Am Freitag, kurz vor der Sommerpause, hat der Bundestag das umstrittene Gesetz beschlossen, das Online-Netzwerke zu einem härteren Vorgehen gegen Hass, Verleumdung, Hetze und Terror-Propaganda verpflichten soll. Das Parlament stimmte mit den Stimmen von Union und SPD gegen die Linke und bei Enthaltung der Grünen für das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 7. Juli abschließend damit befassen.
Das Gesetz regelt unter anderem, dass Netzwerke, wie Facebook, Twitter und Youtube, dazu verpflichtet werden, klar strafbare Inhalte binnen 24 Stunden nach einem Hinweis darauf zu löschen. Für nicht eindeutige Fälle ist eine Frist von sieben Tagen vorgesehen. Bei systematischen Verstößen drohen Strafen von bis zu 50 Millionen Euro.
Die große Koalition hat sich zuvor noch auf eine neue Fassung für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geeinigt. Anbieter sozialer Netzwerke können die Entscheidung über nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte an eine Art freiwillige Selbstkontrolle abgeben. Eine solche „anerkannte Einrichtung der regulierten Selbstregulierung“ muss staatlich zugelassen und vom Bundesamt für Justiz überwacht werden. Diese Stelle müsse dabei von mehreren Anbietern getragen werden. Bei umstrittenen Löschanfragen können Betreiber auch mehr Zeit für eine Bewertung verlangen. Ferner sollen nun Dienste für „Individualkommunikation“ und „spezifische“ Kommunikation, wie Messenger, ausgeschlossen werden, zudem Berufliche Netzwerke, Fachportale, Online-Spiele und Verkaufsplattformen. Auch soll eine Grenze von mindestens zwei Millionen registrierten Nutzern in Deutschland verhindern, dass Startups durch das Gesetz in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden. Gestrichen haben die Regierungsfraktionen ferner eine Klausel, wonach die Betreiber sämtliche auf den Plattformen befindlichen Kopien illegaler Inhalte ebenfalls unverzüglich entfernen und dafür weitgehende Filter installieren hätten müssen. Der neue zivilrechtlichen Auskunftsanspruch bei schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen wird unter Richtervorbehalt gestellt. Große Plattformen wie Facebook werden verpflichtet, hierzulande einen „Zustellungsbevollmächtigten“ für die Behörden bereitzuhalten, der binnen 48 Stunden auf Beschwerden reagieren soll.
Kritiker sehen diese hohen Auflagen als Grundproblem an. Sie meinen, dass damit im Zweifelsfall vorauseilend auch rechtmäßige Äußerungen entfernt würden und so der Schaden für die Meinungsfreiheit groß sei. Bei komplexeren Fällen soll in der Regel eine Sieben-Tages-Frist gelten, um über eine Löschung zu entscheiden. Außerdem wäre bedenklich, dass damit den Unternehmen die Entscheidung darüber überlassen werde, was rechtmäßig sei.
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hingegen sieht in dem Gesetz eine „Garantie der Meinungsfreiheit. […] mit diesem Gesetz beenden wir das digitale Faustrecht im Netz“, sagte er. „Denn die Vergangenheit hat gezeigt: Ohne Druck werden die großen Plattformen ihre Verpflichtungen nicht erfüllen.“
Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast betonte: „Ich habe immer noch das Gefühl, dass der Reiz zu löschen größer ist als der Reiz, die Meinungsfreiheit einzuhalten“. Ferner warnte sie davor, dass mit dem Gesetz „ganz grundlegende Weichen für das digitale Zeitalter“ gestellt würden. Es schauten andere Länder, auch nicht-demokratische, auf Deutschland.
Die Linke Petra Sitte gab zu bedenken, es sei völlig offen, ob der Entwurf überhaupt verfassungs- und europarechtlich zu halten ist. Strafverfolgung müsse Sache der Justiz sein, nicht von privaten Plattformbetreibern.
Der Digitalverband Bitkom sieht in dem Gesetz weiterhin Probleme mit Verfassung und europäischem Recht: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass das unausgereifte NetzDG genauso wie die Vorratsdatenspeicherung gerichtlich gekippt wird“, sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder.
Facebook befindet, „die mangelnde Gründlichkeit und Beratung“ bei dem Gesetz werde dem Thema nicht gerecht.
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Autor: Antonia
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