12.12.2013 Streaming-Abmahnungen der Kanzlei U+C in Sachen Redtube: Landgericht Köln gibt erste Auskünfte zur Funktionsweise der Software GLADII 1.1.3
Das Landgericht Köln hat uns soeben erstmals Auskunft zur Funktionsweise der Software GLADII 1.1.3 erteilt, mit der die IP-Adressen der Nutzer ermittelt wurden, die von der Plattform Redtube Filme abgerufen haben und anschließend von der Kanzlei U+C hierfür abgemahnt worden sind. Der Pressesprecher des Landgerichts Köln teilte uns in einer E-Mail hierzu folgendes mit:
„Sehr geehrter Herr Müller,
wie angekündigt möchte ich als Ergebnis der vorgenommenen Prüfung mitteilen, dass Ihnen Einsicht in das gesamte Gutachten von Seiten der Pressestelle nicht gewährt werden kann. Über die Akteneinsicht Dritter – auch der Medien – entscheidet gemäß § 13 Abs. 7 FamFG allein der oder die Kammervorsitzende. Dieser Entscheidung kann und darf ich nicht vorgreifen. Ihr Informations- bzw. Berichterstattungsinteresse sehe ich dadurch hinreichend gewahrt, dass ich Ihnen nachfolgende zusammenfassende Mitteilung des Inhalts des Gutachtens bekanntgebe. Vorab möchte ich darauf hinweisen, dass diese Zusammenfassung je nach Anfrage bzw. bei entsprechendem Informationsinteresse von hier aus auch anderen Medienvertretern zur Verfügung gestellt werden wird.
Der wesentliche Inhalt des Gutachtens lässt sich wie folgt zusammenfassen (wörtliche Zitate aus dem Gutachten sind in Anführungszeichen gesetzt):
Das Gutachten hatte laut seiner Einleitung zum Ziel festzustellen, ob mit der Software Download-Aktionen von im Internet betriebenen Medien-Hostern korrekt erfasst werden, wobei insbesondere die Identität der heruntergeladenen Datei, die Uhrzeit des Beginns des Downloads sowie die IP-Adresse des herunterladenden Computers Gegenstand der Überprüfung gewesen sein sollen.
Dies soll anhand dreier Testdateien auf drei verschiedenen Webseiten untersucht worden sein (drtuber.com, tnaflix.com und xvideos.com), bei denen die Darstellung der Videos im Webbrowser erfolgte.
Laut Gutachten wurden die hinterlegten Testdateien sodann von dem Gutachter mit verschiedenen Browsern abgerufen und die Uhrzeit protokolliert. Im Anschluss hieran habe der Gutachter über die Software GLADII 1.1.3 eine Übersicht der überwachten Medien-Hoster aufgerufen. Die Software habe dabei eine Reihe von Informationen, unter anderem die IP-Adressen der Besucher der jeweiligen Seite, angeboten. Dabei seien auch die testweise erfolgten Abrufe der oben genannten Dateien angezeigt worden (inklusive zwischenzeitlichem Stoppen und Fortsetzen der Wiedergabe des Videos).
Die protokollierten Zeiten und Aktionen stimmten laut Gutachten exakt mit den testweise durchgeführten Abrufen überein. Laut Gutachten beruhten die bei den Tests durchgeführten Aktionen „technisch auf üblichen Internet-Technologien, welche beim Einsatz in dem verwendeten Test-Szenario keine Bedenken hinsichtlich etwaigen Gesetzesverstößen erkennen ließen“.
Als Schlussfolgerung hält das Gutachten fest, dass die verwendete Software geeignet sei, die Identität der heruntergeladenen Datei, die Uhrzeit des Beginns des Downloads sowie die IP-Adresse des herunterladenden Computers korrekt zu erfassen.“
Im Dunklen bleibt auch nach dieser Auskunft immer noch, wie die Software den Traffic zwischen Nutzer und Plattform in zulässiger Weise überwachen konnte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, warum sich das Landgericht Köln so schwer tut, Informationen zu dem Gutachten herauszugeben. Der Auskunft des Landgerichts Köln war eine zweitätige Korrespondenz zwischen der dortigen Pressestelle und uns vorangegangen. Erst nachdem wir angekündigt hatten, unseren Auskunftsanspruch, den wir auf das Landespressegesetz NRW gestützt haben, notfalls gerichtlich durchzusetzen und hierzu eine Frist bis heute, 11 Uhr, gesetzt hatten, erfolgte die vorstehende Mitteilung.
Die Informationen zu dem Gutachten sind immerhin von erheblichem öffentlichem Interesse. Der Erteilung der Informationen entgegenstehende Rechte Dritter sind nicht erkennbar. Insbesondere sind in Gutachten dieser Art erfahrungsgemäß keine sensiblen Daten Dritter enthalten. Sofern sich aus dem Gutachten zu der Frage, wie die Software den Traffic zwischen Nutzer und Plattform in zulässiger Weise überwachen konnte, nichts entnehmen lässt, hätten sich die Kammern, die die Gestattungsanordnungen erlassen haben, mit dieser Frage auseinandersetzen müssen. In den bisher bekannten Beschlüssen ist dies gerade nicht erfolgt. Es wird interessant sein zu erfahren, ob die Kammern, die im Gestattungsverfahren bei der antragstellenden Rechteinhaberin Rückfragen gestellt haben, sich mit diesem Aspekt beschäftigt haben. Hierzu haben wir soeben eine ergänzende Anfrage an die Pressestelle des Landgerichts Köln gestellt und werden im Weiteren berichten.
UPDATE
Auf weitere Nachfrage teilte das Landgericht Köln heute Nachmittag mit, dass in dem Gutachten weitere Ausführungen zum Vorgang der Überwachung nicht gemacht werden.
Mit diesem Problem hätten sich die für die Gestattungsanordnungen zuständigen Kammern jedoch auseinandersetzen müssen. Damit dürften die Gestattungsanträge nicht schlüssig begründet gewesen sein, da eine entscheidende Angabe nach derzeitigem Kenntnisstand schlicht fehlt. Denn eine für den Tatbestand nach § 101 Abs. 2 UrG erforderliche lückenlose Darlegung der Rechtsverletzung – hierzu gehört auch die Frage des Nachweises der Herkunft der Daten und des dem zugrunde liegenden Ermittlungsvorgangs – lassen die Anträge und wohl auch das Gutachten vermissen. Die Gestattungen zur Herausgabe der Daten hätten bereits aus diesem Grunde nicht erlassen werden dürfen. Damit bleibt im Übrigen weiterhin unklar, woher die Daten kommen. Auskunft hierüber könnte, wenn nicht das Landgericht Köln, wohl nur noch die Rechteinhaberin, der von ihr beauftragte Dienstleister zur Datenermittlung und gegebenenfalls die von ihr mandatierten Rechtsanwälte Daniel Sebastian bzw. Urmann + Collegen geben.[...]