Oder wie Giovanni nach Italien funkt. Kommunikation über Darknet-Error-Logs, so wird es gemacht.
Ich war nicht immer Freund der italienischen Küche, doch als mein Lieblings-Grieche wegen undurchsichtiger Mafia-Kontakte und dem Vorwurf Geldwäsche zu betreiben seine Pforten schließen musste, zog ich nicht wie der Jet Set dem Sternekoch hinterher um alles in Kauf zu nehmen, jede Strapaze zu ertragen oder jeden Preis zu zahlen um dem geliebten Leibkoch nahe zu sein und weiterhin in den Genuss seiner Künste zu kommen, sondern ich tat es der Hauskatze gleich und blieb ortsgebunden. Irgendwie würde man sich schon, kulinarisch, mit den neuen Eigentümern arrangieren können; doch der italienischen Küche kam ich nicht näher. Abgesehen vom obligatorischen Ramazzotti danach, konnte ich mich nicht recht an das Neue gewöhnen. Nach meinem Wissen hatte der Italiener keine Verbindungen zur Mafia, kochte aber miserabel und ward bald ebenfalls nicht mehr gesehen.
Dann kam Giovanni, ein Meister seines Faches. Er erklärte mir, das der vorherige Italiener eigentlich Kroate war, und nur aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzamt das Weite gesucht hatte. Die Küche war nun allerdings exzellent und ich saß fast jeden Abend in Giovannis Kneipe. Eines Tages hatte er Computerprobleme und bat mich seinem Schätzchen mal unter die Haube zu sehen. An intimate moment of trust – gleich dem Ergründen des Geheimnisses eines leichten Sommerkleides. Bald war das Gesuchte gefunden und etwas anderes machte mich neugierig.
Offenbar betrieb Giovanni einen Server, ganz ähnlich dem, den wir in „Occupy Darknet“ aufgesetzt hatten, nur ohne jeglichen Inhalt. Nach einigen Ramazzotti war ich „well done“ und das Rätsel gelüftet. Giovanni, der alte Fuchs, wollte sich nicht von PRISM und anderen Surveillance-Programmen in die Zutaten-Liste gucken lassen, die er direkt nach Italien schickte. Denn er bezog alles, was er so brauchte direkt aus Kalabrien. Wie er, hatte auch sein Gegenüber einen mit dem Tor-Netzwerk verbundenen Leer-Server und beide chatteten nun über die Error-Logs der Server. Jeder hatte zwei Fenster geöffnet. Das Terminal mit dem der Server gestartet wurde, und in dem nun ab und zu Error-Logs von hackenden Script-Kiddies auftauchten, die nach wallet.dat’s suchten, und den Tor-Browser vom Tor-Browser-Bundle mit dem die Verbindung zwischen Server und Darknet aufgebaut wurde (siehe Occupy Darknet).
Wenn nun Kalabrien:
»ohj2k3x3lizwm7ur.onion/chiao_giovanni« (Beispieladresse)
in den Tor-Browser hackte, erhielt Giovanni folgenden Error-Log:
»[2017-05-23 23:42:42] ERROR `/chiao_giovanni‘ not found.«
Nach einer kurzen Sicherheitsabfrage wie:
»[2017-05-23 23:43:48] ERROR `/dein_erstes_auto_farbe‘ not found.«
funkte Giovanni die Antwort über seinen Tor-Browser:
»facebookcorewwwi.onion/fiat_500_rot« (Beispieladresse).
Die Bestellungen selbst erfolgten dann unter Verwendung von Buchstabenpaaren wie: FU_CK_UP_NU… und anderer Zeichen aus Krypto-Listen. Ganz retro und manuell. Giovanni ist dann immer sehr ernst und konzentriert. Natürlich ist das Ganze so aufwändig wie seine Küche, aber Qualität hat eben ihren Preis und geht mal wieder italienisch essen!
Euer Andreas Köppen
Beitragsbild: Pizzabestellung via Darknet-Error-Logs? PublicDomainPictures, thx! (CC0 1.0)
https://tarnkappe.info/?flattrss_redirect&id=21902&md5=5a4b4851a27a3b6fd4841c20dbe18cc5
https://tarnkappe.info/pizza-connections-darknet-error-logs/Quelle
Autor: Andreas Köppen
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