Konkret heißt es in dem Schreiben: Zahlt die Behörde, „werde ich und mein Team“ die Bestellungen [an die Lehrer vom Goethe Gymnasium] stoppen. Niemand werde zu Schaden kommen. Zahle die Polizei nicht, werde noch mehr passieren: „Eventuell lasse ich mir auch noch etwas schickes bzgl. eines Amoklaufes einfallen.“ Am Mittwoch gab die Polizei dazu weiterhin bekannt: „Ein anonymer Erpresser hat am Dienstagnachmittag seine Forderungen vom Sonntag gegenüber der Polizei konkretisiert.“ Der Erpresser habe angekündigt, die Serie von Warenbestellungen im Namen der Schule oder einzelner Lehrer zu beschleunigen, wenn seine Geldforderungen nicht erfüllt werden. Ferner schreibt er: „10.000 Euro oder es gibt Tote.“ Der Kriminelle verlängerte nun den Zahlungstermin bis Freitag, 18 Uhr.
Schon seit Monaten ist die Situation am Goethe-Gymnasium Auerbach angespannt. Dem Erpresserbrief vorausgegangen sind bereits fingierte Warenbestellungen über das Internet, die seit ca. einem Jahr andauern und hauptsächlich für Lehrer bestimmt waren. Diese erhielten so in Folge Haushaltsgeräte, PC-Technik, Reisen und wiederholte Pizzabestellungen. Die Anzahl der Lieferungen bezifferte die Polizei bis Ende Mai 2018 auf über 90. Über die Schadenshöhe ist aktuell nichts bekannt. Die Vorfälle an der Schule fanden im Frühjahr 2018, in einem im Netz angekündigten Amoklauf am Pfingstwochenende, ihren Höhepunkt. Daraufhin fiel für mehrere Tage der Unterricht für ca. 600 Schüler aus, Abi- Prüfungen wurden verschoben.
Im Fokus der damaligen Ermittlungen stand ein 14-jähriger Schüler des Gymnasiums zusammen mit seinem Vater. Die beiden sollen die Bestellungen seinerzeit getätigt und zudem den Amoklauf im Internet angekündigt haben. Beide wurden zunächst verhaftet, allerdings schon nach kurzer Zeit danach wieder freigelassen, weil der Tatverdacht auch nach Wohnungsdurchsuchungen nicht erhärtet werden konnte. Der Achtklässler wäre jedoch in der Vergangenheit bereits durch Gewalttätigkeit aufgefallen. Im Januar 2018 bedrohte er einen Mitschüler mit einem Taschenmesser, berichtete der Vogtland-Anzeiger. Auch bei drei weiteren Jugendlichen fanden Hausdurchsuchungen statt. Inzwischen hat sich der Kreis um einen weiteren Verdächtigen erweitert. Nach neuesten Erkenntnissen gibt es in diesem Zusammenhang sechs Beschuldigte, gegen die ermittelt wird. Hans-Christian Fink, Sprecher der Staatsanwaltschaft Plauen, sagte, in keinem Fall reicht es bisher zu einer Anklage. Mit dem Ferienbeginn hofften alle Betroffenen, dass die Normalität zurückkehren würde, allerdings sahen sie sich darin getäuscht. In der vorigen Woche sei es laut Polizeisprecher Oliver Wurdak zu weiteren Warenbestellungen, einer Essensbestellung, für einen Lehrer gekommen. Einen Zusammenhang der Taten im Mai mit der jetzigen Erpressung bestätigte die Polizei nicht.
Im Ergebnis der Ermittlungen und der vorliegenden Erkenntnisse gebe es keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer konkreten Gefährdungslage. Die Ermittler haben einen Kreis von Tatverdächtigen identifiziert, den oder die Erpresser allerdings noch nicht aufgespürt. Oliver Wurdak versichert, dass für Schüler und Lehrer keine Gefahr bestehe, denn ab Montag werde die Polizei vor dem Gymnasium wieder präsent sein: „Wir sind als Polizei zum Anfassen vor Ort“. Der Polizei gehe es darum, alles zu unternehmen, um der „gefühlten Unsicherheit im betroffenen Personenkreis rund um das Gymnasium entgegen zu wirken.“ Wurdak gibt weiter bekannt: „Die Beamten der extra eingerichteten Ermittlungsgruppe der Zwickauer Polizei werden unterstützt von Spezialisten des Landeskriminalamts Sachsen und arbeiten im engen Schulterschluss zur Staatsanwaltschaft Zwickau mit Hochdruck an einer Bewältigung der Lage und der Verhinderung einer weiteren Eskalation der Situation.“
Arndt Schubert, Sprecher der Landesschulbehörde in Zwickau bekundet, am Goethe-Gymnasium Auerbach laufe der Schulbetrieb dennoch normal weiter. Auch Auerbachs Oberbürgermeister Manfred Deckert vertraut auf die Arbeit der Ermittler: „Wir stehen in ständigem Kontakt mit den Ermittlungsbehörden, der Schulleitung und der Schulbehörde, um notwendige Maßnahmen abzustimmen“, so Deckert. Knut Kirsten, Schulamtsleiter der Stadt Auerbach, ist der Mittelsmann zwischen Eltern, Schule und Polizei: „Die Texte, die im Internet stehen, werden durch Spezialisten des LKA untersucht. Nach dem Vergleich mit ähnlichen Gemengelagen geht die Polizei nicht davon aus, dass mit der Umsetzung der Tat in irgendeiner Weise zu rechnen wäre.“ Natürlich wäre das subjektive Empfinden der Eltern und Schüler darüber anders. So wäre seit Dienstag an der Schule auch Schulpsychologen im Einsatz: „Es ist auch geplant, dass am Donnerstagabend in der Schule eine Zusammenkunft mit den Elternsprechern stattfinden soll, bei der die Polizei noch einmal eine Einschätzung der Lage geben wird.“
Alle Beteiligten, wie Polizei, Staatsanwaltschaft, Landesschulamt, stimmen darin überein, dass der Fall des Gymnasiums Auerbach sowohl von der Dimension, als auch von der Dauer her bisher einzigartig ist. So gehe es, gemäß einer Stellungnahme des Sprechers der Staatsanwaltschaft Plauen, Hans-Christian Fink, um Nachstellung und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten, beides Straftatbestände, die laut Fink mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden können. Darüber hinaus stehen Beleidigungen und Bedrohungen an – und seit jetzt auch eine Erpressung. Laut dem Landtagsabgeordneten Sören Voigt (CDU) soll der Fall nun auf Schulebene zur Chefsache werden. Kultusminister Christian Piwarz (CDU) habe auf seine Initiative hin seinen baldigen Besuch in Auerbach angekündigt, gab Voigt an.
Bildquelle: tlparadis, thx! (CC0 Public Domain)
https://tarnkappe.info/gymnasium-au...rt-10-0000-euro-in-bitcoin-von-polizei/Quelle
Autor: Antonia
Originalbeitrag auf Tarnkappe.info