnlos etwas mit mir durch diverse Meter Level getragen.

Der Schwierigkeitsgrad ist von Beginn an durchaus fordernt aber angenehm, und Checkpoints sind immer zahlreich gesetzt. Ab ca. der Hälfte aller Level wird es nochmal einen Ticken knackiger und die Kapitel etwas länger. Neben sonstigen Schwierigkeitsspitzen in den Leveln wird es vor allem dann haarig, wenn man darauf abzielt, Federn und Münzen zu sammeln, die natürlich oft an extra fiesen Stellen platziert sind.
Bossfights gibt es im übrigen keine.
Manche Gegner fliegen besiegt auf den Bildschirm zu und hinterlassen eine dicke Rauchwolke. Gerade in schnellen Passagen kann das sehr ablenkend sein und zu viel verdecken. Und obwohl das Spiel auf hohes Tempo ausgelegt ist, kann es Stellen geben, wo die Kamera einen Hauch zu lang braucht, hinterher zu kommen.
Den Großteil der Extras habe ich gut gefunden, aber andere hätte ich ohne Guide nie im Leben entdeckt. Manches ist so absurd gemacht, da wäre ich nie drauf gekommen. Andere erfordern so präzise Aktionen, wenn man nicht genau weiß, dass es so gedacht ist, man würde irgendwann abbrechen in dem Gedanken, man solle da gar nicht hinkommen.

Kommen wir nun aber zur Oberwelt.
Hier schauen wir aus der Isoperspektive auf unsere Helden hinab. Bis auf den Twirl stehen uns alle Aktionen zur Verfügung, um nach Herzenslust zu erkunden. Sprünge sind dabei allerdings deutlich kürzer, und durch die Perspektive sind Höhenunterschiede nicht immer so gut einsehbar.
Um neue Gebiete mit Leveln freizuschalten, muss entweder ein kleines Rätsel gelöst werden, wie zB eine Bombe auf einen Felsen werfen, oder auch schlicht eine wortwörtliche Paywall mit Hilfe der im Level gesammelten Münzen freigeschaltet werden. (Dabei gibt es weit mehr Münzen, als für die Paywalls nötig.) Und noch eine dritte Möglichkeit gibt es: NPC Pagie wartet immer wieder an diversen Stellen, und gibt einem eine kurze Herausforderung. In einem Screen, der ein wenig wie ein Hindernisparcour aufgebaut ist, gilt es, eine bestimmte Anzahl an Gegnern platt zu machen. Das besondere an diesen Mini-Challanges ist der Puzzle-Charakter, der oft damit einher geht. Sie machen nicht nur extrem viel Spaß, sondern sind auch sehr abwechslungsreich. Nach erfolgreicher Beendigung verändert sich etwas in der unmittelbaren Umgebung, was neue Weg eröffnet.
Sämtliche Level sind durchnummeriert, abgesehen von der Paywall ist der Fortschritt in der Oberwelt aber völlig losgelöst von allem, und so kann man regelrecht open worldig selbst entscheiden, welches Level man angeht.
Neben diesem reinen erschließen neuer Gebiete gibt es Truhen zu finden, Geheimverstecke mit Sammelkram, schräge NPCs und diverse andere kleinere und größere Puzzle.
Die alternative Version eines Levels schaltet man ebenfalls über das Lösen kleinerer Aufgaben und Rätsel in der Oberwelt frei. Um ein ganz plattes Beispiel zu nennen: Ein Leveleingang ist im Teich gelegen. Wirft man da eine Eisbombe drauf, um das Wasser einzufrieren, schaltet man die B-Seite frei, in der alles im Level mit Eis überzogen ist. Daneben befindet sich auch ein Busch mit Feuerbomben, so dass man den Teich wieder auftauen und so jeder Zeit zwischben beiden Varianten wechseln kann.
Die Erkundung und all die kleinen Puzzle haben mir so viel Spaß gemacht, ich musste mich teils fast stoppen, um auch mal wieder ein "normales" Level zu absolvieren und nicht nur in der Oberwelt rumzulaufen.
Über die Weltkarte kann man sich zu jedem freigeschaltetem Level direkt hinteleportieren, damit man nicht ständig über die halbe Map laufen muss. (Ein Feature, das ich leider viel zu lange übersehen habe...)

Überall in der Oberwelt sind Tonics versteckt, die in den Leveln verwendet werden können. Bis zu drei Stück können gleichzeitig ausgerüstet werden.
Einige sind rein kosmetischer Natur und geben den Hauptfiguren zB andere Farben. Andere haben Auswirkungen auf den Schwierigkeitsgrad und machen das Spiel bei Bedarf leichter oder schwerer. Beispielsweise kann die Anzahl der Checkpoints erhöhrt oder verringert werden.
Bei den Tonics, die das Spiel leichter machen, bekommt man idR einen Malus aufgedrückt, und am Ende wird einem ein gewisser Teil der eingesammelten Federn abgezogen. Bei Tonics, die es schwerer machen, passiert widerum das Gegenteil, und man bekommt zusätzliche Federn oben drauf.

Zu guter letzt wollen wir nun endlich über das Impossible Lair sprechen.
Ein extra langes Level mit bockschwerem Platforming, immer wieder unterbrochen von Bossfights gegen Capital B, die jedes Mal schwerer werden. Mit jedem Treffer verliert man eine Biene, bis man nur noch Laylee als Puffer hat, wie in den normalen Leveln. Alles ohne Unterstützung durch Tonics.
Das Ganze steht in keinem Verhältnis zum Schwierigkeitsgrad des restlichen Spiels. Wenn die normalen Level als eine 3 eingestuft wären, das Lair wäre eine 10. Da Klaft wirklich eine gigantische Lücke, und obwohl ich um die Kritk am Lair wusste, hat es mich trotzdem überrascht, wie absurd schwer es im Vergleich wirklich ist. Tatsächlich habe ich nach nur einem einzigen Versuch schon aufgehört, mich am Lair zu probieren, weil ich darin für mich keinen Spaß sah.
In der aktuellen Version gibt es vor jedem Kampf gegen Capital B einen Checkpoint. Dies wurde auf Grund der vielen Beschwerden nachgepatcht,.im Original gab es keinen einzigen. Der Checkpoint speichert immer die höchste Anzahl an Bienen, die man zur Zeit des Passierens bei sich hat. Man kann immer entscheiden, ob man von dort aus weiterspielt, oder neu von vorne beginnt, in der Hoffnung, diesmal mehr Bienen bis dahin zu retten.

Alle Charaktere, die man auf der Oberwelt trifft, sind toll gemacht und super symphatisch. Wirklich lustig fand ich sie aber nur in den seltensten Fällen, mehr als ein Schmunzler war oft nicht drin. Und gerade die Anspielungen auf das vorherige Spiel empfand ich als recht lustlos und flach. Die Einkaufswagen am Strand sind aber mein kleines Highlight.
Völlig verschenktes Potential sehe ich bei den Beschreibungen der Bienen. Jede Biene, die man befreit, hat einen eigenen kurzen Eintrag, der sie etwas vorstellen soll. Und da ist wirklich so ziemlich gar nichts lustig. Vielleicht ging da auch bei der Übersetzung was verloren und ich verstehe die ein oder andere Anspielung nicht, aber im besten Fall ist der Eintrag nur nett, nicht mehr.

Auf technischer Seite neigt YLIL leider zu kleinen Unsauberkeiten. Das implementierte VSync ist kaputt und verursacht Ruckeln, sollte daher deaktiviert werden. Aber auch bei konstanten 60 FPS kann es sein, dass es unsauber aussieht. Mir hat hier ein kleiner, einfacher Fix für Steam geholfen.
Bei Spielstart ist die erste Ladezeit doch recht lang, im späteren Verlauf aber völlig ok. Vor allem das Respawnen nach dem Ableben geht relativ zügig von statten.

Es wird konstant alles wichtige gespeichert, und man hat verschiedene Speicherslots zur Verfügung. Leider muss man immer wieder durch recht lange Logo-Einblendungen durch, bis man endlich einen Spielstand auswählen, oder das Spiel beenden kann.

Nach etwa 20-22 Stunden hatte ich alle Bienen befreit, alle Münzen gesammelt und den Großteil der Tonics entdeckt. Danach habe ich noch einiges an Zeit darin investiert, die restlichen Tonics zu finden und die ganzen Federn zu farmen, die zum Freischalten nötig sind.

Die Oberwelt war ohne Frage mein Highlight. Ich hätte nichts gegen ein Spin-Off, das selbige noch mehr ausbaut, und dafür weniger "normale" 2D Level hat. Aber auch diese haben Spaß gemacht, waren angenehm fordernt, und das Münzen Suchen ist ebenfalls eine feine Sache. Die Steuerung hat mich etwas Gewöhnung gekostet, da sind mir andere Spiele etwas lieber, unterm Strich aber eine dicke Empfehlung für jeden Jump'n'Run Fan. Dass das Impossible Lair so absurd herausbricht in Sachen Schwierigkeit sollte man aber mit einplanen, um sich davon nicht am Ende noch das Spiel verderben zu lassen.

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Lebendige, grummelige Teddybären bekommen ihre eigenen Filme, warum also nicht auch ihr eigenes Videospiel? In der episodischen Point'n'Click Adventure Reihe Bear With Me spielen wir das junge Mädchen Amber und Ted E. Bear, ein verbitterter Detektiv im Ruhestand.
Die grundsätzliche Storyidee ist, dass alles aus der Sicht von Ambers kindlicher Fantasie gezeigt wird, in der ihre Spielzeuge lebendige und komplexe Charaktere sind. Sie leben in Paper City, eine Stadt, die wortwörtlich aus Papier besteht, von Amber für sie gebaut.
Doch ein mysteriöser roter Mann geht plötzlich dort umher und verbreitet Angst und Schrecken. Die Plüschtiere fliehen zu Amber, auch um sie zu warnen, denn der Bösewicht scheint hinter ihr her. Amber selbst macht sich aber mehr Sorgen um ihren großen Bruder Flint, der verschwunden scheint. Für die Suche nach ihm muss sie sich mit dem alten Grummelbären Ted wieder versöhnen, mit dem sie einst Fälle gelöst hat, bis man sich entzweite.

Die Complete Collection enthält sowohl die in drei Episoden unterteilte Hauptstory, als auch eine zusätzliche vierte Episode, die etwas später veröffentlicht wurde und zeitlich als Prequel fungiert.

Das ganze Spiel legt extremen Wert auf die Detektiv-Noir Stimmung. Alles ist in schwarz/weiß bzw grau gehalten, mit nur einigen roten Farbakzenten. Der Look ist sehr einfach und comichaft in 2D mit überschaubaren Animationen.
Ted ist der absolute Klischee-Detektiv: Trinkt, ist miesepetrig, führt ständig düstere Monologe voller Metaphern und bezeichnet jeden weiblichen Charakter als Puppe.
Ab und an gibt es eine Cutscene, die aus Szenenfotos an einer Pinnwand besteht, in der Ted aus dem Off zusammenfast, was zuletzt passiert ist, in dieser überzogenen Sprechweise. Da wir all das gerade eben erst gespielt haben, erschien es mir oft etwas langatmig und redundant.

Spielerisch ist alles eher einfach gehalten, mit immer stark eingeschränkten Arealen und sehr linearem Verlauf. In Einzelfällen sagt einem das Spiel auch direkt die Lösung für ein Rätsel ins Gesicht, was mir besonders komisch vorkam. Als ob sie kein Vertrauen in ihr Rätsel hatten, aber sich auch nicht in der Lage sahen, es besser zu gesetalten.
Auf der anderen Seite gibt es welche, die wie ein unnötiges Hindernis zur leichten Spielzeitstreckung wirken. So will zB ein Charakter ein bestimmtes Item von mir, damit er mir einen Gefallen tut. Im Normalfall wäre es jetzt eine Questline für sich, besagten Gegenstand zu beschaffen. Doch hier habe ich ihn längst bei, da Ted ihn automatisch in der Intro-Cutscene eingesammelt hat. Das wirkt sehr sinnfrei und fast wie eine kurzfristige Notlösung, für verworfenen Content.

Mit Linksklick auf Hotspots öffnet man die üblichen Icons zur weiteren Interaktion. Um das Inventar zu öffnen, muss man immer auf das Symbol in der Bildschirmecke klicken. Eine der typischen Alternativen wie Rechtsklick oder Mausrad gibt es nicht. Und ein anderes winziges Detail, das mich gepiesackt hat: Nimmt man ein neues Item auf, beginnt ein rotes Leuchten um das Inventarsymbol zu kreisen, was so lange anhält, bis man es wieder öffnet. Das empfand ich als leicht irritierend und hab teils nur draufgeklickt, damit es weggeht.
Items können im Inventar nicht näher untersucht werden. Benutzt man sie via Drag'n'Drop sind Ambers und Teds Kommentare nur selten hilfreich, wenn es darum geht, warum sie etwas nicht machen wollen. An einer Stelle musste ich sogar eine Lösung zücken, weil ich nahezu davon überzeugt war, einen Bug getriggert zu haben, weil die offensichtliche Lösung einfach nicht gehen wollte und ihre Sätze keinen Sinn ergaben. Als ich wieder an so einem Punkt kam, wusste ich zum Glück schon etwas besser, wie das Spiel tickt, und kam durch rumprobieren weiter.
Sowas war zum Glück sehr selten. Die meiste Zeit geht alles sehr einfach von der Hand, und durch die limitierten Möglichkeiten hilft auch Trial'n'Error im Zweifelsfall.
Mit den Hotspots haben sie aber etwas übertrieben. So ziemlich jedes Fenster und jede Pflanze können angeschaut werden, aber nur ein Bruchteil von allem ist wirklich relevant.

Kapitel 1 findet hauptsächlich in Ambers Haus statt, mit einer handvoll Räumen zum untersuchen. Es ist die kürzeste Episode mit nur ca 1,5 Stunden. Hier und da benutzt man mal ein Item und löst ein Mini-Rätsel, vor allem aber werden Dialoge geführt und manchmal spielt sich das Spiel gar halb von allein.
Kapitel 2 öffnet die Welt ein wenig. Schauplatz ist Paper City, mit einer Übersichtskarte, um zwischen den verschiedenen Schauplätzen dort zu wechseln. Trotzdem bleibt jeder Bereich aber sehr klein und überschaubar, alles ist weiterhin limitiert und linear gescriptet. Die Puzzle und Rätsel werden etwas größer, der Hauptfokus bleibt aber bei den Dialogen. Stellenweise geht man an einen Ort, nur um einem ausufernden Dialog zu lauschen und maximal noch ein oder zwei Items aufzuheben. Die Spiellänge beläuft sich hier auf 2,5 Stunden.
Kapitel 3 spielt weiterhin in der Stadt und fühlt sich nochmal deutlich linearer an, als zuvor schon. Items sind sehr selten, stattdessen stehen jetzt mehr Mini-Spiel Puzzle im Vordergrund, wie zB einen geheimen Mechanismus enträtseln. Diese Rätsel waren nie sonderlich schwer, haben mir aber durchaus Spaß gemacht. Ansonsten, ihr ahnt es schon, gibt es viele Dialoge. Das Finale hat mich grob 3 Stunden gekostet.

