Gemäß dem „Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht“ wird trotz heftiger Kritik das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nun ab September bundesweit damit beginnen, die Smartphones und Datenträger von Asylbewerbern auszulesen. Das BAMF war bisher noch auf die Zustimmung der Asylsuchenden angewiesen, wollte es auf deren Handydaten zugreifen.
Auch die neue Technik zur Umsetzung dieser Maßnahme steht bald bereit: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wird ab sofort digitale Assistenzsysteme des sogenannten „Bamberger Modells“ einsetzen. Bevor die Systeme zur Anwendung kommen, wurden sie im Ankunftszentrum des BAMF in Bamberg mehrere Monate getestet. Das System beinhaltet 5 Stufen und umfasst einen Fotoabgleich genauso, wie eine Spracherkennung, die eine Zuordnung nach Herkunftsland möglich macht, bis hin zum Auslesen der Handydaten der Asylbewerber. Dieses Verfahren soll den Asyl-Entscheidern dabei helfen, die Herkunft und die Angaben von Asylbewerbern zu überprüfen sowie Mehrfachidentitäten auszuschließen. Die Assistenzsysteme sollen bereits in einigen Monaten bundesweit in allen Einrichtungen der BAMF zur Verfügung stehen.
Sowohl Anwälte, Hilfsorganisationen, als auch Datenschützer hatten das Auslesen der Handydaten von Flüchtlingen als einen zu weitgehenden Eingriff kritisiert. Die Datenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hat erhebliche Bedenken gegen die Handyüberwachung von Flüchtlingen geäußert. In einer Stellungnahme an den Bundestag gibt sie zu bedenken, dass das Vorhaben einen massiven Eingriff in deren Grundrechte darstellt und sie bezweifelt, dass das verfassungsgemäß ist. Sie gibt an, dass sich auf den Mobiltelefonen der Asylbewerber eine Fülle teils höchst persönlicher Daten befinden würden und auch unbeteiligte Kontaktpersonen durch die Auswertung erfasst würden. Da sich zudem mit den Handydaten höchstens Indizien für eine Identitätsprüfung sammeln ließen, wäre die geplante Regelung damit unverhältnismäßig und verstoße gegen Vorgaben des Grundgesetzes. Auch der Deutsche Anwaltverein befürchtet als Folge des Gesetzes gravierende Verletzungen des Persönlichkeitsrechtes von Geflüchteten und äußert daher verfassungsrechtliche Bedenken. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl gibt zu bedenken, dass durch die Massenauslesung von Handydaten „gläserne Flüchtlinge“ geschaffen würden.
Nun hat die Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Jutta Cordt, die Auswertung der Handydaten von Asylbewerbern gegen diese Kritik verteidigt: „Es ist ein zusätzliches System, eine Unterstützung für unsere Entscheider, um in der Anhörung noch gezielter nachfragen zu können und letztendlich auch sicherer zu entscheiden“, sagte Cordt. Sie betonte, die Handy-Daten sollten nur als „Ultima Ratio“ genutzt werden, „wenn wir Zweifel an der Herkunft haben, die wir nicht anders verifizieren können“, berichtet unter anderem Zeit Online. Bereits beim ersten Kontakt der Asylbewerber mit dem BAMF, werden ihre Telefone ausgelesen, gibt Jutta Cordt bekannt. Diese Daten gelangen dann in eine Art „technischen Safe“ zur weiteren Speicherung. Wenn in einer Anhörung des Bewerbers klar werde, dass die Daten gebraucht werden, müsste ein Volljurist sie freigeben. Zudem gebe es weitere Prüftechniken, die bei der Antragstellung Standard werden sollen, wie die einheitliche Namensübersetzung und die Sprachprobe. „Wenn ich mir deren Ergebnis zusammen mit der Fluchtgeschichte anschaue, kann das in vielen Fällen definitiv ausreichen. Dann braucht man die Handydaten gar nicht“, sagte Cordt. Nach Schätzungen des Bamf würden etwa 60 Prozent der Asylbewerber in Deutschland ohne Identitätsdokumente eintreffen. Wie oft die Handy-Daten künftig wirklich genutzt werden, konnte Cordt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einschätzen: „Wir müssen jetzt sehen, welche Erfahrungen wir machen. Wir werden etwa ein Quartal brauchen, um eine Datenbasis für eine erste Bewertung zu haben.“
Bildquelle: Dielmann, thx! (CC0 Public Domain)
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Autor: Antonia
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