• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

[Sammelthread] User Game Reviews

Alexiell

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Princess kicks ass – im Point n Click Adventure TSIOQUE räumt die gleichnamige Prinzessin den Laden ordentlich auf.
Mit ihrer Mutter fort auf dem Schlachtfeld reißt der böse Hofzauberer das Schloss an sich und füllt es mit seinen fiesen Kreaturen. Klein Tsioque muss an selbigen nun vorbeischleichen, um dem bösen Hexer das Handwerk zu legen.

Das Spiel ist 2D mit einem schönen, handgemachtem Cartoon-Look. Die ewig grimmig drein schauende Tsioque ist putzig, und es gibt viele liebevolle Animationen. Auch wenn diese ruhig einen Ticken flüssiger sein könnten. Der beste Vergleich ist an dieser Stelle Dragon’s Lair, denn damit hat es nicht nur die Optik gmein, sondern auch ein paar Gameplayelemente.

Das Gameplay ist ein Mix aus verschiedenen Dingen, was es für ein PnC etwas ungewöhnlicher macht.
Hotspots haben zB keine Namen und können nicht weiter untersucht werden. Es gibt ohnehin außerhalb von Cutscenes eigentlich keine Dialoge. Nur selten kommentiert Tsioque mal etwas per Untertitel – Sprachausgabe hat sie nicht. Ein Hotspot, bei dem der Cursor zum Auge wird, ist nur zum Spaß da. Klickt man ihn an, bewegt er sich ein klein wenig als Gag, das war’s aber auch schon. Bei einem Handsymbol versucht Tsioque hier kontext sensitiv etwas zu machen, oder ein Item kann benutzt werden.
Damit geht ein gewisser Trial’n’Error Vibe einher – einfach alles anklicken und gucken, was passiert. Teils muss eine Aktion auch mehrfach ausgeführt werden, um einen Effekt zu erzielen. Zu Beginn des Spiels erscheint ein gelbes Leuchten als Hilfe, was man hier und da tun soll.
Zudem gibt es ein paar Momente, bei denen man die Maus auf eine bestimmte Art bewegen muss.

Nun zum erwähnten Einfluss von Dragon’s Lair:
Man kann regelmäßig sterben – oder genauer gesagt: von den Wachen geschnappt werden. Immer wieder gibt es Stellen, an denen man sehr schnell reagieren muss, zB Tsioque anklicken, damit sie wieder aufsteht und weiterläuft oder sich rechtzeitig duckt. Oder man hat sehr kurze Zeit, das richtige Item gegen einen Gegner einzusetzen. An einer Stelle gibt es eine Verfolgung (die einen Ticken zu lang geht), bei der man asap die auf dem Bildschirm auftauchenden Symbole anklicken muss.
In kurz: Es gibt immer wieder QTE Events.

Sterben ist dabei keine zu große Sache. Man wird einfach an den Anfang der Szene zurück gesetzt. Ab und an bedeutet das aber auch, die selbe nicht überspringbare Animation immer wieder abzuwarten. Und man wird viel sterben. Das Zeitlimit ist oft so knapp, dass man schon tot ist, bevor man richtig weiß, wie einem geschieht.
Da man auch nie wirklich weiß, was ein Hotspot macht, wird man auch regelmäßig in Fallen tappen. Es gibt zB Items, die man versuchen kann aufzuheben, woran Tisoque aber scheitern wird. Es können Dinge ausgelöst werden, die die Wachen auf den Plan rufen.
All diese Spielereien sorgen teils aber auch für nette Animationen. Es ist ein bisschen wie bei Gobliiins, wo Scheitern mit zum Spielprinzip gehört, und mitunter lustig anzuschauen ist.

Von den QTEs abgesehen sind die eigentlichen Rätsel und Puzzle unterhaltsam, aber nicht wirklich schwer. Zumal die eigenen Möglichkeiten auch immer recht überschaubar bleiben. Man klickt halt rum und mauschelt sich so durch. Die größte Schwierigkeit ist zum teil zu verstehen, was das Spiel gerade von einem will, was dann auch mal ein wenig frustig sein kann.

Die Geschichte wird von einem Erzähler aus dem Off in Rheimen vorgetragen, als ob er aus einen Märchenbuch vorliest, was ein netter Touch ist. Nur er und der böse Magier sind vertont, alle anderen geben bestenfalls Gibberish von sich.
Es gibt einen gewissen Twist am Ende, wobei mich die Auflösung dann doch etwas verwirrt zurück gelassen hat, was uns der Dichter nun genau damit sagen wollte.
Als die Meta-Ebene klar wurde, habe ich zunächst an einen misshandelnden Vater gedacht oder ein Paar in Scheidung. Aber anstatt geht es dann – tja, um was genau?
Mama mag nicht mehr Vollzeit arbeiten und wäre lieber Hausfrau? Papa hingegen ist als Erzieher überfordert? Es ist Zeit, dass er zum echten Mann wird, was bedeutet, seinerseits mit einem Vollzeitjob die Brötchen zu verdienen, während die Frau das Haus hütet?
Geht es um die Sorgen unterbezahlter Künstler mit Familie? Wohlstand, den er seiner Frau mit seinem Spiel versprochen hat, jetzt aber lernen muss, dass es in der Realität schwerer ist, als gedacht?
Ich weiß wirklich nicht, was am Ende ihre Haltung sein soll, und ggf ihre Lösung. Vielleicht ist es auch gar nichts und einfach nur der sinnfreie Rant eines überforderten Freelancers. So oder so, ich stand am Ende recht da.

Außerdem: Wie kann es sein, dass Tsioque während ihrer Flucht einen Legostein aufhebt, ihn zurück auf den Boden wirft – und dann nicht gezeigt wird, wie der Zauberer kommt und auf den Stein drauf tritt?! :p
Es ist ein niedliches und kurzes Spiel (ich habe ca 2,5 Stunden gebraucht), das sein Gameplay mit verschiedenen Ideen versucht abwechslungsreich zu gestalten. Wobei nicht alles davon für mich so gut funktionierte. Vor allem die teils recht unklare Natur und die sehr engen Zeitlimits können etwas nervig sein. Aber putzig anzuschauen ist es allemal.

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Alexiell

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Wer A sagt muss auch B sagen. Im Rahmen von Dracula: Origin habe ich am Rande kurz die andere Dracula Reihe erwähnt - First Person Point n Click Adventure mit insgesamt 5 Teilen. Nachfolgend beziehe ich mich auf die Versionen von GOG, wo man den originalen CD Release bekommt. Bei Steam handelt es sich um Ports für iOS, denen teilweise Cutscenes und Rätsel fehlen, dafür aber Optionen und leichte Hilfen bieten sollen.
Schauen wir zunächst auf die ersten 3 davon, die als Trilogie zusammen verkauft werden.

Alles beginnt mit Dracula: The Resurrection.
Die Story führt Bram Stokers berühmten Roman mit einem alternativem Ende weiter, und so beginnt das Intro auch ziemlich verwirrend imedias res: Nachdem Mina gerettet wurde und Dracula besiegt scheint, vergehen 7 Jahre. Doch statt Happy End ersteht er hier wieder auf und mit ihm sein Fluch, der Mina dazu bringt, in sein Schloss zurück zu kehren. Wir schlüpfen in die Rolle von Ehemann Harker, der sich abermals aufmacht, sie zu befreien.

In Egosicht bewegt man sich Bild für Bild fort und kann sich in 360° umschauen. Release war 1999, entsprechend altbacken ist die Grafik. Und auch sonst mekt man dem Spiel sein Alter an: es gibt keinerlei Optionen, keine Untertitel, und die deutschen Sprecher sind durchwachsen.

Hotspots und auch Items haben keine Namen, und Harker kommentiert nichts. Oftmals ist man schlicht darauf angewiesen, gut zu erahnen, was das Spiel gerade von einem will. Primär löst man recht simple Aktionen in seiner Umgebung aus, gegen Ende kommen ein paar mehr Puzzle hinzu, die ich sehr schön fand. Zu fordernd sind sie aber nicht.
Das wahre Problem ist mehr die Steuerung. Die Fortbewegung kann sich sehr fummelig anfühlen, und auch Hotspots kann man schnell übersehen. Teils tauchen sie nur auf, wenn man an einem bestimmten Punkt steht, und der Cursor wechselt oft nur in einem recht kleinen Bereich des Bildschirms seine Form.

Die Soundkulisse ist vor allem im Wald und im Schlossbereich am Ende sehr stimmungsvoll. Ansonsten erzählt sich die Geschichte aber eher unspektakulär und endet mit einem deutlichen Cliffhanger.
Die Cutscenes können stellenweise viel zu schnell ablaufen. Ein einfacher Fix ist, die Framerate des Spiels auf 30 fps zu beschränken.
Die Reise ist recht kurz, mit ca 2,5 Stunden.
Zwar hat das Spiel so seine Macken und ist nichts aufregendes, spielt sich unterm Strich aber recht gut weg.

Nur ein Jahr später erschien schon Dracula 2: The Last Sanctuary und setzt die Story direkt fort.
Eine Woche ist seit ihrer Flucht vergangen, und Harker versucht herauszufinden, wie er Dracula besiegen kann, der weiterhin nach seiner Frau trachtet.

Das Grundgerüst ist komplett gleich geblieben: Optik, Steuerung, Technik.
Nachwievor ist die Steuerung das größte Problem. Vor allem gegen Ende ist den korrekten Hotspot zu finden fast das wahre Rätsel. Teils ist es auch komisch, welche Aktion was triggert und was in welcher Reihenfolge gemacht werden muss.
Es gibt deutlich mehr Puzzle, was mir sehr gefiel. Auch das Arbeiten mit Tagebüchern und Notizen. Zugleich fehlen aber weiterhin sinnvolle Kommentare, was einen oft etwas ratlos da stehen lässt. Und an der ein oder anderen Stelle mag ein wichtiger Hotspot so schwer zu erkennen sein, dass es an Unfairness grenzt.

Neu sind vor allem extra Slots im Inventar für Items, die man nur innerhalb des Inventars verwenden kann. Und Tod.
In diesem Teil kann man sehr oft sterben, worauf ich gut verzichten könnte, da es meist nur nervt. Entweder wird man von Gegnern attackiert und hat ein Zeitlimit (visualisiert durch einen roten Balken), sie zu besiegen, oder man stirbt bei falschem Klick von einer Sekunde auf die andere. Da es kein Autosave gibt, sollte man also regelmäßig speichern.
Man hat auch eine Waffe, die einem - wenn man sie einsetzen kann - ein Fadenkreuz zum zielen gibt. Munition ist dabei endlos.

Zwar gibt es mehr Zwischensequenzen als zuvor, aber insgesamt hat mich die Atmo hier weniger angesprochen. Nett ist allerdings, dass man Orte aus Teil 1 wieder besucht. Ein schöner Callback, ohne zu viel zu sein, dass es wiederholend wirken würde. Das Ende der finale Cutscene wirkt recht abrupt.
Die Spielzeit verlängert sich auf ca 5 Std.
Von den Rätseln her kommen hier gute Ideen zum Einsatz, und ich mag den gesteigerten Fokus auf Puzzle. Aber an zu vielen Stellen ist es schlicht zu frustig und die Steuerung zu hakelig.

Erst 7 Jahre später, 2007, erschien Dracula 3: The Path of the Dragon und stellte vieles vorherige auf den Kopf.
Man spielt Priester Arno, der über Umwege anfängt über Vampire nachzuforschen und Dracula stürzen will. Statt wie zuvor im Universum des Romans zu spielen, wird dieser nun meta-mäßig im Spiel erwähnt, als ob alles in der "echten" Welt stattfindet und hat somit nichts mit den vorherigen zwei Teilen zu tun.

Die Steuerung und Cursor sind gleich geblieben, und auch mit den alten Schwächen, wenn auch nicht mehr so vehement wie in Teil 2.
Völlig neu ist hingegen das Inventar, das jetzt tatsächlich an das aus Dracula: Origin erinnert - nur leider in deutlich schlechter und umständlicher.
Nimmt man ein Item auf oder versucht es, in der Umgebung zu nutzen, kommt es in die Zwischenablage, von der man die Items erst wieder ins eigentliche Inventar zurück packen muss, was nur unnötige Mehrklicks bedeutet.
Es gibt einen eigenen Abschnitt für Dokumente, mit denen man hier auch konstant zugeschissen wird. Auch wenn man sie auf unterschiedlichste Weise sortieren kann, ist es hier kaum möglich, den Überblick zu wahren und wichtig von unwichtig zu trennen.
Dialoge werden ebenfalls festgehalten, aber es ist unmöglich, darin nachträglich was wiederzufinden.
Zum ersten Mal gibt es eine interne Hilfe: Bibelzitate können als Tip abgerufen werden. Die sind aber so lächerlich vage, dass man sich glatt verarscht vorkommt.

Das Gameplay ist ein Mix aus 3 Elementen, die ich nachfolgend an ein paar Beispielen erläutern möchte.
Streckenweise fühlt sich alles extrem linear an. Man macht die einfachsten Sachen und wird dabei von A nach B und wieder zurück geschickt, nur für simple Klicks und den nächsten Trigger. Weder spannend noch fordernd.

Dann sind da die Rätsel und Puzzle, von denen es angenehm viele gibt. Und manche machen dabei durchaus Spaß.
Aber viele sind auch extrem schwer und komplex und mehr für Leute mit viel Grips und Geduld, die sich in Myst daheim fühlen. Da bin ich raus. Selbst wenn ich schon einiges an Hinweisen entschlüsselt habe, sind da immer noch diese 1-2 Schritte mehr, an denen ich scheiter. Die erwähnte Unübersichtlichkeit all der Zettel und Dokumente macht es da nicht leichter.
Vor allem bei der finalen Prüfung habe ich beim Lesen des Walkthrough mehrfach ungläubig den Kopf geschüttelt, was für Herleitungen da von einem erwartet werden.
Es gibt im übrigen auch ein paar optionale Rätselchen links und rechts zu finden.

Das letzte ist merkliche Spielzeitstreckung.
An einer Stelle muss man sich selbst Blut abnehmen - nur um das später nochmal zu tun, auf die exakt gleiche Weise.
Anstatt 1-2 Blutproben zu untersuchen, sind es 5. Später sind es dann sogar 6, an denen ich den immer gleichen Test durchführen muss.
Von einem dechiffrierten Code muss ich fast 3 volle Zeilen abtippen, bis das Spiel den Rest automatisch macht. Und auch hier nicht einmal, sondern von 2 Briefen.
So oder so ähnlich gibt es diverse Beispiele, wo ein bekanntes Prinzip, das man längst durchschaut hat, einfach nur repetitive in die Länge gezogen wird.

Auch in diesem Teil darf wieder bei falschem Klick gestroben werden, allerdings respawnt man direkt. Also keine große Sache.

Die Grafik kommt natürlich deutlich hübscher daher, wenn auch weiterhin recht steif und leblos. Aber die Umgebungen sind alle sehr stimmungsvoll gestaltet und gruselige Effekte unterstreichen die Atmo. So kann man komische Schatten entdecken, da flackert ein Trugbild auf oder man wird von bösen Raben beäugt.

Unter Win10 läuft das Spiel teils unspielbar unsauber und startet direkt mit Schwarzbild. Aber da bietet ein Fix von PCGamingWiki schnell und einfach Abhilfe.

Mit 9 Stunden ist es der längste Teil der Reihe.
Die Atmosphäre weiß ich sehr zu schätzen, genau wie die Rätseldichte. Wären selbige nicht leider oftmals zu hoch für mich und nicht manches so ermüdend gestreckt. Tatsächlich gilt es unter Fans aber als der beste Teil.
 

Alexiell

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Die Dracula Reihe gönnte sich wieder eine kleine Pause, bis es 2013 mit Teil 4+5 weiter ging. Ursprünglich sollten die beiden ein ganzes Spiel sein, wurden dann aber doch getrennt und dicht hintereinander veröffentlicht, ähnlich Teil 1 + 2. Entsprechend gleichen auch die sich wieder sehr.
Ab hier gibt es im übrigen keine deutsche Sprachausgabe mehr.

Die Story von Dracula 4: The Shadow of the Dragon spielt diverse Jahre nach Teil 3. Als Ellen Cross sucht man gestohlene Gemälde, trifft dabei Bram Stokers Urenkel (lol) und hört vom Pfad des Drachen.

Man kann zwischen Abenteuer Mode und Casual wählen. Bei letzterem werden Hotspots hervorgehoben und man kann Puzzle überspringen. Dafür sind aber die Ingame Trophies und der Highscore (für jedes gelöste Rätsel bekommt man Punkte) deaktiviert.
Es gibt einen spielbaren Prolog, der schon diverse Rätsel enthält und mit zur Story gehört. Man sollte also unbedingt damit das Spiel starten, anstatt auf "Neues Spiel" zu gehen. Diese Unterteilung macht in meinen Augen keinen Sinn.

