klausimator
böses dickes Kind
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- 14 Juli 2013
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- 104
Moin,
abseits der konkreten Fragestellung in der Überschrift beschäftigen mich in letzter Zeit, oder präziser formuliert, schon die letzten Jahre über, noch einige mit der Thematik zusammenhängende Fragen.
Vorab vielleicht ein Link zu einer 1,5 Jahre alten Reportage, die genau diese Frage thematisiert und sich mit Vielem deckt was ich persönlich an Erfahrung gesammelt habe:
https://www.youtube.com/watch?v=lFq2aAcf-8s
Ich selber habe nach der netten Trennung von meiner Ex vor vier Jahren mein Studium auf Eis gelegt und habe in diesem Semester erstmalig wieder begonnen das Studium ernsthaft fortzusetzen. Aus diesem Grund habe ich einen recht guten Überblick was sich in den letzten vier Jahren bei uns an der FH, Bereich BWL, verändert hat.
Damalig hieß es noch für uns angehende Absolventen, dass ein Bachelorabschluss vollkommen ausreichend sei, die Wirtschaft würde Leute suchen, nach zwei Jahren im Job wäre man, auch langfristig gesehen, auf demselben Stand wie ein Student mit Masterabschluss. Heute wird eher kommuniziert, dass man doch besser noch den Master machen sollte, kann aber natürlich nicht jeder. Sehr viele meiner damaligen Kommilitonen sind diesem Ratschlag gefolgt und sind nach dem Bachelorabschluss in die Berufswelt gegangen, doch zu welchen Konditionen? Werden Fachkräfte wirklich gesucht und was wird denen denn dann bezahlt?
Facebook sei Dank ist man ja auch heute noch gut vernetzt und was ich in Erfahrung bringen konnte war, dass sich bei wirklich sehr vielen Kommilitonen erst mal ein Praktikum an das nächste gereiht hat. Wir reden hier auch nicht von mal eben zwei Wochen Praktikum, sondern immer von mehreren Monaten. Die darauf folgenden Einstiegsgehälter lagen im Bereich 2000-2500€ brutto, wenn man überhaupt übernommen und nicht wieder gegen den nächsten Praktikanten ausgetauscht wurde. Interessanterweise sieht es für die Kommilitonen, die noch einen Master on top gemacht haben nicht viel anders aus.
Ich bin jetzt 35 Jahre alt, mein Freundeskreis bewegt sich in dem selben Altersbereich, wie sieht es denn bei denen aus? Die Freunde, die „nur“ eine Ausbildung gemacht haben und dann in die Arbeitswelt gestartet sind stagnieren allesamt in einem Gehaltsbereich von im Schnitt 2500€-3000€ brutto, ganz gleich in welchem Beruf, darunter Bürokaufleute, viele ITler. Abgeschlagen nach unten hin Freunde in sozialen Berufen wie Kindergärtnerin, Krankenschwester etc, da liegen die Gehälter auch gerne mal unter 2000€ brutto, langfristig wohlgemerkt ohne Aussicht auf Steigerung. Bei Menschen, die schon zig Jahre im Beruf sind und eine entsprechende Erfahrung vorweisen können.
Und die Akademiker? Ärzte mit Facharztausbildung kommen auf 4000€ brutto, buckeln sich dafür im Schichtdienst mit Tonnen an Überstunden tot. Anwälte mit gutem Abschluss bekommen als Einsteiger auch nur 2000€ brutto, mit ein paar Jahren Berufserfahrung und einem Leben nur für den Beruf stagniert man dann bei 3500€ im Optimalfall. Diplombauingenieur, zusätzlich noch Master in BWL, dazu Zertifikate im Bereich Projektmanagement, betreut ein Projekt im dreistelligen Millionenbereich – 3600€ brutto inkl. Auslandszuschlägen. Andere Bauingenieure ebenfalls im Bereich 3500€ brutto.
Wer verdient noch richtig viel? Banker und Akademiker die in die Firmen ihrer Eltern eingestiegen sind, die schwimmen teilweise im Geld. Liegt schlicht und ergreifend aber daran, dass sie von dem profitieren, was die Eltern mal aufgebaut haben und nicht an der Eigenleistung.
Ich kenne schlicht und ergreifend auch keinen Akademiker, ganz gleich mit was für einem Abschluss, um den sich die Firmen gerissen haben. Selbst Leute mit absoluten Topabschlüssen. Die Leute mit den wirklichen Topabschlüssen, Doktortiteln etc. sind alle ins Ausland gegangen und leben/arbeiten noch heute dort. Ein Kumpel mit nem Doktortitel magna cum laude im Bereich Biologie verdient in den USA im Bereich genetische Forschung das zehnfache dessen was er hier in DE als bestes Angebot hatte.