Offensichtlich ist die Story das Hauptverkaufsargument. Für mich hat sie aber leider nur in Teilen funktioniert.
Die Synchro ist gut gemacht und passt gut zu den verschiedenen Charakteren. Viele Mysterien werden angedeutet, und zu Beginn gibt es einige "gruselige" Effekte. Immer wieder wird aufgegriffen, wie Kinder sich mit dem Aufwachsen ändern und alte Spielzeuge zurück lassen. Und auch wie eng die Bindung zu einem Kuscheltier sein kann.
All diese Punkte haben mich bei der Stange gehalten, fallen am Ende aber ziemlich hinten über. Das Spiel geht dann doch in eine ganz andere Richtung. Zwar will ich die Geschichte nicht als schlecht bezeichnen, hatte mir aber etwas komplexeres und neuartigeres gewünscht. So erschien es mir dann doch mehr wie eins von vielen, mit obendrauf dem Luxus, alles so hindrehen zu können, wie man will, ohne größeren Sinn. Denn alles kann mit "Ist halt nur etwas, das ihrer Fantasie entspringt" begründet werden.
Ein tragisches Event zu verdrängen und wieder erinnern zu müssen erschien mir nicht neu. Ich respektiere, was sie da erzählt haben, aber sich mehr auf den Wandel eines Kindes durch das Erwachsen werden zu konzentrieren, hätte ich schlicht interessanter gefunden.
An seltenen Punkten gibt es eine Entscheidung zu treffen. Eine im ersten Kapitel wird im zweiten dann auch am Rande ab und an nochmal erwähnt. Nichts großes, aber ein nettes Detail. Alles danach hatte aber keine erkennbaren Auswirkungen mehr, was dann etwas enttäuschend wirkte.
Sämtliche Dialoge neigen dazu, sehr lang und ausufernd zu sein. Viel Progression findet dabei rein automatisch statt, ohne großes Zutun, mit Charakteren, die ständig eine 180° Wendung machen. Man geht zu A, der für B arbeitet. Besucht daraufhin B, der plötzlich entscheidet, A nicht mehr zu helfen. Also zurück zu A, der mittlerweile auch seine Meinung geändert hat und seinen Plan aufgibt. So ein hin und her ließ die Story schnell dünn wirken.
Oft wird erwähnt, dass Amber erst 10 Jahre alt ist und zeigt stellenweise auch sehr kindlichen Humor. Aber die meiste Zeit wirkt sie deutlich älter und erwachsener, was diese Momente etwas rausbrechen lässt.
Es gibt zwei Enden, im Prinzip ein gutes und ein schlechtes, wobei letzteres einen ganz netten "Twist" hat, wie ich finde.

Was für mich gar nicht funktioniert hat, war der Humor. Es gibt viele Easter Eggs und pop-kulturelle Anspielungen im Hintergrund. Das war so weit ok, und ich fand es nett, nach ihnen zu schauen. Was herausstach war das extreme Brechen der 4ten Wand, das einfach nicht tonal zum Rest passen wollte.
Die Atmosphäre ist meist düster und beklemmend. Und dann aus dem Nichts, macht Ted plötzlich das CSI Miami Sonnenbrillen Meme nach. Oder nach einem Dialog fangen Amber und Ted an miteinander zu reden, als wäre es ein Dreh am Filmset, inklusive Stimme aus dem Off.
Einen Joke empfand ich auch als etwas fragwürdig. Wenn Ted mal wieder einen seiner Monologe hält, in denen er die Story nacherzählt, wird er in der Sprecherkabine von Amber unterbrochen, die das Ganze "sein Tagebuch Ding" nennt. Als er sich beschwert lässt sie ihn allein mit den Worten: "Take your time Anne Frank".
Gut, Anne Frank hat Berühmtheit durch ihr Tagebuch erlangt. Das ihren Überlebenskampf während des Holocausts schildert. Kann man machen - muss man nicht.

Die Prequel-Episode Lost Robots ist unterm Strich mehr vom gleichen, mit den selben Höhen und Tiefen. Wir spielen hier Flint, Ambers älteren Bruder, der einen Fall mit Ted löst.
Ich war durchaus enttäuscht, dass sich keine Verbesserung im Gameplay zeigte, wo es doch später entwickelt wurde. Auch die Story hat mich wieder nicht richtig bekommen. Der Fall, den sie lösen, wirkte nicht sonderlich interessant, und mit dem Wissen aus dem Hauptspiel, was gerade in der realen Welt passiert, wirkte manches wie die Holzhammermethode.
Es wird sehr schnell klar, dass wir hier mit Flint kurz vor seinem Tod spielen, was ich etwas plakativ fand. Wir kennen sein Schicksal schon, ihn zu spielen wäre eine bittersüße Erfahrung, auch ohne diese direkte Verbindung. Dabei ist es nicht mal konstruktiv eingebunden, sondern wird nur nebenher ab und mal angesprochen. Besser wäre es hier gewesen, wenn der zu lösende Fall eine gewisse Metapher auf seinen Streit mit Amber gewesen wäre. Und im Zuge der Lösung findet er auch Frieden für seine Probleme in der realen Welt. Ganz unabhängig und ohne den drohenden Tod in der letzen Minute.
So wirkt es eher, als wolle man auf Biegen und Brechen die größt möglichen Gefühle aus dem Spieler herausprügeln, wenn man in der Schlusscutscene so halbwegs Flint beim Sterben zusehen kann.
Lost Robots ist ca. 2 Stunden lang.

Zwar hat Bear With Me immer wieder coole Ideen und Momente, war mir insgesamt aber spielerisch nicht stark genug, und die aufgebauten Mysterien in der Story zerfielen irgendwann. Darüber hinaus braucht man einen Faible für den Detektiv-Noir Flair, der hier aus allen Ritzen tropft.

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Alexiell

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Schiff Ahoi! Komm an Bord des herzerwärmenden Genre-Mix Spiritfarer mit Erkundung, Crafting, Auf-, Aus- und Umbau. Als junge Frau Stella ist es unsere Aufgabe, antropomorphe Tierwesen auf unserem Schiff zur Pforte ins Jenseits zu geleiten. Dabei lernen wir ihre Geschichte kennen, erfüllen ihnen letzte Wünsche, bauen ihnen eine Unterkunft, bekochen sie und besuchen die unterschiedlichsten Insel. Bis dann am Ende der emotionale Abschied wartet.

Die Grafik ist 2D in einem handgezeichnetem Cartoon-Look, der einfach atemberaubend schön ist. Die ganze Welt steckt voller Details und filigraner Zeichnungen. Teils wirkt es leicht wie mit Aquarell ausgemalt. Dazu gibt es ab und an wunderschöne Effekte. (Einzig der weiße Flash bei manchen Crafting Aktionen ist etwas zu penetrant.)
Sämtliche Charaktere, die man trifft, sind fantasievoll gestaltet und strahlen durch ihre Art schon richtig viel Charme aus. Dialoge sind nicht vertont, stattdessen geben die Figuren einen gewissen "Laut" von sich, der hervorragend ihren Charakter unterstreicht.
Und dann sind da die Animationen. Wenn Stella springt und rennt geht alles flüssig ineinander über und ändert sich teils kontext sensitiv ab. Eine absolute Augenweide. Das gilt auch für alle anderen Figuren. Ein Spielelement ist zB, seine Wegbebleiter umarmen zu können, und jeder hat seine ganz eigene Animation dafür.
Ein Kritikpunkt wäre, wie ähnlich sich manche Inseln untereinander sehen können, da erkennt man rasch copy-paste. Dann kommt aber der Tag und Nacht Wechsel, am Himmel leuchten Sterne, Lichter gehen an, Gardinen werden zugezogen, die Abendsonne taucht alles in wundervolle Rottöne - da ist das schon fast wieder vergessen.
Einen eigenen Abschnitt muss ich Daffodil widmen, Stellas Vanille-farbener Wuschelkatze, die sie auf Schritt und Tritt begleitet. War ich schon von Kitteh bei Gibbeous hin und weg, Daffodil legt da locker nochmal einen oben drauf. Allein seine Idleanimation sind hervorragend, und wenn er anfängt, mit seinem Bällchen zu spielen, sieht das auch so richtig "typisch Katze" aus. Das beste: Man kann sich jeder Zeit hinknien und ihn knuddeln! Springt Stella ins Wasser, folgt Daffodil auch hier, allerdings mit leicht panischem Blick und Flaschenbürsten-Schwanz auf seinem Ball balancierend, um das unschöne Nass zu vermeiden.
Wieviel Herzblut in die Figuren und Animationen geflossen ist, kann ich kaum genug betonen.

Neben der Optik soll die Musik nicht unerwähnt bleiben. Immer wieder spielen schöne Melodien im Hintergrund, die hervorragend den Flair des Moments einfangen. Und auch das Sounddesign an sich kann sich hören lassen. So wird oft eine Art Feuerwerk-Sound verwendet, den ich immer als ungemein befriedigend empfand.

Man startet also mit seinem Boot und hat schnell den ersten Gast an Bord, der einen dann Stück für Stück durch das Tutorial geleitet, das einem die Basics nahe bringt.
Es braucht eine Unterkunft auf dem Boot, gekocht werden muss auch, und Gemüseanbau darf ebenfalls nicht fehlen. So baut und platziert man die verschiedensten Gebäude auf seinem Schiff. Mit der Zeit schaltet man immer mehr Baupläne frei, Verbesserungen, neue Funktionen und vergrößert auch allgemein sein Schiff.
Das geht natürlich primär über Rohstoffe, die man in der Welt findet oder kauft und dann ggf in einem seiner Gebäude weiterverarbeitet. Wie zB einen Baum fällen für Stämme, die man zu Brettern macht.
Stück für Stück öffnet sich so die Weltkarte immer mehr, und man kann sich rasch in der Erkundung verlieren. Die einzige Begrenzung, die das Spiel einem setzt, erfolgt über noch nicht entdeckte Ressourcen. So fährt man umher, besucht unbekannte Inseln, sammelt Schätze ein und baut sein Boot weiter aus.
Eine Schnellreisefunktion deckt dabei das Meer angenehm großzügig ab.

Auf den Inseln kommt leichtes Platforming zum Einsatz, wobei man für Stella im späteren Verlauf neue Fähigkeiten freischaltet. Es gibt überall versteckte Geheimnisse zu entdecken, Rohstoffe zu sammeln und quirrlige Charaktere. Vor allem sucht man nach neuen Gästen für sein Boot. Manchmal muss man eine kleine Quest erledigen, um sie an Bord zu bekommen.
Jede Figur hat eigene Vorlieben und Fähigkeiten. Sind sie guter Laune, können sie eine kleine Hilfe sein und reichen einem zB Ressourcen oder lassen die Pflanzen schneller wachsen. Man kann jeder Zeit sehen, was sich wie auf ihre Stimmung ausschlägt. Ab und an sollte man sie umarmen und auf ihren Hunger achten, das hält das Gemüt oben. Sie können einen um bestimmte Dinge bitten, einem neue Baupläne geben oder die Weiterverarbeitung von Ressourcen lehren.
Immer wieder rufen sie einen zu sich, und erzählen ein klein wenig aus ihrem alten Leben. Oftmals geben sie einem dann einen Ort vor, zu dem sie gerne reisen möchten. Auf die Art hangelt man sich langsam aber stetig an ihrer Quest entlang, bis sie irgendwann bereit sind, endgültig ins Jenseits überzugehen.

Micromanagement spielt auf dem Boot eine sehr große Rolle. Zur rechten Zeit wollen die Bewohner per Glocke geweckt werden. Wer ist hungrig? Die Pflanzen wollen gegossen und geerntet werden, das Essen muss gekocht werden, und Angeln kann man natürlich auch. Schnell noch Ressourcen weiterverarbeiten, und schon ist der Tag auch wieder rum! Es gibt wirklich ständig was zu tun, das kann schnell überwältigen. Gerade wenn gefühlt jeder Charakter gleichzeitig nach einem schreit.
Dabei ist aber gut zu wissen, dass es keine zeitliche Bestrafung gibt. Jede Figur wartet geduldig, bis ihre Anfrage erfüllt wurde. Essen verbrennt nicht sofort, wenn man es im Ofen vergisst. Statt zu vertrocknen wachsen Pflanzen einfach nicht weiter.
Es ist eher der eigene Perfektionismus, der schnell zu Stress führen kann. Hat man erstmal seinen Rhytmus gefunden, pendeln sich die Dinge rasch ein.
Trotzdem empfand ich den Tag-Nacht Wechsel stellenweise als etwas störend. Die Zeit läuft permanent weiter und steht nie still, und ein Ingame Tag ist mir persönlich etwas zu rasch um. Kaum habe ich eine Insel betreten, wird es auch schon wieder dunkel. Es gibt ein Zeitfenster in der Nacht, in dem man nicht weiterfahren kann und alle Bewohner schlafen. Die Zeit kann man gut für ungestörte Arbeiten nutzen oder auch einfach selbst schlafen gehen, um den nächsten Morgen zu triggern.
An der Stelle ist leider auch sehr nervig, dass nicht nur das Boot einfach stehen bleibt, sondern man nicht mal mehr die Karte einsehen darf. Mehr als einmal bin ich beim planen meiner nächsten Schritte plötzlich rausgeworfen worden.

Im späteren Spielverlauf nimmt all dies zum Großteil ab, ua. durch Upgrades und zahlreich angehäufte Ressourcen. Nach einem recht starken Anfang, der einem ordentlich zu tun gibt, kommt das Pacing später tatsächlich ins Stocken und wirkt nicht mehr so ausgeglichen, wie zuvor.
Mancher Fortschritt ist an bestimmte Questlines gebunden und teils auch an Zeit, die im Spiel verstreichen muss. So kann es vorkommen, dass man plötzlich nirgends so recht weiterkommt, weil man erstmal eine bestimmte Ressource freischalten und diese grinden muss, währenddessen aber kaum was anderes zu tun hat. Und dann mal wieder, wollen 3 Gäste gleichzeitig das Boot verlassen. Zwar kann man frei entscheiden, wie schnell man sie zur Immerpforte bringt, haben sie einmal den Wunsch geäußert, endet damit aber auch ihre Questline, und selten wird man nochmal einen Dialog von ihnen hören. Sie sind dann sozusagen einfach nur noch da.
Die Pacing-Achterbahn kann mal mehr und mal weniger zum Tragen kommen, manchmal auch etwas abhängig davon, wen man wie schnell findet. Grundsätzlich geht nach hinten heraus aber etwas die Puste aus, im Vergleich zum Start.

Neben den vielen Erkundungs- und (einfachen) Platforming Passagen auf den Insel, ist das Spiel von diversen Minispielen durchsetzt, die meist mit dem Sammeln oder Weiterverarbeiten von Ressourcen zusammen hängen. Ein wiederkehrendes Thema ist zB für eine bestimmte Zeit quer über das Boot zu laufen um Ressourcen abzufangen, die auf unterschiedliche Weise erscheinen. Das ist mit das aufwendigste, und nicht jede Variante davon hat mir so gut gefallen, aber gerade diese sind schnell optional und müssen nicht häufiger gemacht werden. Das Weiterverarbeiten von Ressourcen, das idR nur wenige simple Knopfdrücke benötigt, begleitet einen widerum das ganze Spiel über.
Komisch ist die inkonsequente Nutzung von Stellas Gitarrenspiel. Am Anfang wird es als Guitar-Hero mäßiges Mini-Spiel eingeführt, um Pflanzen schneller wachsen zu lassen. Man kann aber auch so jeder Zeit die Gitarre zücken (und Daffodil singt dazu!), und später gibt es immer wieder Stellen, an denen Stella Musik macht, als Teil einer Quest. Nur das es dann automatisch abläuft. Das wirkt wie eine verpasste Chance, weitere kurze Guitar-Hero QTEs einzubauen, was ich durchaus schade fand.
Ansonsten gibt es Nebenquests, versteckte Schätze, optionale Aufgaben, Sammelkram und andere größere und kleinere Belohnungen und Details.

Das Spiel ist sehr Menü lastig. Stellas Inventar hat diverse Reiter zum durchswitchen, für all die unterschiedlichen Materialien und Dinge. Zusätzlich gibt es noch ein Questlog für verschiedene Aufgaben.
Einige Menüs können leider nur an bestimmten Stellen eingesehen werden. Z.B. gibt es eine Übersicht der Rezepte nur bei der Interaktion mit dem Ofen - wenn gerade nichts darin köchelt. Die Karte kann nur am Kartentisch angeschaut werden, Gebäude nur an der Blaupause, anderes in der Werft. Wieviel ein Item beim verkaufen bringt, ist primär beim Händler sichtbar.
Ein ganz großes Problem beim Thema Menü ist aber die Schriftgröße. Grundsätzlich wird die Schrift kleiner, je mehr Text in ein Feld passen muss. Das fällt schon bei den Dialogen mit den Charakteren auf, wobei es hier nie zum Problem wird. (Die Größe der Sprechblasen kann bei Bedarf auch verändert werden.) Ganz anders im Menü, wo der Text ohnehin schon einen Ticken kleiner ist und dann noch kleiner wird. Gerade bei der Anzeige benötigter Ressourcen werden längerer Wörter wie zb "Aluminiumbarren" so absurd klein, als sei ein versteckter Sehtest integriert. Da wird man doch des öfteren mal in den Bildschirm krabbeln müssen.
Das Menü-Fenster dürfte zusätzlich gern insgesamt größer sein, um einem mehr auf einmal zu zeigen.

