• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

[Erfahrungsbericht] Aufenthalt in psychiatrischen Kliniken

Zeddicus

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Der Ablauf einer stationären Notfall Therapie
Hallo,

ich möchte einfach mal meine Erfahrungen schildern wie so eine Stationäre Not Therapie aussieht, wnen man sich mit schwerwiegenden psychischen Problemen freiwillig einweisen lässt.

Wichtig ist vorweg natürlich erst mal das man psychische Probleme hat. Schwerwiegende Depressionen, Suizidgedanken etc. wo dann eine psychatrische Klinik Ansprechpartner wird, da es mitten in der Nacht etc. ist, sprich wo der normale Therapeut (oder Hausarzt, Neurologe etc.) nicht ansprechbar ist.

In der Regel landet man dann in der „Notaufnahme“ des psychiatrischen Krankenhauses. Das ist meist nur „Fleischbeschau“, sprich kurz abchecken was Phase ist, ggf. Verletzungen (sofern man Borderline Patient ist) verarzten und dann je nach Fall an einen der Diensthabenen Stationsärzte verweisen.

Als eigene Erfahrung kann ich anbringen das ich mich kurz vor Weihnachten in die Klinik begeben habe, Wochenende, dh. Nur Minimalbesetzung und direkt nach dem Wochenende die Feiertage. Das ist zwar mittlerweile einige Jahre her, aber immer noch aktuell.

Ich bin diagnostizierter Borderline Patient mit mittelschweren Depressionen. Da gibt es auch Fachausdrücke für, nennt sich zB F60.3

Im Grunde nur ein mal gecheckt was Phase ist, „Symptome“ sozusagen abchecken, sprich wie äußern sich die Depressionen / Suizidgedanken / wenn ja welcher Art / Planungen in der Richtung vorgenommen / Selbstverletzungen. Danach geht’s meist auf Station, je nach Fall geschlossen oder öffentlich. Wenn geschlossen verabschiedet euch von Handy, Ladekabel, Rasierer etc. man nimmt euch ALLES weg, uU auch Schnürsenkel. Wenn offen könnt ihr alles behalten, kein Ding.

Gerade bei so Wochenenden mit Feiertagen danach ist immer Flaute im Ärzteteam. Die sind eh chronisch unterbesetzt, daher gibt es nur die volle Dröhnung Medikamente. Je nach dem ob ihr vorher schon eingestellt wurdet auf Antidepressiva, Schlafmittel, Beruhigungsmittel wird das entweder fortgeführt (und die Dosen erhöht um die Zeit aufzufangen bis Therapeuten und Co wieder im Haus sind) oder man fängt an damit.

In meinem Fall wurde direkt mit Lorazepam / Tavor, einem starken Beruhigungsmittel, angefangen wodurch ich eigentlich den ganzen Tag nur gepennt habe. Dazu gabs Antidepressiva (Cipralex) und ein Neuroleptika (Seroquel) um noch besser schlafen zu können. Im Bedarfsfall (sprich wenn gar nix mehr ging, wenn alles zu viel wurde) gabs noch mehr Dröhnungen, da kenn ich aber die Namen nicht von. War irgendein bunter Mischmasch.

Je nach „Schwere“ der psychischen Probleme gibt’s erst mal stumpf 1-2 Wochen Aufenthalt ohne Ausgang. Wobei Ausgang sich hier auf: Klinikgelände darf nicht verlassen werden bezieht. Wer offene Station untergebracht ist, kann idR (Anfangs ggf. nur mit Aufsicht) auf dem Klinikgelände spazieren gehen. Verlassen des Geländes ist aus Versicherungstechnischen Aspekten Tabu. Meist muss man sich da in einem Buch eintragen (Uhrzeit, Name, geplante Abwesenszeit) damit die Schwestern das nachhalten können. In kleineren Kliniken geht das auch per mündlicher Abmeldung. Ob man jetzt wirklich nicht zur Tankstelle latscht um sich eine Packung Kippen zu holen kann eh niemand überprüfen, aber wenn was passiert ist man halt nicht versichert.

Die Therapiegeschichten sind in so Notfallkliniken einfach mies. Versprecht euch da nichts von, ihr werdet, wenn ihr in so eine Klinik huscht, einfach nur mit Medikamenten versorgt und darauf eingestellt. Zeit um mit euch zu quatschen etc. hat eh keiner - oder um euch „abzulenken“ abseits der Medikamente. Gewiss, letztere tun das je nach Dosierung richtig, richtig geil, aber das ist ja nicht Ziel der Sache.

