2. Wenn Gott allmächtig ist, folgt daraus, dass er in die Zukunft sehen kann. [...] Daraus folgt dann auch, dass man als Mensch das ja im Laufe des Lebens gar nicht mehr beeinflussen könnte, wo man hinkommt, da es bereits determiniert wäre.
Die Lösung des Determinismus-Problems aus theologisch-philosophischer Sicht liegt darin, das Missverständnis auszuräumen, aufgrund dessen angenommen wird, Gott habe Vorherwissen. Erst mal würde es natürlich stimmen, dass wenn Gott Vorherwissen hätte, die Willensfreiheit höchstens ein falscher Eindruck wäre und wir bei jeder Entscheidung nur eine Möglichkeit tatsächlich wählen könnten. Der Grund dafür ist der, dass Wissen von zukünftigen Ereignissen nur dann möglich ist, wenn diese auch notwendig eintreten werden; würden sie nicht notwendig eintreten, wäre es kein Wissen, sondern eine im besten Fall zufällig wahre Meinung. Zum Wissen fehlt natürlich auch noch eine Art Rechtfertigung, wir würden einfach sagen: "Ich sehe, dass vor mir ein Tisch steht." Ähnliche Gründe könnte auch Gott angeben. Letztendlich steht aber natürlich fest, dass alles, was jemand vorherweiß, notwendig eintreten wird.
So weit so schlecht. Wir haben also zwei Forderungen an eine Lösung, die völlig unvereinbar scheinen. Hier kommt das Missverständnis ins Spiel: Jeder (Christ) weiß, dass Gott ewig ist. Aber was bedeutet ewig? Ewigkeit wird i.d.R. verwechselt mit Unendlichkeit; das bedeutet, Gott wird für etwas gehalten, das in der Zeit ist, aber dort schon immer da war und immer da sein wird. Ewig bedeutet allerdings das Gegenteil davon, nämlich: außerhalb der Zeit. Gott steht außerhalb der Zeit, was es ihm ermöglicht mit einem Erkenntnisakt alles zu Wissen, was in der Zeit jemals geschah, geschieht und geschehen wird - wohlgemerkt aus unserer zeitlichen Sicht; für Gott ist es eine zeitlose Gegenwart. Gott erkennt also alles, was für uns Ereignisse in der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft) sind, wie wir es erkennen, während es geschieht.
Das gibt uns jetzt die Möglichkeit, unser Wissen von Ereignissen der Gegenwart zu untersuchen: Ich weiß, dass ein Mensch sitzt (weil ich ihn sitzen sehe). Fügt mein Wissen dem Sitzen des Menschen Notwendigkeit hinzu? Also sitzt er, weil ich weiß? Natürlich nicht, die Ursächlichkeit ist genau umgekehrt: Weil er sich entschieden hat zu sitzen und weil ich ihn sitzen sehe, weiß ich, dass er sitzt. Sobald er aufsteht und ich noch immer der Meinung bin, er würde sitzen, habe ich kein Wissen mehr, sondern eine falsche Meinung. Mein Wissen hängt also vom Ereignis ab und nicht das Ereignis von meinem Wissen.
Damit können wir wieder zurück zum Erkennen Gottes und unser ursprüngliches Problem lösen. Zunächst stellen wir fest, dass wir "nur" noch von Gottes Wissen sprechen und nicht mehr von Vorherwissen. Weil sich dadurch bezüglich des von Gott Gewussten nichts ändert, er also nicht dümmer geworden ist, indem wir jetzt von seinem Wissen sprechen, können wir Gottes Wissen als Begriff akzeptieren, schließlich ist der Begriff des Vorherwissens sowieso auf ein Missverständnis zurückzuführen. Als nächstes stellen wir jetzt fest, dass wir das Problem gelöst haben: Gott sieht alles, während es geschieht und weiß es daher; nicht anders als beim Wissen des Menschen von gegenwärtigen Ereignissen fügt er diesen Ereignissen keine Notwendigkeit hinzu. Wie wir uns also in 10 Jahren entscheiden wissen, weiß Gott, und zwar nicht vorher, höchstens "vor uns", was aber nicht zeitlich zu verstehen ist.
Auf diese Weise ist das Problem gelöst und beide Forderungen konnten im Kern bestehen bleiben, nebenbei löst es auch noch das Missverständnis bezüglich der Ewigkeit Gottes ausräumen.
3. Viele Christen sagen immer, es kann nicht aus nichts etwas entstehen. Deshalb kann das Universum auch nicht einfach so entstanden sein, sondern es muss einen Schöpfer geben. Bloß: Wird dadurch die Existenz-Frage nicht einfach nur im eine Ebene "nach hinten" verschoben? Wenn ich die Existenz des Universums durch etwas noch Höheres erkläre, ergibt sich nämlich ein neues Problem, und zwar die Frage, woher dann dieses noch Höhere kommt.
Wie also ist Gott entstanden? Oder ist er so allmächtig, dass er sich selbst erschaffen hat?
Nicht nur Christen sagen, dass nichts aus nichts entstehen kann. Trotzdem muss es irgendwo einen Anfang geben, sonst ist unsere Lösung entweder ein unendlicher Regress oder ein Zirkelschluss und damit logisch wertlos. Die Ursache muss also entweder aufgetrieben oder das Prinzip über den Haufen geworfen werden. Die übliche Lösung liegt darin, Gott als seiend und ewig zu konstruieren, wobei das eine aus dem anderen folgt und umgekehrt. Der Satz: "Gott ist Sein." bedeutet, dass es das Wesen Gottes ist, zu sein; die Ursache für sein Sein liegt also in ihm selbst, damit ist sein Sein ist ursachenlos. Damit geht einher, dass er ewig ist.
Letztendlich sind beides Lösungen, die nachträglich von Theologen und Philosophen entwickelt wurden, um die ganzen Widersprüche in den heiligen Schriften aufzulösen. Für Atheisten sind die meisten Argumentationen beliebig; bei der Frage nach dem Wissen Gottes kann ohne Weiteres bezweifelt werden, dass Gott überhaupt Wissen hat und stattdessen vielleicht vielmehr eine ziemlich dumme erste Ursache war (eine Art Minimal-Gott). Und genau so kann Gott auch ersetzt werden durch so ziemlich jeden anderen Phantasie-Begriff.