Steuerung und Cursor ist wie immer wie früher, mit weiterhin namenlosen Hotspots. Teils ändert der Cursor nicht mal seine Form. Dafür ist Ellen aber viel redseliger als ihre Vorgänger und kommentiert hilfreich mit.
Neu ist, dass man zum Umschauen jetzt den Mausbutton gedrückt halten muss, was eher unhandlich ist.
Das Inventar ist jetzt angenehm übersichtlich gestaltet und einmal mehr dem aus Dracula: Origin ähnlich. Klickt man ein Item an, wird es hervorgehoben und ist damit bereit, in der Umgebung benutzt zu werden. Kann ein Item mit anderen im Inventar kombiniert werden, hat es eine kleine Markierung.
Sterben kann man nicht mehr, dennoch gibt es eine Lebensanzeige. Ellen leidet an einer Krankheit, die ihr die Puste ausgehen lässt. Dann kann man nichts mehr machen, bis man Energie auffrischt. Dafür gibt es Medikamente im Inventar, die man auch miteinander kombinieren kann, um den Effekt zu verstärken oder verschlechtern.
So komplex wie das erst scheint, so irrelevant ist es unterm Strich, denn außerhalb von gescripteten Events, muss man eigentlich kein Auge darauf haben. Man findet auch mehr als genug Heilitems. Ist also überflüssig, aber immerhin auch nicht nervig.

Das Gameplay ist recht simple, der Fokus liegt vor allem auf den Puzzlen und zu lösenden Codes und ähnliches. Und das macht wirklich Spaß. Davon ist nichts zu schwer, aber abwechslungsreich und unterhaltsam. Einige mag man dabei auch aus Teil 3 wiedererkennen.

Bei der Story habe ich mich primär an den Verweisen auf Teil 3 erfreut, ansonsten ließ es mich eher kalt. Grafisch sind die Umgebungen nochmal deutlich hübscher geworden, voll liebevoller Details, was atmosphärisch durchaus was her macht. Auch wenn es insgesamt weiterhin leblos und steif wirkt.

Nach ca 30 min Prolog und 2,5 Stunden Hauptspiel endet alles abrupt mit einem Cliffhanger.

Dracula 5: The Blood Legacy knüpft dann nahtlos an wo 4 aufhörte, und Ellen verstrickt sich weiter in den Kampf gegen Dracula.

Casual Mode und Prolog gibt es nicht mehr, ansonsten sind die beiden Spiele auf den ersten Blick aber kaum von einander zu unterscheiden.
Und die Änderungen, die es gibt, sind leider eher zum schlechten hin. So ist Ellens Krankheit jetzt deutlich nerviger. Immer noch gescriptet sinkt ihre Gesundheit häufiger, und man hat viel weniger Medikamente. Anstatt bewegungsunfähig zu werden, kann man nun zwar weiterspielen, aber über den ganzen Bildschirm liegt dann ein unangenehmer roter Filter. Unterm Strich kommt man mit seinen Medis zwar gut hin und muss sich eigentlich keine größeren Sorgen machen, aber es wirkt diesmal echt störend.

Die Rätsel ziehen vom Schwierigkeitsgrad her etwas an, wobei sie dabei aber eher unklar und etwas abstrus werden, was weniger Spaß macht. Zwar erreichen sie nicht annähernd die Komplexität von Teil 3, hätten an der ein oder anderen Stelle aber ruhig etwas klarer sein können. Es gibt auch wieder ein paar Easter Eggs und Rätsel, die ein wenig an den dritten Teil erinnen.

Storytechnisch ist es leider enttäuschend. Es gibt diverse interessante Hinweise, die man im Verlauf findet, unterm Strich ist alles aber völlig egal und alles wirkt dann doch recht random und banal. Ziemlich antiklimaktisch.
Immerhin ist die Story ganz okayisch in sich abgeschlossen, mit 2 unterschiedlichen Enden, zwischen denen man wählen kann und die beide recht kurz sind.
Der letzte Checkpoint ist so gesetzt, dass man beide ausprobieren kann.

Nach gut 3,5 Stunden ist auch dieser Teil geschafft, und damit meine große Reise am Ende.

Zeit für einen kurzen Rückblick:
Teil 1 spielt sich gut weg, kann sein Alter aber nicht verstecken.
Teil 3 hat das meiste Fleisch auf den Knochen, verlangt aber auch sehr viel Geduld und Hirnschmalz.
Teil 4 ist die moderne Version von 1 - angenehm wegzuspielen und nett anzuschauen. Tatsächlich am Ende mein Liebling.

Und nochmal der Hinweis, dass ich mich hier auf die Original Versionen von GOG beziehe, während man bei Steam iOS Ports bekommt, denen Teils Cutscenes und Rätsel fehlen.
 

Alexiell

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Vor den tödlichen Gefahren von Sonnenbrand warnt der Puzzler Felix the Reaper.
Als Sensenmann darf Felix sich nur im Schatten aufhalten, was zu kniffligen Rätseleinlagen bei seinen Jobs führt.

Das Spiel ist in Kapitel unterteilt, die alle eine kleine Geschichte erzählen, die mit dem Ableben einer Person endet - wir sind schließlich der Schnitter. Widerum in kleine Level unterteilt, bringen unsere Aktionen Schritt für Schritt den Tod näher, oftmals in absurden Formen. Zu jeder Figur gibt es im Menü einen schnippisch geschriebenen Nachruf und kleine Biografie.
Felix wird dabei von einem Erzähler begleitet, der von Patrick Stewart gesprochen wird.

Jedes Level setzt Felix in eine Umgebung, die rasterartig aus einzelnen kleinen Blöcken zusammengesetzt ist. (Bester Vergleich: Bastion.) An diesem Raster orientiert sich sämtliche Fortbewegung und Platzierung.
Die Aufgabe ist immer, ein Objekt zu holen und an einen bestimmten Punkt auf der Map zu platzieren. Die Schwierigkeit liegt darin, dass Felix sich nur im Schatten aufhalten darf. Man muss also geschickt die Umgebung nutzen, um sich schattige Pfade zu bauen. Dafür kann man Items umplatzieren, damit sie einen Schatten an eine bestimmte Stelle werfen und zwischen zwei Positionen der Sonne wechseln, damit der Schatten in eine andere Richtung geht. Dazu kommen auch mal Mechanismen, die etwas im Level auslösen.
Ist man völlig ratlos, kann man sich jeder Zeit anzeigen lassen, was man als nächstes machen sollte. Nicht jeder Zwischenschritt wird einem dabei immer vorgegeben, wodurch noch die Frage sein kann, wie man das hinbekommen soll. Grundsätzlich aber eine tolle Hilfe, einem etwas auf die Sprünge zu helfen.
Insgesamt ist mit einigem Knobeln und mal einem Tip alles machbar. Es kann aber durchaus vorkommen, dass man gedanklich auf eine völlig andere Lösung aus ist und schier verzweifelt, und den vom Spiel vorgesehenen Weg übersieht.

Wenn das Rätsel gelöst ist, wird abgerechnet. Hat man bestimmte Forderungen erfüllt, kann man bis zu 3 Bonuspunkte bekommen. Dafür darf man zB nicht sterben, nur X Aktionen ausführen oder muss ein sehr knappes Zeitlimit unterbieten. Je nach Level fällt das mal leichter, mal schwerer oder erscheint schlicht unmöglich.
Mit den Bonuspunkten schaltet man ein paar wenige Speedrun Herausforderungen frei. Eine kleine Map, für deren Lösung man ein sehr knappes Zeitlimit vorgegeben bekommt.
Und von jedem normalem Level gibt es dann noch eine sogenannte Hardcore Variante, in dem die Hilfen deaktiviert sind. Dabei sind sie genug abgewandelt, um sich neu anzufühlen, und beinhalten sogar neue Mechaniken. Zu Beginn haben sie mir sogar noch etwas mehr Spaß gemacht, als die normalen Level. Nach hinten heraus wurde es mir in vielen aber zu konfus und schwer, wodurch ich die Lust verloren habe.
Aber an Content mangelt es Felix nicht.

Die Steuerung ist leider etwas gewöhnungsbedürftig.
Statt Felix direkt zu kontrollieren, hat man einen Cursor und klickt damit die Bodenplatte an, zu der er gehen soll. Den Rest macht er dann von allein. Das geht am schönsten mit der Maus, und auch die Menüs lassen sich damit am besten bedienen.
Die Tastenbelegung für die unterschiedlichen Interaktionsmöglichkeiten empfand ich dann allerdings als zu unhandlich, und spätestens bei der Kamera habe ich viel lieber zum Gamepad gegriffen.
Einen frei beweglichen Cursor mit dem Analogstick zu bedienen ist immer so eine Sache, und da er kaum bis gar nicht magnetisch auf das Raster reagiert, ist die Platzierung teils etwas fummelig. Auch die Kamera kann zuweilen störrisch und sehr sprunghaft agieren, und gerne ist plötzlich der Cursor außerhalb des Bildes und man findet ihn erstmal nicht wieder.
Das kann nerven, ist normal aber nicht weiter schlimm. Erst wenn man auf Bonuspunkte aus ist und alles perfekt sein muss, ist es natürlich ärgerlich, wenn der Klick nicht sitzt.

Grafisch ist alles in einem leichten Cellshade Look gehalten, mit einem Figurendesign, so schräg und absurd wie der Humor. Obwohl selbiger tief schwarz ist, ist die Welt farbenfroh, und die Maps sind schön gestaltet, mit liebevollen Details.
Eine markante Besonderheit ist, dass Felix die ganze Zeit Musik hört und tanzt. In seine Animationen sind dabei viel Liebe und Arbeit geflossen, und es ist ein wirklich putziges Detail. Eigentlich will man ihn genau beobachten, aber dann bin ich so sehr von dem Rätsel vereinnahmt, dass das zuweilen zu kurz kommt.
Manchmal wünschte ich, wichtige Objekte wären etwas genauer hervorgehoben, um sie leichter zu entdecken.Ob eine Platte von Felix betreten werden kann, ist auch nicht immer ganz eindeutig zu sehen. Beim raschen Wechsel des Sonnenstandes kann es uU leicht ruckeln.

Macht man nur die Hauptstory, ist man in 5-6 Stunden durch. Die Hardcore-Level legen Minimum nochmal das selbe oben drauf. Und dann kann man natürlich noch unendlich Zeit in der Jagd nach den Boni und Speedrun Leveln versenken.
Die Puzzle Idee ist spaßig, und ich fühlte mich sehr gut unterhalten. Man sollte aber etwas Hang zu dem Mix aus liebevoll-knuffig und zugleich pechschwarzem Humor mitbringen.

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Kommunismus vor! Das Point n Click Adventure Irony Curtain: From Matryoshka with Love spielt in 1951, mit dem eisernen Vorhang in vollem Gange. Obwohl Hauptfigur Evan in den Staaten lebt, ist er ein großer Anhänger des Kommunismus und dem Führer von Matryoshka. Seine Träume werden wahr, als er in die Stadt eingeladen wird. Während er glaubt, einen Anschlag auf sein Idol zu verhindern, dämmert es ihm langsam, dass hier vielleicht doch nicht alles so toll ist, wie gedacht.

Das Spiel ist in einem schönen handgezeichnetem 2D Comic-Look gehalten. Vor allem die Hintergründe erinnern optisch sehr an Deponia. Die Charaktere sind in einer Art Chibi-Look gehalten, mit rudimentären Animationen. Beim hin und her laufen sieht Evan selbst leicht 3Dig aus.
Kann man mit einem Hotspot auf mehr als eine Weise interagieren, zeigt er als Symbol eine Matroshka Puppe an, aus der dann die anderen Symbole für Benutzen/Sprechen etc rauskommen, was ein schönes Detail ist.

Insegsamt ist es spielerisch recht basic, mit immer mal wieder ein paar netten Ideen. Meist nicht zu herausfordernd, eher mal etwas unklar. Außerdem erscheint es sehr linear. Die bereisbaren Gebiete sind alle sehr klein und die Möglichkeiten eingeschränkt. Alles ist sehr gescriptet, und vieles wird erst durch einen bestimmten Trigger freigeschaltet, quasi aus dem Nichts.
Das ist auch schon mein größter Kritikpunkt am Spiel. Man kann selten vorraussehen, was so ein Trigger ist und was er einem dann neues freischaltet, und ganz schnell übersieht man auch mal, dass ein nutzloser Hotspot nun etwas neues zu bieten hat. Zuweilen kann das sehr irritieren.
Puzzle gibt es so nicht, dafür aber einige Mini-Spiele, die ganz ok sind. Teils sich aber zu ähnlich und etwas wiederholend. Ähnliches gilt für einige Aktionen. So muss man zB jemanden 3 mal ablenken oder muss einen Hotspot mehrfach nutzen, für den gewünschten Effekt.
Eine andere Schwachstelle ist das Pacing. An manchen Stellen muss man den rechten Moment abwarten, um etwas zu tun, oder um von einem Ort zum anderen zu kommen, oder muss sich einen ganzen Song vorsingen lassen. Das wirkt etwas zäh.
Dialoge können etwas ausufernd und lang sein. Das krasseste Beispiel wäre ein Wettbewerb, bei dem Evan automatsich einen Monolog hält und gewinnt. Es gibt auch ein paar Dialogrätsel, bei denen man die richtigen Antwortmöglichkeiten wählen muss. Die sind nicht wirklich schwer - bis auf eines, das wirklich nur Trial n Error ist. (Zwischen Gibberish muss man ohne Sinn und System die richtigen Wörter raussuchen, damit ein Baby lacht.)
Obwohl das Gameplay insgesamt sehr solide ist, sind es diese kleinen Kritikpunkte, die es mir teils etwas madig machen.

Eine sehr schöne Idee ist widerum die integrierte Hilfe. Überall hat man Zugriff auf eine Helphotline, die man für Tips anrufen kann. Und es macht tatsächlich Spaß, selbige zu benutzen, da alles super in die Spielwelt passt und quasi in character bleibt. Ein Walkthrough brauchte ich dennoch, da es keinen Tip zu meinem speziellem Problem gab.
Es gibt auch die gewohnte Hotspotanzeige per Leertaste - und ein NPC erzählt einem davon durch einen Song, ganz zu Beginn des Spiels. :D
Inventar-Items haben eine Nahansicht, in der sie genauer untersucht und teils weiter manipuliert werden können.

Der Humor ist sehr solide. Zwar nichts brüllend komisches, aber immer wieder für einen Schmunzler gut. Es gibt sehr viele pop-kulturelle Anspielungen, meist zu Videospielen, die mir sehr gut gefallen haben. Die sind nicht zu plump in your face, sondern mehr Details am Rande. So heißt die Metro zB Metro 2033, oder ein Orden ist geformt wie Purple Tentacle.
Die Synchronsprecher sind ebenfalls sehr gut.

Zum Durchspielen habe ich nicht ganz 9 Stunden gebraucht.
Es gibt mir insgesamt ein paar zu viele Ecken und Kanten, aber es ist deutlich Potential erkennbar und bietet gute Unterhaltung.

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  • #66
Kleiner Horror mit großer Wirkung. In Little Nightmares versucht man als kleines Mädchen Six in markant gelbem Regenmantel einer düsteren und feindlichen Welt zu entkommen. Jedes Kapitel ist dabei ein Albtraum für sich, einer schauriger als der nächste.
Vergleichbar mit Spielen wie Inside bleibt dabei alles mysteriös und kryptisch. Es gibt keine echte Einleitung, keine Dialoge, keine Erklärungen. Alles bleibt der Fantasie des Spielers überlassen, aus allem seine Schlüsse zu ziehen.

Die Welt ist in 2,5D gehalten. Primär läuft man von links nach rechts, kann aber auch leicht in die Tiefe gehen. Die Kamera schaut dabei konstant fix von der Seite drauf und kann nur leicht manipuliert werden, um sich etwas umzuschauen. (Six bewegt den Kopf dann leicht in die entsprechende Richtung.) Dabei kann man auch mal einen Blick auf den Raum nebenan erhaschen. Es wirkt oft so, als ob man auf den Querschnitt eines Puppenhauses guckt.
Der allgemeine Look unterstreicht diesen Vergleich noch, alles wirkt ein Stück weit künstlich. Auch die grotesken Bewohner sehen wie aus einer Art Knetmasse gestaltet aus. Eine Besonderheit ist zudem, dass alles deutlich größer ist, als Six selbst. Ein wenig, als sei man in der Welt der Riesen unterwegs.
Auf den harten Filmgrain hätte ich jedoch durchaus verzichten können.

Immer wieder gilt es, kleine Rätsel zu lösen, um weiterzukommen. Dazu gehört leichtes Platforming und Klettern, sowie Schleichen. Man muss den Bösewicht des jeweiligen Kapitels ablenken, geschickt an ihm vorbei schleichen, sich verstecken, und manchmal auch ein wenig die Beine in die Hand nehmen.
Das alles in einer wirklich dichten Atmosphäre, die einem von Minute eins an das fürchten lehrt. Alles wirkt feindlich und surreal. Die Soundkulisse trägt ihren Teil dazu bei, sich nie sicher zu fühlen (wobei ich mir wünschen würde, die Lautstärke einzelner Effekte etwas aufeinander abstimmen zu können). Dazu kommt die kryptische Story, die im Verlauf rasch Fragen aufwirft und weiter das unangenehme Gefühl in der Magengrube schürt.