Eine große Rolle spielt natürlich die Geschichte, mit dem hoch emotionalem Thema der Sterblichkeit. Das im übrigen gar nicht so düster ist, wie man vielleicht denken würde. Alles bleibt eingehüllt in einer fast lebensbejahenden Grundstimmung.
Im Verlauf der Reise trifft man ganz unterschiedliche Charaktere, mit ganz unterschiedlichen Geschichten und Toden, womit eine durchaus große Anzahl an Facetten abgedeckt wird. Ab und an werden auch typische "Sterbebettthemen" aufgegriffen. Gibt es etwas, das bereut wird? Was bleibt von mir? Und vieles mehr. Eine Questline hat mich auch dadurch stark beeindruckt, sehr gut die Auswirkungen des Alterns ins Gameplay einzubinden.
Jede Figur erzählt einem immer nur Fragmente ihres Lebens, oft Zusammenhangslos und mit Abständen. Da fand ich es nicht immer leicht, mir alles zu jedem korrekt zu merken und vollständig zu verstehen. Rasch entsteht auch mal ein Missverständnis. Etliche Aspekte zum Hintergrund der Figuren werden erst im digitalen Artbook erwähnt, das man separat kaufen kann (oder sich die Einträge im Spiritfarer Wiki durchliest...), was ich tatsächlich sehr schade finde. Diverse Zusatzinformationen haben mir nicht nur geholfen, die Geschichten besser zu verstehen, sondern mit dem so gewonnenen Kontext fand ich einige Aspekte im Spiel nochmal nachvollziehbarer und stärker in ihrer Wirkung, als zuvor. Entsprechend schade ist es da, dass mir dies beim spielen an sich gefehlt hat.
Stella selbst ist Dreh- und Angelpunkt, und ihre eigene Lebensgeschichte wird ebenfalls hier und da eingewoben.
Obwohl der Tod so viele Ansatzpunkte bietet, kann man kritisieren, dass sich so manche Figur etwas doppelt und zu nah an einer vorherigen dran ist. Manche wirken auch deutlich weniger ausgearbeitet, bleiben etwas blass und gehen rascher von Bord als andere. Bei den Todesarten wäre ebenfalls mehr Spielraum gewesen. Generell kann man den nur in seltenen Fällen näher definieren, auf Grund der teils vagen Stories.
Grundsätzlich sind alle Dialoge aber hervorragend geschrieben, wirken durchaus natürlich und geerdet und bringen ihre Themen gut rüber. Und nie wirkte es, als würde zu sehr auf die Tränendrüse gedrückt werden. Alle Momente sind ehrlich emotional und angenehm bodenständig und menschlich.

Generell ist Spiritfarer ein exzellent geschriebenes Spiel. Allen voran der Humor hat mich hier total begeistert und genau meinen Nerv getroffen. Trotz der schwere der Themen wartet ein ehrlich witziges Spiel auf einen, das mich mehrfach zum lachen gebracht hat. Teilweise kann auch richtig schön schräger Blödsinn passieren. Allein schon für all die Witze habe ich es geliebt, mit jedem NPC zu quatschen und selbst die nutzloseste Sidequest mitzunehmen.
Hier muss ich auch ein besonderes Lob an die Übersetzung aussprechen. Es gibt zB einen Charakter, der für seine schlechten Wortspiel-Witze bekannt ist, und jeder weiß, wie schwer gerade so etwas zu übersetzen ist. Aber ich hatte selten das Gefühl, dass irgendwo irgendwas verloren geht.

Wer nicht allein auf Weltreise gehen mag, kann dies auch zu zweit tun. Spiritfarer ist komplett im lokalen Koop spielbar, wobei der zweite Spieler die Steuerung von Kater Daffodil übernimmt. Der kann so ziemlich alles tun, was Stella auch kann. Und das beste daran: Er hat für alles seine eigene, liebevoll gestaltete Animation! Wo Stella einfach die Gießkanne zückt, wirft Daffodil sich zB auf den Rücken, um mit allen vier Pfoten die Kanne zu stemmen. Hier zeigt sich erneut die unglaubliche Liebe zum Detail und die unglaubliche Arbeit, die in die Animationen gesteckt wurde.
Gerade zu Beginn mag es sehr hilfreich sein, diverse Dinge auf dem Schiff parallel machen zu können. Und auch bei diversen Mini-Spielen ist Daffodil eine gute Unterstützung. Auf lange Sicht macht man von all diesen Dingen aber eher weniger, wodurch es eventuell für einen der beiden Spieler zwischendurch zu Flauten kommen könnte.
Statt Splitscreen zoomt die Kamera raus, wenn die Figuren sich voneinander entfernen, was alles entsprechend klein werden lässt und dann durchaus ein Problem darstellen kann. Zu weit sollte man sich nicht voneinander entfernen, um auch nicht ganz aus dem Bildschirm zu verschwinden.

Beim Release war Spiritfarer technisch leider in keinem guten Zustand. Die Entwickler haben seit dem aber konstant Patches rausgehauen und zuletzt noch drei DLCs nachgeschoben, die neben zusätzlichem Content auch weitere Bugfixes und QoL Improvements mit sich brachten. Große Probleme sind mir in meiner Spielzeit nie untergekommen, maximal kleine Unsauberkeiten. (Mittlerweile ist im übrigen noch wieder ein Patch erschienen. Sie bleiben also auch jetzt an Verbesserungen dran.)
Ein Streitthema sind aber weiterhin Gamepads. Hier gibt es eine lange Historie von größeren und kleineren Problemen, vor allem für Nutzer von No-Name Produkten. Mein Logitech Pad wurde auf den ersten Blick perfekt erkannt. Jeder Knopf macht, was er soll, nur die Button Prompts sind völlig falsch. Das kann leicht behoben werden, denn im Menü zur Neubelegung der Tasten kann man von automatischer Erkennung auf die Buttonanzeige seiner Lieblingsmarke wechseln: XBox, PS oder Switch. Dann passt es.
Abgesehen von der Zoom-Funktion, die es bei der Karte oder auch dem Bauen des Schiffs gibt und eigentlich per LT/RT läuft. Das hat bei mir nicht korrekt funktioniert, und bei Bedarf habe ich dann schlicht zur Maus gegriffen, wenn ich denn mal zoomen wollte. Später gibt es Fähigkeiten, die auf LT/RT liegen, wo es widerum keine Probleme mit der Erkennung gab.
Alle Tasten können im übrigen frei belegt werden - außer der Zoom. Und auch die RT Fähigkeit sollte man nicht unbedingt umbelegen. Die kann nämlich sonst ständig im Hintergrund ausgelöst werden, wenn man die Taste im Menü benutzt, was zwar nicht wirklich schlimm ist, aber etwas nervig.

Man hat drei unterschiedliche Speicherslots zur Verfügung und kann jeder Zeit in den Koop springen. (Dafür muss man den Spielstand nur neu laden.)
Am Ende warnt einen das Spiel explizit vor dem Point of no Return, der letzte Speicherpunkt liegt aber direkt davor, so dass man auch nach den Credits seinen Spielstand noch weiterführen kann.

Ich habe locker Minimum 45 Stunden in Spiritfarer investiert, dabei allerdings wirklich alles gemacht, was es zu bieten hat. Selbst als der Spielstand schon 100% zeigte, habe ich noch Nebenquests beendet, die nicht mitgezählt werden. Zum Schluss war das allerdings etwas träge, denn als letztes habe ich Schatzkarten abgearbeitet, bei denen es eine halbe Echtzeitstunde dauert, bis man im Spiel die nächste bekommt. So haben meine letzten Spielstunden viel aus reinem Warten bestanden.
Grundsätzlich kann man bei einem 100% Run schon mit bis zu 40 Stunden rechnen, und auch ein "normaler" Durchlauf umfasst immer noch 20-25 Stunden. Der grundlegende Gameplay-Loop ändert sich dabei natürlich nie groß. Zwar hätte man aus manchen Dingen mehr rausholen können, bis zuletzt werden aber immer wieder neue Figuren und Kleinigkeiten eingeführt, so dass mir nie die Lust verging.

Trotz des leichten Aufs und Abs im Pacing hat der Gameplay-Loop und die Erkundung sehr gut für mich funktioniert, und auch wenn nicht jeder Charakter so einen großen Eindruck hinterließ, wie der davor, habe ich mehrfach mit den Tränen gekämpft und nicht immer gewonnen. Für mich ein ganz besonderes Spiel, das einen noch über den Playthrough hinaus beschäftigen kann.

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Alexiell

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An anderer Stelle habe ich schon groß die Werbetrommel für The Silent Age gerührt, ein Point'n'Click Adventure mit Zeitreisemechanik. Hier jetzt ein adäquates Review ganz für sich allein.
Joe ist ein unscheinbarer Hausmeister, der in den 70ern die Räume eines Hightech-Konzerns sauber hält. Einer Blutspur folgend, stößt er auf einen verwundeten alten Mann, der behauptet, aus der Zukunft zu kommen. Eine Erfindung, die in der Firma entwickelt werden wird, wird nicht viel weniger tun, als die Auslöschung der Menschheit bringen. Da der Zeitreisende an seiner Verletzung sterben wird, muss nun Joe die Aufgabe übernehmen, dieses Schreckensszenario zu verhindern. Dafür bekommt er ein kleines Gerät in die Hand gedrückt, mit dem er im Verlauf seiner folgenden turbulenten Reise zwischen Gegenwart und apokalyptischer Zukunft wechseln kann.

Das Spiel ist auf so ziemlich jeder Platform erschienen, inklusive iOS/Android/Kindl (wenn es da nicht sogar zuerst drauf erschien), was die sehr einfach gehaltene Gestaltung etwas durchblicken lässt.
Grafisch ist es sehr schlicht gehalten und vor allem die Figuren erinnern stark an kantige Vektorgrafiken, mit einfarbigen Flächen. Die Hintergründe sind dennoch mit diversen Details gespickt und auch mal netten Effekten und Spiegelungen. Schlecht sieht es so gesehen also nicht aus und ist vor allem immer wieder sehr stimmungsvoll.

Das Interface wirkt ähnlich simpel und lässt nur Linksklick zu, wobei alles recht kontext sensitiv reagiert. Der Bewegungsspielraum ist immer stark eingeschränkt und man hat grundsätzlich nur eine sehr kleine Menge an Items im Inventar. Komplex wird es nie, die Rätsel kann man durchaus als einfach bezeichnen.
Einen besonderen Kniff bringt aber das kleine Zeitreise-Item mit sich, das sich wunderbar in die Rätsel einbindet. Regelmäßig muss zwischen Gegenwart und Zukunft gewechselt werden, um voran zu kommen. ZB manipuliert man eine Pflanze, damit sie nicht weiter wächst und somit in der Zukunft nicht mehr den Weg versperrt.
Ab und an wird auch dieses Feature gescriptet deaktiviert, aber grundsätzlich habe ich eine Schwäche für diese Art Mechanik und finde, sie gibt eine nette Würze zum Gameplay.

Was widerum nicht so gut funktioniert sind Joes Kommentare, wenn man auf einen Hotspot klickt. Die brauchen einen Hauch zu lang, um in der oberen Bildschirmecke zu erscheinen. Man kann sie auch nicht skippen, sondern muss warten, bis der nächste Satz von selbst erscheint, was ebenfalls teils zu lange dauern kann. Mehr als einmal ist es mir passiert, dass ich schon den nächsten Hotspot angeklickt habe, weil ich dachte, Joe sei fertig mit reden, ihn im Endeffekt damit aber unterbrochen habe.
Diese Monologe sind im übrigen, im Gegensatz zu den Dialogen und Cutscenes, nicht vertont, und Joe gibt dann nur einen Seufzer oä von sich. Die Sprachausgabe an sich macht einen durchaus kompetenten Eindruck.
Fährt man über einen Hotspot, wird dessen Bezeichnung oben links in der Ecke eingeblendet, was doch etwas gewöhnungsbedürftig und nicht zu komfortabel ist. In seltenen Fällen erschien mir die Anzeige auch etwas buggy. Wenn mir schon ein Hotspot eingeblendet wurde, den ich noch gar nicht sehen und benutzen konnte, oder mir auch einfach mal ungewollt verraten wurde, was für ein Item zu nutzen war. Aber wie gesagt: das passierte sehr selten.

Die Atmosphäre ist wirklich sehr dicht und hat ein paar ziemlich coole Momente. Auch wenn ich jetzt nicht super emotional dabei war oä, konnte ich es dennoch sehr wertschätzen. Es kommen ein paar typische Zeitreise Themen vor, mit auch dem ein oder anderem typischen Widerspruch, und bis heute weiß ich nicht so recht, wie gut (oder schlecht) ich nun das Ende finde. Zwar ist es ein ganz netter "Twist", wenn man es so nennen will, reißt aber eine, in meinen Augen, ziemliche Logiklücke, die mich an der Stelle doch recht stört.
In der Zukunft wirkt alles so inszeniert, als sei so ziemlich von jetzt auf gleich das Leben ausgelöscht worden, vergleichbar mit einer Bombe. Dass es am Ende nur eine noch unbekannte Grippe war, die zu diesem Zustand der Stadt geführt hat, wirkt doch etwas fragwürdig.

Es gibt keinerlei Optionen, nicht mal eine richtige Speicherfunktion. Das Spiel ist in diverse kurze Kapitel unterteilt, die man beim Spielen freischaltet. Unterbricht man seine Session, hat man beim nächsten Spielstart nur die Möglichkeit, eins der bis dato freigeschalteten Kapitel anzuwählen, um so die Reise fortzusetzen. Würde man also mitten in einem Kapitel aufhören, müsste man es beim nächsten Mal von vorne beginnen und einen Teil wiederholen.
Wenn das Spiel nicht starten will, sollte man es mit dem Kompatibilitäs-Modus versuchen (Win 8 oder 7), ggf noch als Admin ausführen. Hat man ein Gamepad eingestöpselt, kann das Spiel sofort abstürzen, wenn man die Maus bewegt. Also am besten den Controller rausziehen, dann ist alles gut. Oder einfach damit zocken, wer's mag - Gamepads werden vom Spiel unterstützt.

Das Verhindern des Weltuntergangs kann rund 3 Stunden in Anspruch nehmen.
Hier werden keine Bäume ausgerissen, Optik und auch Gameplay sind einfach gehalten, und auch drum herum bietet das Spiel keinen großen Komfort. Aber alles ist super solide, und der Zeitreisekniff ist ein unterhaltsamer Dreh. Kann man herrlich einen Abend wegspielen.

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Alexiell

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Mit Gadgets Paranormale Aktivitäten untersuchen ist der Kernpunkt von Dark Fall: Ghost Vigil, einem Point'n'Click Adventure aus der Egoperspektive.
Als namenloser Neuling schließen wir uns einer dreiköpfigen Gruppe von selbsternannten Geisterjägern an, die über Nacht einen alten Gebäudekomplex mit düsterer Vergangenheit untersuchen wollen, in dem es spuken soll. Was ist hier einst geschehen, was die Seelen hier gefangen hält?

Ghost Vigil ist der 4te Teil der Dark Fall Reihe, was Newcomer aber nicht abschrecken muss, denn sämtliche Spiele sind unabhängig voneinander. Sie teilen sich lediglich das gleiche Universum, und wiederkehrende Charaktere und Orte sind mehr ein nettes Easter Egg für Kenner statt existenzieller Story Bestandteil. Dazu gehört im übrigen auch das quasi Spin-Off The Lost Crown (von dem ich immer den Eindruck hatte, das es etwas bekannter ist.) Während die Dark Fall Titel mehr an Myst angelehnt sind, mit First-Person und bockschweren Rätseln, die viel Notizen und Aufmerksamkeit benötigen, fühlt sich Lost Crown sehr viel klassischer an und hat die übliche Third Person Ansicht.
Ghost Vigil fühlt sich nun wie ein angenehmer Mix aus Dark Fall und Lost Crown an, mit den Geisterjäger Gadgets als zentraler Dreh- und Angelpunkt, was die Hauptreihe eher fallen lies, das Spin-Off dafür aber groß gemacht hat und in meinen Augen auch der Main Sellingpoint des Titels ist. In Ghost Vigil finden sich auch etliche Lost Crown Referenzen.

In Egosicht geht es nun also ins Spukhaus. Statt freiem herumlaufen klicken wir uns aber lediglich von einem fixen Screen in den nächsten. Grafisch soll alles so fotorealistisch wie möglich sein, und alles sieht auch so aus, als handele es sich um Realfotos, die eingescannt und als Texturen etc verwendet wurden. Das funktioniert so semi gut. Zwar hat dieser realistische Look was für sich, sieht aber auch sehr flach 2D an vielen Stellen aus. Gerne sind Bereiche unscharf, und gerade beim Bewegen von links nach rechts, können sich Winkel und Proportionen am Rand merkwürdig verzerren. Ich kann den Look einfach nur als altbacken und überholt bezeichnen. Hat man sich daran aber erstmal gewöhnt, stört es die ansonsten sehr dichte Atmosphäre nicht. Das Setting selbst ist sehr stimmungsvoll gestaltet.

