Ich finde es nicht verkehrt, sich übers Altern Gedanken zu machen. Da kommen einige Probleme auf einen zu, die manch einer nie bedacht oder verdrängt hat. Man muss nun nicht in Angst und Panik ausbrechen, aber das ein oder andere kann man schon frühzeitig verhindern, oder sich darauf vorbereiten und regeln.
Beruflich hatte ich jahrelang mit alten und kranken Menschen zu tun. Was denen so alles durch den Kopf geht und wie sich manche Ansichten im Verlauf der Zeit ändern, ist schon interessant. Auch die letzten Jahre, Monate, Wochen und Tage sind Zeiten, die man durchaus ein wenig planen kann. Ich hab sehr sehr viele Menschen bei ihrem Sterbeprozess betreut und eine der mir am prägnantesten gebliebenen Erinnerung waren die Menschen, die noch was auf dem Herzen hatten und es aber nun nicht mehr lösen konnten. Das kann aus körperlicher Verfassung heraus sein, oder weil sie geistig nicht mehr dazu in der Lage waren, oder weil manche Sachen einfach rum rums Eck waren. Und dann schleppt man sowas ewig lang mit sich rum und es belastet immer mehr und am Ende sterben die Leute echt nicht schön. Das sieht man denen wirklich an.
So kann man sich schon zu guten Lebzeiten überlegen, ob man nun den schlechten Kontakt mit der Familie doch noch aufbessern will, in manchen Fällen einen Akt der Versöhnung herbeiführen und sich einen Ruck geben, oder man probiert, dass man Diabetes, Adipositas und Arthrose entgegenwirkt, weil man sonst im teils schon frühen Alter echt mal verschissen hat, auf gut Deutsch. Allgemein kann man sich die eigene Lebensplanung ansehen und schauen, was man bis wann noch erreicht haben will, woran es scheitert und ob manches denn wirklich so wichtig ist, wie man gerade denkt. Dazu finde ich es äußerst hilfreich, dass man sich das Leben älterer Menschen ansieht, ebenso wie allgemein einen eher bewussten Lebensstil pflegt.
Auch muss es gar nicht mal dazu kommen, dass man alt wird. Wie schnell ist so ein Leben vorbei, oder komplett eingeschränkt, wegen einer kleinen Unachtsamkeit, wegen simplem Pech, genetisch bedingter Probleme, die erst irgendwann richtig auftreten... Insofern finde ich es sinnvoll, dass man sein Leben und die eigene Verfassung ebenso schätzt und einschätzen kann, wie auch die der anderen Menschen, die einen solchen Prozess genauso durchlaufen oder deren Leben urplötzlich eingeschränkt wird oder sogar endet. Auch sollte man sich das Leben durchaus aus möglichst vielen Blickwinkeln ansehen und kann so besser einschätzen, was nun wichtig ist und was nicht. Gerade das Streben nach und Anhäufen von Besitz macht in den letzten Jahren nicht unbedingt glücklich. Da liegen dann ganz andere Dinge auf der Seele und ehrlich, so zu sterben, wie mancher, der da noch einen Berg an unschönen Dingen auf dem Herzen hat, das will hier sicherlich keiner.
Klar, da mag nun manch einer der "Jungen" lachen, weil sie das gar nicht erst kapieren und einschätzen können. Das blicken ja schon viele ältere Menschen nicht. Aber genau deswegen finde ich es nicht verkehrt, sich damit zu beschäftigen und auch ab und an an die Vergänglichkeit erinnert zu werden. Wie gesagt, in Angst vor dem Alter zu leben, bringts dann auch wieder nicht und die meisten Menschen zumindest hierzulande dürften soweit *halbwegs* gut abgesichert sein, um mehr oder weniger in Ruhe altern zu können. Manche oder sogar viele dagegen werden mit der Zeit vor Problemen stehen, die sich dann nicht mehr lösen lassen oder es auch nie hätten. Heißt ja nicht, man müsse den ganzen Tag ans Altern denken, aber eben aufmerksam durchs Leben gehen, sich und andere beobachten.
Ich persönlich versuche zumindest, so zu leben, dass ich jeden Tag sterben könnte, oder von anderen komplett abhängig zu sein, ohne dass ich noch viel auf der Seele hab. Viele wichtige Dinge stehen mir noch bevor und so probiere ich, darauf hin zu arbeiten. Nicht alles wird wohl gelingen, aber immerhin hab ich es dann probiert. Und dass das nicht immer gleich intensiv probiert wird und auch ich Tage und Zeiten hab, an denen ich mir ein wenig denke, scheiß drauf, ist auch klar. Aber insgesamt würde ich schon sagen, dass ich recht vernünftig lebe und das wiederum gibt ein gutes Gefühl während des Lebens und auch in Hinblick auf das Alter und älter Werden.
Insgesamt auf jeden Fall ein interessanter Prozess, dieses "Leben". :-)