Alles könnte also perfekt sein, wäre da nicht die Steuerung. (Btw, Gamepad ist zu bevorzugen.) Die ist leider das größte Manko des Spiels.
Durch die fixe Kamera hat man nicht immer den nötigen Überblick, und jeder Tod, der dadurch entsteht, ist ein wenig nervig.
Dazu kommt die ungenaue Erkennung. Six packt nicht richtig zu, wenn sie soll, aber dann, wenn sie nicht soll. Da scheint man erst nicht hochklettern zu können, aber eigentlich doch. Man war nur einen Hauch zu weit links. Mal muss man drücken, damit sie sich festhält, mal zieht sie sich an der Kante von alleine rauf. Es hilft auch nicht, dass manche Buttons doppelt belegt sind und kontext sensitiv sind. So ist zB Ducken/Schleichen auch ein Slide - aber nur, wenn sie gerade schnell genug läuft.
Immer wieder war ich dadurch verunsichert, ob ich nun was falsch mache oder eine Sache einfach nicht klappen soll. Und gerade, wenn man unter Zeitdruck steht - und das Spiel neigt generell dazu, einem wenig Spielraum zu geben - ist es natürlich ärgerlich, wenn Six nicht so recht machen will, was sie soll.
Timing, KI und Zufall spielen ab und an auch eine Rolle. Nicht immer laufen Situationen nach dem Ableben gleich ab.

So oder so stirbt man oft und schnell. Was so schon frustrierend sein kann, teils sind aber auch noch die Checkpoints sehr mies gesetzt und zwingen einen, längere Parts zu wiederholen, am besten noch mit geskripteter Cutscene, die man abwarten und nicht überspringen kann.
Die Umgebung ist zudem sehr dunkel. Zwar kann Six jederzeit ein Feuerzeug zücken - und schützt beim Rennen mit der Hand die Flamme, was ein super Detail ist - aber das kann sie eben auch nur, wenn sie die Hand dafür frei hat. Sobald man was greift oder klettert steht man schon wieder im Dunkeln.

Ebenfalls suboptimal ist die Einblendung der Tutorial Massages am Anfang, die einem an den nötigen Stellen zeigen sollen, welcher Button für was wie genutzt werden kann.
Allerdings erst viel zu spät, so dass man schon eine Weile festhängt und am besten längst selbst per Trial n Error entdeckt hat, dass Six dieses oder jenes machen kann.
Ich bin ja auch dafür, den Spieler nicht übermäßig zu bemuttern, aber so ist das nun auch Quatsch.

In jedem Level sind Statuen und Gnome versteckt, die man optional "einsammeln" kann. Ein paar sind fies versteckt, der Großteil lässt sich aber ganz gut finden. Es kann einem passieren, dass man an einer Abzweigung nicht ganz weiß, wo die Hauptstory weiter geht und wo es ein Collectible gibt.
Dahinter verbirgt sich aber nichts für die Geschichte relevantes, und über die Kapitelanwahl kann man jederzeit einen Level wiederholen, um noch einzusammeln, was man zuvor verpasst hat.

Der Alptraum kann 4-5 Stunden in Anspruch nehmen.
Die ganze Welt, die Atmosphäre, das Sounddesign, die Story - Little Nightmares ist von Anfang bis Ende absolut packend. Da ist es sehr schade, dass die teils hakelige Steuerung einem gerne mal einen Strich durch die Rechnung macht. Denn wenn man gefrustet festhängt, leidet auch die Atmo. Das ist den Rest der surrealen Reise mit all seinen WTF Momenten aber durchaus wert.
Als DLC gibt es zusätzlich 3 separate Kapitel, die ich mir definitiv noch holen werde.

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Alexiell

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Jump'n'Run oder Point'n'Click Adventure? Why not both?! Lair of the Clockwork God ist das neueste Spiel der Entwickler-Buddies Ben & Dan. Ihre Alteregos samt britischem Humor sorgten schon mit den PnCs "Ben There, Dan That" und "Time Gentlemen, Please!" für viel schrägen Quatsch.
Aber PnCs und Items kombinieren ist out. Stattdessen craftet man jetzt und Platforming ist der heiße Scheiß. Während Dan den neuen Trend umarmt, klammert sich Ben an alte Adventure Tugenden.
Das ganze Spiel ist ein einziger Meta-Kommentar; die eigentliche Rahmenhandlung ist sprunghaft, wirr und nur Mittel zum Zweck für all die Gags, coolen Setpieces und unendlichen Brüche der 4ten Wand. Hier brilliert das Spiel vorne und hinten. Teilweise möchte man aufstehen und ihnen applaudieren, für so viel Hingabe und Aufbau eines Jokes. Ein bisschen Pipi-Kacka Humor lässt sich ab und an aber auch blicken.

Alles ist in 2D Pixellook gehalten. Sehr comichaft vereinfacht und farbenfroh, mit immer wieder ein paar netten Effekten. Das sieht alles sehr solide aus und stimmig zum gesamten Ton des Spiels.
Das Hauptmenü hingegen ist langweilig schlicht, und die Schrift dort stellenweise viel zu klein. Aber man muss absolut lobend erwähnen, wieviele Optionen zum einstellen es gibt, um das Spiel für jeden so zugänglich und spielbar zu machen, wie nur möglich. So kann man zB die Untertitel in diversen Weisen anpassen, es gibt Hilfe für Farbenblinde, und wer mit dem Platforming nicht klar kommt, kann den Schwierigkeitsgrad senken. Dann verschwinden zB tödliche Sägeblätter, und Dan bleibt bei einem Wall-Jump deutlich länger an der Wand kleben, bevor er zu rutschen beginnt.

Wie eingangs angedeutet verkörpert Dan den Platformer. Hotspots kriegt er gar nicht angezeigt, seine Aufgabe ist das Springen, Rennen und Schieben.
Ben kann nur gemütlich schlendern, und schon die kleinste Stufe ist ein unüberwindbares Hindernis für ihn. Dafür übernimmt er das Reden mit NPCs, sammelt Items, kombiniert und interagiert mit Hotspots.
Man ist gezwungen, konstant zwischen beiden hin und her zu wechseln. Muss mit Dan dafür sorgen, dass Ben irgendwo hin kommt und sich immer wieder gegenseitig helfen. Das kann leider etwas zäh wirken, wenn man sie wie Schachfiguren einzelnd nachziehen muss. Es dauert eine ganze Weile bis man Fähigkeiten freischaltet, die das Umhergehen angenehmer machen, und auch dann fühlt sich die Steuerung dafür noch einen Ticken zu suboptimal an, so dass es weiterhin etwas fummelig und unhandlich bleibt.

Die Rätsel, in denen man diese unterschiedlichen Fortbewegungsmöglichkeiten kombinieren muss, sind aber so mit die cleversten. Der sonstige PnC Anteil ist eher mau. Das meiste ist sehr einfach, und teilweise bekommt man laut "Hinweis!" ins Gesicht gerufen. Ab und an ist die Lösung etwas versteckter, und ein Kommentar kann schnell mal verpasst oder missverstanden werden.
Und dann mal wieder ist es absurd hanebüchen, und teils trägt man Items sehr lange mit sich rum, bis sie zum Einsatz kommen. Der Schwierigkeitsgrad ist leider sehr durchwachsen.
Für einzelne Abschnitte werden unsere beiden Helden auch mal komplett getrennt und haben dann jeder ein auf sie allein zugeschnittenes Areal zu bewältigen.
Das Spiel wechselt konstant zwischen extrem langsamen Abschnitten und rasantem Platforming hin und her. Und teils passiert auch kaum was, und es geht einzig und allein darum, einen Gag zu transportieren. Das Pacing ist ein wenig all over the place.

Die Größte Spaßbremse im Spiel ist die Steuerung. Für das Platforming ist auf jeden Fall das Gamepad am besten. Der PnC Anteil ist theoretisch mit Maus besser, aber wird komisch mit der Tastatur gemixt. Beides hat seine Vor- und Nachteile, insgesamt halte ich Controller aber für den besten Weg.
Pfatfomer Dan steuert sich ok, aber auch nicht mehr. Und für "nur ok" sind die Jump'n'Run Passagen teils zu anspruchsvoll. Wenn man primär mit der Steuerung kämpft, wird es auf eine Weise frustig, die keinen Spaß mehr bringt. An einer Stelle habe ich dann die Schwierigkeit runtergedreht, weil es mir einfach zu blöd wurde. Das ist wirklich sehr schade.
Und auch Ben wirkt umständlich und unhandlich. Statt mit Buttonprompts muss man in seinem Ineraktionsmenü mit dem Analogstick hantieren, und auch die Nutzung des Inventars erscheint umständlich. In der Spielwelt wird einem immer nur ein Hotspot auf einmal angezeigt, und wenn mehrere dichter beieinander sind, muss man zwischen ihnen hin und her schalten. Das ist nicht nur umständlich, sondern man läuft auch Gefahr, so mal schnell etwas zu übersehen.
Es hilft nicht, dass die Erklärung zur Steuerung teils das ein oder andere wichtige Detail weglässt und ein wenig rumprobieren angesagt ist.

Leider gibt es auch ungewollte Glitches. Zur falschen Zeit das falsche zu drücken, kann das Spiel schnell mal irritieren. Gerade die Teleport-Fähigkeit ist da anfällig für, da man diese leicht ungewollt auslösen kann, durch die Tastenbelegung. Und ab und an wollte die Kanone nicht in die Richtung schießen, in die gezielt wird.
Zum Glück speichert das Spiel regelmäßig, so dass mir idR kaum Fortschritt verloren ging, auch wenn ich neu starten musste.

Man kehrt immer wieder in ein zentrales HUB zurück, von dem aus man die unterschiedlichsten Setpieces besucht und durch neue Items und Fähigkeiten dann im HUB neue Gebiete erreichen kann.
Das Spiel ist in viele kurze Kapitel unterteilt, und es gibt eine Kapitelanwahl im Hauptmenü.
Zum Durchspielen braucht es ca 8-9 Stunden.

Es gibt wirklich einiges, was ich an Lair of the Clockwork God zu mäkeln habe und was den Spielspaß ins Stocken bringt, allen voran die viel kritisierte Steuerung. Der Genre-Mix ist interessant, geht aber nicht immer so galant auf. Auf ihren Humor muss man klar kommen, und wenn sie sich über etwas lustig machen, ist manchmal nicht ganz klar, ob sie nun dafür oder dagegen sind.
Aber das ist es alles wert, für die wirklich tollen Meta-Gags und Brüche der 4ten Wand. Wer darauf steht kann hier einige der brilliantesten Ideen seit langem finden.

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Alexiell

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Einfach mal zurücklehnen und auf eine entspannte Pilgerreise gehen - oder viel mehr fliegen. In AER: Memories of Old gibt es keine Gefahren, nur chilliges Erkunden mit leichtem Platforming, Rätseln und vor allem Fliegen.
Die Welt ist in kleine Inseln zerbrochen, die magisch in der Luft schweben. Wir spielen Auk, eine Gestaltenwandlerin, die sich auf Knopdruck in einen Adler verwandeln kann, um galant durch die Lüfte zu segeln. Und das Umherfliegen ist auch so ziemlich das Highlight des Spiels.

Um das Böse zu bannen gilt es, auf den Inseln verteilte Tempel zu besuchen und die Tiergötter zu erwecken. Dafür hat man eine magische Lampe. Mit ihr in der Hand können leuchtende Platformen am Boden aktiviert werden, was einem dann Türen öffnet. Kombiniert wird dies mit kleinen Rätseln, zB. das richtige Symbol irgendwo einstellen. Nichts davon ist wirklich schwer oder anspruchsvoll, aber es unterstreicht ganz nett den Erkundungsflair und die mystische Aura in den Tempeln.

Abseits der Tempel gibt es leider nicht wirklich viel zu sehen und zu tun. Zwar macht das Spiel total auf Open World, aber freies Erkunden bringt einem nichts, wenn es nichts zu entdecken gibt. Da sind nur Lore-Fetzen, und die Story an sich war mir zu altbekannt und uninteressant, als ob mich das wirklich hätte reizen können. Außerdem sind diese Fetzen auch einfach zu klein. Da entdecke ich ein Paar, das sich heimlich trifft. Ja, und nu? Wer sie sind, warum sie das heimlich machen müssen, keine Ahnung. Und so verhält es sich eigentlich mit allem die ganze Zeit.
Auch die größeren Tafeln und Schirftrollen, die etwas mehr von sich geben, sind nicht viel spannender. Es wirkt, als wird mir hier verstreut und kompliziert erzählt, was man in 2 Sätzen als TL;DR zusammen fassen könnte.
Das Spiel ist zudem auch sehr linear und die Dinge müssen in der richtigen Reihenfolge getriggert werden. Es bringt mir nichts, wenn ich eine Höhle entdecke, Auk darüber mit X sprechen möchte, ich extra zu ihm zurückreise - aber mit X nicht interagieren kann, weil es eben doch noch nicht Zeit dafür ist.
Ein kleines Highlight sind die immer wieder knuffigen Tierchen überall. Aber auch mit denen kann ich überhaupt nicht interagieren.

Diese Leere wird vor allem dann deutlich, wenn man mal wieder etwas ziellos umher irrt, weil man nicht so wirklich weiß, wo man als nächstes hin soll. Zwar kriegt man konstant Himmelsrichtungen angesagt, aber wo dann wie was genau in welcher Reihenfolge zu machen ist - da kann man schnell mal was missverstehen und sich verwundert am Kopf kratzen. Dass die leuchtenden Schalter erst dann wirklich interagierbar werden, wenn man die Lampe in die Hand nimmt (was völlig unnötig wirkt), verschweigt einem das Spiel leider auch. Am Anfang stand ich doch ziemlich dumm da.

Grafisch kommt das Spiel in einem gewissen Low-Poly Look daher. Figuren haben keine Gesichter, alles sind texturlose Flächen. Dieses "eckige" hat durchaus seinen eigenen Charme, und ich möchte mal unterstellen, dass sie sich mit der Einfachheit auch ein wenig die große, zusammenhängende Welt erkaufen.
Geladen wird nur, wenn man Tempel oder Höhlen betritt, bzw verlässt. Das kann dann einen Hauch länger dauern, ist aber selten genug, nicht zu stören.
Dreht man die Kamera schneller um sich zum Umschauen, kommt es gerne zu kurzen Rucklern.
In den Tempeln wird der Grafikstil deutlich aufgewertet durch wunderschöne Lichtstimmungen. Da fallen Strahlen durch Öffnungen hindurch, Lichtquellen erhellen den Weg, Glitzer wird simuliert und Partikel fliegen durch die Lüfte. Zusammen mit der teils toll gemachten Architektur kommt da wirklich Flair auf. Es kann schön, episch und auch durchaus düster und etwas bedrohlich wirken.
Bei der Oberwelt im gleißenden Tageslicht sieht das allerdings schnell anders aus. Hier wirkt es rasch langweilig und fad. Zudem sieht alles sehr gleich aus. Es dauert recht lang, bis man in eine Ecke kommt, die einen etwas anderen Look und Stimmung einschlägt.

Auf der Erde steuert Auk sich etwas schwammig und bleibt gern an Ecken und unsichtbaren Wänden hängen, und das Sprungverhalten wirkt floaty. Das macht es zwar etwas fummelig, da es aber nie zu anspurchsvoll wird und man nicht sterben kann, ist das nicht weiter schlimm. Nervig ist es nur, wenn man bei einer Sprungpassage herunterfällt und dann den ganzen Weg nochmal machen muss.
Im Inneren ist Fliegen tabu, das geht nur draußen. Und da kann man sich aus dem Stand heraus jederzeit in die Lüfte schwingen und mit dazu passend entspannender Musik über die Inseln gleiten. Das hat wirklich sofort seine ganz eigene Schönheit, es wundert mich nicht, dass so mancher schreibt, das Spiel ab und an hauptsächlich dafür anzuschmeißen. Auf Dauer hat es für mich aber auch ein wenig den Reiz verloren und ist dann doch nur eine gute Möglichkeit, rasch von A nach B zu kommen - wenn auch eine durchaus schöne.
Ansonsten wäre noch positiv anzumerken, dass man in den Optionen jede Kamera Achse separat einstellen kann und auch die Steuerung im Flug. Ein Gamepad ist im übrigen zu bevorzugen.

Wie zuvor schon mal erwähnt, erzählt sich die Lore nicht wirklich spannend und ist inhaltlich nichts neues. Auch die finale Cutscene endet recht abrupt, wodurch sich das Ende nicht wirklich rund anfühlt.