Alles findet in der Nacht statt, entsprechend ist es super dunkel, und man benötigt fast konstant seine Taschenlampe, die einen ordentlichen Lichtkegel rausballert. Teils erschien sie mir schon zu stark und schnell überstrahlend, wenn man in eine hellere Nahansicht übergeht. Erschwerend kommt hinzu, dass der Cursor und auch Untertitel im blassen Weiß dargestellt sind, was auf hellem Grund natürlich schnell etwas unter geht.
Ebenfalls schade ist, dass ohne Lampe eigentlich eine sehr düstere und gruselige Atmosphäre erzeugt wird, und mit gut gesetzten Lichtquellen noch unterstrichen werden kann. Da man sehr schnell aber auch einfach mal so gut wie nichts sieht und daher ständig die Funzel brennen hat, kriegt man davon weniger mit, will man nicht ständig das "An, Aus" Spiel spielen.

Zunächst weisen die anderen Geisterjäger - mit denen man nur per Walkie-Talkie kommuniziert - einem den Dachboden zu, wo quasi das Tutorial stattfindet und man alle Gadgets einmal beigebracht bekommt. Schnell fällt hier auf, dass manche Aufgaben recht langweilig und zur Fleißarbeit werden können. Um weiter zu kommen, muss man die selbe Sache oft mehrfach hintereinander machen, bis einer der NPCs einem sagt, dass es jetzt reicht. ZB gibt es im Tutorial ein simples Memory Spiel, das man so oft machen muss, bis die Gruppe zufrieden ist. (Bei mir waren es drei Runden.) Das ist nicht nur langweilig, sondern es wird auch sehr schlecht kommuniziert, dass man wiederholt spielen muss. Ich habe tatsächlich eine Weile festgehangen, was auch leider nicht die einzige Stelle dieser Art war.
Der absolute Tiefpunkt im späteren Spielverlauf war für mich die Stelle, an der man das Brettspiel "Snakes & Ladders" gegen ein Geisterkind spielen muss. Um weiterzukommen, muss man verlieren. Das Problem ist, dass hier tatsächlich hartes RNG am Werk ist. Da steuert keine KI den Verlauf im Hintergrund, jeder Würfelwurf ist wahrlich reinster Zufall. Und so kann man nichts weiter tun, als wieder und wieder auf den Würfel zu klicken, diesem dummen, langweiligen Brettspiel zusehen, und es so lange wiederholen, bis man eben verliert. Was bei mir mindestens eine halbe Stunde (!) gedauert und mich schier an den Rand des Wahnsinns getrieben hat. Ich habe tatächlich diverse Lösungen gegooglet, ob das wirklich ihr fucking Ernst ist, oder ich einfach noch was anderes machen muss. Aber nein, es ist wirklich einfach pures Glück an dieser Stelle.

Hat man das Tutorial überstanden, bleibt das Spiel weiterhin merkwürdig eingeschränkt und gescriptet, oft auch auf plumpe Art und Weise. Die anderen haben Bereiche mit Schlössern versehen, deren Code sie dir erst verraten, wenn die Zeit reif ist. Oder man bekommt einfach so verboten, eine Treppe hoch zu gehen, weil blah. Zwar verhindert das sinnfreies Umherirren auf dem Gelände, wirkt aber sehr plump, und die Trigger sind mitunter recht dämlich gesetzt.
Die NPCs sind im übrigen mit der größte Stimmungskiller bei Zeiten. Es wäre so viel cooler, allein auf sich gestellt das Haus erkunden zu dürfen. Stattdessen geht alle paar Screens das Walkie-Talkie los, mit oftmals auch einfach dummem, unlustigem Gebrabbel. Dazu noch sehr amateurhaft vertont. Ich war dankbar für jeden Abschnitt, während dem aus Story Gründen die Kommunikation unterbrochen war.

Während man sich durch das heruntergekommende Gebäude klickt und alles anschaut, hört man in Nahansichten ein geflüstertes "Here", was der Hinweis dafür ist, dass man an dieser Stelle mit Hilfe der Gadgets was entdecken kann.
Ein paar von ihnen wird man nach dem Tutorial kaum noch anfassen. Die Hauptgadgets sind die Nachtsichtkamera, die verstecktes sichtbar machen kann, und ein Recorder, der Stimmen von Geistern aufzeichnet. Dies sind sehr verzerrt klingende Aufnahmen eines kurzen Satzes, den man auf seinem Ingame-Tablet entziffern muss. Ein Drop-Down Menü schlägt einem dabei mögliche Wörter vor, und so muss man das Gesprochene Raushören. (Manche fand ich dabei sehr gut zu lösen, andere waren akustisch deutlich schlechter, so dass ich mir mehr aus den Wörtern einen logischen Satz erschlossen habe, statt es wirklich zu 'erlauschen'.) Der Satz kann nur eine kleine Story-Info sein, aber auch oft ein Hinweis zu einem Rätsel nah bei.
Genau wie bei Lost Crown bleibt die Nutzung der Gadgets ständigi gleich und kann durchaus als repetetiv bezeichnet werden. Mich stört das aber überhaupt nicht, und es ist tatsächlich mein Lieblingsfeature. Man weiß nie so recht, was man finden wird, und es vermittelt ein nettes Gefühl von Erkunden und Untersuchen.

Die vorherigen Dark Fall Spiele haben einen sehr hohen Schwierigkeitsgrad, der an Myst erinnert, mit sehr viel Notizen machen, austüfteln usw. (Teils mit fummeliger Steuerung dazu.) Ghost Vigil ist da deutlich zahmer und mehr Lost Crown angepasst. Ein paar Schwierigkeitsspitzen gibt es aber dennoch, und Stift und Papier sollten ebenfalls bereit liegen. Dabei kann es durchaus etwas dauern, bis man wirklich versteht, wie alles gemeint ist und wie benötigt wird. Unter Umständen muss man dann nochmal etwas backtracken, um seine Notizen mit dem neuen Wissen zu verfeinern.
Ein paar kleinere (optionale) Sachen habe ich mehr durch Rumprobieren/Zufall getriggert und erst danach durch ein Walkthrough verstanden, wie das eigentlich gemeint war, und wäre von alleine so wohl nie drauf gekommen. Der Großteil der Rätsel und Puzzle ist aber durchaus machbar und fühlt sich befriedigend an.

Ein ganz zentrales Problem ist der Sound. Das fängt schon damit an, dass Ghost Vigil als erster Teil des Franchises keinerlei Lokalisierung erfahren hat. Es gibt nicht mal deutsche Bildschirmtexte, alles ist nur in Englisch verfügbar.
Und da kommt erschwerend hinzu, dass immer mal wieder Untertitel fehlen und man nur die Audio-Stimme hat, die oftmals auf irgendeine Weise verzerrt ist (weil Geist), was es absolut nicht einfacher macht, etwas zu verstehen. Ein Hinweissatz zu einem Rätsel konnte ich wirklich überhaupt nicht ausmachen. (Gut, auch mit Untertiteln hätte ich den Tipp nicht wirklich verstanden und hab's durch etwas Trial'n'Error gelöst.)
Am Ende bin ich durch alles gut durchgekommen, genervt hat es mich aber trotzdem.
Der zweite Punkt sind Sound-basierte Rätsel/Musikrätsel. Hier gibt es eine Hilfe in den Optionen, die einem bei zwei Rätseln sehr hilft, sollte man es akustisch nicht hinbekommen oder beeinträchtigt sein. Allerdings gibt es noch andere Stellen, die mit Melodie arbeiten, wo die Hilfe nicht greift und erneut Trial'n'Error angesagt ist. Leider kommt hier zum Teil auch zum tragen, dass die Soundabmischung zwar in den Optionen regulierbar ist, im Spiel aber trotzdem schwanken kann. Hintergrundgeräusche sind teils störend laut, wenn man Töne raushören möchte.

Witziger Weise ist das generelle Sounddesign aber zugleich eine absolute Stärke des Spiels: Überall hört man unheilvolle Geräusche, Schritte und dramatische Untermalung an bestimmten Stellen sorgen für eine dichte Atmosphäre.

Stellenweise kann die Story ganz schön brutal und düster sein, und ich war immer daran interessiert mehr zu erfahren. Obwohl es dann auch manchmal etwas dumm wird. Wenn da zB der liebeskranke Lehrer ist, der einem Geist einen Antrag machen möchte...
Am Ende hat man eine gute Vorstellung davon, was an dem Ort passiert ist, wobei ich zugleich das Gefühl hatte, man darf es nicht zu genau hinterfragen. Zwar werden Subplots leicht angerissen bezüglich der Geisterjäger und einen selbst, alles davon aber leider fallen gelassen ohne irgendwo wirklich hinzuführen.
Das Spiel macht sehr deutlich, dass man zwei Enden - quasi ein gutes und ein böses - auslösen kann und wie. Wobei ich etwas enttäuscht war, wie ähnlich (und generell etwas blass) beide sind. Es gibt noch ein verstecktes drittes Ende, das ein Easter Egg für Lost Crown Fans ist. Zwar kann ich die generelle Idee sehr wertschätzen, aber auch diese Ende ist dann doch überraschend nichtssagend und uninteressant.

Die Geisterjagd kann 10-11 Stunden in Anspurch nehmen und ist dabei eine wahre Achterbahnfahrt mit hohen Höhen, aber auch tiefen Tiefen. Teils war ich sehr genervt und gefrustet. Zugleich aber auch immer wieder total von der dichten Atmosphäre überzeugt und dem gruseligen Setting. Ghost Vigil schafft es immer wieder ehrlich beklemmende Momente zu kreieren und mich so an den Bildschirm zu fesseln. Das war mir all die sonstigen Schwächen total wert, und ich bin doch mit einem guten Gefühl rausgegangen.
Wer jetzt Lust auf die Serie bekommen hat, aber nicht so recht weiß, wo er anfangen soll, dem empfehle ich The Lost Crown als Einstieg. Wenn das mit seiner eigenwilligen Art und schwankendem Pacing gefallen kann, dann ist Ghost Vigil der nächste logische Schritt. Wer dann immer noch mehr will und die wahre Herausforderung sucht, kann sich die ganz alten Dark Fall Teile reinziehen.

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Alexiell

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Prince of Persia ist tot, lange lebe Princess of India! Als "PoP light in Isoperspektive" ist Raji: An Ancient Epic vermutlich am schnellsten umschrieben.
Nachdem ihr kleiner Bruder von Ork-artigen Kreaturen gekidnapped wurde, macht Raji sich zur Rettung auf und bekommt dafür von Göttin Durga eine mächtige Waffe gestellt.

Vor allem die Optik hat mich sehr schnell mit ihrer Schönheit überzeugt. Dabei wird ein realistischer Stil verfolgt, der mitunter sehr bunt und farbenfroh ist, zudem voller Details. Es gibt beeindruckende Wasserfälle, Statuen überall, Brunnen, Schmetterlinge flattern umher, bunte Blumenfelder, glänzende Verzierungen, Lichtstrahlen fallen durch Buntglasfenster - ich könnte ewig so weitermachen. Immer wieder breitet sich im Hintergrund die wunderschöne Landschaft aus.
Auch Rajis Animationen können sich sehen lassen, wie sie springt und rollt und unterschiedliche Ausweichmanöver kontext sensitiv aneinander reiht. Dazu fliegt ihr langer Zopf mit genauso wie ihr Sari.
Die Cutscenes widerum sind im Stile eines Schattenspiels gehalten, was seinen ganz eigenen Charme hat. Göttin Durga fungiert dabei als Erzählerin der Geschichte.
Ebenfalls lobenswert möchte ich das Menü erwähnen, das mit passenden Ornamenten und hübschen Verzierungen toll zum indischen Flair passt.

Standardmäßig ist die Kamera recht weit vom Geschehen weg und bietet eine leichte Draufsicht. Schwenken ist dabei nicht drin, die Position ist fest vorgegeben. Nur Rein- und Rauszoomen wurde nachträglich reingepatcht, wodruch man sich nochmal schöner Details in der Umgebung angucken kann. Ansonsten mekt man aber schnell, dass das Spiel auf die weit rausgezoomte Kamera ausgelegt ist.
Wenn es ums Klettern geht, erkennt man sofort die Prince of Persia Ähnlichkeit, mit Säulen und Wallruns und all den kleinen Sachen. Ist dabei aber deutlich entschlackter und geradliniger, als der große Bruder. Raji kann auch nur an Kanten springen, ansonsten wird eine Ausweichrolle vollführt.
Positiv anzumerken ist, dass zwar immer gut zu sehen ist, wo man wie lang soll, aber statt mit kreischend gelber Farbe Kanten zu markieren, ist es hier deutlich dezenter gehalten, in dem zB Moos auf dem Stein wächst, um die Stelle etwas farblich abzuheben.
Die gesamte Levelstruktur ist sehr klar und linear und kann zuweilen etwas leer auf einen wirken. Links und rechts gibt es mal ein kleines Geheminis zu entdecken, aber der geübte Gamer riecht diese Verstecke 5 Meilen gegen den Wind. Bei dem Versuch zu clever zu sein, habe ich sogar mal das Spiel ausgetrickst, und bin quasi falsch herum durch ein "geheimes" Gebiet.

In der Theorie gibt das Kampfsystem einen einiges an Kombos und Spezialattacken zur Hand, bei denen auch Wände und Säulen der Kampfarenen mit eingebunden werden. Anvisieren kann man Gegner zwar nicht, Raji reagiert aber recht gut auf die angezeigten Richtungen. Insgesamt kann man drei unterschiedliche Waffen freischalten, denen man drei unterschiedliche Spezialattacken zuweisen kann. Einen mächtigen Zauberangriff gibt es auch.
In der Praxis sind die Kämpfe leider derartig chaotisch, dass man Attacken leider selten geplant und zielstrebig einsetzen kann und es am Ende viel zum Button Mashen verkommt. Es spawnt immer eine ganze handvoll Gegner aus dem Nichts in einer abgegrenzten Arena, und alle greifen einen gleichzeitig von allen Seiten an. Dabei sind sie sehr schnell unterwegs, und die, die Geschosse werfen, sind unfassbar zielsicher. Wird man getroffen, ist Raji immer kurz gestunnt, was schnell den nächsten Treffer nach sich zieht und den nächsten. Da auszubrechen ist nicht immer leicht. Zugleich gibt es viel Animation Priority. Hängt man in einer Kombo fest, kann man diese nicht mal eben abbrechen. Oder schnell die Waffe wechseln. Ärgerlich auch, wenn man aus einer Attacke rausgehauen wird, die man gerade ansetzen will. Oben drauf kommt noch die recht entfernte Kamera, was alle Figuren recht klein werden lässt, und man kann durchaus mal sich selbst in dem ganzen Gewusel aus den Augen verlieren.
Gegner droppen nichts. Heilung bekommt man nur etwas zurück, wenn man an stark geschwächten Gegnern einen Finisher vollführt. Die Zauberattacke kann nur sehr selten eingesetzt werden, wenn das Spiel einem an dafür vorgesehenen Stellen eine Manakugel schenkt.
Vielfach läuft es darauf hinaus, ausweichen zu spammen, um sich die Gegner vom Hals zu halten, und ab und an die 1-2 Attacken zu wiederholen, die für einen am besten funktionieren. Viel System und Git Gud gibt es eher weniger, was vor allem bei den Boss Fights zum tragen kommt. Beim ersten war ich schon sehr genervt, und oben drein gibt es dort sogar einen Glitch. Er kann an einer Ecke festhängen, bewegt sich dann nicht mehr richtig vom Fleck, macht keinen Schaden mehr, kann aber seinerseits tot geprügelt werden. Beim ersten Mal habe ich noch den Checkpoint neu geladen (was leider nur über vollständigen Neustart des Spiels geht). Nachdem etliche Versuche später, ohne Aufsicht auf Sieg, wieder der gleiche Glitch auftrat, hab ich ganz unruhmreich weiter drauf gehauen.
Der zweite Bossfight hat mir da sehr viel besser gefallen, der dritte (und letzte) war aber eine ähnlich fürchterliche Rotze, und ich war kurz davor, es einfach sein zu lassen. Gerade die Bosse machen auch absurd viel Schaden, und der schon erwähnte Stun-Lock kann hier ganz schnell Ende sein.
Immerhin sind Checkpoints alle paar Meter gesetzt, so das man nach dem Ableben selten viel wiederholen muss. Bei einem Bossfight respawnt man sogar direkt vor ihm. Im übrigen kann es da vorkommen, dass man direkt wieder getötet wird, was aber nicht weiter schlimm ist. Respawnt man halt nochmal. :P Ladezeiten sind im Spiel angenehm kurz.