Ich sehe das Problem auch nicht in niedrigen Einstiegsgehältern, jeder fängt mal klein an, sondern viel eher darin, dass sich langfristig an der beschissenen Bezahlung nichts ändert.
Wie sah es damals an der FH aus als ich da noch studiert habe? Wir hatten damals schon einige Studenten, die aus dem Ausland kamen und hier studiert haben. Ich habe damals öfter mit einem Kommilitonen aus dem Libanon zusammen in der Kantine gegessen und habe mich viel mit dem unterhalten. Der wusste von Anfang an, dass er nur zum Studieren hierhergekommen ist und danach auf jeden Fall zurück in den Libanon will. Der hat hier in DE noch seine Frau geheiratet, ebenfalls aus dem Libanon und ist mit der nach dem Abschluss dann auch in den Libanon zurückgekehrt, arbeitet heute dort für die Firma seines Onkels, schnacke mit dem noch ab und zu via FB. Er erzählte mir damals schon, dass kaum einer der Mitstudenten, die aus dem Ausland zum Studieren hierher gekommen ist, auch in Deutschland bleiben und arbeiten will.
Wie sieht es aktuell aus? Der Anteil der ausländischen Studenten ist noch deutlich höher als damals vor vier Jahren. Damals hatten wir in allen Semestern keine Asiaten, warum auch immer, heute haben wir in den jüngeren Semestern jeweils so 10-15 Leute. Mit denen habe ich mich jetzt auch unterhalten, die wollen auch alle nach dem Abschluss zurück. Sind viele Chinesen bei, die gesagt haben in China verdient man als Absolvent einer deutschen Hochschule wohl richtig gutes Geld, die Wirtschaft da drüben brummt. Gleiches gilt für die Russen, sind auch erstaunlich viele geworden. Die wollen aus den gleichen Gründen zurück wie die Asiaten.
Eine thailändische Kommilitonin sprach mich in einer der ersten Vorlesungen an ob ich ihr nicht einiges erklären könnte, auch gerade Organisatorisches. Ich helfe ihr seitdem regelmäßig soweit ich kann, auch privat beim Umzug habe ich ihr geholfen, die kennt hier halt keinen. Sie hat eine fünfjährige Tochter, die sie mitgebracht hat, die wird hier natürlich gut versorgt, bekommt einen Kitaplatz und Mutti kann dann in Ruhe studieren. Die war die einzige, die mir sagte sie könne sich vorstellen nach dem Studienabschluss hier in DE zu bleiben, hat aber natürlich Heimweh, Familie usw.
Mich hat es ehrlich gesagt schon stark irritiert, dass wir hier augenscheinlich eine ganze Menge Studenten aus dem Ausland haben, die sich zwar gerne auf Steuerzahlerkosten ausbilden lassen, aber überhaupt nicht die Intention haben nach ihrem Abschluss hier zu bleiben.
Meine Erfahrungen decken sich mit Vielem, was in dem Beitrag bei Youtube thematisiert wird. Einen Fachkräftemangel gibt es auf dem realen Arbeitsmarkt in Wirklichkeit gar nicht, das Problem liegt in den Unternehmen. Es werden blutjunge Arbeitnehmer gesucht, die aber schon hochgradig spezialisiert sein sollen, zudem werden immer wieder zig Jahre Berufserfahrung vorausgesetzt oder es werden eben nur Praktika angeboten. Hinzu kommt noch, dass die Unternehmen illusorisch niedrige Gehaltsvorstellungen für diese Fachkräfte haben, die sich dann mittelfristig auch nicht großartig erhöhen. Immer mehr Menschen werden gegen andere Arbeitnehmer ausgetauscht, die den Job schlicht und ergreifend für weniger Gehalt machen.
Wie sehen eure Erfahrungen aus? Ganz gleich ob aus Arbeitgebersicht oder als Student/Angestellter. Wie viele von euren Kommilitonen planen nach ihrem Abschluss in DE zu arbeiten? Wer will das Land verlassen und wieso? Hat vielleicht jemand von euch auch das Land verlassen? Gibt es überhaupt noch Branchen mit einem „echten“ Fachkräftemangel? Gibt es noch Branchen, die einem angeblichen Mangel entsprechend bezahlen und/oder sich um Absolventen reißen?