Mit gemütlichem Erkunden Richtung 100% kann eine Pilgerreise ca 5 Stunden dauern.
AER hat immer wieder sehr stimmungsvolle Momente, die ich wirklich sehr genossen habe. Leider gibt es dazwischen zu viel - haha - Luft.

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Die Geschichte von Giana Sisters ist eine Geschichte voller Missverständnisse.
Als das erste Spiel 1987 erschien war es eine derart dreiste Super Mario Bros. Kopie, dass Nintendo mit rechtlichen Schritten drohte und der Vertrieb des Spiels vorsorglich eingestellt wurde. Viele Jahre später haben sich die Wogen allerdings geglättet und die Schwestern erlebten das ein oder andere Comback - ua. auch auf dem NDS.
Giana Sisters: Twisted Dreams erschien 2012 für PC und Konsolen, ein Jump'n'Run in guter alter Mario-Tradition von einst, aber mit ganz eigener Identität.

Die Schwestern werden in eine Fantasy-Traum-Welt gesogen, Maria dort von einem Drachen entführt, und Giana muss nun durch alle Level, sie am Ende zu retten - your sister is in another castle!
Giana kann dabei ihre Träume manipulieren und wechselt zwischen einer braven Version von sich selbst und einer Heavy Metal Variante hin und her.
Von dieser tiefgründigen Lore erfährt man einige Details jedoch nur, wenn man sie aktiv nachliest. Im Spiel kommt eine kurze, rudimentäre Cutscene ohne Dialoge, die man jedes Mal wegglicken muss.

Ganz klassisch geht es in 2D von links nach rechts, und Gegnern springt man auf den Kopf. Als Special Attack hat Giana in "brav" einen Wirbelsprung, der sie ein Stück höher in die Luft bringt und sanft nach unten gleiten lässt. Ihre "rebellische" Seite hat stattdessen einen Dash, mit dem sie ua. Steine kaputt machen kann.
Jeder Wechsel zwischen ihren Persönlichkeiten lässt auch Musik und Hintergrund wechseln. In böse läuft Rock-Musik, die Umgebung wandelt sich aber im Gegensatz dazu in eher freundlich um. Ihre gute Seite hat chilliges Klimpern, aber die Umgebung wirkt düster und feindlich.
Dabei ändern sich auch Dinge im Level. In der einen Welt sind Hindernisse da, die in der anderen Version verschwinden. Statt den guten alten Münzen sammelt man hier Kristalle. Die blauen sind immer da, die roten nur für die Böse sichtbar, die gelben nur für die Gute. Auch Platformen reagieren teils anders je nach Ausrichtung. Dies erfordert immer wieder den Wechsel zwischen beiden Varianten - das Konzept hat mich tatsächlich total an Outland erinnert.

Optisch machen die sehr abwechslungsreichen Welten einiges her, sind knallbunt und voller Details und Warnschilder machen klar, wenn ein tödlicher Abgrund wartet.
Die Spielwelt wirkt dabei teil 2,5Dig, was etwas verwirrend sein kann, man selbst bewegt sich rein auf der 2D Ebene.
In dem ganzen Effektkino ist es oft nicht leicht, alles genau zu erkennen, vor allem bei schnelleren Passagen. Gerade die halb durchsichtigen Sachen, die erst aktiviert werden, wenn man die Dimension wechselt, sind schnell zu übersehen.

Die Steuerung reagiert sehr genau und zackig. Und das muss auch so sein, denn der Anspruch geht schnell hoch und die Hitboxen sind absurd unverzeilich.
Dabei ist es löblich, dass komplettes Remapping möglich ist und man zwischen verschiedenen Steuerungsmöglichkeiten wählen kann. Allerdings ist das sehr umständlich in einem separatem Menü versteckt und etwas fummelig. On the fly im Spiel ist da nicht viel zu machen.
Normal bedeutet jede Berührung für Giana den sofortigen Tod. Ab und zu kann man einen rosa Kristall einsammeln, der einen einzigen Treffer blockt.
In den Leveln sind die Checkpoints meist fair gesetzt, Begrenzung über Leben gibt es keine, und vor dem Ableben eingesammelte Diamanten bleiben eingesammelt. So sind auch schwere Stellen nicht zu frustig. Wer auf 100% geht, wird aber einiges zu knabbern haben.
Nach dem Tod respawnt man angenehm schnell, das Level resetet sich aber nicht direkt mit, was dazu führt, dass man teils erstmal warten muss, bis eine Platform neu erscheint, die man benötigt - und das kann übelst nerven.
Die Levelstruktur wird oftmals recht konfus. Zwar weisen Pfeile oft den Weg, aber links und rechts gibt es immer so viel Kram, dass es sehr verwirrend sein kann, wo man am besten zu erst hingeht, wo es nur ein Extra gibt, wo man wieder rauskommt, wie man wo hinkommen soll usw usf.
Immer wieder gibt es Passagen, wo man sich einfach durchwuseln muss. Entweder kann man mit den Reflexen eines jungen Panthers reagieren oder muss sich Stück für Stück vorsterben, da man einfach nicht wissen kann, was da plötzlich wie auf einen zukommt und wie genau gedacht ist.
Am Ende des Levels wird man bewertet. Je nach Menge der Diamanten und Tode bekommt man mehr oder weniger Sterne. Der letzte Level der jeweiligen Welt muss erst mit genug dieser Sterne freigeschaltet werden. War man zuvor also zu schlecht, würde man nicht weiter kommen und muss die Level wiederholen. Unter normalen Umständen sollte das aber nicht vorkommen. (Spielt man auf Einfach, entfällt dieses Freischalten.)

Der grundsätzliche Schwierigkeitsgrad ist so eine Sache für sich.
Welt 1 bietet einen guten Einstieg, der einem ohne viel Schnick-Schnack schnell alle Mechaniken beibringt und rasch die ganze Palette abverlangt.
Welt 2 zieht dann schon deutlich an, bleibt aber immer noch im Bereich "hart, aber fair".
In Welt 3 wird diese Grenze jedoch leider immer wieder deutlich überschritten. Ob nun mit RNG unter Zeitdruck, was einen in unnötig unfaire Situationen bringt, oder die neu eingeführte Mechanik der Kaugummiblase. In ihr muss man harte Hindernisparcoure durchfliegen, wobei sich die Blase so unglaublich schlecht steuert, dass mir fast die Worte fehlen.
Bei den Bossen am Ende jeder Welt sieht es keinen Deut besser aus. Die sind von Beginn an knüppelschwer und teils von RNG abhängig, was es nicht leichter macht. Da kann man sich schon mal ordentlich die Haare raufen. Wenigstens gibt es davon nur drei Stück - reicht dann aber auch völlig.

Jedes auf Normal geschaffte Level wird parallel für Einfach freigeschaltet. Man kann also jederzeit downgraden. Hier wird mit leichten Veränderungen das Level machbarer gestaltet, die grundsätzliche Struktur bleibt aber identisch.

Wer will kann Giana ein anderes Outfit geben, und wen der ständige Wechsel der Musik stört, kann auch das deaktivieren und entweder nur die rockige oder die chillige Musik laufen lassen.
In jedem Level sind große, blaue Kristalle versteckt, die ein Concept-Art in der Galerie freischalten. Die zu finden ist teils super schwer. Wiederholt man ein Level, sind auch alle wieder da, ohne dass ersichtlich ist, welchen ich davon zuvor schon mal eingesammelt habe. Das macht das Suchen nach ihnen nicht unbedingt leichter, und irgendwie habe ich schnell die Lust daran verloren.
Selbst wenn man das Hauptspiel durch hat, gibt es noch mehr zu entdecken: Highscore Jagd, Time-Trial, Mehrspieler-Modi und Hardcore-Schwierigkeitsgrade. Wer sich an diesem Spiel festbeißen und es meistern will, bekommt dafür alles an die Hand.

Die Ladezeiten sind kurz, das Spiel läuft flüssig. Nur das Menü ruckelt übelst und der Mauszeiger laggt leicht. Keine Ahnung, was da schief läuft.
Nach Ende eines Levels wird man in eine etwas lieblos wirkende Übersicht geworfen, über die man einfach das nächste Level startet, von links nach rechts aneinander gereiht.

Für die drei Hauptwelten habe ich etwas mehr als 9 Stunden gebraucht. Die ganzen anderen Modi sowie ein paar Extra-Level können einen bei Bedarf noch weit länger beschäftigen, nicht zuletzt auch die Jagd nach 100%.

Ein wirkllich guter Platformer, keine Frage. Klassisch und ohne viel Schnick-Schnack, mit wirklich hübschen Leveln. Das Wechseln zwischen niedlich und böse ist ein zusätzlich sehr netter Kniff. Bei der Steuerung brauchte es für mich etwas Gewöhnung, und die unausgewogenen Schwierigkeitsspitzen, vor allem bei den Bossen, vermiesen die Erfahrung nach hinten heraus jedoch merklich.

Der Standalone DLC Rise of the Owlverlord knüpft nahtlos da an, wo Welt 3 aufhörte.
Wenn man die am tollsten fand, bekommt man hier eine handvoll neuer Level, die nochmal mehr hohen Schwierigkeitsgrad mit Chaos mixen.
Da es hier von Level 1 an schon voll aufs Ganze geht, gibt es hier neu ein separates (leicht fades) Tutorial für Neulinge, das nochmal alle Basics aufgreift. Ansonsten ist die Struktur völlig identisch, bietet all die selben Spielmodi und Concept Arts zum Freischalten.
Nicht so gut gelungen sind hier die Schwierigkeitsgrade. Statt Einfach und Normal gibt es hier nur Normal und Schwer. Wobei die Beschreibung gleich geblieben ist, als ob sie einfach nur die Benennung geändert hätten; Normal ist jetzt schlicht das neue Einfach, und Hart war im Hauptspiel noch Normal.
Der Unterschied zwischen beiden Graden ist diesmal leider auch nicht so schön gemacht. Auf Normal gibt es diesmal doch sehr starke Änderungen am Level, die es teilweise auch etwas brechen, und die Kluft zu Schwer ist deutlich größer.
Im späteren Verlauf packt das Spiel ein paar neue Ideen aus, aber primär hat man hier "more of the same" in schwerer, aber mit den gleichen Problemen, wie im Hauptspiel.

Kleine technische Anmerkung: Beim erstmaligen Spielstart kann man zwischen einer DirectX 9 und DirectX 10/11 Version wählen. Letzteres wird vom Spiel selbst empfohlen, kann aber zu Bildfehlern führen. Dann ist 9 die bessere Wahl.

Wem Welt 3 immer noch zu harmlos war und sich noch mehr Herausforderung wünscht, bekommt hier ca 3 Stunden Zusatzunterhaltung an Leveln geboten. (Die anderen Modi + Collectible-Jagd nicht mitgerechnet.)
Mir persönlich war es dann aber zu viel. Obwohl ich extra eine Pause zwischen Hauptspiel und DLC gemacht habe, konnte es mich nicht mehr richtig kriegen. Mein Bedarf war einfach mehr als gedeckt an so anstrengenden Leveln.

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Wenn Sherlock Holmes eine Tochter hätte, ihr Name wäre Jenny, und sie wäre der Star ihres eigenen Point'n'Click Adventure: Jenny LeClue - Detectivu.
Jenny hat alle Voraussetzungen, ein guter Detektiv zu sein, nur leider passiert in ihrem ruhigen Heimatort nichts, was einer Untersuchung würdig wäre. Bis ein Mord geschieht und Jenny plötzlich mehr Mysterien und Gefahren am Wickel hat, als sie sich je gewünscht hätte.
All das ist jedoch eine Geschichte in der Geschichte. Tatsächlich ist Jenny die Protagonistin einer Romanreihe eines alten Autors. Da die Verkaufszahlen sinken, wird dieser von seinem Verleger gezwungen, düstere Stories zu schreiben als sonst, was zu eben jenem Fall führt, den wir aktiv spielen.
Der Autor fungiert das Spiel über als Erzähler, der sich teils auch direkt mit Jenny unterhält und streitet, als Form des Bruchs der 4ten Wand.

Alles ist 2D mit einem handgemachten, collage-artigen Stil, ähnlich wie Röki oder Night in the Woods. Es wirkt wie aus buntem Papier ausgeschnitten. Dabei gibt es sehr viel Textur, alles ist farbenprächtig und ist mit sehr tollen Lichtstimmungen versehen. Fast jede Szene wäre eines Wallpapers würdig. Einzig etwas ärgerlich ist, dass manche Elemente mal sehr unscharf wirken. Vor allem, wenn das Spiel ranzoomt.
Die Figuren haben einen recht kantigen Look, mit cartoonig verzerrten Proportionen. Besonders aufwändige Animationen gibt es nicht, aber alles wirkt sehr charmant und zueinander passend. Auch die (englische) Sprachausgabe ist über jeden Zweifel erhaben und unterstreicht hervorragend die Persönlichkeiten der Charaktere.

Jenny ist ein sehr nahbarer Charakter. Das Spiel ist überhaupt sehr liebevoll gemacht und bietet eine tolle Mischung aus Düsternis und Gags. Nun, abgesehen von einer Stelle. Was bei der Beerdigung passiert sein soll ist derartig billiger Slapstick-Humor, dass es mir sehr unpassend erschien, vor allem angesichts der eigentlich sehr ernsten Lage.
Aber Geschichte, Welt und Charaktere lagen mir sehr schnell am Herzen.

Bei der Steuerung gibt es jedoch erste Abzüge. Maus wird überhaupt nicht unterstützt. Ähnlich wie bei Röki muss man sich mit der Tastatur begüngen, oder am besten zum Gamepad greifen. Das ist vor allem frustrierend, weil man sehr viel mit dem Analogstick einen Cursor zu steuern hat, was noch mehr die Frage aufdrängt, warum ich am PC nicht meine Maus nutzen darf.

Das sonstige Gameplay und seine Rätsel kommt überwiegend seicht daher.
Es gibt kein Inventar, alles passiert direkt am Bildschirm. Am häufigsten geht man in eine Nahansicht und muss dort eine bestimmte Anzahl Hinweise einsammeln. Was letztendlich nur daraus besteht, mit dem Cursor die anklickbaren Dinge zu suchen. Manches muss erst durch den Einsatz einer Lupe aufgedeckt werden. Hier leuchtet dann ein entsprechendes Symbol auf, so bald man in der nähe der Stelle ist.
Hat man alle Hinweise eingesammelt, muss man 2-3 davon sinnvoll kombinieren, um seine Schlussfolgerung zu ziehen. Das ist alles super nett, aber nicht wirklich anspruchsvoll.
Ansonsten gibt es immer wieder kleine Minispiele (zB ein Schloss knacken), die ebenfalls nicht fordernd sind und sich leider auch viel zu häufig in immer gleich wiederholen. Wiederholung ist etwas, mit dem das Spiel grundsätzlich zu kämpfen hat.
Ab und an gibt es dann noch ein Button-Mashing Event, bei dem man einfach nur häufig genug drücken muss, damit Jenny die Szene analysiert, was im Prinzip völlig automatisch abläuft. Das erschien mir derartig unnötig und sinnfrei, es hat mich ganz ehrlich teilweise wütend gemacht.
Ein anderer Kritikpunkt sind die teils sehr langen Laufwege, gern mit Backtracking kombiniert und einer langsamen Geschwindigkeit. Zwar kann man Rennen, Jenny hat aber - völlig unnötig - Stamina und wird nach einer Weile langsamer. Und immer wieder gibt es Stellen, wo man auch einfach nicht rennen kann und sich grundsätzlich nur langsam fortbewegt. Das kann auch ansonsten tolle Passagen zäh wirken lassen.
Insgesamt versucht das Spiel aber immer wieder Abwechslung zu bieten. Man bereist sehr viele verschiedene Orte, die alle eine eigene kleine Gameplay-Idee haben. Zum Beispiel ist man für einen Abschnitt mit einem Boot unterwegs.

Das Herzstück liegt in der Narrative. In den vielen Dialogen gibt es alle paar Sätze eine Entscheidung zwischen zwei Antwortmöglichkeiten. Große Veränderungen bewirken die nicht, hauptsächlich verändern sie nur ein paar Sätze, das Ergebnis ist am Ende immer gleich. Alle Entscheidungen werden in Jennys Journal festgehalten, verändern ihre Charakter-Stats und sorgen für einen anderen Titel, der ihr gegeben wird. Wobei auch das alles nur Just for Fun ist und keine Auswirkungen hat.
Teilweise wirken diese Entscheidungen auch sehr überflüssig. Zum Beispiel ermutigt einen der Autor an einer Stelle, doch nach einer anderen Lösung für ein Problem zu suchen, was mich glauben ließ, es gäbe tatsächlich ein optionales Puzzle hier. Auszuwählen, dass ich weitersuchen will, sorgte allerdings nur dafür, dass Autor und Jenny sich etwas länger stritten, bis sie am Ende doch einfach den Hebel zog.
Solch hin und her zwischen ihnen erschien mir generell zum teil etwas unpassend, grundsätzlich mochte ich die Brüche der 4ten Wand aber recht gern.
All die Dialoge sind nicht überspringbar und nehmen einiges an Zeit in Anspruch. Vor allem gegen Ende ist das Spiel mehr Cutscene als Gameplay - Kojima eat your heart out! Das kann vor allem dann nerven, wenn man einen Part "kurz" nochmal spielen will.