Das Menü für die Waffen und ihre Fähigkeiten empfand ich als recht unintuitiv und unhandlich zu bedienen mit dem Gamepad. Da man flüssig wechseln kann, habe ich hier gern zur Maus gegriffen. Allerdings schien das ab und an einen Bug zu triggern, bei dem plötzlich der Y Button des Controllers nicht mehr erkannt wurde, wodurch ich aus dem Spiel raus und den Checkpoint neu laden musste. Nach dem 3ten Mal dieser Art, habe ich dann die Finger von der Maus gelassen.
Wo wir schon bei der Steuerung sind: Freie Tastenbelegung gibt es leider nur für die Tastatur, nicht dem Gamepad. Da ich (wohl als einziger Mensch auf der Welt) lieber die Schultertasten statt Trigger nutze, habe ich diese über den Emulator vertauscht (den ich eh für mein Logitech Pad brauchte, damit es erkennt wird).

Bei den Kämpfen kann Raji nicht wirklich punkten. Dafür aber umso mehr bei seinen wunderschönen Setpieces und der indischen Lore. Während die eigentliche Geschichte eher 08/15 ist, gibt es im Spiel immer wieder Wandmalereien, an denen Durga und Vishnu über Gottheiten kurze Geschichten erzählen. Das ist nicht weiter spannend inszeniert, und ich würde lügen, würde ich sagen, dass ich mir davon irgendwas hätte merken können. Trotzdem fand ich es immer wieder faszinierend den Sagen der mir fremden Kultur zu lauschen. Hat man schließlich auch nicht alle Tage. Sehr schön finde ich da auch, dass neben Englisch zusätzlich Hindi als Sprachausgabe angeboten wird, und letzteres habe ich dann auch gewählt. Das unterstreicht einfach nochmal den Flair.
Meckern muss ich bei den Untertiteln, die auf hellem Grund sehr schnell schwer zu lesen sind.

Gespeichert wird automatisch, wobei man bis zu 4 Spiele parallel laufen lassen kann (was etwas im Menü versteckt ist). Bei der normalen Kampagne kann man zwischen leicht - mittel - schwer wählen und den Schwierigkeitsgrad jederzeit ändern. (Ich habe auf normal gespielt und nur für den finalen Boss auf leicht umgestellt. Ein großer Unterschied ist mir da jedoch nicht aufgefallen.) Alternativ gibt es noch den Story-Mode, bei dem Kämpfe von vornherein entschlackt sein sollen. Und mit einmaligem Durchspielen schaltet man einen Hardcore-Modus frei, bei dem jeder Treffer sofort tötet. Ebenfalls wird eine Kapitelanwahl verfügbar, ist man einmal durchs Spiel durch.

Geübte Spieler können nach max. 4 Stunden das Ende sehen. Jemand wie ich, der gerne mal die Aussicht bewundert, an den Blumen am Wegesrand schnuppert und 2-3 Anläufe bei einem Fight brauchen kann, waren es ca 6,5 Studen.
Mir ging beim Spielen immer wieder das Herz auf. Die Landschaft ist soooo hübsch, die indische Lore so faszinierend, und das Platforming hat mir ebenfalls gefallen. Ich habe einfach gern in der Welt nach geheimen Wegen gesucht und die kleinen Rätselchen gelöst. Die Kämpfe waren teils nervige Fleißarbeit, und von den Bossfights möcht ich gar nicht reden. Sollte ich nochmal in die Welt von Raji abtauchen, würde ich wohl den Story-Mode wählen. Denn da liegt wirklich die Stärke des Spiels. Und mit dem Prince of Persia Remake in der Entwicklungshölle, wer weiß, wann wir mal wieder ein PoP-artiges Spiel bekommen.
 

Alexiell

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In dem Cyberpunk Point'n'Click Adventure VirtuaVerse sind Augmented und Virtual Reality längst selbstverständlicher Teil des Alltags. Alle Menschen kriegen schon direkt Chips eingesetzt. Alle Menschen? Nein, eine kleine Gruppe leistet Widerstand!
Auf der Suche nach seiner Freundin findet sich Retro-Nerd Nathan bald in einer geheimen Mission wieder, die den Einsatz einer neuen KI verhindern will, die alle Menschen sich noch mehr in VR verlieren und voneinander entfremden lassen würde.

Alles ist in schönem Retro-Pixelartstyle gehalten, der vor allem im Farbbereich Blau und Violett gehalten ist. Dazu gibt es nette Details. So ist das Hauptmenü auf einem alten Röhrenmonitor dargestellt, mit diversen Sachen auf dem Tisch drum herum, die zu Webseiten verschiedener Teile des Entwicklerteams verlinken. Im Spiel ist das Tagebuch und die Schnellreise auf einem Minicomputer an Nathans Handgelenk, für das Inventar scheint er auf eine art transparentes Tablet zu blicken.
Dazu aber auch eine kleine Lästerei: Das Inventarsymbol ist eine Umhängetasche, die er gar nicht bei sich hat, er steckt alles ganz altmodisch in seine Jackentasche. Also eigentlich auch nichts mit dem Tablet.

Klickt man auf einen Hotspot, tauchen Symbole für Anschauen und Benutzen auf. Wobei man da etwas aufpassen muss. Rutscht der Cursor auch nur ein klein wenig beiseite, verliert man schnell den Fokus und muss den Hotspot nochmal anklicken. (Controller wird im ürigen auch unterstützt, mit recht vielen Einstellungsmöglichkeiten.)
Hotspots selbst sind nicht immer leicht zu entdecken, da sie kaum hervorstechen und teils auch sehr klein sein können. Leider gibt es auch keine Hilfefunktion, die Hotspots anzeigen lässt, wenn man mal festhängt.

Bei den Rätsel wird viel Wert auf Dialoge gelegt. Man muss wirklich mit jedem NPC von vorne bis hinten alles durchquatschten für wichtige Infos, selbst wenn es zunächst wie irrelevanter Chit-Chat wirkt, oder sie auf den ersten Blick nur wie Statisten erscheinen, die lediglich die Szene etwas lebendiger aussehen lassen sollen. Viele Rätsel basieren zudem darauf, den richtigen NPC um Hilfe zu bitten, oder ein Item von ihnen zu erhalten, anstatt selbständig eine Lösung in der Spielwelt zu finden.

Die Rätseldichte ist angenehm hoch, allerdings schwankt die Qualität stellenweise recht stark. Manche sind einfach, manche sind schwer - und andere sind schon fast als unfair zu bezeichnen. Es gibt eine handvoll Momente, wo es einfach unmöglich ist vorherzusehen, was passiert, wenn man X macht, und inwiefern das tatsächlich die Lösung für Y ist. Mehr als einmal habe ich Sachen einfach nur gemacht, weil ich es konnte, ohne zu ahnen, was mir das am Ende überhaupt bringen soll, und war teils sehr überrascht, wie wirr Ursache und Wirkung rüberkommen. Das wird nochmal schwerer, wenn sich die Welt etwas öffnet und man mehrere Questlines auf einmal hat, ohne eine Vorstellung davon, wie diese sich gegenseitig beeinflussen können.
Das Spiel zwingt einen sich an Dinge zu erinnern, die recht lang her sind und Details, von denen man zu dem Zeitpunkt nichtmal ahnen konnte, dass sie später wichtig sind. Einige Items verbringen Ewigkeiten im Inventar, bis sie endlich mal zum Einsatz kommen, und es gibt auch ein paar Rote Heringe. Wenigstens kann man alles sofort aufheben. Nur an einer Stelle (was es auch etwas merkwürdig macht) weigert Nathan sich, etwas ohne triftigen Grund mitzunehmen, und man muss später nochmal zurück.
Von diesen teils sehr frustrierenden Beispielen abgesehen, gibt es auch einige echt clevere Ideen, und es ist generell ein schönes Spielgefühl, so eine Fülle an Rätseln und Puzzeln zu haben.
Mit dem letzten Patch wurde im übrigen ein "Story Mode" hinzugefügt, der Rätsel vereinfacht und strafft. Vermutlich am besten zu vergleichen mit dem unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad bei den alten Monkey Island Spielen oder auch Thimbleweed Park.

Gar nicht richtig gekriegt hat mich tatsächlich die Story, die gefühlt nicht wirklich was neues zu erzählen hat. Und irgendwie fand ich Nathans Einbindung doof, eigentlich hätte man auch die ganze Zeit seine Freundin Jay spielen können.
Nathan selbst kann mit seiner Retro-Liebe recht schnell anstrengend sein. Das ganze Spiel ist eigentlich eine Ode an "Früher war alles besser", was in sich schon ermüdent sein kann. Hier macht es oben drauf aber nicht mal richtig Sinn. Schließlich spielt es in der fernen Zukunft, glorifiziert aber Dinge, die in unserer aktuellen Zeit schon super retro sind. Nathan wirkt wie ein Boomer, der per Zeitreise in die Zukunft gelangt ist.
Zu den Charakteren habe ich generell keine große Verbindung aufgebaut, und auch von Nathan und Jay als Paar habe ich keinen nennenswerten Eindruck erhalten. Unterm Strich waren sie mir alle herzlich egal.
Trotz allem ist das Spiel in sich immer wieder super atmosphärisch und hat auch den ein oder anderen etwas emotionaleren Moment.

Der Humor ist größtenteils ok und hat mich ab und an schmunzeln lassen, wobei nicht jeder Gag so zünden wollte. Gerade alles um den Dark Room herum mit den albernen Geräuschen im Sinne von "Haha lustig, Sex" fand ich ziemlich dämlich. Aber ich weiß sehr die subtile Monkey Island Anspielung zu schätzen, die zudem ausnahmsweise mal nicht der dreiköpfige Affe ist.

Die Spiellänge bewegt sich bei 10-11 Stunden, wobei ich trotz all meiner Kritikpunkte doch sehr gut unterhalten war. Es hat mich etwas Zeit gekostet, so richtig ins Spiel reinzukommen und seine Denkweise zu checken. Die Fülle an Rätseln weiß ich dabei durchaus zu schätzen, auch wenn mich manche davon haben fluchen lassen.

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Das namenhafte Studio Double Fine ist für seine fantasievollen Welten bekannt, und die Freude war groß, als einst nach längerer Pause das Point'n'Click Adventure Broken Age angekündigt wurde.
Wir folgen zwei Protagonisten. Da wäre zunächst Teenagerin Vella, die in einem Dorf von Bäckern wohnt, bei dem sich alles entsprechend um fluffige Köstlichkeiten dreht. Sie hat die zweifelhafte Ehre, bei einem freudigen Ritual einem monströsen Wesen geopfert zu werden.
Und dann ist da Teenager Shay, der scheinbar mutterseelenallein auf einem Raumschiff lebt. Wobei, so ganz ohne Mutter dann doch nicht: Die Schiffs-KI bemuttert ihn überfürsorglich, ein Mutterschiff im wahrsten Sinne des Wortes. Dabei will Shay in seinem Alter doch endlich echte Abenteuer erleben!
Während es sich zunächst um zwei völlig unterschiedliche Geschichten zu handeln scheint, sind ihre Schicksale dann doch miteinander verwoben.

Das Ganze ist 2D und alles sieht wie von Hand gemalt aus. Ergo wirklich hübsch. Nur das Charakterdesign mit seinen teils überzogenen Proportionen fand ich in Einzelfällen etwas gewöhnungsbedürftig. Ansonsten bereist man aber eine handvoll wirklich schöner und fantasievoller Lokations.

Spielerisch ist alles eher einfach gehalten. Das fängt damit an, dass man nur per Linksklick kontext sensitiv mit Hotspots interagieren kann. Man wird auch nie viele Items im Inventar haben, und einiges an Gegenständen und Tips bekommt man ganz automatisch, spricht man mit einem NPC. Selbst wenn sich die Spielwelt etwas öffnet mit mehreren Gebieten, bleiben die eigentlichen Möglichkeiten doch immer ein Stück weit eingeschränkt und überschaubar.
Fährt man über einen Hotspot, werden keine Namen angezeigt, was ich immer etwas ärgerlich finde. So weiß man nie, ob nur der Tisch allgemein gemeint ist, oder auch etwas darauf ein eigener Hotspot ist. Zwar stellt es kein größeres Problem im Spielverlauf dar, kann aber dennoch zu etwas nervigem Rumklicken führen. Zudem gibt es leider auch keine Funktion, sich Hotspots per Tastendruck anzeigen zu lassen.

Gleich zum Spielstart können wir wählen, ob wir erst Vellas oder Shays Story spielen wollen. Ist ihr Part beenedet, springt es dann automatisch zur anderen Person über.
Vellas Welt öffnet sich doch recht schnell und beinhaltet ein paar clevere Rätsel. Bei Shay dauert es etwas länger, und seine Aufgaben erschienen mir mitunter etwas zu wiederholend. Dass alles nur auf dem Raumschiff stattfindet, hilft dabei zusätzlich nicht. Es wirkt auch teils leer, mit nur einem einzigen interessanten Item pro Raum.
Dinge passieren, und später wählt man erneut, welcher Figur man als erstes folgen will. Das Problem hier ist dann jedoch, dass man irgendwann an einem Rätsel festhängen wird und dann manuell zur anderen Person wechseln muss, um erstmal ihre Story zu spielen. Später erfährt man so nämlich Wissen, dass man für den anderen Storystrang benötigt und umgekehrt. Leider wird das überhaupt nicht vom Spiel kommuniziert, und streng genommen macht es nicht mal Sinn, da beide an verschiedenen Orten sind, ohne Möglichkeit sich auszutauschen. Es geht nur darum, dass ich als Spieler mir Wissen aneigne und nutze, ohne dass die Figur wissen kann, was sie da tut. (Oft kommentieren sie das auch selbst im Sinne von: "Ich weiß zwar nicht warum, aber ich glaube, so ist das richtig.)
Hat man diese Hürde erstmal überwunden, ist diese spätere Spielhälfte aber tatsächlich etwas interessanter und komplexer, als noch zuvor, und macht durchaus Spaß.

Trotzdem gibt es auch einige Rätsel, die leider eher nervig sind. Ein Problem ist dabei, wie wiederholend Dinge sein können. An verschiedenen Stellen macht man ein Puzzle mindestens zwei Mal, und teils muss eine Aktion zu oft wiederholt werden. Einiges kann fummelig und sperrig sein, man wird gerne mal von A nach B und zurück geschickt, mit langen Laufwegen dazwischen. Die meisten Lösungen sind durchaus logisch, aber auch hier gibt es ein paar Momente, wo man sich etwas an den Kopf fässt. Trial'n'Error mit zu vielen Möglichkeiten gibt es ebenso wie Abschnitte, die korrektes Timing erfordern und alles zurück gesetzt wird, wenn man etwas nicht auf Anhieb richtig macht.
Generell ist Broken Age schon ein sehr langsames Spiel, was noch mehr entschleunigt wird durch kleine Cutscenes oder kurze Dialoge, die sich immer wiederholen. Es gibt zB Türen, die jedes Mal mit einem reden, bevor man durch kann, was dann mehrere Klicks benötigt. Dialoge an sich kann man auch nur bedingt skippen, da man nicht wie üblich nur den aktuellen Satz überspringt, sondern immer gleich die gesamte Unterhaltung bis zu dem Punkt, an dem man eine neue Antwortmöglichkeit auswählen würde.

