@axel3:
Ich muss dir da auch mal widersprechen - du liegst nämlich einem fundamentalen Irrtum auf:
Die eigene Schöpfung kann nicht als Reflektionsfläche des eigenen Selbst dienen. Ein Kind erkennt sich auch nicht selbst, indem es ein Legohäuschen baut. Oder wir eine Maschine. Was sagt uns die Maschine? Dass sie "schön" im Auge des Erfinders ist?
Eine Reflektionsfläche muss dir auf Augenhöhe entgegentreten können. Man sucht Selbsterkenntnis im Gespräch mit anderen Individuen, mit anderen Menschen, weil nur sie in der Lage sind, deine Fehler zu erkennen und sie dir ins Gesicht zu sagen. Selbst Kinder sind dazu nicht in der Lage, weil du sie als Erwachsener nicht ernst nimmst - sie fallen als Projektionsfläche weg, und das, obwohl gerade kleine Kinder als große Ausnahme unter den Menschen die Wahrheit sagen. In ihrem Fall liegt es an der mangelnden Fähigkeit, Konsequenzen schon im Voraus zu erkennen, weil die sich erst durch die Erfahrung herausbildet.
Gott müsste also einen Gott erschaffen, ein gleichwertiges Wesen. Das kann er nicht. Es wäre das Lego-Prinzip.
Unabhängig davon widerspricht diese Annahme zentralen Glaubensinhalten: Gott ist omnipotent, omnipräsent und omniszient. Allein die Allwissenheit setzt fest, dass er keine Selbsterkenntnis braucht - er hat sie schon. Wozu dann eine Reflektionsfläche, die nicht funktionieren wird, weil sie durch seine Allgegenwärtigkeit nicht selbstständig agieren kann, was er wieder wissen müsste.
Die Annahme hält einer näheren Betrachtung unter mehreren Punkten nicht stand.
@TS
1. Wenn Gott allmächtig ist, warum eliminiert er dann nicht den Teufel?
Existiert Gott? Wenn ja, und er gerecht ist, kann er nicht uneingeschränkt gut im Sinne von vergebend sein. Das bedeutet, er muss sowohl das sein, was du als Gott kennst, als auch das, was du als Teufel kennst. Ein Dualismus funktioniert unter dieser Annahme nicht.
2. Wenn Gott allmächtig ist, folgt daraus, dass er in die Zukunft sehen kann.
Nein. Nur weil man allmächtig (omnipotent) ist, bedeutet es nicht, dass man auch alles weiß. Das ist ein zweiter Glaubensinhalt, die Omniszienz. Man spricht Gott im Christentum die Allwissenheit zu, was haufenweise Probleme mit sich bringt.
Zum Prüfungsthema: Die Allwissenheit schließt tatsächlich eine Unvorhersagbarkeit des zeitlichen Geschehens aus, damit hast du recht - wir besäßen keinen freien Willen und damit ist alles determiniert - auch unsere Höllen-/Himmelfahrt. Einer der Punkte, die wahnsinnig problematisch sind und auch gerne von Atheisten aufs Korn genommen wird:
http://www.youtube.com/watch?v=L7jClyinERY
3. Viele Christen sagen immer, es kann nicht aus nichts etwas entstehen.
Wenn aus nichts nicht etwas entstehen kann, wie ist dann Gott entstanden? Ewigkeit? Das ist wesentlich unsinniger, weil es nur ein plumper Versuch ist, eben das von dir angesprochene Dilemma mit der Existenzfrage zu vermeiden. Selbst erschaffen funktioniert auch nicht - ohne Sein und damit ohne Entscheidungsfähigkeit kann nicht die Entscheidung über den Schöpfungsakt des eigenen Selbst getroffen werden.
4. Wenn etwas Gutes passiert, beten die Christen oft zu Gott und danken ihm dafür. ... Wie passt das zusammen?
Gar nicht. Alle Versuche in dieser Richtung fußen auf Hiob, ein Buch, das die meisten Christen nichtmal gelesen haben. Das ganze Christentum ist so lange konsistent, solange man die Bibel nicht ernst nimmt und nicht alle Konsequenzen der Annahmen durchdenkt.
Kurz noch zu mir: Ich bin agnostischer Atheist, und wurde dazu, als ich als christlich erzogener Jugendlicher die Bibel vollständig gelesen habe. Spätestens im Buch Josua wird einem vollumfänglich schlecht.