Jenny notiert ständig alles in ihrem Journal, und ihr Geschreibsel hat richtig Charakter und ist irgendwie symphatisch. Man kann Buch und Seiten mit Stickern dekorieren, die man versteckt im Spiel findet. Ein anderes Collectible sind Stücke zerrissener Postkarten, die man dann wieder zusammensetzt. Beides findet man entweder beim Rumlaufen, wenn das Lupensymbol auftaucht, oder sie sind in Nahansichten von Rätseln versteckt. Es gibt die Option für ein New Game +, in dem alle schon gefundenen Collectibles erhalten bleiben.

Speichern passiert automatisch, und im Pausemenü sieht man genau, wieviele Minuten der letzte Save her ist. Grundsätzlich hat man 3 verschiedene Saveslots zur Verfügung. In welchen gespeichert werden soll, kann man in einem separaten Menü auswählen und jeder Zeit ändern. So kann man theoretisch 3 unterschiedliche Spielstände anlegen, sollte aber sehr aufpassen, vorm Weiterspielen den richtigen aktiv zu haben, um nicht was ungewollt zu überschreiben. Das Konzept erschien mir recht ungewöhnlich und umständlich.
Beim Spielen schaltet sich nebenher auch eine Kapitelanwahl frei.

Das Spiel wirkte auf mich leicht instabil. Ich hatte eine handvoll Momente, wo es buggte. Allerdings war ich nur ein Mal durch einen harten Bug gezwungen, neu zu starten (zum Glück auch ohne viel Fortschritt zu verlieren).
Mitlerweile ist ein weiteres Update erschienen, allerdings ohne Changelog, womit ich nicht weiß, was es macht. Dennoch gut zu wissen, dass sie scheinbar immer noch weiter ein wenig dran feilen.

Zum Durchspielen habe ich fast 11 Stunden gebraucht, was durchaus eine leicht überdurchschnittliche Länge ist, diese aber gut füllt. Länger hätte es nicht unbedingt sein sollen, war aber auch keinesfalls zu kurz.
Wichtig zu wissen ist an der Stelle, dass Jenny LeClue von Beginn an als Reihe geplant war, und die Geschichte endet mit einem harten Cliffhanger und den wunderbaren Worten: To be Contined...
Da ich darauf vorbereitet war, hat es mich nicht weiter gestört, zu Mal ich bis dahin schon viel geboten bekommen habe. Es kann einen aber auch ganz schön hart treffen und unbefriedigt zurück lassen.

Beim Spielen habe ich so manches Mal wirklich genervt stöhnen müssen, angesichts der wiederholenden Natur der Puzzle und langsamen Laufpassagen. Zugleich haben mich die Charaktere, die Story und auch der wirklich wunderschöne Artstyle so gut unterhalten, dass ich auf jeden Fall für Teil 2, der sich schon in Entwicklung befindet, Feuer und Flamme bin.

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Zombie-Apokalypse die 256ste. Der 2D Action-Platformer Deadlight Director’s Cut erfindet das Rad an keiner Stelle wirklich neu.
Man steuert Randall Wayne, den typischen roughen, bärtigen Daddy, der durch die Zombie verseuchte Stadt zieht, auf der Suche nach seinen Freunden sowie Frau und Kind. Dabei macht er die Bekanntschaft mit der üblichen Böse-Leute-Gruppe. Hier wird kein Klischee ausgelassen. Sie halten sich auch an das ungeschriebene Gesetz, Zombies niemals Zombies zu nennen – hier heißen sie Schatten.
Überhaupt ist die Story ziemlich dumm und wirkt nur wie loses Beiwerk, um den nächsten Abschnitt zu begründen.

Ingame wird ein sehr realistischer Look verfolgt, mit vielen Details überall. Das sieht alles schon ganz ordentlich aus, auch wenn etwas AA nicht schaden könnte. Dass Randall und auch so mancher Zombie in Einzelfällen etwas glitcht ist dabei zu verschmerzen.
Die Cutscenes haben einen Comic-Look: Rough gezeichnete Standbilder, nur vage animiert. Hat mich an Metal Gear Solid Peace Walker denken lassen. (Randalls Synchronstimme hat mich schon ein wenig an David Hayter erinnert. ^^)

Side-Scroller mäßig geht es in 2D primär von links nach rechts durch die unterschiedlichen Abschnitte mit leichtem Platforming. Hier rauf, da runter, da rüber, mal ein kleiner Wandsprung. Die Wegfindung kann dabei einen leichten Rätselcharakter haben, wenn man erstmal ausklabüstern muss, wie man wo lang soll und sich erstmal einen Weg schaffen muss. ZB durch die Aktivierung eines Generators oder Wegschießen eines Schlosses.
Zombies will man grundsätzlich vermeiden. Am besten lockt man sie in Fallen oder springt von erhöht über ihre Köpfe hinweg. Schleichen gibt es nicht, stattdessen bekommt man sehr schnell eine Axt an die Hand, womit sich gut 1-2 Untote noch toter machen lassen. Aber so bald es mehr sind, wird's schwierig.
Später erhält man zusätzlich eine Schusswaffe. Damit kann man sich schon deutlich besser wehren, muss aber aufs Nachladen achten und hat natürlich nur begrenzt Munition. Regelmäßig bekommt man sein Equipment auch abgenommen.
Zwischendurch gibt es dann noch Verfolgungssequenzen, bei denen es gilt, einfach nur so schnell wie möglich alle Hindernisse zu überwinden und in Sicherheit zu gelangen.
Man stirbt recht schnell, idR sind die Checkpoints aber sehr fair gesetzt, und man ist recht schnell wieder im Spiel.

Bei solchen Spielen bevorzuge ich grundsätzlich das Gamepad, Maus und Tastatur werden aber auch unterstützt. Hier mit freier Tastenbelegung. Beim Controller geht das zwar nicht, aber man hat immerhin drei leicht verschiedene Schemata, zwischen denen man wählen kann.
Bewegt wird sich mit dem Analogstick, was bei 2D eine eher gewöhnungsbedürftige Wahl ist. Überhaupt fühlt sich die Steuerung bei allem leicht schwammig an. Zwar wird nichts super präzises von einem erwartet, trotzdem nervt es ein wenig. Mit der Waffe Zielen geschiet über den rechten Analogstick, auch das kann fummelig sein. Hier ist sicher die Maus besser. Für die Male, wo man die Waffe aber tatsächlich einsetzt, geht auch das einigermaßen.
Obwohl man selbst rein auf die 2D Ebene reduziert ist, suggeriert das Level Tiefe, und teils kann es etwas schwer zu erkennen sein, wie Dinge zueinander platziert sind. Bei den Zombies kommt erschwerend hinzu, dass diese sehr wohl in die Tiefe gehen können, und es dann gar nicht so leicht ist zu erkennen, ab wann sie auf deiner Höhe angekommen und damit interagierbar sind.
Die Kamera zoomt selbständig rein und raus, was manchmal dazu führen kann, dass alles doch recht klein auf dem Bildschirm wird.

Am meisten gefallen hat es mir in den ruhigen Passagen, an denen man leicht puzzelig seinen Weg sucht, rauf und runter klettert und links und rechts nach Collectibles schaut. Frustrierend wird es schnell, wenn man mal wieder gejagt wird oder generell unter extrem engen Zeitdruck steht.
Deadlight ist in 3 Akte unterteilt, von denen die ersten beiden ganz unterhaltsam waren. Im 3ten kommt dann all das verstärkt zum tragen, was mir nicht gefällt: Ständig Zeitlimits, deutlich mehr Schusspassagen und am Ende noch eine Eskortmission, bei der sich die Sätze der Begleitperson schnell wiederholen.
Sehr merkwürdig sind auch so manches Mal Collectibles oder Medipacks platziert, nämlich mitten in einer Verfolungsjagd. Und Randall braucht eine gute Zeit, solche Dinge aufzuheben, so dass die Zombies viel zu nahe kommen. Was ich an Health gerade durch das Medipack gewonnen habe, ist womöglich direkt wieder weg.
An anderer Stelle war ich kurz vorm Rage-Quit, als ich auf kleinem Raum dermaßen mit unendlich spawnenden Zombies beworfen wurde, dass ich kaum Zeit zum schießen und neue Muni aufheben hatte, Geschweige denn die eigentliche Aufgabe zum weiterkommen in Angriff zu nehmen.
Oder ich lande in einem Raum mit angreifenden Zombies, habe aber keine Zeit, die zu bekämpfen, da ich einen Schrank vor die Tür schieben muss, da sonst die Zombiewelle nachkommt. Das dauert aber so lange, dass ich von den Zombies im Raum angefallen werde.
So manches Mal habe ich mich gefragt, was das Spiel sich denkt, wie man eine Situation lösen soll.

Wie schon mal am Rand erwähnt, gibt es immer wieder Collectibles zu finden. Mal etwas versteckt, mal mitten auf dem Weg. Unter anderem hebt man dabei die Ausweise von Leuten auf, die die Namen von amerikanischen und kanadischen Serienmördern enthalten – ich weiß nicht so recht, was ich von der Wahl halten soll.
Nebenher schaltet man diverse Concept Arts frei, ein paar Videos von zB Trailern und Making Of Gedöns. Ein 92 Seiten starkes Tagebuch (einige Seiten davon müssen ingame gefunden werden) gibt es ebenfalls.
Und dann gibt es noch einen Highscore-Jagd Survival-Modus, und mit einmaligem Durchspielen schaltet man den Hardcore Modus frei - schlicht das Hauptspiel ohne Checkpoints. Spielt man den durch, gibt es als Belohnung ein alternatives Ende der Story.
Auch dieses Ende kann man nicht als originell bezeichnen, aber wären sie damit all in gegangen und hätten die restliche Story noch ein wenig mehr darauf zugeschnitten, das hätte durchaus nochmal einen kleinen netten Kniff geben können.

Mit gründlichem Absuchen links und rechts habe ich nicht ganz 4 Stunden zum Durchspielen gebraucht.

Deadlight ist der absolute Inbegriff der Durchschnittlichkeit. Alles funktioniert gerade gut genug, um einigermaßen unterhaltsam zu sein und nicht zu scheiße, dass man aufhört. Die ersten beiden Akte waren so gesehen ganz nette Unterhaltung. Zu Schade, dass es im letzten Akt dann auseinanderbricht.

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Alexiell

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Wer gute Point'n'Click Adventure im Retro Pixellook mag sollte einen genaueren Blick auf Primordia werfen.
In einer dystopischen Zukunft sind die Menschen ausgelöscht, und nur noch die von ihnen gebauten intelligenten Roboter beleben den Planeten. Doch auch sie kämpfen in der Einöde ums Überleben, denn Energie ist ein rares Gut. Als Horatio und seinem kleinen fliegenden Kumpel Crispin die Energiequelle ihres Schiffes gestohlen wird, folgen sie dem Dieb in die Stadt Metropol, die letzte Zufluchtsstätte aller verzweifelter Roboter. Aber es scheint doch nicht alles so perfekt, wie im Radio beworben wird...

Wie erwähnt haben wir hier oldschool 2D Pixelartstyle, der wirklich sehr gut gemacht ist. Alles strotzt vor Details, überall gibt es Lichtquellen und viele kleine und große NPCs.
Ein wenig mäkeln kann man aber trotzdem. Die Hintergründe neigen dazu, leicht unscharf zu wirken. Die dominierenden Farben sind braun und grau, und man bekommt nicht besonders viele Schauplätze geboten, so dass es etwas an Abwechslung mangelt. Zudem neigt das Bild dazu, recht dunkel zu sein, teils etwas zu dunkel. In manchen Szenen habe ich meinen Bildschirm etwas heller gestellt, um alles besser erkennen zu können.
Aber alles ist wirklich sehr gut gemacht und überaus atmosphärisch.

Die Grafikeinstellungen sind eine kleine Sache für sich. Grundsätzlich bietet Primordia einige gute Optionen, mit denen man sich durchaus auseinander setzen sollte um zu sehen, was für den eigenen Geschmack am besten ist. Zusätzlich kann man die Mausgeschwindigkeit justieren oder einen bestimmten Pfad für die Saves wählen.
Der Nachteil ist, dass all dies nicht im Spiel selbst möglich ist, sondern durch eine separate exe im Spieleordner, und jede Änderung bedeutet einen Neustart, was alles etwas umständlich macht.
Im Hauptmenü gibt es nur die verschiedenen Sprachen zur Auswahl. Auf die kleineren Ingameoptionen hat man erst direkt im Spiel selbst Zugriff. Die Option zur Hilfefunktion kommt sogar erst nach ein paar Spielminuten hinzu.

Unsere Helden Horatio und Crispin sind am besten mit Foster und Joey aus Beneath a Steel Sky zu vergleichen. Crispin ist unser kleiner fliegender Helfer, der an Dinge ranreicht, die für uns zu weit weg sind. Er ist außerdem das implementiere Hilfesystem - er kann Tips geben, spricht man ihn an. Die Qualität selbiger schwankt aber recht stark, und wiederholen tut er sie in der Regel auch nicht, sondern fängt nur schnell an schnippisch zu werden, redet man zu oft mit ihm.
Ihn in Kombination mit Items zu nutzen kann sich im übrigen etwas umständlich anfühlen und darf auch nicht immer ganz hinterfragt werden. Es ist ein Running Gag im Spiel, dass Crispin sich darüber beklagt, keine Arme zu haben. Und trotzdem kann er teils Dinge, wo man sich eigentlich fragen müsste, wie das jetzt genau geht.

Von der Steuerung her ist es ansonsten sehr klassisch, und man fühlt sich schnell Zuhause. Wobei das Inventar für meinen Geschmack 1-2 Klicks zu viel benötigen kann. Hotspots verschmelzen auch gerne mal etwas zu sehr mit dem Hintergrund.
Genauso klassisch ist das Gameplay. Die Rätsel fühlen sich gut an und sind unterschiedlich schwer. Sammel Items ein, kombiniere, tausche, befrage NPCs, notiere Hinweise und finde Codes. Meist funktioniert alles sehr gut, und man kann sich zuweilen richtig clever fühlen.
Die Schwierigkeit liegt im Detail. Man muss wirklich die ganze Zeit aufmerksam sein, um nicht den kleinsten Hinweis zu verpassen. Dialoge können seltenst wiederholt werden und sind gerne umständlicher, als sie müssten. Du hast dein Data Porch, in dem wichtiges festgehalten wird (außerdem bietet es super bequemes Fasttravel), aber auch nicht alles, und es ist dennoch ratsam, zusätzlich Stift und Papier bereit zu legen. Die Handhabung ist auch etwas umständlich.
Stellenweise ist das Spiel sehr hart gescriptet, was zu Verwirrung führen kann, und es gibt einiges an roten Heringen. Sehr selten kann es auch vorkommen, dass man Items im Inventar in der richtigen Reihenfolge kombinieren muss. (Also A mit B statt B mit A.)

Das große Feature sind verschiedene Lösungswege für Rätsel.
Man kann schnell etwas "falsch" machen und muss dann eine Alternative suchen. Wird man was gefragt, darf man nur sehr wenige falsche Antworten geben, bevor man von der "Quest" ausgeschlossen wird. Auch bei der Benutzung von Items gibt es oft nur eine einzige Warnung, es vielleicht anders zu probieren. Gut ist da, dass man manuell speichern kann so viel man will.
An einem fiktivem Beispiel will ich mal einen Eindruck vermitteln, wie das ganze im Spiel aussehen kann:
Es gibt keinen nennenswerten Unterschied - man entzündet die Kerze mit einem Streichholz oder am Lagerfeuer in der Nähe.
Es ist nur ein kleiner Umweg - das Streichholz ist ausgegangen, bevor man es mit der Kerze benutzen konnte und muss sich jetzt ein neues suchen.
Es tut sich ein kleines Zusatzrätsel auf - das Streichholz ist aus, und nun muss ein Lagerfeuer gebaut werden, die Kerze zu entzünden.

In der frühen Spielhälfte gibt es ein sehr wichtiges Rätsel. Wenn man dieses "falsch" löst, fehlt einem für den weiteren Verlauf ein Item. Das macht nicht nur ein späteres Rätsel deutlich schwerer, sondern schließt einen vor allem aus sehr interessanter Lore am Ende aus.