Es gibt einen ersten Twist in der Geschichte, den ich recht schnell erraten habe, danach wird's aber doch ein wenig wild. ^^ Ich habe mit den Figuren mitgefühlt, vor allem Vella mit ihrem starken Willen war mir sympathisch, und es war spaßig zu sehen, wie sich alles entwickelt. Obwohl das Finale relativ dramatisch daher kommt, ist es recht schnell vorbei, ohne noch groß was zu zeigen. Aber während der Credits werden Zeichnungen gezeigt, was aus allen Figuren danach noch wird, was ich sehr nett fand und so dennoch für einen befriedigenden Abschluss gesorgt hat.
Ab und an fühlte ich mich in der Story aber etwas verloren, da die Welt immer nur so am Rande nebenher erklärt wird. Das beginnt schon damit, dass Broken Age gar kein Intro hat, sondern einen ziemlich rasch mitten ins Geschehen wirft. Erklärende Lore findet in optionalen Dialogen statt, was doch auch etwas dröge ist. Mag sein, dass ich es nur nicht so mitbekommen habe, aber im Verlauf der Handlung nimmt eine Mauer eine wichtige Rolle ein, und ich könnte schwören, noch nie von ihr gehört zu haben, wobei das Spiel so tut, als sei es etwas total Offensichtliches, von dem ich seit langem wissen sollte.
Unabhängig davon sind Charaktere und Dialoge hervorragend geschrieben, mit einem sehr symphatischen Humor, der mich nicht nur öfter mal hat schmunzeln lassen, sondern einmal auch wirklich laut lachen. ("Ich bereue gar nichts!") Dabei ist mir die deutsche Synchro sehr positiv aufgefallen.

Ich habe um 8,5 Stunden mit Broken Age verbracht und war dabei durchaus gut unterhalten. Es sieht wunderschön aus, hat toll geschriebene Figuren in einer wohlfühl Atmosphäre mit knuffigem Humor. Das Pacing war mir manchmal zu zäh, und die Qualität der Puzzle ist durchwachsen, und auch Fans hatten sich damals mehr von Double Fine erhofft. Aber mit der richtigen Erwartungshaltung bekommt man ein solides PnC mit fantasievoller Welt.

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Halb-Djinni Shantae hat schon einige Metroidvania-esque Abenteuer hinter sich gebracht, für mich war Shantae and the Pirate's Curse aber die erste Begegnung mit der Reihe.
Das macht es nicht ganz so leicht, inhaltlich allem sofort zu folgen, denn es basiert sehr viel auf Anspielungen auf vorherige Teile. Im Vorgänger hatte Shantae scheinbar ihre Kräfte verloren und ist jetzt in einer Sinnkrise. Gleichzeitig wird ihre Heimatstadt angegriffen, und nebenbei bricht ein alter Piratendämon aus, der einst von Shantaes Vorfahren verbannt wurde. Um allen Bedrohungen Herr zu werden, schließt sich Shantea mit Risky Boots zusammen, eigentlich ihre Erzfeindin aus dem Prequel.

Das Spiel ist 2D, mit sehr schönem Pixelartstyle, der eine kunterbunte, hübsche Welt voller Details erschafft. Auch sämtliche Sprites der Figuren sind umfangreich animiert. In Dialogen werden Standbilder der Charaktere im Vollbild eingeblendet, in dem sie statt Pixelart einen Cartoon-Look haben. Daneben dann die Textboxen, die aber fast etwas klinisch wirken, und leicht rausbrechen.
Was mir auf die Dauer sehr negativ auffiel, war das Charakterdesign. Genauer gesagt die Darstellung und Outfits der weiblichen Figuren. Hier hat man nämlich am laufenden Band blutjunge Mädls in knappen Outfits, wobei im Spiel selbst auch mal anzügliche Vibes mitschwingen. Alles in allem bekommt es hier gerne mal einen voyeuristischen Charakter, den ich für meinen Teil nicht haben muss.
Grundsätzlich bekommt man handwerklich aber ein wirklich hübsches Spiel mit schön gestalteten Arealen geboten.

Zwar handelt es sich durchaus um ein Metroidvania, aber man sollte eher an einen Aufbau wie bei Zelda denken oder ggf Ori. Statt einer in sich verwobenen, großen Welt, mit Abkürzungen usw wie zB bei Hollow Knight, hat man eher einzelne, in sich geschlossene Areale.
Besteigt man Riskys Schiff, wählt man in einem Übersichtsschirm aus, welche Insel man anfahren möchte. Dort führt dann ein Weg relativ linear von links nach rechts, mit einem Dungeon am Ende. Um den zu öffnen, muss erstmal noch was im Areal aktiviert werden, was etwas hin und her rennen erfordert. Der Dungeon selber ist in bester Zelda Art gestaltet, mit verschlossenen Türen, Zwischenbossen und den Erhalt einer neuen Fähigkeit, die für den Boss am Ende wichtig ist.
Nach dem Sieg respawnt man vor dem Dungeon und muss den ganzen Weg durchs Level zurück zu Risky laufen.
Zwar gibt es hier und da Abzweigungen und kleine Geheimnisse zu entdecken, die man teils auch erst mit späteren Fähigkeiten finden kann, und auch mal eine kleine Abkürzung. Dennoch fühlt sich die Levelstruktur vergleichsweise linear an und sorgt nicht selten dafür, dass man wirklich immer wieder die selben sehr langen Wege zurück legen muss. Das wird leider recht rasch mühselig.

Vielleicht wäre dieses Backtracking nicht ganz so schlimm, käme nicht das inflationäre Gegnerplacement hinzu. Hier ist wirklich auch noch der letzte Zentimeter des Levels mit einem Feind bestückt. Und das schlimmste: Alle respawnen super schnell, kaum das man ein paar Schritte weiter gegangen ist. Nicht wenige spawnen sogar endlos die ganze Zeit!
Es ist unmöglich ein Areal zu bereinigen, was es umso nerviger und frustrierender macht, so oft die selben Wege laufen zu müssen, da auch all die nervtötenden Gegner wieder da sind. Das Spiel bietet zwar diverse Verbrauchsitems, die einem das alles etwas erträglicher machen können, schlechtes Game-Design bleibt es in meinen Augen aber trotzdem.
Die Bosse am Ende des Dungeons haben einen leichten Puzzle-Charakter, der auf der neu gewonnenen Fähigkeit beruht. Sie sind nett - meist aber nicht mehr. Oft gibt es nichtmal nennenswerte Phasen und sie tendieren dazu, teils etwas fummelig und einen Hauch zu lang zu sein. (Das gilt vor allem für den finalen Boss.)
Dazu kommen kleinere Ärgernisse. Teils gibt es Abschnitte, die auf Trial'n'Error basieren und/oder super schnelles Reaktionsvermögen. Sich da Stück für Stück voranzusterben ist nicht immer spaßig. Und manche dieser Wege doppelt machen zu müssen, ebensowenig.
Wie erwähnt braucht es immer einen Questgegenstand, um Dungeons betreten zu können. Während viel davon im Areal selbst bleibt, gibt es Ausnahmen, wo vermeindliche Nebenquests sich plötzlich als existenziell entpuppen. Das ist etwas gewöhnungsbedürftig und leider nicht in allen Fällen so gut signalisiert. Teils wirkt es sogar super wahllos. Tatsächlich musste ich ein paar Mal zum Walkthrough greifen, weil ich nicht wusste, was das Spiel hier von mir wollte.

Checkpoints, bzw Speicherpunkte, sind relativ solide gesetzt. Zwar kann es in der langgezogenen Außenwelt mal etwas zu lange dauern, bis wieder einer kommt, in den Dungeons ist durch die kreisförmige Struktur aber immer mal schnell der Abstecher zum Speicherort gemacht, und direkt vor dem Bossraum ist ebenfalls immer ein Saveraum. Das Dark Souls artige "ewige Wege nach dem Ableben wiederholen" gibt es daher selten.

Als Sammelkram gibt es zum einen Herzteile, die einem mehr Hitpoints verschaffen, und zusätzlich versteckte Gegner, von denen man dunkle Magie einsammelt. Die überall zu suchen macht Spaß, und fast alle davon habe ich auch selbst finden können. Nur für vier Stück musste ein Walkthrough erhalten, und die waren auch so merkwürdig zu triggern, darauf wäre ich im Leben nicht gekommen.
Wenn man irgendwo ein Geheimnis vermutet, sollte man sich am besten selbst eine Notiz auf einem guten alten Blatt Papier machen. Die Map besteht nur aus sehr spartanischen Quadraten (vergleichbar mit Metroid), in der kaum was eingezeichnet und man auch selbst nichts markieren kann. Man sieht auch immer nur das Gebiet, in dem man sich gerade befindet.

Während seiner Reise trifft man diverse schräge Figuren, viele davon auch schon aus vorherigen Teilen bekannt, was bei Kennern sicher einen gewissen Nostalgiebonus kitzelt. Mir waren alle eher ein wenig egal, da auch der überdrehte Humor bei mir nicht immer zünden wollte. Alles irgendwie ganz nett, aber doch auch ein wenig zu platt und dümmlich. Einzig den Erzählstrang um den Squid Baron, ebenfalls ein wiederkehrender Charakter, hat mich ehrlich amüsiert, wobei er auch einfach zu knuffig dargestellt ist!
Ansonsten war mir das Spiel teils fast etwas zu redselig. Gerade zu Beginn des Spiels ist mir da auch die deutsche Übersetzung etwas negativ aufgefallen. Da macht mal ein Satz nicht ganz so viel Sinn, findet sich ein kleiner Tippfehler oder es wird sprunghaft zwischen "Du" und "Sie" gewechselt. Auf lange Sicht ist das aber kein Beinbruch und verliert sich nach hinten heraus auch.

Den Spielstand auf 100% zu bringen hat mich persönlich 10-11 Stunden gekostet, und nach dem nervtötenden letzten Boss, war ich froh, den Controller aus der Hand legen zu dürfen. Am Anfang hat mir der Zelda Touch noch gut gefallen, ebenso wie die hübsche Welt. Aber schnell war der Lack ab, als mir mehr und mehr die unendlich spawnenden Gegner auf den Keks gingen, und sich mehr die Schattenseiten der Reihe zeigten.
Unter Kennern gilt Pirate's Curse tatsächlich als der beste Teil, und da ich an dem schon so verhaltene Freude hatte, war das für mich auch direkt der erste und letzte Ausflug in das Franchise.

 

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  • #97
Wie Hollow Knight, nur anders - das ist wohl die kürzeste Umschreibung für 8Doors: Arum's Afterlife Adventure. Das 2D Metroidvania nimmt sich die Großen zum Vorbild und vermischt ihre Gameplayelemente mit koreanischer Folklore über das Jenseits.
Nachdem alle Dorfbewohner plötzlich an einem Herzinfarkt verstorben sind, begibt sich das junge Mädchen Arum auf eine gefahrvolle Reise in die Unterwelt, um die Seele ihres Vaters zu finden. Dabei haben die Bewohner des Jenseits gerade eigene Schwierigkeiten, denn ein Saboteur scheint umzugehen...

Die Welt von 8Doors ist wundervoll handgezeichnet, wie auf sturkturiertem Papier gemalt, was ein wenig an traditionalle, asiatische Malerei erinnert. Dabei sind die verschiedenen Gebiete schön unterschiedlich voneinander, und ständig trifft man neue Figuren und Gegnertypen. Obendrein ist alles hervorragend animiert. Vor allem in Dukröt, Arums Begleiterkröte, der man direkt am Anfang begegnet, ist dabei viel Liebe geflossen. Während er normal auf Arums Kopf sitzt, kann man ihn auch groß machen, wobei dann Arum auf seinem Rücken sitzt. Und im Wasser fängt er mal eben an, fröhlich vor sich hin zu pfeifen. Oder der Drache, der im Schnellreiseraum erstmal das Licht anknipst. :D
Eine große Besonderheit ist, dass alles in schwarz-weiß, bzw Grau- oder Braunstufen gehalten ist, mit Rot als einzigem Farbakzent. Auf der einen Seite neigt das Spiel dadurch dazu, etwas gleichförmig auszusehen, durch die beschränkte Farbpalette. Zugleich hat der Stil aber auch seinen ganz eigenen Reiz und Charme und wirkt vor allem in sich selbst stimmig.

Die Steuerung ist bei solchen Spielen natürlich sehr wichtig, und da punktet Arum mit sehr genauen Inputs und rascher Reaktion, allerdings mit Abzügen in der B-Note.
Denn ihre Ausweichrolle ist doch etwas kurz geraten, da muss man teils schon sehr genau agieren. Immer wieder gibt es auch kleinere oder größere Platforming-Passagen, bei denen es auf perfektes Timing ankommt, mit sehr engem Zeitlimit (ähnlich der Fluchtpassagen bei Ori), was ein gewisses Frustpotential enthält.
Statt einzelnen Schlägen gibt es eine Schlagcombo, die eine gewisse Animation Priority hat, was durchaus dazu führt, dass man nicht schnell genug auf eine Attacke reagieren kann, weil man in einer Animation festhängt. Im Lauf des Spiels schaltet man verschiedene Waffen frei, die alle etwas unterschiedlich sind, und gerade die etwas langsameren verstärken das Gefühl, durch träge Schlagcombos Agilität einzubüßen.
Jede Waffe hat zudem eine eigene Spezialfähigkeit, die manchmal auch existenziell für einen Bossfight ist. Hier ist es schade, dass man sich idR auf eine Waffe im Kampf festlegen muss, da der Waffenwechsel nur in Echtzeit funktioniert. Entweder über ein Ringmenü oder das Durchswitchen mit den Schultertasten. Und das kann, gerade wenn die beiden gewünschten Waffen weiter auseinander liegen, sehr fummelig und schwierig werden, in der Hitze des Gefechts. So muss man teils einen Kompromiss finden, zwischen der Lieblingswaffe und dem, was für den Boss / das Areal nötig ist.

Mana gibt es im übrigen auch, das sich, wie bei Hollow Knight, über Gegner-Kills auffüllt. Zauber gibt es aber nicht, stattdessen limitiert es die Spezialfähigkeit der Waffen und stellt quasi die Munition für den Bogen dar. Auch hier gibt es Abzüge in der B-Note, denn die Waffen ziehen teils sehr viel Mana, dass man es sehr spärlich einsetzen kann, und leider wird einem nicht gut visualisiert, wieviel Mana mindestens für den Einsatz der Fähigkeit nötig ist. Man kann nur schätzen und probeweise den Button drücken.

Heilung erfolgt über limitierte Tränke, die sich am Checkpoint wieder auffüllen. Zwar kann man diese Stück für Stück aufwerten, füllen grundsätzlich aber einen recht überschaubaren Teil der Lebensleiste wieder auf. Selbst voll aufgeladen kann man locker 3 Tränke bechern, um wieder voll geheilt zu sein. Auf der einen Seite verringert es zwar die Gefahr, zu überheilen und was zu verschwenden. Auf der anderen Seite steht es nicht so Recht im Verhältnis dazu, wie lang und zäh die Bossfights seien können, wobei die Bosse selbst (primär in ihrer zweiten Phase) ordentlich Schaden anrichten können. Da ist ein einziger Hit schnell mal einem Trank gleichkommend.

Die Welt lockt mit sehr unterschiedlichen Gebieten, die auch alle ihre eigenen Gegnertypen haben. Und überall gibt es natürlich geheime Wege und Verstecke, die erkundet werden wollen. Und einiges ist wirklich sehr gut versteckt! (Manch nettes Gimmick vielleicht sogar zu gut.)
Die üblichen Collectibles dürfen natürlich nicht fehlen. Da gibt es zum einen versteckte Geister, Bücher mit etwas Lore, optionale Bosse und Skillpunkte, mit denen man sich neue Fähigkeiten und Verbesserungen freischalten kann.
Der Skilltree, bei diesen Vorteilen, ist im übrigen leicht verwirrend. Einige Skills sind geblockt, weil sie erst durch externen Fortschritt freigeschaltet werden. Andere sind erst verfügbar, wenn man die vorherigen Skills freigeschaltet hat. Und wer da durch was geblockt ist oder anderweitig abhängig ist, ist nicht immer so klar ersichtlich, meiner Erfahrung nach.

Betritt man ein neues Gebiet, werden die einzelnen Bildschirme nur als großer Kasten auf der Karte dargestellt. Um eine richtige Gebietskarte zu bekommen, muss erst der Kartenzeichner im Areal gefunden und ihm die Map abgekauft werden. Und der ist teils nicht nur sehr tief im Gebiet drin versteckt, sondern auch oft extrem gut und nicht selten hinter sehr schweren Passagen. Einzige Suchhilfe ist das Kartensymbol, das auf der provisorischen Map eingezeichnet wird, wenn man schon mal in seiner Nähe war. Das hilft aber wirklich nur bedingt, da bei den groben Kästen die Orientierung nur sehr vage möglich ist.
Einmal gekauft wird einem sehr detailliert das Gebiet gezeigt, mit so ziemlich allem automatisch eingezeichnet. Aber eben doch nicht alles. Gerne hätte ich mir eigene Marker gesetzt, für bestimmte Ecken, wo mir dies oder das aufgefallen ist und ich später nochmal hin will. Das geht leider nicht, und so ist die Geheimnisjagd mit neuen Fähgkeiten teils etwas schwierig, wenn man sich nur grob erinnern kann, X in Gebiet Y gesehen zu haben, aber ohne Markierung keinen Schimmer hat, wo genau es zu suchen gilt.

