Gab es schon mal eine Nebenwirkung eines Medikaments oder einer Behandlung, die erst nach 20-30 Jahren in Erscheinung trat und dann auch eindeutig zugewiesen werden konnte?
Ja, viele Mittel haben Langzeitfolgen, die diesen eindeutig zugewiesen werden können. Das ist übrigens auch der Grund, warum manche nicht zugelassen werden. Ob das jetzt 20-30 Jahre sind, weiß ich nicht.
Auf
Zeit.de kannst du einen zugegebener Maßen recht alten Artikel (25. Juli 1980) finden, der auf Spätfolgen eines Beruhigungsmittel, das extra für Schwangere konzipiert wurde, eingeht. Dabei wurden die Medikamente schwangeren Rattenmüttern zugeführt und die Spätfolgen zeigten sich erst während der Pubertät der Nachkommen. Bis zur Pubertät waren überhaupt keine Nebenwirkungen auf die Rattenjungen nachweisbar. Erst mit der Pubertät der Nachkommen konnte man feststellen, dass sie ein niedriges Körpergewicht, teils Unfruchtbarkeit und eine veränderte Ausschüttung von Sexualhormonen gegenüber der unbehandelten Beobachtungsgruppe hatten. Beim Menschen macht das einen Zeitraum von etwa 20 Jahren aus. Natürlich ist es beim Menschen ungleich schwerer Zusammenhänge zu erkennen.
Woher hast du den Artikel denn?
Gute Frage, das war heute morgen. Den Artikel, den ich heute morgen dazu gelesen habe, habe ich jetzt nicht mehr gefunden. Aber dafür habe ich einen anderen gefunden.
deutsche-gesundheits-nachrichten.de schreibt das ähnlich:
„Zellschädigende oder genotoxische Nebeneffekte waren dabei nicht zu beobachten“, so die Wissenschaftler.
Übrigens zu der "Art Dialyse": Der Vergleich stimmt wohl nur grob, wenn ich das richtig verstanden habe. Die Artikel, die man derzeit findet, sind meiner Meinung nach zum Teil sehr undeutlich geschrieben, wohl auch deshalb, weil die Autoren kaum medizinisches Expertenwissen haben, genauso wie ich im Übrigen. Jedenfalls werden die blutbildenden Stammzellen (Sitz Oberschenkelnknochen) zunächst isoliert, im Labor mit dem Enzym versetzt und dem Patienten wieder zugeführt. Dadurch, dass es sich weiter um körpereigene Zellen handelt, findet keine Abstoßreaktion statt. Auf diese Weise kann das Enzym ins lymphatische Gewebe gebracht werden, welches von den HI-Viren befallen wird. (Vergleiche
NDR)
Wichtiger, als das direkte Ergebnis, also ein Heilmittel gegen HI-Viren, ist jedoch offenbar das Prinzip. Bisherige Ansätze haben sich damit beschäftigt, vom HI-Virus infizierte Zellen bzw. das HI-Virus zu unterdrücken/ einzudämmen. Dieser Ansatz, der wohl noch verhältnismäßig jung in der Wissenschaft ist, setzt bei der Reproduktion von Viren an. HI-Viren bauen ihre DNA in die von Wirtszellen ein, um eine Vermehrung zu gewährleisten. Da von den Wissenschaftlern gebaute Enzym erkennt diese DNA zuverlässig und schneidet sie wieder aus der Zelle heraus, ohne dass die Zelle selbst beschädigt/ zerstört wird. Die Zelle selbst ist folglich geheilt und der Virus kann sich nicht weiter vermehren.
Das Prinzip lässt sich also wohl auch auf andere Viren, eventuell sogar auf Tumore übertragen. Dafür müssen nur passende Enzyme gebaut werden. Wie einfach solch ein Enzym zu bauen ist, wird sich wohl noch zeigen. Das Problem ist ja, dass das Enzym nur ganz bestimmte DNA Sequenzen erkennen und ausschneiden darf, damit die Zelle nicht beschädigt wird. Vermutlich dauert so ein Prozess mehrere Jahre und ist mit enormen Kosten verbunden. Um das beurteilen zu können, fehlt mir jedoch die nötige Fachkenntnis. Im Artikel klingt das sehr danach, als hätten die Wissenschaftler sich so ein Enzym zusammengebastelt, bis es die richtige Wirkungsweise hatte.
Das momentane Enzym wirkt angeblich gezielt auf etwa 90% der bekannten HI-Virentypen/-stämme. Auf NDR wurde hier fälschlicherweise "90% der Viren" geschrieben. Natürlich hört das Enzym nicht irgendwann auf bei bestimmten Viren zu wirken, sondern es handelt sich um die Virentypen/-stämme. Bestimmte Mutationen (etwa 10%) des HI-Virus können also nicht durch das Enzym erkannt werden. Sie unterscheiden sich wohl zu stark, als dass das Enzym ihre DNA erkennen könnte. Auch kann sich der HI-Virus durch Mutation weiter verändern und auch dann müsste das Enzym angepasst werden.
Ob der Mensch nach Behandlung als geheilt betrachtet werden kann, weiß ich nicht, jedenfalls sind die befallenen Wirtszellen danach geheilt. Ich schätze nachdem das Virus sich nicht mehr vermehren kann, wird das körpereigene Immunsystem auch damit fertig. Die bisherige Problematik war ja scheinbar, dass das Immunsystem nicht die befallenen Wirtszellen "reinigen" konnte.
Ein Wunderheilmittel ist daher wohl nicht gefunden worden, aber zumindest gibt das prinzipielle Vorgehen der Wissenschaft ein Werkzeug an die Hand, um letztlich jedem Virus den Kampf anzusagen. Denn egal wie sich ein Virus "weiterentwickelt" bzw. wie sehr er mutiert, es braucht nur wieder ein passendes Enzym.
@keinbenutzername @Trolling Stone: Sorry, meine Antwort ist doch etwas mehr geworden und ich wollte auch nebenher noch etwas anderes machen. Kurz: Ja, gibt es, erster Abschnitt von diesem Beitrag. Wie gesagt, hat man das in Tierversuchen zeigen können. Der Vorteil bei Tieren ist, dass der Lebenszyklus schneller abläuft, als beim Menschen. Könnte aber genauso gut sein, dass bestimmte Nebenwirkungen sich bei Tieren nicht zeigen, weil sie gar nicht lange genug leben. Ich bin kein Experte. Was ich weiß, weiß ich auch nur vom Lesen.