Therapieplan sieht im Grunde so aus:
Wochentherapieplan.jpg


Das pinke Zeug ist das, wo einen der jeweilige Therapeut zu eingetragen hat. Wie man sieht verdammt viel Leerlauf - das war zum einen der mangelnden Anwesenheit der Ärzte geschuldet als auch der Einstellung auf die Medikamente wo dann eh nix geht.

Bin 2x in Ohnmacht gefallen, vorher selbstverletzendes Verhalten, aber die Medikamente haben mich umgeboxt. Gemeinschaftsbad für 2 4er Zimmer. Praktisch fertig mit dem duschen und bam, hats mich weggehauen - sorry das konnte man nicht übersehen, hat die aber nie interessiert. Gab aber abends dann mehr Medikamentenstoff. Also was das angeht war die Klinik echt Scheisse.

Ergotherapie und kreative Therapie sind im Grunde das gleiche, rummalen/kritzeln, Window Color etc. und bloß nix gefährliches. Ich sag mal gewiefte Borderliner erfreuen sich an den Anspitzern für Stifte die nicht weggeschlossen sind - wobei das erfahrungsgemäß eh nicht interessiert. Notfallkliniken geht es rein um die Medikamenteneinstellung.

So nach 1-2 Wochen darfst du dann gehen und wirst halt dringend darauf hingewiesen einen Therapeuten aufzusuchen. Kriegst einen Bericht mit inkl Diagnose (inwieweit die was bringt wenn sich eh niemand mit dir beschäftigt ist mal dahingestellt) und ja, dann kannst gucken wie es weiter geht.


2. Klinikaufenthalt, geschlossen stationär

Geschlossen eingewiesen kann man afaik nur auf Anordnung von einem Richter, da mehr als 24h nicht gehen ohne Anordnung. Egal, seis drum, von der Intensivstation geschlossen -> Richter + Psychologe -> 2 Wochen Zwangseinweisung. Da eine entsprechende medikamentöse Einstellung zuvor schon erfolge und weiter geführt wurde durch entsprechend ambulante Maßnahmen wurde da nicht viel gemacht. Im Grunde wurde einem nur sämtliches Zeug zum strangulieren weggenommen (Gürtel, Ladekabel etc.pp) und die Medikamentendosis wurde noch mal ordentlich gepusht. Der Therapieplan hat sich nicht großartig verändert im vgl. zu oben.

Nach ~1 Woche wurde ich auf die öffentliche verlegt und konnte dann nach 2 Tagen öffentliche nach Hause. Sprich unter den 14 Tagen. Liegt immer im Auge des Psychologen wie das läuft, ob man die Zeit "aussitzen" muss oder nicht. Geschlossen hat man 0 Freiheiten. Raucherraum war da so mein Hauptaufenthaltsplatz zusammen mit Hanf Psychosen Leuten, Depressiven, Borderlinern etc. total bunt gemischt, aber niemand aggressives oder so dabei.

Ich sag mal der Zwangsaufenthalt hat von allem am wenigsten genutzt.


3. Klinikaufenthalt, freiwillig stationär, Therapie

Zu guter letzt noch das beste Ergebnis was es gab. Hatte mich für einen Therapieplatz (DBT Therapie) beworben in einem Klinikum welches 2 Arten der Therapie anbot (DBT und noch irgendwas für die Depris sowie eine geschlossene für die akuten Härtefälle sowie 1 kleine Station für demente) sowie Innere Medizin und Co, also so Mischmasch.
Therapieprogramm ~3 Monate hieß es. Angerufen natürlich nicht selber, telefonieren mit fremden Leuten ging gar nicht. Nach der anmotze für meinen Partner warum ich nicht selber anrufe und entsprechender Schilderung - die Empfangspussy war ein Drache sondersgleichen - lief es doch. Fragebogen bekommen uA was das Aggressionspotential angeht, Drogenmissbrauch, selbstverletzendes Verhalten, paar allgemeine psycho Fragen etc. also wirklich eher so 0815 Fragebogen den man auch bei jedem Psychologen bekommt. Wirklich nix schlimmes.

