Die Große Koalition hat sich einem Bericht des Handelsblatts zufolge kurz vor der Sommerpause doch noch auf die Abschaffung der sogenannten Störerhaftung für Anbieter öffentlicher WLAN-Netze geeinigt. Somit ist nun der Weg frei für mehr kabelloses Internet in Hotels, Cafes und Innenstädten. Die Verabschiedung soll noch vor der Sommerpause erfolgen.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) habe am Montagmittag mit den Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD gesprochen und eine Einigung erzielt. Zuvor war wegen Unstimmigkeiten zwischen diesen Parteien weitgehend unklar, ob das Gesetz noch in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, also der letzten Gelegenheit in dieser Legislaturperiode, verabschiedet werden kann.
Die Regierung hatte sich bereits Anfang April auf den entsprechenden Gesetzentwurf verständigt. So stimmten die Parteien dem „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Telemediengesetzes“ des Bundeswirtschaftsministeriums, der bereits vom Kabinett absegnet war, vollständig zu. Lediglich auf eine Klarstellung haben sie sich verständigt: Es soll noch deutlicher gemacht werden, dass WLAN-Betreiber, wie Hotels und Gaststätten, auch weiterhin eigene Sicherheitsmaßnahmen, etwa die Vorschaltung eines Passworts, nutzen dürfen, wenn sie das wollen – es wäre aber keine Verpflichtung. Die entsprechende Formulierung lauet: „Davon unberührt bleibt, wenn ein Diensteanbieter auf freiwilliger Basis die Nutzer identifiziert, eine Passworteingabe verlangt oder andere freiwillige Maßnahmen ergreift.“
Mit der Abschaffung der Störerhaftung müssen Betreiber öffentlicher WLAN-Hotspots nun nicht mehr befürchten, für die Vergehen von Nutzern ihres Internetzugangs haftbar gemacht zu werden. Im Gegenzug erhalten Rechteinhaber den Anspruch, die „Sperrung der Nutzung von Informationen [zu] verlangen, um die Wiederholung der Rechtsverletzung zu verhindern“, wenn eine Löschung von Inhalten durch den Webseitenbetreiber oder Hostprovider nicht möglich ist. Auch in diesen Fällen dürfen vor- und außergerichtliche Kosten nicht geltend gemacht werden. Kritiker dieser Regelung befürchten jedoch, dass Anbieter die Netzsperren widerspruchslos umsetzen, um gerichtliche Kosten zu vermeiden.
Kritik gab es ferner dazu besonders aus dem Bereich der Musikindustrie. Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie befürchtete, damit werde es einen „Leerlauf der Rechtsdurchsetzung“ geben. Dabei sei das „Durchsetzungsverhinderungsgesetz“, das sich an alle möglichen Provider richte, mit europäischen Recht nicht vereinbar. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe gerade erst mit seinem Urteil gegen The Pirate Bay aufgezeigt, dass es möglich sein müsse, gegen Rechtsverletzer angemessen vorzugehen.
Andreas May von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main kritisiert, dass WLAN-Betreiber nicht behördlich verpflichtet werden dürften, „Nutzer zu registrieren“ oder die Eingabe eines Passwortes zu verlangen. Dazu komme, dass die meisten Hotspot-Anbieter auch nicht unter die Pflicht zur neuen Vorratsdatenspeicherung fielen. Damit werde die übrige verschärfte Sicherheitsgesetzgebung konterkariert. May bezog sich mit dieser Äußerung auf die neuen Überwachungsmöglichkeiten von Internet-Telefonie und Messenger-Kommunikation.
Volker Tripp vom Verein Digitale Gesellschaft hielt derlei Bedenken hingegen für „herbeigeredet“. Praktische Erfahrungen bei einem Pilotversuch der Medienanstalt Berlin-Brandenburg mit offenen Funknetzen hätten gezeigt, dass kein einziger Fall von Urheberrechtsverletzungen vorgekommen sei. Dabei würde es sich um eine „rein behauptete Gefahr“ handeln.
Der eco-Verband der Internetwirtschaft kritisiert, mit dem Vorschlag solle „eine Rechtsgrundlage für Netzsperren auf Zuruf der Rechteinhaber ohne richterlichen Beschluss“ geschaffen werden. Sie verfehle damit das eigentliche Ziel, „endlich Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber zu schaffen“.
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Autor: Antonia
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