Wie gewohnt sind die Areale teils sehr weitläufig und Checkpoints eher spärlich gesetzt. Noch spärlicher ist die Schnellreise, was gerade das Backtracking etwas anstrengend machen kann. Stirbt man, gibt es aber keinerlei Bestrafung, und alles bis dahin eingesammelte und erforschte wird auch beibehalten.
Vor Bosskämpfen ist ein Checkpoint immer nah bei, bis auf einige Ausnahmen gen Ende und den optionalen Kämpfen. So oder so gibt es dieses große Gerenne durchs halbe Areal zurück zum Boss eher nicht.

Die Bosskämpfe selber können sich mitunter schnell zäh anfühlen, denn ihr Lebensbalken ist vergleichsweise prall gefüllt. Zudem kommt hinzu, dass man selbst kaum getroffen werden darf, durch den hohen Schaden, den sie austeilen können. Dabei folgen sie immer klaren Pattern, wobei einem sehr gute Reflexe abverlangt werden, da man sehr oft blitzschnell reagieren muss.
Viele Attacken werden teils sehr ähnlich von anderen Bossen recycelt, auch wenn sie selbst optisch alle sehr abwechslungsreich daher kommen.
Ab und an habe ich mal etwas länger festgehangen, am Ende sind aber alle durchaus machbar. Wobei Hitboxen teils etwas merkwürdig grob sein können, auch bei normalen Gegnern.

Bei der Story kann 8Doors mit seiner koreanischen Folklore punkten, von der hört man ja auch nicht alle Tage. Auf seiner Reise durchläuft man diverse Stationen des Jenseits, wo man sich überall erzählen lassen kann, wie alles abläuft, was aus den Seelen wird und wie es zur Reinkarnation kommt.
Dazu sind alle Charaktere, die man unterwegs trifft, oft sehr liebevoll ausgearbeitet, so dass man auch zu ihnen eine gewisse Bindung aufbaut. Selbst die Motivation des Bösewichts ist am Ende irgendwie nachvollziehbar und fast ein wenig traurig.
Recht blass bleibt allerdings Arum selber, da sie der übliche stumme Protagonist ist und obendrein, im Gegensatz zu den anderen, kaum weiter animiert ist und in Gesprächen nie eine Miene verzieht.

Es gibt 3 Enden, abhänig davon, was man alles entdeckt hat. Wobei es dabei schwerer ist, die Anforderung für das "gute" Ende zu bekommen, während die Zusatzanforderung für das "wahre" Ende vergleichsweise leicht ist. Schräger Weise macht es dadurch das gute Ende zum am schwersten zu bekommenden. Ich selbst habe direkt das True Ending freigeschaltet, wobei ich das normale fast ein wenig netter finde.
Natürlich ist der letzte Checkpoint im Spiel so gesetzt, dass man danach seinen Speicherstand bei Bedarf noch komplettieren kann und sich so zB nach dem traurigen Ende zu den besseren hocharbeiten könnte.

Ein dickes Minus muss ich leider bei den deutschen Bildschirmtexten geben. Die strotzen nur so von Tippfehlern, und der ein oder andere Satz kommt auch mal extrem holprig rüber, die Übersetzung ist nicht immer die beste. Auf Englisch zu stellen ist da nur bedingt eine Abhilfe, denn auch hier sind - so weit mir bekannt - zumindest Teile der Lore ähnlich holprig übersetzt, und vermutlich wurde es von dort auch ins Deutsche geholt.
Bei so kleinen Indie-Gruppen sehe ich da durchaus gern drüber hinweg, und unterm Strich ist alles verständlich genug. Schade ist es dennoch, und ich habe immer so ein Ziehen im Nacken, wenn da mal wieder Buchstabendreher auftauchen.
Ebenso ein kleiner Wermutstropfen: Im Deutschen wird ein relativ gängiger Font benutzt, während der im Englischen mehr an Pinselstriche erinnert und sich so etwas stimmungsvoller ins Setting einbindet. (Vermutlich unterstützt dieser keine Umlaute, wodurch sich je nach Sprache für unterschiedliche Schriftarten entschieden werden musste.)

Sehr positiv entwickelt hat sich der Gamepad Support, da hatte ich bei der Demo nämlich arge Probleme. Jetzt wird mein No-Name Pad aber anstandslos erkannt, und es wurde sogar freie Tastenbelegung für den Controller reingepatcht, was ich direkt ausgenutzt habe, einige Kleinigkeiten an meinen Geschmack anzupassen.

Gut 18 Stunden habe ich im Jenseits verbracht, wobei ich nicht jedes Areal auf 100% gebracht habe, aber den Großteil. (Und eben das beste Ende freigeschaltet habe.)
Es war dabei eine schöne Reise voll liebevoller Charaktere. Oftmals war ich auch genervt, und teils nimmt 8Doors sich Elemente anderer Titel, nur um sie dann in etwas schlechter umzusetzen. Unterm Strich hatte ich aber sehr viel Freude, und kann es Metroidvania-Fans nur empfehlen.

 

Alexiell

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Zum Hauptspiel Little Nightmares ist schon ein Review vorhanden, jetzt folgen endlich die DLCs. Die umfassen 3 neue Kapitel, in denen man ein anderes Kind (genannt Kid) spielt, dessen Reise parallel zu der von Six verläuft.

Das Grundgerüst ist dabei identisch mit dem des Hauptspiels. Optisch hat sich nichts verändert, und auch spielerisch ist es sehr gleich, im Guten wie im Schlechten. Denn die Steuerung bleibt weiterhin leicht ungenau in der 2,5D Umgebung, und es ist nicht immer leicht, den korrekten Weg zu finden, vor allem im Dunkeln.
Immerhin sind diesmal die Checkpoints in kürzeren Abständen gesetzt, so dass das Sterben und das langsame Respawnen zwar immer noch nerven kann, man aber wenigstens nicht mehr so viel wiederholen muss, wie zuvor.
Allerdings hatte ich hier sehr viel mehr mit Bugs zu kämpfen. Eine handvoll Male musste ich den letzten Kontrollpunkt neu laden, weil etwas durch einen Glitch oä nicht richtig funktionierte.
Es gibt wieder versteckte Collectibles zu finden, diesmal Flaschenpost (die als Treibgut bezeichnet wird), mit der man Artworks freischaltet.
Manches Areal wird wiederverwendet, und man erkennt vielleicht den ein oder anderen alternativen Weg, den man mal mit Six gelaufen ist. Gleichzeitig werden viele neue Umgebungen geboten, so dass es sich nie wirklich wie langweilige Wiederverwertung anfühlt.
Je nach dem, wie gut man durchkommt, ist man pro Kapitel ca 1 Stunde lang beschäftigt.

Schauen wir uns nun die drei Erweiterungen im einzelnen genauer an.

Den Anfang macht The Depths, was vom Aufbau her noch dem Hauptspiel am nähesten kommt, und mir noch mit am besten gefallen hat. Kid beginnt seinen Fluchtversuch durch die gruselige Welt, mit dem ein oder anderem kleinen Rätsel, um Hindernisse zu überwinden.

Im zweiten Kapitel The Hideway kehren die Gnome aus dem Hauptspiel zurück, die Kid auf seiner Reise helfen. Hier öffnet sich die Levelstruktur das erste Mal. Von einem Hauptraum aus zweigen mehrere mögliche Wege ab, was mich am Anfang sehr verwirrt hat, weil es so unüblich ist. Welcher Weg ist nun der richtige, und welcher führt nur zu einem optionalem Geheimnis? Tatsächlich ist aber alles ein großer Kreis.
Der verstärkte Rätsel-Fokus hat mir gefallen, allerdings hatte ich hier mit den meisten Glitches zu kämpfen. Außerdem habe ich ein Puzzle "falsch" gemacht (ich bin durch eine Tür durch, die sich hinter mir schloss) und war dann softlocked. Nach dem Neuladen war der Checkpoint so gesetzt, als hätte ich alles richtig gemacht. Alles total unbefriedigend, aber wenigstens musste ich nichts wiederholen.

In The Residence gibt es einen ähnlichen Levelaufbau samt Rätselfokus nochmal, worauf ich jetzt vorbereitet war, wodurch es nicht mehr verwirrte. Allerdings fand ich die Puzzle selber oft deutlich undurchsichtiger als vorher, und an manchen Ecken hätte ich wohl ohne Lösung noch eine ganze Weile festgehangen. Dass man nicht immer alles so klar und deutlich erkennen kann, hilft hier auch nicht gerade.
Das schlimmste im finalen Kapitel sind aber die neu eingeführten Kämpfe, wenn man sie so nennen will. Da muss man Schattenwesen mit seiner Taschenlampe Alan Wake Style anleuchten, bis sie zerbersten. Das ist leider nicht nur fummelig, sondern die Schattenkinder sind mit einem Dash deutlich agiler, als man selbst. Und generell werden sie viel zu häufig und lang auf einen losgejagt, dass es schnell nervig und mühsig wird. Vor allem ist man sofort tot, wird man erwischt, und darf die ganze Gegnerwelle von vorne beginnen.

Auf Storyebene war ich aber sehr begeistert. Nicht nur ist es nett gemacht, wie man parallel zu Six unterwegs ist, was man immer mal wieder mitbekommt, sondern gegen Ende gibt es auch noch zusätzlichen Kontext zur Hauptstory und bindet sich auch da nochmal sehr gut ein.
Da ist es schade, dass nicht nur die Steuerungsprobleme aus dem Hauptspiel weiterhin vorhanden sind, sondern noch mehr Frustpotential oben drauf gelegt wird, unter dem die sonst so tolle Gruselatmosphäre leiden kann. Denn die Puzzle Ideen an sich sind toll und auch inhaltlich lohnt sich der DLC für alle Fans total. Ob man da nochmal Geld reinsteckt oder doch lieber ein Walkthrough schaut, muss jeder für sich selbst entscheiden.
 

Alexiell

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Nach Amnesia: The Dark Descent und Amnesia: A Machine for Pigs kommt mit Amnesia: Rebirth der dritte Teil der Grusel-Reihe, bei dem Frictional Games wieder verstärkt selbst die Entwicklung übernommen und sich dabei auf alte Tugenden des ersten Teils konzentriert hat.
Dieses Mal schlüpfen wir in die Rolle von Tasi Trianon, die mit einem kleinen Ausgrabugnstrupp unterwegs ist, dessen Flugzeug eine Bruchlandung in der Wüste hinlegt. Als sie im Wrack zu sich kommt, sind alle anderen fort, und sie selbst leidet an dem namensgebenden Gedächtnisverlust. Auf der Suche nach ihren Kollegen und ihrer verlorenen Erinnerung stößt sie schnell auf ungewöhnliche Mächte.

Man sieht dem Spiel durchaus an, dass die Grafikengine schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Nicht jede Textur ist knackscharf, und die Charaktermodelle sehen nur ok aus. Das stört aber nur begrenzt. Die Umgebung ist detailverliebt gestaltet, es gibt tolle Effekte, hübsche Skyboxen und ein starkes Spiel von Licht und Schatten. Dazu fremdartige Umgebungen, die einen das fürchten lehren.

Spielerisch wandelt man auf altbekannten Pfaden, mit nur kleinen Neuerungen. Wie gehabt ist man in Egoperspektive unterwegs, löst hier und da kleinere Rätsel und hat auch ein Inventar. Kleine Physikspielereien und das Schmeißen von Steinen und Wegschieben von Hindernissen ist ebenfalls wieder dabei.
Wieder ist man oft im Dunkeln unterwegs, und wieder nimmt man dadurch Schaden. Abhilfe schaffen Streichhölzer, die die Tinderboxen aus Teil 1 ersetzen. Damit kann man, im Rahmen ihrer kurzen Brenndauer, so viele Lichtquellen anzünden, wie möglich und eben auch damit umhergehen. Aber bloß nicht rennen, sonst bläßt der Wind sie womöglich aus! Wieviele man von den kleinen Hölzchen mitnehmen kann, ist übrigens begrenzt. Was auf spielerischer Sicht sicherlich Sinn ergibt, auch wenn einen der Gedanke doch etwas schmunzeln lässt, nicht mehr als 10 Streichhölzer tragen zu können.
Beim Lampenöl ist es schon etwas realistischer, dass Tasi nicht unendlich viele der Kanister mit sich tragen kann. Bis man die Lampe bekommt, dauert es hier allerdings ein wenig. Und dass es die Nachfüllbecher in verschiedenen Größen gibt, ist in meinen Augen eine etwas unnötige Verkomplizierung des alten Prinzips.
Ebenfalls leicht verändert wurde der Umgang mit psychischer und physischer Gesundheit. Körperlicher Schaden heilt sich von selbst und tritt idR nicht mehr so häufig auf. Für die geistige Gesundheit ist weiterhin Licht sehr wichtig, aber im späteren Verlauf schaltet man eine andere Mechanik frei, mit der man sich beruhigen kann. Da diese mit einem Storyspoiler verbunden wäre, will ich darauf nicht weiter eingehen.

Im Vergleich zu seinen Vorgängern nimmt sich Rebirth deutlich mehr Zeit, seine Geschichte zu etablieren und die Atmosphäre sacken zu lassen. Von Rückblenden und diversen Notizen begleitet erkundet man zunächst viel Umgebung, die dabei teils vergleichsweise weitläufig erscheint. Schnell landet man auch in ersten stockdunklen Tunneln, mit diversen Abzweigungen, nur mit Streichhölzern bewaffnet. Schnell fühlt man sich hilflos und verloren, und durch die stark beschränkte Licht-Ressource unter Druck gesetzt, genau wie sich Tasi selbst in dem Moment fühlen muss. Auf der einen Seite also eine perfekt etablierte Situation. Auf der anderen Seite aus Spielersicht aber gerade für mich in der Hinsicht frustrierend, dass ich gerne jeden Winkel erkunde, um keine noch so irrelevante Notiz zu verpassen, was hier schlicht nicht möglich ist.
Nach einer guten Weile erreicht man dann das erste große Setpiece, das in sich selbst mit Rätseln und Hindernissen aufwartet. Und vor allem mit wirklich sehr gut inszenierten Grusel-Momenten. Bis zuletzt blieb dieses erste Areal tatsächlich mein Highlight.

Im weiteren Spielverlauf geht es dann mehr zum Business as Usual über. Ruhige Rätselpassagen wechseln sich mit umherstreunenden Monstern ab, vor denen sich versteckt werden muss, und ab und an wird man gezielt gejagt.
Während die Fluchtpassagen noch ein sehr generöses Zeitfenster haben und durchaus angenehm den Puls treiben können, gibt es gerade beim Verstecken spielen die alten Probleme: Wird man einmal zu viel erwischt, schlägt der Grusel schnell in Frust um, und das Spielerlebnis wird getrübt.
Hier hatte ich gefühlt nochmal mehr Probleme, den Monstern auszuweichen, als in den Vorgängern. Sich erfolgreich zu verstecken erschien schwerer, teils wurde ich entdeckt, ohne zu wissen, was ich eigentlich falsch gemacht habe. Und gerade wenn man einmal gesehen wurde, schien es mir fast unmöglich, nochmal erfolgreich irgendwo in Deckung gehen zu können. Wegrennen ist hier etwas leichter, die Monster scheinen langsamer, aber dann lande ich in einer Sackgasse, mit dem Monster hinter mir, und habe auch nichts gewonnen. Gerne werden sie auch mit Absicht so platziert, dass sie einen schmalen Gang blockieren. Und manchmal ist außerhalb meiner Sicht was gespawnt, und ich wusste gar nicht recht, wie mir geschah. Des weiteren reagiert Tasi doch arg schnell auf die Dunkelheit um sich, was das Verstecken nochmal erschwert.