Mit freundlichen Grüßen JP
abseits der konkreten Fragestellung in der Überschrift beschäftigen mich in letzter Zeit, oder präziser formuliert, schon die letzten Jahre über, noch einige mit der Thematik zusammenhängende Fragen.
Vorab vielleicht ein Link zu einer 1,5 Jahre alten Reportage, die genau diese Frage thematisiert und sich mit Vielem deckt was ich persönlich an Erfahrung gesammelt habe:
https://www.youtube.com/watch?v=lFq2aAcf-8s
Ich selber habe nach der netten Trennung von meiner Ex vor vier Jahren mein Studium auf Eis gelegt und habe in diesem Semester erstmalig wieder begonnen das Studium ernsthaft fortzusetzen. Aus diesem Grund habe ich einen recht guten Überblick was sich in den letzten vier Jahren bei uns an der FH, Bereich BWL, verändert hat.
Damalig hieß es noch für uns angehende Absolventen, dass ein Bachelorabschluss vollkommen ausreichend sei, die Wirtschaft würde Leute suchen, nach zwei Jahren im Job wäre man, auch langfristig gesehen, auf demselben Stand wie ein Student mit Masterabschluss. Heute wird eher kommuniziert, dass man doch besser noch den Master machen sollte, kann aber natürlich nicht jeder. Sehr viele meiner damaligen Kommilitonen sind diesem Ratschlag gefolgt und sind nach dem Bachelorabschluss in die Berufswelt gegangen, doch zu welchen Konditionen? Werden Fachkräfte wirklich gesucht und was wird denen denn dann bezahlt?
Facebook sei Dank ist man ja auch heute noch gut vernetzt und was ich in Erfahrung bringen konnte war, dass sich bei wirklich sehr vielen Kommilitonen erst mal ein Praktikum an das nächste gereiht hat. Wir reden hier auch nicht von mal eben zwei Wochen Praktikum, sondern immer von mehreren Monaten. Die darauf folgenden Einstiegsgehälter lagen im Bereich 2000-2500€ brutto, wenn man überhaupt übernommen und nicht wieder gegen den nächsten Praktikanten ausgetauscht wurde. Interessanterweise sieht es für die Kommilitonen, die noch einen Master on top gemacht haben nicht viel anders aus.
Ich bin jetzt 35 Jahre alt, mein Freundeskreis bewegt sich in dem selben Altersbereich, wie sieht es denn bei denen aus? Die Freunde, die „nur“ eine Ausbildung gemacht haben und dann in die Arbeitswelt gestartet sind stagnieren allesamt in einem Gehaltsbereich von im Schnitt 2500€-3000€ brutto, ganz gleich in welchem Beruf, darunter Bürokaufleute, viele ITler. Abgeschlagen nach unten hin Freunde in sozialen Berufen wie Kindergärtnerin, Krankenschwester etc, da liegen die Gehälter auch gerne mal unter 2000€ brutto, langfristig wohlgemerkt ohne Aussicht auf Steigerung. Bei Menschen, die schon zig Jahre im Beruf sind und eine entsprechende Erfahrung vorweisen können.
Und die Akademiker? Ärzte mit Facharztausbildung kommen auf 4000€ brutto, buckeln sich dafür im Schichtdienst mit Tonnen an Überstunden tot. Anwälte mit gutem Abschluss bekommen als Einsteiger auch nur 2000€ brutto, mit ein paar Jahren Berufserfahrung und einem Leben nur für den Beruf stagniert man dann bei 3500€ im Optimalfall. Diplombauingenieur, zusätzlich noch Master in BWL, dazu Zertifikate im Bereich Projektmanagement, betreut ein Projekt im dreistelligen Millionenbereich – 3600€ brutto inkl. Auslandszuschlägen. Andere Bauingenieure ebenfalls im Bereich 3500€ brutto.
Wer verdient noch richtig viel? Banker und Akademiker die in die Firmen ihrer Eltern eingestiegen sind, die schwimmen teilweise im Geld. Liegt schlicht und ergreifend aber daran, dass sie von dem profitieren, was die Eltern mal aufgebaut haben und nicht an der Eigenleistung.
Ich kenne schlicht und ergreifend auch keinen Akademiker, ganz gleich mit was für einem Abschluss, um den sich die Firmen gerissen haben. Selbst Leute mit absoluten Topabschlüssen. Die Leute mit den wirklichen Topabschlüssen, Doktortiteln etc. sind alle ins Ausland gegangen und leben/arbeiten noch heute dort. Ein Kumpel mit nem Doktortitel magna cum laude im Bereich Biologie verdient in den USA im Bereich genetische Forschung das zehnfache dessen was er hier in DE als bestes Angebot hatte.