Insgesamt fühlt sich der Schwierigkeitsgrad recht befriedigend an. Nicht zu leicht, nicht zu schwer und einige clevere Puzzle, die Freude bringen. Nur eine handvoll ging über meinen Kopf hinweg, und all die kleineren Ärgernisse, die ich zuvor aufgezählt habe, können zur Verwirrung führen und dazu, ein Rätsel nicht zu verstehen.
Im späteren Verlauf muss man Teile eines großen Codes zusammen sammeln. Hat man alle, kann man dies selbst lösen oder das von einem NPC übernehmen lassen, was an der Stelle eine schöne Alternative ist, bevor man schlicht zum Walkthrough greifen würde, wenn man festhängt.

Was mich unterm Strich aber am meisten gefangen genommen hat ist das grandiose Worldbuilding.
Die Atmosphäre ist so dick, man kann sie fast schneiden. Zunächst wäre da die hervorragende (englische) Synchro, und die tolle Beziehung zwischen Horatio und Crispin. Das Geplänke zwischen den beiden ist wirklich lustig und wholesome. Beide sind tolle Figuren, die super harmonieren.
Es gibt ein paar popkulturelle Anspielungen, die nicht zu aufdringlich sind und sich gut einfügen.
Trotz des Humors ist das Spiel immernoch sehr düster und hat zuweilen wirklich gruselige Momente. Alles passt einfach gut zusammen.
Dann gibt es da noch die wunderbare Musik, die perfekt die melancholische, apokalyptische Welt untermalt. Außerdem ein wunderschöner Schlusssong während der Credits.
Es gibt eine Menge Lore zu entdecken, was der ganzen Story nochmal ein Gefühl von Tiefe hinzufügt. Zwar sind alle Roboter teils sehr stark vermenschlicht, zeigen aber immer noch eine gewisse "Roboterhaftigkeit", um eine interessante und andersartige Welt und Charaktere zu erzeugen. Primordia ist ein wenig so, als ob Beneath a Steel Sky und Tron ein Kind hätten.

Zum Schluss warten auf einen 9 Enden. Die 5 "schlechten" sind alle recht kurz und unterschiedlich. Die verbliebenen 4 "guten" ähneln sich stark, mit nur leichten Änderungen im Monolog, basierend auf ein paar Entscheidungen am Ende.
Hat man das Rätsel vom Anfang des Spiels "falsch" gemacht, fehlt einem ein Gegenstand, wodurch ein anderes Item für einen nutzlos wird. Die gute Nachricht ist, dass sich damit aber nur ändert, wie man die Enden auslöst, die nachfolgende Cutscene bleibt gleich.
Nur ein einziges Ende ist tatsächlich diesem Item vorbehalten und ist wohl mit das düsterste. So düster, dass selbst die Musik aufhört zu spielen und die Credits in absoluter Stille rollen. Ein Detail, das ich an der Stelle sehr zu schätzen weiß.

Ich hab mir wirklich viel Zeit gelassen und alle alternativen Lösungen und verschiedenen Enden angeschaut, was locker 8 Stunden in Anspruch genommen hat. Ein "normaler" Durchgang sollte 5-6 Stunden dauern.

Am Ende gehe ich mit etwas gemischten Gefühlen raus. Ich persönlich bin ein "Fear of Missing Out" Typ und daher kein Freund verschiedener Wege und multipler Enden. Die vereinzelten Schwierigkeitsspitzen und das Gefühl, für meine Spielweise "bestraft" zu werden, sind ebenfalls ein Stich ins Herz.
Aber Atmosphäre, Charaktere und auch die Qualität der Rätsel an sich machen Primordia zu einem wirklich tollen Erlebnis.
An der Stelle sei auch noch Strangeland empfohlen, das neueste Spiel der Entwickler.

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Alexiell

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Shadow of Colossus aber in 2D mit Isoperspektive und Pixelartstyle – so lässt sich Titan Souls wohl am besten umschreiben.
Mit einem kleinen Helden geht es in die Welt, die abgesehen von diversen Endbossen völlig leer ist. Warum, wieso, weshalb, das wird alles sehr kryptisch gehalten. Genauso ob das, was man tut, nun gut oder böse ist. Story gibt es hier kaum.

Nachdem die ersten 4 Titanen vom Tutorial-Bereich besiegt sind, geht es in die eigentlich Oberwelt. Dort kann man sich völlig frei bewegen und die Titanen in beliebiger Reihenfolge angehen. Es gilt eine bestimmte Anzahl von ihnen zu legen, damit sich das große Tor zum Finale öffnet.
Der Weg zwischen den Gebieten und Titanen ist nicht immer so kurz und kann sich schnell etwas müßig anfühlen. Während einige Bosse quasi offen dargeboten werden, ist bei anderen der Weg zu ihnen schon ein kleines Rätsel in sich.

Eine der großen Besonderheiten ist, dass es keinerlei Upgrades und sonstigen Fortschritt gibt. Man hat nur eine Waffe: seinen treuen Pfeil. Und auch davon nur einen. Schießt man ihn ab, muss man ihn entweder wieder einsammeln, in dem man drüber läuft, oder man ruft ihn – vergleichbar mit einem Boomerang – zu sich zurück. Was tatsächlich eine nicht unwichtige Mechanik ist, Bosse zu erlegen.
Springen kann man nicht, hat aber eine Ausweichrolle mit leichtem Cooldown. Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass die selbe Taste auch fürs Rennen zuständig ist. Man muss also eine Rolle machen und im Anschluss gedrückt halten, um schneller zu laufen.

Die andere große Besonderheit ist, dass alles nur 1 Hitpoint hat. Bei jedem Treffer ist unser kleiner Held sofort hinüber – die Bosse aber auch! Jeder hat eine farbige Schwachstelle, die es zu treffen gilt. Bei manchen liegt diese völlig offen, bei anderen benötigt es noch etwas mehr, um den Kern freizulegen. Einer der ersten Titanen ist zB ein Gehirn in einem Eisblock, den man erstmal zum schmelzen bringen muss.

Titan Souls ist bockschwer. Die Bosse sind absurd schnell und man hat absurd kleine Zeitfenster, ihre Schwachstelle zu treffen oder überhaupt zu reagieren. Und hat es einen erwischt, dauert es recht lang, bis man respawnt und die Checkpoints sind selten um die Ecke, was ordentlich Gerenne zurück zum Boss bedeutet, nur um in wenigen Sekunden wieder tot zu sein. Hier muss man wirklich einiges an Frustpotential mitbringen. Es fühlt sich nicht selten so an, einfach so oft zu versuchen, bis man endlich Glück hat und den einen Lucky Shot versenkt.
Gleichzeitig gibt es für ein paar von ihnen aber auch Setups und Quick-Kill Tips, die sie fast absurd einfach erscheinen lassen. Klarer Fall von "Gewusst wie".

Nicht alle Titanen müssen besiegt werden, um die Credits zu sehen. Macht man sich aber die Mühe, alle zu legen, gibt es als Belohnung einen weiteren sauharten Bossfight mit 3 Phasen. Der übersetzt einem als Belohnung die kryptischen Schriftzeichen beim nächsten Durchgang. Dann kann man die Namen der Titanen lesen.
Wer so richtig masochistisch drauf ist, kann für spätere Playthroughs auch den Hard Mode aktivieren, was die Bosse noch schwerer macht. Und/ oder sich die Ausweichrolle deaktivieren.

Legt man es darauf an, alle vorhandenen Titanen zu legen, kann man locker mit 3 Stunden rechnen. Mit nur der Mindestanforderung geht es natürlich schneller, und zusätzlich kann hier die Spielzeit auch sehr davon beeinflusst werden, wie gut man bei den Bossen durchkommt.

Das neueste Spiel der Entwickler ist das gerade erschienene Death’s Door, mit ähnlicher Perspektive und ähnlichem Aufbau der Welt. Auch bei vielen Bossen erkennt man Titan Souls wieder. Diesmal geht es aber mehr in eine Zelda-Richtung, mit verschiedenen Waffen, mehr Hitpoints und besser gesetzten Checkpoints.

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Das Dark Souls der Puzzle-Platformer – so habe ich Candle liebevoll getauft. Denn das Spiel ist stellenweise absurd hart, aus all den falschen Gründen. Doch fangen wir am Anfang an.
In einer fantasievollen Welt, bewohnt von… wurzelartigen Gnomen..? wird deren Dorf von einem bösen Clan überfallen und ihr Shamane entführt. Teku bricht nun auf eine Reise durch die mit Gefahren gespickte Welt auf, seinen Lehrmeister zu retten. Das besondere an Teku ist, dass seine linke Hand eine Kerze ist. Licht und Feuer spielen immer wieder ein zentrales Element in den Rätseln.

Optisch ist Candle erstmal ein absoluter Hingucker. Alles ist handgezeichnet und mit Aquarellfarben coloriert. Vollgestopft mit Details, tollen Farben, schrägen Kreaturen und immer wieder mit ein paar Effekten aufgewertet. Der künstlerische Aufwand ist auf jeden Fall bemerkenswert.

In 2D geht es mit Controller oder Tastatur durch die bunten Szenerien. Es darf gerannt, geklettert und gesprungen werden. Ein gewisser PnC Adventure Einschlag schwingt auch mit, denn unterwegs gibt es ab und an Items einzusammeln, die dann entweder wo benutzt oder einem NPC gegeben werden. Etwas Schleichen gibt es auch, wenn auch nur in sehr rudimentärer Form. Ist einer vom bösen Clan in der Nähe, schleicht Teku automatisch. Dann sollte man auf keinen Fall rennen oder springen, da das sofort auf einen aufmerksam macht und idR tödlich endet. Der Gegner muss mit List anderweitig überlistet und ausgeschaltet werden. ZB ihn durch etwas ablenken und dann in einen bodenlosen Abgrund schubsen. Was derlei Gewalt angeht ist Candle überhaupt nicht zimperlich.
Die Kerzenhand kommt primär zum Einsatz, um an festen Punkten Fackeln oä zu entfachen. Teils können auch Gegner auf die Flamme reagieren. Wirklich frei benutzen tut man sie aber nicht, was an einer Stelle auch zu der absurden Situation führt, dass man umständlich ein Seil mit einem scharfen Stein durchtrennen muss, anstatt es einfach anzukokeln.

Bei der Steuerung fangen schon die ersten Probleme an. Die fühlt sich nämlich recht schwammig und träge an und reagiert nicht immer so gut, wie man gerne hätte. An manchen Stellen platziert sich Teku etwas von selbst für eine Kletteraktion, und dann mal wieder muss man sich absurd genau positionieren und an der richtigen Stelle die richtigen Tasten drücken, damit eine Aktion funktioniert.
Erschwerend kommt hinzu, dass vieles mit einem sehr knappen Timing einhergeht. Sehr oft führt all das zu Verwirrung. Soll das einfach nicht klappen? Oder mache ich was falsch? Wie etwas gedacht ist, ist im Grunde schon Teil des Rätsels, was zwangsläufig zu Trial n Error führt. Das wäre vielleicht nicht so schlimm, wenn das Respawnen nach dem Tod schneller gehen würde. Und noch nerviger sind die meist oft mies gesetzten Checkpoints, die einen immer wieder die gleichen langen Wege wiederholen lassen, nur um an Punkt X erneut zu verrecken, weil man immer noch nicht weiß, was man da genau machen muss.

Als wäre das alles noch nicht genug gibt sich das Spiel obendrein auch noch Mühe, absichtlich schlichtweg unfair zu sein.
Da muss man Dinge berücksichtigen, die außerhalb des Sichtfeldes sind. Existenzielle Platformen werden mit Vordergrund verdeckt, genauso wie Eingänge zu wichtigen Bereichen oder Vorsprüngen. Man ist geradezu gezwungen, sich überall mal fallen zu lassen. Ein falscher Sprung, der eigentlich im Abgrund enden würde, enthüllt plötzlich eine versteckte Platform – optisch so überhaupt nicht auszumachen.
Was in anderen Titeln ein super verstecktes Secret für ein Collectible ist, ist hier ein normaler Pflichtweg für ein relevantes Item zum weiterkommen.
Generell ist es nicht immer so leicht zu erkennen, womit man nun genau interagieren kann oder was nur Hintergrund ist.

Das ganze Spiel über wird Teku von einem Erzähler begleitet, der aus dem Off kommentiert. Alle anderen Figuren kommunizieren über Bilder, um Teku ihre Geschichte zu erzählen. Etwas dumm wirkt dies, wenn der Erzähler im Anschluss an eine stumme Bildgeschichte das eben Gesehene nochmal erläutert. Das wirkt teils etwas redundant und nervig. Wenn ihr eh meint, es erklären zu müssen, dann lasst ihn doch wenigstens direkt drüber sprechen.

Eine Reise durch Candles Aquarell-Welt braucht so 7-8 Stunden.
Die ganzen Macken sind wirklich sehr schade, denn immer wieder mag ich die Puzzle und Rätsel total gerne, und insgesamt bietet Candle einen angenehmen Genre Mix. Und das dann auch noch künstlerisch wertvoll verpackt.

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Alexiell

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  • #76
Sprechende Katzen sind immer ein Sellingpoint - Willkommen beim PnC Adventure Gibbous: A Cthulhu Adventure.
Wer hat sich nicht schonmal gewünscht, seine Katze könnte sprechen? Als Buzz das Necromonicon in die Hände fällt, sorgt er versehentlich für genau das: Seine Katze Kitteh kann nun Widerworte geben! Toll findet sie dies allerdings nicht, und so brechen die beiden auf, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Dabei geraten sie schnell in etwas viel größeres, voller Sekten und mysteriöser Gestalten. Mit dabei Privatdetektiv Ketype, mit dem sie sich befreunden. Und alles strotzt vor Anspielungen auf das bekannte Lovecraft-Universum.

Was sofort ins Auge fällt ist die hervorragende Optik. Schon das Menü ist thematisch passend gestaltet, mit Tentakeln und einem Auge, das dem Mauszeiger nachblickt.
Im Spiel selbst begrüßen einen dann wunderschöne handgemachte Hintergründe voller Details und kräftigen Farben. Die Charaktere sind im farbenfrohen Comiclook gehalten mit wirklich herausragend guten Animationen. Dabei sind sie nicht nur super flüssig und zahlreich, sondern auch überraschend komplex. Direkt im ersten Bild kann man zB eine Statue betrachten, und anstatt nur einfach dazustehen, lehnt sich die Figur etwas herum, um besser sehen zu können. Ein Detail, das nicht selbstverständlich ist.
Vor allem Kitteh ist eine wahre Augenweide. Ihre Idleanimation allein ist schon Gold wert, ganz zu schweigen davon, wenn sie ab und an in Aktion tritt.
Am Anfgang gibt es sehr oft kleinere Cutscenes, wobei der Übergang angenehm flüssig passiert. Auf lange Sicht werden sie aber leider merklich weniger, als ob ihnen Zeit und oder Geld ausgegangen wäre. Stattdessen gibt es vermehrt Schwarzblenden, was den Übergang zwischen Szenen teils etwas lieblos wirken lässt.

Bei all dieser optischen Finesse ist es fast absurd, dass der Cursor nur ein lahmes Fadenkreuz ist. Beim Klick auf einen Hotspots tauchen dann die üblichen Aktionsbutton zur weiteren Interaktion auf. Alles funktioniert rein über Linksklick. Mit rechts zoomt man ein Stück ins Bild rein. Zwar gibt es ab und an mal einen recht kleinen Hotspot, normal braucht man den Zoom fürs eigentliche Spielgeschehen aber nicht. Das ist mehr eine nette Funktion sich die schönen Hintergründe näher zu betrachten und vielleicht mal das ein oder andere versteckte Easter Egg zu finden.
Hebt man ein Item auf, wird es zunächst groß in der Bildschirmmitte gezeigt, bevor es dann hinunter ins Inventar landet. Das führt zu einer erzwungenen Pause, die einen Ticken zu lang ist und mich manchmal etwas ungeduldig gemacht hat.

Vom Schwierigkeitsgrad her ist Gibbous eher einfach gehalten. Umgebung und Items sind immer stark eingeschränkt. Selbst wenn man mal nicht wissen sollte, wie es genau weiter geht, sind die Möglichkeiten so limitiert, dass etwas rumprobieren die Lösung bringen kann.
Es ist zudem sehr gescripted. Ein Shop ist die ganze Zeit geschlossen, bis zu der Sekunde, in der klar wird, dass man ihn benötigt, und sofort gehen die Lichter an und er ist offen.
Man redet. Viel. Oft muss jede Dialogoption vollends ausgeschöpft werden, selbst die uninteressanten, nur um was neues zu triggern. Mir war es stellenweise zu viel, wie ausufernd Dialoge sein können, um dann eine Kleinigkeit am Ende zu bekommen.
Gern wird auch Lore durch lange AMA Sessions mit Charakteren transportiert. Beides bringt das Pacing ab und an mal ins Stocken.
Neben dem üblichen Kombinieren und Reden gibt es ein paar Puzzle, vor allem gegen Ende. Eins ging voll über meinen Kopf hinweg, aber grundsätzlich sind sie spaßig und gut eingebunden. Allerdings wiederholt sich manches etwas gleichförmig und kann auch mal etwas träge in der Ausführung sein.

