Das ist überhaupt keine Verteidigung, weil ein Dreijähriger für einen erwachsenen Mann wohl kaum eine ernsthafte Gefahr darstellt. Insofern hinkt der Vergleich stark.
Nein, das hinkt nicht im Geringsten. Es macht nur sehr simpel sehr deutlich, dass und wieso es auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel ankommt, wenn man sich auf Notwehr berufen will. Es ist eben nicht alles gestattet, nur weil es den § 32 StGB bzw. § 227 BGB gibt.
Ich weiß nicht, wie das zum Beispiel aussähe, wenn ein oder zwei 18jährige mit einem Baseballschläger auf dich zukommen und du kurzerhand den einen davon erschießt. War zur Abwehr einer Gefahr und war definitiv übertrieben, denn vermutlich wären die beiden beim bloßen Anblick der Waffe abgehauen. Wenn nicht, hätte man auch einen Warnschuss oder einen Knieschuss abgeben können.
Wenn du mein Klitschko-Beispiel kritisieren willst, solltest du auch bei Klitschko bleiben. Allerdings würde hier vermutlich die Antwort ähnlich ausfallen, weil auch ein Klitschko nicht unverwundbar ist.
Wenn also zwei 18-Jährige mit Baseballschläger auf Klitschko zustürmen, würde ich ihm durchaus das Recht zugestehen, sich mit einer Schusswaffe zu verteidigen. Ob er wirklich schießen dürfte ist dann wieder situationsabhängig. Ein Warnschuss oder ein Schuss ins Bein ist in der Praxis nunmal nicht immer möglich. Deshalb würde ich auch keinen Polizisten verurteilen, der einen mit Messer bewaffneten Angreifer niederschießt.
Trotzdem könnte ich so jetzt nicht sagen, wie da jetzt wohl ein Gericht entscheiden würde. Nehme an, das müsste sich dann auch in der Verhandlung klären und würde auch von den restlichen Umständen der Tat, vom Wohlwollen des Richters, vom jeweiligen Können der Verteidiger und sowas abhängen.
Natürlich kommt es immer auf den konkreten Sachverhalt an. Wenn es tatsächlich um das Video gehen sollte, könnte ich ohne Zögern sagen, dass ich auch Gas gegeben hätte. Bekanntlich ist sich jeder selbst der Nächste.
Oder glaubst du, du musst zusehen, wie andere dein Auto demolieren oder dich beklauen?
Nein - ich kann ja auch die Polizei rufen. Ansonsten sind beide Paragrafen (32 StGB und 227 BGB) eindeutig.
Zitat: "um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff
von sich oder einem anderen abzuwenden."
Von sich oder einem anderen bezeichnen Personen, keine Gegenstände. Es geht bei der Notwehr um die körperliche Unversehrtheit.
Wir sind hier (zum Glück) nicht im Wilden Westen, wo man Menschen schon erschießen durfte, wenn sie nur das eigene Land betreten hatten.
Und so etwas wie Angemessenheit gibt es ebenfalls nicht, weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung, jedenfalls nicht in der geläufigen Bedeutung. Es gibt Situationen, in denen nicht einmal Körperverletzung droht oder geschieht, und trotzdem ist der Angegriffene gerechtfertigt, mit äußerster Gewalt sich zur Wehr zu setzen. Die Grenzen der Notwehr stehen alle im Wikipedia-Artikel.
Doch, genau diese Angemessenheit gibt es eben sehr wohl. Das impliziert schon der erste Teil in Absatz 2.
Zitat: "Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist..."
Eine Reaktion, die nicht erforderlich ist, ist also keine Notwehr mehr, weil sie über das angemessene Maß hinausgeht. Vermutlich gibt es genau deshalb den § 33 StGB, nach dem eine Bestrafung bei Überschreitung der Notwehr in gewissen Fällen trotzdem straffrei bleibt.
Es gibt übrigens keinen Wikipedia-Artikel. Zumindest hast du nicht darauf verlinkt.
Deine, bzw. die Ableitung des Wikipedia-Autors, bezieht sich übrigens auf § 34 Rechtfertigender Notstand. Und das ist eben keine Notwehr. Hier fehlt nämlich der entschuldigende Tatbestand der affektiven Verhältnismäßigkeitsüberschreitung. Hier räumt § 35 StGB lediglich ein irrtümliches Fehlverhalten als "Verteidiger" ein, wenn ein Irrtum unvermeidbar war.
Wenn du also siehst, dass jemand einen Betonmischer von einer Baustellt mitnimmt, kannst du den nicht gleich wegen "Notwehr" zusammenschlagen, weil du ja das Gut eines Anderen verteidigst. Du hättest dich erst mal erkundigen müssen, ob überhaupt ein Diebstahl vorliegt. Hier wäre also noch nicht mal § 34/35 eine ausreichende Rechtfertigung.
Nichts anderes habe ich weiter oben selbst geschrieben, nur hat das mit Angemessenheit im normalen Sprachgebrauch dennoch nichts zu tun. Oder bist du der Ansicht, es wäre angemessen, einen Taschendieb zu erstechen? Bei Notwehr sind sehr schnell sehr viele Handlungsmöglichkeiten gerechtfertigt, die wir eben gerade nicht mehr für angemessen halten, die aber trotzdem erlaubt sind, weil es bei Notwehr immer zuerst um die Verteidigung eines Gutes geht.
Doch, denn laut deiner Definition von Notwehr geht es ja auch um die Abwehr einer Gefahr gegen (d)ein Gut. Das ist aber nicht der Fall, denn bei Notwehr geht es eben nur um die körperliche Unversehrtheit von Personen, nicht aber um deren Güter.