Ich sehe das Problem auch nicht in niedrigen Einstiegsgehältern, jeder fängt mal klein an, sondern viel eher darin, dass sich langfristig an der beschissenen Bezahlung nichts ändert.
Wie sah es damals an der FH aus als ich da noch studiert habe? Wir hatten damals schon einige Studenten, die aus dem Ausland kamen und hier studiert haben. Ich habe damals öfter mit einem Kommilitonen aus dem Libanon zusammen in der Kantine gegessen und habe mich viel mit dem unterhalten. Der wusste von Anfang an, dass er nur zum Studieren hierhergekommen ist und danach auf jeden Fall zurück in den Libanon will. Der hat hier in DE noch seine Frau geheiratet, ebenfalls aus dem Libanon und ist mit der nach dem Abschluss dann auch in den Libanon zurückgekehrt, arbeitet heute dort für die Firma seines Onkels, schnacke mit dem noch ab und zu via FB. Er erzählte mir damals schon, dass kaum einer der Mitstudenten, die aus dem Ausland zum Studieren hierher gekommen ist, auch in Deutschland bleiben und arbeiten will.
Wie sieht es aktuell aus? Der Anteil der ausländischen Studenten ist noch deutlich höher als damals vor vier Jahren. Damals hatten wir in allen Semestern keine Asiaten, warum auch immer, heute haben wir in den jüngeren Semestern jeweils so 10-15 Leute. Mit denen habe ich mich jetzt auch unterhalten, die wollen auch alle nach dem Abschluss zurück. Sind viele Chinesen bei, die gesagt haben in China verdient man als Absolvent einer deutschen Hochschule wohl richtig gutes Geld, die Wirtschaft da drüben brummt. Gleiches gilt für die Russen, sind auch erstaunlich viele geworden. Die wollen aus den gleichen Gründen zurück wie die Asiaten.
Eine thailändische Kommilitonin sprach mich in einer der ersten Vorlesungen an ob ich ihr nicht einiges erklären könnte, auch gerade Organisatorisches. Ich helfe ihr seitdem regelmäßig soweit ich kann, auch privat beim Umzug habe ich ihr geholfen, die kennt hier halt keinen. Sie hat eine fünfjährige Tochter, die sie mitgebracht hat, die wird hier natürlich gut versorgt, bekommt einen Kitaplatz und Mutti kann dann in Ruhe studieren. Die war die einzige, die mir sagte sie könne sich vorstellen nach dem Studienabschluss hier in DE zu bleiben, hat aber natürlich Heimweh, Familie usw.
Mich hat es ehrlich gesagt schon stark irritiert, dass wir hier augenscheinlich eine ganze Menge Studenten aus dem Ausland haben, die sich zwar gerne auf Steuerzahlerkosten ausbilden lassen, aber überhaupt nicht die Intention haben nach ihrem Abschluss hier zu bleiben.
Meine Erfahrungen decken sich mit Vielem, was in dem Beitrag bei Youtube thematisiert wird. Einen Fachkräftemangel gibt es auf dem realen Arbeitsmarkt in Wirklichkeit gar nicht, das Problem liegt in den Unternehmen. Es werden blutjunge Arbeitnehmer gesucht, die aber schon hochgradig spezialisiert sein sollen, zudem werden immer wieder zig Jahre Berufserfahrung vorausgesetzt oder es werden eben nur Praktika angeboten. Hinzu kommt noch, dass die Unternehmen illusorisch niedrige Gehaltsvorstellungen für diese Fachkräfte haben, die sich dann mittelfristig auch nicht großartig erhöhen. Immer mehr Menschen werden gegen andere Arbeitnehmer ausgetauscht, die den Job schlicht und ergreifend für weniger Gehalt machen.
Wie sehen eure Erfahrungen aus? Ganz gleich ob aus Arbeitgebersicht oder als Student/Angestellter. Wie viele von euren Kommilitonen planen nach ihrem Abschluss in DE zu arbeiten? Wer will das Land verlassen und wieso? Hat vielleicht jemand von euch auch das Land verlassen? Gibt es überhaupt noch Branchen mit einem „echten“ Fachkräftemangel? Gibt es noch Branchen, die einem angeblichen Mangel entsprechend bezahlen und/oder sich um Absolventen reißen?
Mit freundlichen Grüßen JP