Noch schlimmer ist die neue Struggle Mechanik. Ist man früher direkt gestorben, hat man jetzt die Möglichkeit, sich freizukämpfen, mit einem abartigem QTE. Spielt man mit Maus und Tastatur heißt es: "Use mouse and WASD to struggle". Selbst via Google habe ich nur Leute gefunden, die genauso ratlos waren wie ich, was das in der Praxis genau heißen soll und immer mehr schlecht als recht funktioniert. Das ist nicht nur sehr nervig auszuführen, sondern verlängert teils auch nur das Ableben. Was das nächste Problem mit sich bringt: Es dauert übelst lange, bis man wieder Kontrolle über Tasi erhält und weiter spielen kann. Erst wehrt man sich, dann bricht sie langsam zusammen, es gibt diverse Flashes, wie sie in Panik durch das Areal flieht, dann sehr langsam irgendwo in der Nähe wieder zu sich kommt. Kann ich endlich weiter, ist zunächst erstmal neue Orientierung angesagt, wo mich das Spiel jetzt eigentlich respawnt hat, was in den dunklen, ähnlich aussehenden Gebieten nicht immer leicht ist.
Ein Seitpiece besteht aus einer Art Labyrinth. Idee und Inszenierung sind hier grandios, und ähnlich wie bei den dunklen Tunneln ganz am Anfang, bekommt man hier die gleiche Panik, wie Tasi. Eigentlich also ein Highlight. Aber aus Spielersicht ist es dann eben doch ein dunkles, gleich aussehendes Labyrinth, das jegliche Orientierung schier unmöglich macht. Hier auch noch gejagt zu werden und neu zu respawnen, ist leider ziemlich eklig. Und so ist diese eigentlich geniale Idee in der Umsetzung dann doch recht holprig und schlägt sehr schnell ins Gegenteil um.
Genau wie früher verschwinden die Monster, wenn man öfter an ihnen stirbt, so dass man früher oder später immer weiterkommt. Das fühlt sich aber sehr unbefriedigend an, fast wie cheaten, und es ist schade, dass man sich teils so durchsterben muss.

Abhilfe schaffen könnte der Adventure Mode, in dem alle deratigen Gefahren ausgestellt sind. Dieser Mode feierte mit Soma seine Premiere und war so beliebt, dass viele auch für Rebirth darum baten und er von Frictional Games nachgepatcht wurde. Damit kann man sich ganz auf Story und Atmo konzentrieren, ohne den Frust zu fürchten. Wie sich der Mode in der Praxis genau spielt und Dinge verändert, ob vielleicht auch ein gewisser Reiz verloren geht, weiß ich dabei nicht. Für mich gehören die Gefahren ein Stück weit zur Reihe, und diese sollten gut genug für sich selbst funktionieren, ohne dass ich mich gezwungen fühle, den Adventure Mode zu wählen, um die Probleme dort auszugleichen.

Wo auch der Adventure Mode nichts retten kann ist das Gefühl, dass Rebirth etwas länger geht, als ihm gut tut. Dann kommt nochmal wieder ein neues Areal, nochmal ein Suchscheinwerfermonster, nochmal eine Fluchtsequenz. Zwar gibt es immer wieder kleine Highlight-Setpieces, im großen und ganzen fühlt es sich aber ein Stück weit wiederholend an. Es wird dadurch nicht besser, dass die einzelnen Areale inhaltlich recht lieblos aneinandergereiht werden.
Ständig kommt es zum gleichen Ablauf: Wir haben Ziel X vor Augen, räumen alle möglichen Hindernisse aus dem Weg, nur um kurz vorm Ziel aus Gründen bei Y zu landen und einen neuen Weg suchen zu müssen. Diese Karotte vor der Nase nervt irgendwann, wird auf lange Sicht sogar fast unfreiwillig komisch, wenn zum wiederholten Male Tasi direkt vor der Ziellinie ein Stock in die Speichen geworfen wird.

In Sachen Story war ich so investiert, wie bei keinem anderen der Titel zuvor. Tasis Hintergrundgeschichte wird viel Platz eingeräumt, vorgetragen in hervorragendem Voice Acting. In den Ladezeiten zwischen bestimmten Gebieten wird immer ein gezeichnetes Standbild eingeblendet, mit nur wenig, teils gar keinem Text versehen. Diese kleinen Ausschnitte erzählen ruhig und zugleich sehr kraftvoll, gerade wegen ihrer Unaufgeregtheit, eine tragische Geschichte. Im Verlauf des Spiels hat mich Tasis Geschichte mehr berührt, als ich es je erwartet hätte.
Vielen Spielern war sie stellenweise zu redselig, aber mich hat das nie gestört. Im Gegenteil: Bei allem, was sie durchlaufen, erscheint mir die stoische Stummheit der vorherigen Hauptcharaktere fast merkwürdig. Sich selbst Mut zuzusprechen macht nur Sinn. Ohne spoilern zu wollen führt Tasi auch nicht direkt Selbstgespräche, und auch hier gibt es sehr emotionale Momente.
Während Rebirth so für sich alleine schon gut funktioniert, liefert es auch direkte Verbindungen zu The Dark Descent und erzählt ein Stück weit dessen Origin Story. Das hat mein Interesse an der Story noch gestärkt, zu sehen, wo alles herkommt.
Aber auch hier kommen, genau wie beim Gameplay, zuweilen Ermüdungserscheinungen auf, wenn zum wiederholten Male Dinge erzählt werden, die man so oder so ähnlich schon gehört und längst verstanden hat.

Zum Schluss wartet das Spiel mit einer Entscheidung auf, die bis zu drei verschiedene Enden möglich macht, was auch deutlich kommuniziert wird. Etwas hinderlich ist hier das Speichersystem des Spiels.
Wie gewohnt wird autmatisch gespeichert, wobei es eine beschränkte Anzahl an Speicherständen gibt. Bei zunehmendem Spielfortschritt werden ältere Speicherstände einfach überschrieben. So kann man auch nur ein laufendes Spiel zur Zeit haben. Manuell speichern geht, in dem man das laufende Spiel unterbricht und ins Hauptmenü zurück kehrt.
Der letzte automatische Speicherpunkt ist im Finale nun so gesetzt, dass man nochmal diverse unüberspringbare Storymomente durchlaufen muss, wenn man nach den Credits neu lädt. Man muss sich dann selbst bessere Speicherpunkte erzeugen, in dem man sich ins Hauptmenü werfen lässt, um die anderen Enden angenehmer selbst zu erspielen.
Eine große Endsequenz darf man aber nicht erwarten, hier bleibt auch Rebirth traditionell kurz angebunden. Auch die Story darf man nicht zu sehr hinterfragen, ohne schnell auf ein paar unbeantwortete Fragen und Löcher zu stoßen.

Auf technischer Ebene bietet Frictional Games als eingesessener PC-Entwickler wenig zu meckern. Die Grafikoptionen bieten diverse Feineinstellung und das FOV ist von Haus aus super angenehm. Sehr zu loben auch die vielen Möglichkeiten, die Untertitel nach den eigenen Bedürfnissen anzupassen. Ein Zugänglichkeitsfeature, das zwar so naheliegend und noch vergleichsweise einfach zu implementieren ist, und doch so oft übersehen wird.
Auf der anderen Seite sticht umso überraschender negativ heraus, dass es kein Finetuning bei der Sound-Abmischung gibt.
Wer es mit Maus und Tastatur nicht so hat, kann natürlich auch zum Gamepad greifen. Was mich hier sehr gestört hat ist, dass bei angeschlossenem Controller auch sofort dessen bunte Button Prompts angezeigt werden, zusätzlich zur Tastatur-Belegung. Auch der Mauszeiger blendet sich nach kurzer, inaktiver Zeit aus. Beides empfand ich als recht störend, konnte aber keine Möglichkeit in den Optionen finden, mein bevorzugtes Eingabegerät mitzuteilen, so dass ich am Ende schlicht und einfach beim Controller den Stöpsel gezogen habe, damit sich die Anzeige allein auf Maus und Tastatur bezieht.

Mit allen Enden anschauen habe ich gut 9,5 Stunden mit Amnesia: Rebirth verbracht, und es ist damit der längste Teil der Reihe, was sich leider in einigen Längen bemerkbar macht. Für viele ist es auch der am wenigsten Angst einflößende Teil, und während ich sehen kann, wo die Leute her kommen, ist es trotzdem von ungruselig immer noch ein gutes Stück entfernt.
Die Story hat mich wirklich bei Laune gehalten und überraschend stark berührt, dabei eingesprochen von hervorragenden Sprechern, denen ich gerne zugehört habe. Leider hat sich im Gameplay ab und an zu viel Frust gezeigt, auch wenn die einzelnen Setpieces mich immer fasziniert haben. Bei einem nochmaligem Durchspielen würde ich wohl probeweise den Adventure Mode wählen.

 

Alexiell

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Lost Words: Beyond the Page ist primär ein gefühlvolles Narrative Game, das seichtes Platforming bietet und dabei sehr kreativ mit dem geschriebenem Wort umgeht.
Wir begleiten das junge Mädchen Izzy, die gerne Schriftstellerin werden möchte, und daher von ihrer Großmutter ein Notizbüchlein geschenkt bekommt, um ihre Schreibkünste zu fördern. Besagtes Büchlein benutzt Izzy nun zum einen als Tagebuch, zum anderen schreibt sie darin eine selbst ausgedachte Geschichte nieder.

Schon das Menü ist super hübsch gestaltet, wie ins Journal hinein gemalt, mit bunten Papierschnipseln versehen und in Aquarell colorierten Zeichnungen. Ich kann es immer sehr wertschätzen, wenn sich bei der Gestaltung Mühe gegeben wird und Menüs stimmungsvoll in den Rest des Spiels eingebunden werden.

Diesen Look behalten auch die Kapitel bei, in denen Izzy ihre Tagebucheinträge macht. Wir sehen hier das Journal auf ihrem Schreibtisch liegen, und die Sätze erscheinen Stück für Stück, parallel von Izzy eingesprochen.
Im Journal steuern wir die kleine Figur eines Mädchens, das über die Sätze laufen und hinauf klettern kann. Ziel ist immer eine kleine Öffnung im Papier zu erreichen, um quasi die nächste Journal-Seite freizuschalten.
Damit Izzy weiterschreibt, müssen oft Triggerpunkte erreicht werden. Zum Beispiel sind einige Worte farbig gehalten, und man muss mit dem kleinen Mädchen über sie laufen. Oder ein Wort wird wie ein ausgeschnittener Schnipsel dargestellt, mit dem man interagieren kann. Das Wort "Öffnen" kann zum Beispiel über die Zeichnung einer Tür gezogen werden, damit diese auf geht. Ein andern Mal ist ein gezeichneter Gegenstand ausgeschnitten und muss auf ähnliche Weise benutzt werden. Mit solchen und ähnlichen Spielereien werden Seiten immer wieder mit Leben gefüllt.
Darüber hinaus erscheinen regelmäßig kleinere und größere Aquarellzeichnungen auf den Seiten, während Izzy erzählt, die wirklich richtig toll aussehen können und zugleich unterstreichen sie passend Izzys Erzählung. Da verschwinden Wörter, das Bild dreht sich um, Farben kommen oder gehen. Mit solchen Kniffen werden auch Emotionen sehr toll visualisiert.
Diese Tagebuchkapitel waren tatsächlich mein Highlight vom Spiel, die kreativ eine sehr gefühlvolle Geschichte erzählen. Unaufgeregt und doch kraftvoll.

Schreibt Izzy an ihrer selbst erdachten Geschichte weiter, wechselt das Spiel in eine recht gewöhnliche 2D Umgebung, in einem leichten Comic-Look. Hier kommt nochmal verstärkt Platforming zum Einsatz, und Wörter funktionieren wie Zaubersprüche, die man nach und nach erhält. Mit "Schweben" werden dann zB schwere Steine angehoben, die im Weg stehen, oder ein Lift fährt damit hoch.
Das ist alles ganz nett, aber zugleich auch nur mäßig aufregend und auch nicht wirklich herausfordernd. Große Puzzle darf man ebenfalls nicht erwarten. Nebenbei gibt es Glühwürmchen als Collectible zum einsammeln. Mal mehr, mal weniger versteckt. Das ist zwar eine nette Nebenbeschäftigung, hat jedoch keine nennenswerte Belohnung hinter sich stehen. (Außer man steht auf Achievments.)

Mein größtes Problem liegt bei der Steuerung. Da man viel mit einem Cursor agiert, um die Worte zu benutzen, habe ich mich für Tastatur + Maus entschieden. Der Nachteil daran ist, dass die sonstige Bewegungssteuerung der Figuren komplett mit der linken Hand gemacht werden muss, und das bekomme ich einfach nie gut hin. Oft habe ich die Maus losgelassen. und das Platfoming mit beiden Händen gesteuert. So bald ich gewzungen war, parallel auch die Maus zu nutzen, hat sich für mich alles schnell unhandlich angefühlt. Vor allem bei Passagen, die wie ein Autoscroller funktionieren, verfiel ich gerne mal in ungelenke Hektik, was mich auch mal ein Glühwürmchen kosten konnte.
Mit dem Gamepad stelle ich mir das Platforming sehr viel angenehmer vor, ahne dann aber Probleme bei der Nutzung der Zauberwörter mit dem Cursor. Am Ende habe ich einfach das gewählt, was für mich als das kleinste Übel erschien.

Sowohl die Tagebuch Kapitel als auch die Abschnitte der Geschichte bieten ab und an Stellen, an denen man kleine Details mitbestimmen kann. Zum Beispiel werden einem drei Vorschläge gemacht, aus denen man den Namen der Hauptfigur von Izzys Geschichte auswählen kann oder auch die Farbe ihres Umhangs. Das ist ein nettes Gimmick, wenn man auch immer mal wieder seine kleine Entscheidung erwähnt sieht, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Geschichte. Wählt man bei einem erneuten Durchgang was anderes, wird sich keine neue Erfahrung offenbaren.
Gegen Ende gerät das Pacing etwas ins schleudern. Die Geschichten-Kapitel sind ohnehin schon etwas uninteressanter, durch ihre doch recht bekannte Aufmachung ohne große Neuerung. Und gerade hier kommt es später zu Abschnitten, die doch recht zäh wirken und es nur schleppend voran geht. Auch Wiederholung ist etwas, das hier ein wenig sauer aufstoßen kann.

Es kann durchaus gestorben werden, wobei Checkpoints idR dicht bei sind. Nur bei den Autoscrollern kann es sein, dass man mal weiter zurück gesetzt wird. Durch den geringen Schwierigkeitsgrad sind Tode meist aber die Ausnahme.
Während der Geschichte erscheint Izzys gesprochene Erzählung als Schrift im Hintergrund der Spielwelt. Was zwar ein nettes Gimmick ist, leider aber etwas semi gut funktioniert. Teils kann es sein, dass man zu langsam ist, und Izzy schon redet, bevor man die Schrift erreicht. Oder auch umgekehrt, dass man stehen bleiben und warten muss, damit sich der Satz aufbaut. Auch bei den Tagebucheinträgen kann es in Einzelfällen sein, dass die Worte nicht so leicht zu lesen sind, da sie zB blass dargestellt werden. Kann man Izzy nicht gut verstehen, aus welchen Gründen auch immer, ist die Schrift nicht immer ein guter Ersatz für klassische Untertitel. Ein wirkliches Problem sollte dies aber nie darstellen, es ist eher ein kleines Ärgernis.
Synchro gibt es nur auf Englisch, wobei mir Izzys Sprecherin sehr gut gefallen hat.

Zu der Story will ich gar nicht so viel sagen, da sie auch nicht viel Inhalt bietet, sondern mehr eine emotionale Reise ist. In der Fantasiegeschichte spiegelt sich Izzys Gefühswelt deutlich wieder, inhaltlich bleibt es dort aber eher uninteressant. Die wahre Frage ist, was im echten Leben passiert. Wie es da weiter geht und Izzy mit allem umgeht.

Es stehen drei Speicherslots zur Auswahl, und beim spielen wird immer wieder automatisch gespeichert. Ist man einmal durchs Spiel durch, wird eine Kapitelanwahl freigeschaltet, die einen dann auch anzeigt, wo man wieviele Glühwürmchen eingesammelt hat.

Mich hat das Ganze gut 4,5 Stunden an den PC gefesselt, mit fast allen Glühwürmchen in der Tasche. Dabei konnte ich vor allem die kreative Gestaltung der Tagebuch Einträge wertschätzen, sowie die ruhige und sehr gefühlvolle Geschichte. Spielerisch wird ansonsten das Rad nicht neu erfunden, und teils dümpelt es eher seicht vor sich hin. Trotzdem empfand ich es als sehr rundes und schönes Erlebnis, wenn man sich auf soetwas einlassen kann.

 
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