Den schickt man dahin und kriegt dann je nach dem ein Vorstellungsgespräch, kann man sich schon bisschen wie Bewerbungskram vorstellen aber im Grunde ists dann doch nicht so. Da kommen einige richtig unangenehme Fragen, im DBT Therapie Zeug halt, weil es für Borderliner ist, auch wo man sich bevorzugt selbst verletzt, spezielle Fragen WIE man sich selber verletzt oder es vorhat (Borderline ist halt nicht nur selber verkrüppeln sondern soviel mehr... hatte da Leute in der Therapiegruppe die einfach inner 30er Zone mit 200 durchgebrettert sind, die einfach alles an Drogen genommen haben was geht, die einfach bewusst ungeschützt gevögelt haben mit eigentlich allem mit einer Pussy etc.)... wenn das Gespräch läuft heißts eigentlich jo wir melden uns wenn ein Platz frei ist, ist halt nix akutes und alles.

Hatte persönlich Glück, Termin war in 3-4 Wochen angedacht, war gerade beim einkaufen genau nach dem Termin und der Anruf kam "jemand hat abgesagt könn sie morgen da sein" ... okay, kein Ding. Also fix Klamotten gepackt, Smartphones gabs da noch nicht (aber die Klinik hat WLAN Sticks bereitgestellt für 20€ Pfand + irgendeine Nutzungsgebühr), egal. Hin und ... jo. War schon ganz anders. Vollgepackten "Terminkalender"


Und 2x wöchentliche Einzelgespräche mit einer Psychologin. Dazu viel Gruppentherapie jeweils mit von der Gruppe festgelegtem Thema (Primär waren irgendwie Liebeszeug, Wut/Aggressionen). Ergotherapie weit vielfältiger als in den Aufenthalten zuvor. 'ne dumme Kochgruppe wo ich reingesteckt wurde. Ausgang etc konnte man beantragen, Tagesurlaub, Wochenendurlaub, kein Ding. Aber erst mal 2 Wochen nur Klinik, danach gabs dann erst Ausgang weiter weg. Klinikgelände ansich gab es nicht, man konnte bequem in die "Innenstadt" von diesem Randbezirk, zmd. Kiosk, Eisdiele und Sparkasse gab es da sowie einen Supermarkt um die Schokoladenvorräte aufzufrischen. Autofahren war natürlich verboten (auch aufgrund der Medikamente aber eher wegen Versicherungskram), hat einige nicht davon abgehalten, aber naja.

Bisschen grafischer Input ...

Diary Card.png

Gefühlsbeschreibung.png

Regeln.png

Behandlungsvertrag.png

Stationsablauf.png

Einverständniserklärung_1.png


Hab nicht mehr von allem Kopien etc. aber egal für den Ausblick reicht das. Kannst dich halt jeden Tag damit aufhalten entsprechende Kurven (Aggressionspatienten kriegen einen weitaus heftigeren Fragebogen) auszufüllen und jedes mal deine Stimmungen anzugeben. Wenn man sich drauf einlässt klappt das aber muss ich halt mal so sagen.

War insgesamt 3 Monate + 1 Woche da, hatte den üblichen 1 Monats"urlaub" auf 2 ausgedehnt. Der war noch mal wirklich mies aber passte. Jedes mal wenn man sich einen Fehltritt als Borderliner leistet darf man eine Verhaltensanalyse schreiben. Die wird dann Gruppenintern vorgelesen, das ist im grunde Zwang außer du verheimlichst es (wo die Therapie dann halt nix bringt) oder du quatscht es mit dem zuständigen Therapeuten ab. Ich hab in den ~ 3 1/2 Monaten nicht 1x so ein Ding vorgelesen weil ich mich halt zurückgehalten habe. 1 hab ich geschrieben und das auch der Therapeutin vorgelesen. Dadurch blieb mir das "öffentliche" vortragen erspart.

Letztlich muss ich sagen die DBT Therapie - inkl. Sport, Gruppengespräche, Einzelgespräche, Wochenendurlaub zum testen und 1-2 Wöchiges testen kurz vor Ende der Therapie hat richtig geholfen. Leider führt diese Klinik anscheinend nicht mehr das Programm in der Form, aber ich sag mal "ich bin geheilt". Nach knapp 10 Jahren Selbstverstümmelung habe ich dann doch die Kurve bekommen. Wobei mein Umfeld mir da - bis auf meine Eltern - sehr geholfen hat. Die checken heute noch nicht was da so abging.