Man spielt abwechselnd mal mit Buzz und Kitteh und Abschnitte mit Detektiv Ketype. Letzterer notiert sich wichtige Hinweise in seinem Notizbuch, Buzz kann als internes Hilfesystem Kitteh ansprechen, um einen kleinen Tipp zu bekommen.

Die Sprachausgabe ist solide, genau wie der Humor. Nichts herausragendes, die üblichen Gags, die man erwarten würde. Zudem ein paar Easter Eggs hier und da, ein paar popkulturelle Anspielungen und Brüchen der 4ten Wand. (Die nach hinten heraus etwas weniger werden.) Alles nicht schlecht, ich hab ab und an gut Geschmunzelt, aber auch nicht gerade große Lacher. Zwischendurch hauen sie einen sozialen Kommentar raus, wobei ich manchmal nicht sicher war, ob sie nun dafür oder dagegen sind, oder sogar schlicht concern trolling betreiben.

Kitteh ist der heimliche Star des Spiels, mit wunderbar schnippischen Kommentaren die ganze Zeit. Insgesamt empfand ich die Story aber als wenig fesselnd. Zwar mochte ich einige der Mysterien, die angesprochen werden, aber es bleiben zu viele Fragen offen, und zu viele Details passen nicht so recht ins Bild.
Das Ende ist auch sehr offen gehalten und hat mir insgesamt nicht so gut gefallen.

Das ganze hat mich um 9 Stunden gekostet, in denen ich immer wieder von der tollen Optik verzückt war. Aber was Gameplay und Puzzle angeht, ist noch deutlich Luft nach oben vorhanden. Bleibt abzuwarten, ob es einen Teil 2 geben wird, der vielleicht mit Verbesserungen aufwartet.

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Nur der bußfertige Mann wird bestehen! Mit Blasphemous kommt aus Spanien die katholische Version von Hollow Knight. Das Dark Souls-esque 2D Metroidvania im Pixellook besticht durch düstere, religiöse Themen und einem Hauch Gore.
Wie bei den großen Vorbildern von Fromsoftware hat jedes Item umfassende Lore, zugleich bleibt die übergreifende Story aber kryptisch und mysteriös.

Seit Release haben sich die Entwickler - die sich zuvor einen Namen mit der tollen Lovecraft-artigen PnC Adventure Serie The Last Door gemacht haben - nicht lumpen lassen, und die Patchnotes reichen heute fast bis nach Bottrop. Neben Bugfixes und umfassenden Feinschliff wurde auch diverser Content hinzugefügt. Wer also von damals noch ein eher flaues Gefühl in der Magengrube hat, sei an dieser Stelle zu einer neuen Begutachtung eingeladen.

Die Spielwelt ist voller Details, schicker Effekte, toller Hintergründe und großer Vielfalt. Und dabei gern auch recht deftig, mit Fatality-Kills und grotesken Monstern. Während hier der Pixellook wirklich gut kommt, sieht er in Cutscenes zuweilen etwas zu simpel aus, mit vielen gleichförmigen Flächen oder direkt schwarzem Raum. Auch sind sie immer wieder durch kurze Schwarzblenden unterbrochen, was mich zuweilen irritierte. Gerade zu Beginn haben sie optisch einen so schlechten Eindruck auf mich gemacht, dass ich tatsächlich auf Youtube geschaut habe, ob das so sein soll oder nicht doch ein Fehler bei mir vorliegt.
Die Animationen sind aufwendig und flüssig, und ich habe eine gewisse Schwäche für die Idle Animation von unserem spitzhütigen Büßer. Das hat einfach alles Stil.

Beim Spielen fühlt man sich sehr schnell Zuhause, mit vielen Mechaniken, die einen an Hollow Knight oder Dark Souls erinnern.
Die Metroid artige Karte (auf der man auch eigene Marker setzen kann) lädt zum Erkunden der Welt ein, die voller Shortcuts ist und Schätze, an die man erst mit späteren Fähigkeiten rankommt. Alles mit bedingtem Händchenhalten.
Immer wieder gibt es mysteriöse Orte und NPCs, wo man nicht so recht weiß, was sie wollen, aus vagen Itembeschreibungen dann aber doch Schlüsse ziehen kann (oder einfach auch mal was durch Zufall entdeckt). Andere Sachen wirken widerum weiter hergeholt, um nicht zu sagen unfair, und Questlines können unterschiedliche Verläufe nehmen.
Versteckte Gänge, geheime Durchgänge - die üblichen Geheimnisse dürfen nicht fehlen. Teilweise sind diese richtig gut in den Spielfluss eingebunden und mit geschickt platzierten Hinweisen stößt man teils auf ganz natürliche Weise auf ein Versteck, was einfach mega Laune macht.

Für sein treues Schwert kann man nach und nach Attacken freischalten und in den Griff Buffs einsetzen. Ein Rosenkranz steht einen ebenfalls für verschiedene Buffs zur Verfügung (quasi das Charms System von Hollow Knight), und dann hat man noch 3 Slots für Spezial-Fertigkeiten. Eine lässt einen zB die Gedanken von Leichen lesen. Hier ist für jeden Spielstil was dabei.
Daneben gibt es noch diverse Quest-Gegenstände und Sammelkram.
Wie zuvor schonmal erwähnt kann die Qualität der Beschreibung all der Items schwanken. Manche sind ziemlich straight forward, andere halten sich sehr bedeckt. Und das kann gerade bei den Perlen für den Rosenkranz nerven, wenn man etwas hilflos rumprobiert, was mir das jetzt nun genau bringen soll. Nicht jeder Effekt ist mit bloßem Auge auch so gut zu erkennen.
Das Menü ist teils ein wenig ausufernd, und alles hat seinen eigenen Reiter. Sich da durchzuklickern wirkt etwas anstrengend.
Natürlich kann man auch Lebensbalken, Mana und Heiltränke mit der Zeit erweitern.

Bonfire sind hier Schreine, die wie bekannt alle Gegner respawnen lassen und einem die Heiltränke wieder auffüllen. Natürlich findet man nicht alle 5 Meter einen, aber trotzdem sind sie eigentlich sehr gut gesetzt, und man schaltet wirklich ständig Shortcuts frei.
Beim Tod verliert man seine Währung (hier sind es Tränen) nicht, bekommt dafür aber ein Stück Mana abgezogen und erhält nun weniger Tränen. An der Stelle des Todes entsteht ein Abbild, das man wieder einsammeln muss, um die Bestrafung aufzuheben. Diese können sich dabei stacken - alle Abbilder bleiben bestehen, auch wenn man danach ein weiteres mal stirbt.
In der Welt verteilt gibt es Statuen, an denen man den Effekt auch gegen Tränen aufheben kann.
Gut zu wissen: Lange Laufwege zu Bossen gibt es nicht, da ist immer direkt ein Schrein um die Ecke. Und nach dem Tod spawnt das Abbild so, dass man es einsammeln kann, ohne den Bossfight zu triggern. So kann man bei Bedarf auch nochmal auf dem Absatz kehrt machen. (Ausnahmen bestätigen die Regel.)

Wie es sich gehört ist der Schwierigkeitsgrad hoch. Gegner hauen mächtig rein und rotten sich gerne zu mehreren zusammen, sind zudem auch mal unfair platziert. Sterben gehört hier dazu. Am frustrierendsten ist dabei wohl der sofortige Tod durch Abgrund oder Stacheln. Ich bevorzuge das Prinzip, Leben abgezogen zu bekommen und in der Nähe zu respawnen, anstatt das als vollwertigen Tod zu zählen. Zumal man hier bei einem schweren Treffer im hohen Bogen nach hinten geworfen wird und nur hilflos zusehen kann, wie man zielsicher in den sicheren Tod fliegt.
Gerade bei Bossen nervt es, dass Respawnen etwas träge ist und man immer wieder die gleiche Einführungscutscene für den Kampf zu sehen bekommt, ohne sie abbrechen zu können.
Tatsächlich muss ich aber sagen, dass abgesehen von Einzelfällen, die Bosse kein großes Problem darstellen. Der Weg dahin, quasi das Level mit den "normalen" Gegnern, hat mich oft sehr viel mehr ins Schwitzen gebracht.
Das Kampfsystem wartet mit diversen Kniffen auf, wobei ich sagen muss, dass mir nicht jede Attacke so leicht und zuverlässig von der Hand ging.
Die zu bereisenden Gebiete sind nicht nur optisch sehr unterschiedlich gestaltet, sondern haben auch individuelle Mechaniken.

Es gibt wirklich sehr viel zu lesen, teils auch in recht verschlungenen Sätzen. Ab und an kann man dabei mal einen Tippfehler finden, das ist aber selten, und insgesamt wirkt die deutsche Übersetzung sehr gelungen. Nur die Schriftart empfand ich manchmal als etwas anstrengend.
Für die Synchro stehen Englisch und Spanisch zur Auswahl, wobei letzteres immer wieder sehr gelobt wird, und die Atmo nochmal aufwerten soll. Und in meiner Erfahrung würde ich das auch so unterstreichen.
Mein Dritthersteller Gamepad wurde auf Anhieb erkannt, wobei in Einzelfällen Buttonprompts leer sind oder falsche Symbole gezeigt werden. Aber so selten und an unwichtigen Stellen, wodurch es mich nicht gestört hat. Alle Tasten können im übrigen frei belegt werden.

Nach gut 24 Stunden habe ich meinen fast 100% Run mit dem True Ending beendet.
An der Stelle hört es aber nicht auf, denn jetzt schaltet sich ein Boss Rush Mode frei, in den man noch mehr Zeit versenken kann. New Game+ steht ebenfalls zur Verfügung, mit einer zusätzlichen Questline, die es nur dort gibt.

Dann wäre da noch das Crossover mit Bloodstained, bei dem es sich um harte Platforming Level handelt, die in der Welt verteilt zu finden sind. (White Palace lässt grüßen.) Das fiese hier ist, dass ein Timer mitläuft. Erreicht man nicht rechtzeitig das Ziel, darf man den Level ganz von vorne starten. Oder auch bei dem berühmten Fall in sofort tödliche Stacheln.
Das knappe Zeitlimit, das keinen Fehler verzeiht, hat mir das ganze zu sehr verleidet, da habe ich sehr schnell das Handtuch geworfen. Was wirklich schade ist, denn eigentlich mag ich das Grundkonzept total gerne.

Ebenso optional ist ein Spiel im Spiel: In einer versteckten Kammer findet man einen Spieleautomaten, an dem man eine 8 Bit Version von Blasphemous spielen kann. Ein wenig eine Hommage an die ersten Castlevanias & Co. Leider recht schwer ohne Checkpoints, und für jeden Versuch muss man, wie es sich gehört, Geld einwerfen. Auch hier habe ich nur ein wenig reingezockt.

Es ist vielleicht kein Hollow Knight, aber zu verstecken braucht sich Blasphemous auf keinen Fall. Die bekannten Elemente sind nochmal neu durchgemixt zu einem richtig guten Metroidvania mit ganz eigener Atmo und mit ordentlich Content. Und es geht weiter:
Für Anfang Dezember ist der letzte Story DLC mit Endgamecontent (kostenlos) angekündigt, und 2023 soll ein Sequel folgen. Bleibt nur abwarten und beten.

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Alexiell

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Von den Machern von Kathy Rain kommt ihr neues PnC Whispers of a Machine. Ebenfalls in 2D Pixellook und einigen spielerischen Ähnlichkeiten, zugleich aber mit ganz neuen Kniffen.
In einer fernen Zukunft gab es durch hoch entwickelte Technologie Probleme, weswegen diese nun stark reguliert wird, vor allem im Bereich KI. Wir spielen Polizistin Vera, die einen Mordfall aufklären soll, der schnell zu mehr Leichen und einer größeren Geschichte dahinter führt.

Obwohl die Grafik insgesamt sehr schön ist, war ich nicht völlig zufrieden damit. An vielen Stellen sieht es immer mal wieder zu einfach gehalten aus, auf simpelste Art in Photoshop gemalt und auf pixelig gemacht. Zwar gibt es auch Räume voller Details, super Lichtstimmungen und wunderschöne Himmel. Aber eben auch diese kargen Ecken.
Auch die Pixeldarstellungen der Figuren hat mir nicht hundertprozentig gefallen, auch wenn ich es nicht genau beschreiben kann. Zudem stechen sie etwas vom Hintergrund hervor.
In Dialogen werden Charakterportraits angezeigt, die sehr detailliert und hübsch sind. Zudem sehr vielfältig und immer zum Zustand der Personen passend. Durch die vielen Abstufungen in der Schattierung sehen sie leicht unscharf aus, trotzdem haben sie mir sehr gut gefallen.
Nach kurzer Spielzeit habe ich mich immer an den Look gewöhnt, nur wenn ich nach einer Pause weitermachte, stachen mir für eine Weile wieder ein paar Dinge negativ ins Auge.

Vom Gameplay her sind die Grundzüge ähnlich wie bei Kathy Rain: Man hat wieder sein Notizbuch, in dem alle Personen und Gesprächsthemen festgehalten werden, nach denen man NPCs ausfragen kann. Und natürlich kann man ihnen Items vorzeigen.
Der große Unterschied kommt durch Veras Augmentationen und einem Karma System.
Basierend auf Handlungen und Entscheidungen in Gesprächen verändert sich die Karma Ausrichtung: Empathisch, Logisch oder Aggressiv (so ein wenig der Arschloch Pfad). Gerade in Dialogen sind dabei die Antworten sehr on the nose, und ich hätte mir da manchmal ein wenig mehr Abstufung gewünscht.
Zu Spielbeginn hat Vera drei Augmentationen, um ihre Ermittlungen zu unterstützen: Ein Scanner, ein Pulsmesser und einen Stärkeboost. Im Verlauf bekommt man zwei weitere dazu, und je nach Karma Stand sind diese unterschiedlich. Dadurch ändern sich die Lösungswege zu machen Rätseln.
Dabei kann der Unterschied recht klein sein, aber auch deutlich komplexer. Persönlich hatte ich den empatischen Pfad, empfand den aber als mit am langweiligsten. Bei einem weiteren Spieldurchlauf würde ich auf jeden Fall auf Kraft auf Logik gehen, denn zumindest für die erste Spielhälfte macht das einige Puzzle deutlich interessanter.

Der Spielverlauf fühlt sich sehr gescriptet und linear an. Man kann zwar viel umher laufen - und findet auch mal unverhofft etwas - zugleich weigert Vera sich auch sehr oft, nach dem Motto "Das muss ich jetzt nicht tun". Zusätzlich zu solchen Einschränkungen ist die Handlung in Tage unterteilt, was das Gefühl noch verstärkt.
Am Morgen bekommt sie dabei immer ihre neue Fähigkeit, die dann auch direkt im Anschluss ein paar Mal benutzt werden will, um sie dann genauso lange zu vergessen.
Das ist so mein größter Kritikpunkt an dem System: Die Benutzung fühlt sich zu geballt auf einer Stelle an und sehr genau gescriptet. Manche Fähigkeiten sind auch so nutzlos und selten, dass man fast vergisst, dass man sie hat.
Vielleicht wäre hier weniger mehr gewesen, dafür aber interessanter und gleichmäßiger im Verlauf eingebaut. Auch das Karma System macht nicht so den bahnbrechenden Unterschied, dass es viel Wiederspielwert hinzufügen würde.

Geschichte und Charaktere haben mich leider nicht besonders angesprochen, da war ich bei Kathy Rain deutlich mehr dabei. Der ganze Verlauf erschien mir recht standard, und ich war von nichts wirklich überrascht.
Auch Vera und ihr Hintergrund waren mir recht egal. Der wird auch nie groß angesprochen, immer wieder nur angedeutet und schien so einfach, dass es mich auch nicht wirklich interessierte.
Man kann immer wieder Entscheidungen treffen, vor allem am Ende. Allerdings hatte ich dabei das Gefühl, dass das Spiel immer sehr deutlich macht, was es selbst für das "richtige" und den "canon" für Vera hält, und etwas anderes zu wählen fühlt sich automatisch falsch an.
Z.B bekomme ich zwar die Möglichkeit zu sagen, nie Kinder gewollt zu haben, alle anderen Szenen geben aber einen deutlich anderen Eindruck von Vera.
Aber egal wie, am Ende gibt es 2 unterschiedliche Enden, die beide recht kurz und wenig spektakulär sind. Das Karma System hat hier auch keine Relevanz, es geht wirklich nur um das, was man in den finalen Minuten tut.

Die Länge bewegt sich um 6-7 Stunden.
Es hat mir insgesamt sehr gefallen, auch wenn ich mir etwas mehr erhofft hatte. Kathy Rain hat mich emotional mehr bekommen, und auch wenn sie spielerisch neue, gute Ideen eingebaut haben, fehlte mir hier und da noch etwas mehr Finesse. Empfehlenswert ist es aber allemal.

Fun Fact: Im Spiel gibt es ein Baby, dessen Geschlecht bei jedem Spielstart random festgelegt wird, mit einer 50%-50% Wahrscheinlichkeit.

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Alexiell

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The Witness ist ein Puzzle Spiel, in dem man wirklich nicht mehr macht, als von einem Rätsel zum nächsten zu gehen.
In Egoperspektive laufen wir über eine verlassene Insel, über die alle Rätseltafeln verteilt sind. Optisch kann sich die Welt absolut sehen lassen. Die unterschiedlichsten Areale reihen sich hier dicht an dicht. Da der Herbstwald, dort die Wüstenlandschaft, hier ein Seerosenteich. Der Look ist eher einfach gehalten Richtung Cellshade, aber alles strotz vor kräftigen Farben, wunderschönen Flüssen, Glitzereffekten und interessanten Bauten.
Hier umherzulaufen und auf all die Details zu achten macht schon echt Laune. Dazu kommen diverse optische Täuschungen, die immer wieder in die Landschaft eingebaut sind.

Das Rätselprinzip ist eigentlich simpel: Per Mausklick kommt man in eine Art Zeichenmodus und kann dann mit dem Cursor von einem fixen Startpunkt aus eine Linie zum Ausgang zeichnen. Überall stehen nun Tafeln mit einem vorgegebenem Raster, das es zu lösen gilt.
Hat man eine Tafel gelöst, aktiviert man idR damit die nächste. So folgt eine ganze Kette von Tafeln, an deren Ende man dann das Areal abschließt und weiterzieht.
Manchmal öffnet man auch einfach nur eine Tür oder bedient einen Fahrstuhl - alles in der Welt ist um diese Mechanik herum gebaut.

Natürlich kommen immer mehr Hindernisse hinzu, Symbole werden in das Muster eingebunden, die neue Regeln aufstellen, wie die Tafel zu lösen ist. Selbst die Umgebung wird geschickt in die Rätsel eingebunden. Und so bekommt man, obwohl das Grundprinzip immer gleich bleibt, trotzdem ständig neue Varianten geboten.
Ich möchte hier bewusst keine konkreten Beispiele nennen, da oftmals die Entdeckung der Regeln/Lösungen mit so der größte Wow-Moment im Spiel ist.
Man entwickelt geradezu ein Auge für die Hinweise, und richtig interessant wird es, wenn einem klar wird, dass man wirklich jeder Zeit in den Zeichenmodus gehen kann, und plötzlich kommt einem die Umgebung selbst sehr verdächtig vor.

Alles ist dabei darauf ausgelegt, dass der Spieler sich die Regeln non-verbal erschließt. So findet man zunächst eine sehr einfache Tafel, an der man etwas rumprobiert, bis man dadurch heraus findet, was dieses Symbol bedeutet. Und dann ziehen die folgenden Tafeln den Schwierigkeitsgrad langsam an. Später mixen sich natürlich auch verschiedene Prinzipien miteinander.
So genial dieses "Learning by Doing" auch umgesetzt ist, birgt es doch die große Gefahr, dass man sehr lange brauchen kann, bis man jede Regel wirklich korrekt entschlüsselt hat, was man jetzt darf und was nicht, und warum die Lösung jetzt gerade diese ist. Und eine falsche Annahme kann super schnell zu Hilflosigkeit führen.
Die ganze Insel ist open-worldig aufgebaut, und es kann durchaus vorkommen, dass man plötzlich ziellos umherirrt und nur Tafeln findet, die man noch überhaupt nicht versteht, bis man wieder einen neuen Tutorial Bereich entdeckt.

Der Schwierigkeitsgrad ist so unterschiedlich, wie die verschiedenen Regeln beim Lösen. Es gibt sehr leichte, aber auch sehr schwere. Und die eine Art liegt einem vielleicht mehr, als die andere. Während einige schwer sein können, aber trotzdem klare Regeln haben und damit fair sind, gibt es aber welche, bei denen man das Gefühl hat, Stöcker zwischen die Beine geworfen zu bekommen.
Um Brute Forcing zu verhindern gibt es Tafeln, bei denen eine Falscheingabe dazu führt, dass sie ausgeschaltet wird und man die vorherige erneut lösen muss. Dieses System wird leider auch an Stellen eingesetzt, bei denen ich sie für weniger sinnvoll halte und dann nur unnötigen Frust hinzufügt.

Viele Tafeln arbeiten mit unterschiedlichen Farben, und manche Rätsel basieren auf akustischen Signalen. Leider bietet das Spiel keinerlei Optionen zur Barrierefreiheit. Wer also unter Farbenblindheit leidet oder ein beeinträchtigtes Gehör hat, wird zwangsläufig zu kämpfen haben und eine Lösung brauchen.
Angesichts der Sound-Rätsel ist es im übrigen irritierend, dass das Spiel keinerlei Sound-Optionen bietet.

Auch wenn ständig neue Kniffe hinzu kommen, eine gewisse Ermüdung kann sich immer wieder zeigen, durch die schiere Masse an Tafeln. Es kommt immer zur gleichen Gefühlsachterbahn: Oh, die Idee ist aber cool! - Ok, langsam hab ich's verstanden. - Was, nochmal 5 Stück davon?!
Gefühlt hat einfach jeder Raum / Reihe immer 1-2 Tafeln zu viel, die sich teils auch extrem ähnlich sind, da hätte man manchmal gerne kürzen können. So wirkt es oft zu sehr gestreckt, was mit der größte Kritikpunkt am ganzen Spiel ist. Es will einfach nicht aufhören. Man hätte The Witness locker um die Hälfte kürzen können, ohne dabei einzubüßen, was dieses Spiel so besonders macht.
Und das macht einem leider schnell das Erlebnis madig. Es mag noch so spaßig sein, die Tafeln zu lösen und nach den geheimen Formen zu suchen, irgendwann nutzt sich die Magie einfach ab.

Dazu gibt es auf lange Sicht immer wieder zu oft Stellen, wo das Spiel tatsächlich schlichtweg unfair wird. Wenn, um nur ein Beispiel zu nennen, eine Tafel sich zu drehen beginnt, was es nicht nur schier unmöglich macht, noch die Linie zu steuern, sondern einem beim drauf schauen auch noch duselig wird. Was soll sowas?

Ein anderes großes Ärgernis ist das träge Gelatsche von A nach B. Unser Charakter kann nicht springen, und jede noch so kleine Erhebung wird schnell zum unüberwindbaren Hindernis. So muss man generell schon ständig umständlich Dinge umlaufen, wenn man sich durch die Welt bewegt. Erschwerend kommt hinzu, dass man oft sogar bewusst gezwungen wird, Umwege zu nehmen. Wege werden versperrt, enden in Sackgassen, manche Areale sind regelrecht labyrinthig aufgebaut und können einen zur Verzweiflung treiben. Es gibt Platformen, die ewig brauchen, sich von links nach rechts zu bewegen - Traversel kann hier schnell zur absoluten Qual und Geduldsprobe werden.

Erschwerend kommt hinzu, dass es zu den Spielen gehört, die gerne Motion Sickness auslösen. Gesteuert wird entweder mit Maus und Tastatur, wie ein klassischer Egoshooter, oder man greift zum Gamepad. Zwar gibt es sehr viele Optionen zur Steuerung, unter anderem auch einen FOV Slider, trotzdem wirkt es sich durchaus anstrengend auf die Magengrube aus. Vor allem wenn man dann mal eine Session hat, bei der man viel umherrennt.
Gleichzeitig ist das Optionsmenü in anderen Punkten sehr rar. Wie zuvor schon mal erwähnt gibt es Soundtechnisch gar nichts. Und auch die Sprache muss man über eine separate exe im Spieleordner ändern, ingame geht da nichts.

Abseits der Rätsel und Sammelkram bietet The Witness tatsächlich rein gar nichts. Eine richtige Story ist so nicht vorhanden, entsprechend ist auch das Ende einfach nur da. Und das, was da ist, ist lediglich prätentiöses Gelaber.
Am Wegesrand kann man auf versteckte Audiologs stoßen, die philosophischen Müll und Zitate von irgendwelchen Leuten von sich geben, über Gott und die Welt und wie man Dinge aus verschiedenen Perspektiven betrachten kann.
Hinter versteckten Rätseltüren findet man Muster, mit denen man in einer Art Kinosaal Videoclips freischaltet, die ähnlich artsy-fartsy daher kommen, wie die Audiologs.
Es gibt durchaus Leute, die dem total was abgewinnen können, wie über den Sinn des Lebens nachgedacht wird, und was man alles ins Spiel hineininterpretieren kann. Gegen Ende durchbrechen die Audiologs in gewisser Weise auch die 4te Wand. Für mich ist das jedoch alles nichts.

Man kann nur einen aktiven Spielstand zur Zeit haben, und gespeichert wird die ganze Zeit automatisch. Beendet man seine Session, wird exakt so gespeichert, wie man gerade steht, und es geht das nächste Mal 1 zu 1 weiter.
Erreicht man das Ende, schmeißt es einen knallhart auf den Desktop, und es sieht so aus, als ob alles geschaffte gelöscht wurde. Tatsächlich kann man aber über die Optionen den letzten Save laden. Hier scheint es erst, als sei man eingesperrt, kann die Türen aber nochmal wieder deaktivieren und raus gehen, um verbliebene Rätsel nachzuholen.
Also alles doch nicht so schlimm, wie es erst aussieht. Trotzdem etwas merkwürdig und umständlich, wie so vieles bei dem Spiel.

Die Spiellänge ist bei sowas natürlich immer etwas schwierig einzuschätzen, aber The Witness hat durchaus ordentlich Fleisch auf den Knochen. (Wenn nicht sogar zu viel.) Selbst wenn man primär dem Hauptpfad folgt, um das Ende zu erreichen, kann man schon 15-20 Stunden brauchen. Ich selbst habe mir viel Zeit mit Erkunden gelassen und wirklich jede Tafel gelöst und war fast 30 Stunden beschäftigt. Dabei habe ich eine versteckte finale Challange nicht weiter angefasst, und auch die Collectible Jagd habe ich alsbald abgebrochen, da es einfach nur eine quälende Fleißarbeit gewesen wäre.
Für einen wahren 100% Run soll man durchaus 40 Stunden brauchen.

Aus diversen Gründen war ich sehr skeptisch gegenüber The Witness und habe lange mit mir gerungen, es mir zu holen. Zu Beginn wurde ich sehr schnell von der Genialität überzeugt und war bereit von den Dächern zu schreien, wie falsch ich doch lag. Doch je länger ich spielte, desto mehr machten sich all die Fehler bemerkbar und die Magie verflog, wodurch ich am Ende mit sehr gemischten Gefühlen aus dem Spiel ging.
Ja, es ist ein besonderes Erlebnis, das ich jedem Rätselfreund nur ans Herz legen kann. Aber Genie und Wahnsinn liegen leider dicht beieinander, was hier eindrucksvoll demonstriert wird.

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An einem Spätsommertag eine schöne, gemütliche Bergwanderung, was gibt's besseres? A Short Hike ist die Antithese zu Celeste: Kein Druck, keine Gefahren aber dafür viel Erkunden und quirlige Charaktere.
In einer Welt antropomorpher Tierwesen spielen wir Pinguin Claire, die ihre Tante auf der bergigen Insel Hawk Peak besucht, berühmt für seine Wanderpfade. Da sie auf einen Anruf wartet, am Boden aber keinen Empfang hat, beginnt Claire den Aufstieg. Unterwegs gibt es aber eine zillion Kleinigkeiten zu entdecken.

Man bewegt sich frei durch eine 3D Welt, wobei man mit der Kamera - die man nur minimal lenken kann - eine leichte Draufsicht hat. Insgesamt sieht die ganze Insel in sich sehr ähnlich aus, aber immer wieder mit kleinen Unterschieden. Die Farbpalette der Flora und Fauna vermittelt dabei einen angenehmen Herbst-Flair.
Es liegt ein recht einfache Optik zu Grunde, in sehr starkem Pixellook. Am besten vergleichbar mit DS-Spielen. In den Optionen können die sehr groben Pixel stufenweise verfeinert werden, bis alle Treppchen weg sind. Dieser glatte Look ist was völlig anderes - hat mir aber auch total gut gefallen und mich spontan an Vektor-Grafiken erinnert.
Bei den extrem groben Pixeln hatte ich das Problem, dass mir das Bild in Bewegung zu sehr geflirrt hat. Bei ganz glatt stach heraus, dass alles andere - Menü, Sprechblasen etc - immer noch den Pixellook rocken, und damit ein gewisser Bruch entsteht. Am Ende habe ich mich auf den mittleren Pixelgrad eingeschossen und war damit sehr zufrieden.
Wie man sich persönlich auch entscheidet, hier wartet ein hübscher Stil, der in sich stimmig ist und voller Details steckt.

Von Minute 1 an gibt es Sammelkram am Wegesrand, und recht schnell bekommt man auch eine Schaufel, mit der man Schätze ausgraben kann. Angeln darf natürlich auch nicht fehlen, ein Boot will ausgeliehen werden, und vor allem warten all die schrägen NPCs auf einen, mit denen es zu quatschen gilt. Dadurch startet man diverse Nebenquests wie zB Wettrennen oder auch nur eine klassische Fetchquest. Im Gespräch sollte man wirklich jede Figur bis zum geht nicht mehr ausquetschen.. Manche ändern auch ihren Standort und/oder haben später neuen Dialog.
Dabei ist alles super wholesome und ehrlich lustig. Ich musste wirklich mehrfach laut lachen. Das ist schon mit der größte Sellingpoint des Spiels, dieser ganze Charme und die tollen Figuren. Vertont ist dabei übrigens nichts, aber trotzdem kommt unglaublich viel Charakter rüber.
Die Sidequests sind immer wieder leicht unterschiedliche Kleinigkeiten und nicht zu wiederholend, um nervig zu sein. Im Gegenteil: Bei dem ein oder anderen hätte ich mich über noch mehr Aufgaben gefreut.
Ein ganz großes Feature ist Clairs Flugeigenschaft. Von Anfang an kann man Gleiten, verliert dabei aber langsam an Höhe. Mit der Zeit sammelt man immer mehr Federn, die Ausdauer repräsentieren. Damit kann man höher Klettern und auch beim Fliegen an Höhe gewinnen. Je mehr Upgrades, desto rasanter und einfacher kommt man von A nach B, was den Spaß am Erkunden noch erhöht.
Mit dem Boot übers Wasser zu flitzen macht im übrigen auch richtig Spaß.

Eine nennenswerte Geschichte gibt es zwar so nicht, aber am Ende war ich doch durchaus emotional ergriffen. Und wenn man dann vom Gipfel zurück zu Boden segelt und dabei die tolle Musik anfängt, da kann man schon etwas Gänsehaut bekommen.

Ein bisschen was zu mäkeln habe ich aber trotzdem.
Da wäre zum einen das Inventar, das eine lange Linie ist. An der rauf und runter zu scrollen ist ein wenig müßig, da wäre eine quadratische Anordnung komfortabler gewesen.
Die Kamera ist von Haus aus völlig ok. Allerdings habe ich mir oft gewünscht, mal rauszoomen zu können, um einen besseren Überblick zu bekommen, wo ich bin, hingehe, her komme und ob 3 Meter weiter die Felswand runter vielleicht ein interessanter Vorsprung ist.
Damit einhergehend fehlt mir auch eine kleine Map. So oft habe ich versucht, eine bestimmte Ecke wiederzufinden und bin dran vorbei gesegelt oder in die völlig falsche Richtung los. Zwar ist Hawk Peak nicht ewig groß, so klein aber nun auch nicht. Eine einfache Map zur ungefähren Orientierung würde ich sehr begrüßen.
Mit der Soundabmischung hatte ich auch etwas beef. Zwar kann man alles schön separat regeln, aber einzelne Geräusche neigen dazu, im Vergleich deutlich lauter herauszustechen.

Gespeichert wird automatisch und man kann nur einen aktiven Spielstand haben. Aber das Spiel macht deutlich, wann man die Credits auslösen wird, und auch dann kann man in seinen Spielstand zurückspringen und noch alle verbliebene Quests etc nachholen.
Entweder spielt man lässig mit Gamepad oder nutzt die Tastatur.
Geladen wird nur super selten. Die Insel an sich ist sonst Ladezeiten-freie Zone.

Will man primär nur zum Gipfel hoch, macht A Short Hike seinem Namen alle Ehre und man kann in etwas mehr als 1 Stunde die Credits sehen. Erkundet man aber, wie es gedacht ist, und macht die ganzen Sidequests, kann man gut 4,5 Stunden auf Wanderschaft sein. Und ich habe jede Minute davon genossen.
Gern hätten da sogar noch mehr Kleinigkeiten fürs Endgame sein können, wenn man völlig upgegradet über die Insel flitzt.

A Short Hike ist ein Paradebeispiel für Spiel mit Herz, voll sympathischer, lustiger Figuren und einem total entspannendem Gameplay. Perfekt zum runterkommen, relaxen und einfach mega wohlfühlen.
10/10 Federn - Would hike again!

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