Entsprechende Krankheitsfälle sind mittlerweile wirklich einfach nur worst case und nicht selber abstechen. Die Narben werde ich zwar nie wieder los aber egal, irgendwie gehört es dazu - allerdings is das echt ein fettes contra in Bewerbungsgesprächen, gerade im Armbereich. Da fallen einfach alle Augen drauf, zmd. bei den Narben die ich so habe. Aber ist halt so, Pech. Letztlich ärger ich mich selber über verkacktes Abi und Co aber kann man nix dran ändern.

Abschließend sag ich mal nicht alle Männer sind nett und man sollte nie unterschätzen was für krasse Schäden das psychisch anrichten kann. Die genauen Hinweise wieso, warum usw will und werde ich eh nicht nenne, aber das ist eh klar genug. Auch wenn unwahrscheinlich: Überlegt mal bitte was ihr den Kids antut Loverboys & Co.

Bin jetzt seit 4-5 Jahren "clean". Keine Medikamente, keine Therapie. Nach 3 Jahren nix machen gilt man als Clean. Die Gedanken werde ich wohl nie los, tlw Albträume und alles, aber ich komm irgendwie damit klar.

Tschö
 
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badboyoli

only a bad old bastard
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@Zeddicus:

Danke für deinen wirklich gut geschriebenen Erfahrungsbericht und den Mut diesen hier bei uns zu veröffentlichen.

Deine Geschichte deckt sich so ziemlich mit dem, was mir ein guter Freund über seine Erfahrungen als Patient verschiedener psychiatrischen Kliniken erzählt hat.

Auch das man sich selbst um einen Therapieplatz bemühen muss, ist leider Fakt. Von den Krankenkassen bekommt man hier auch sehr wenig Hilfe. Die geben einem grad mal ne Liste mit den verschiedenen Kliniken und Ärzten im Umkreis. Bis man hier den geeignetsten Therapieplatz findet, wo einem wirklich geholfen werden kann, vergeht leider viel zuviel Zeit.
Gerade bei psychischen Erkrankungen, die ja oft mit schweren Depressionen einhergehen, ist es für die Betroffenen sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, sich selbst aufzuraffen etwas zu unternehmen.

Es freut mich für dich das du es geschafft hast all diese Hürden zu überwinden und deine Erkrankung in den Griff zu bekommen. Ich wünsch alles gute für deine Zukunft.

LG
badboyoli
 

BurnerR

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Vielen dank für deinen sehr ausführlichen und sachlichen Report aus deiner Perspektive.
So wie ich den Text aufgenommen habe hinterlässt das System einen insgesamt eher positiven Eindruck. Oder zumindest etwas positiver als ich ihn bisher hatte.

Hauptprobleme scheinen zu sein:
1. Notfalltherapie besteht vor allem aus Drogenverabreichung und Tag rumkriegen.
2. Schlecht durchgeführte Aufsicht über Menschen die mit Drogen vollgepumpt sind und (teilweise) Suizidgefährdet sind während der Notfalltherapie.
3. Menschen die stark zu Antriebslosigkeit u.ä. neigen müssen genug Antrieb (oder soziale Kontakte) finden einen Therapieplatz zu bekommen.

Den ersten Punkt kann ich noch teilweise nachvollziehen. Da gehts wohl um erster Linie darum, dass einer im Notfall nicht abnippelt. Der zweite Punkt, was wäre eine Lösung? Eine zwischengeschaltete Vermittlungsstelle die das vereinfacht?
 

accC

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Wow, wirklich schön um 6:30 geweckt zu werden und die Bettruhe beginnt um 23 Uhr. Da braucht es doch gar keine Medikamente mehr, nach 2 Wochen ist eh Ende. Ich schätze mal ich würde das nicht mal eine Woche durchstehen. - Und ich dachte immer das wäre entspannend, damit man sich erholen und Energie kann. Das sieht für mich eher nach Tortur aus. Wozu soll das sein? Damit man bei der nächsten Gelegenheit die Selbstmordgedanken zum Selbstmordversuch ausbaut?
 

cokeZ

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Bei Bedarf kann ich das ganze Mal von der Seite der dort arbeiteten schildern (bevor ich ins Altenheim bin, hab ich auf einer geschlossenen Krankenhaus Psych gearbeitet).
 

Chegwidden

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@accC, ein strukturierter Tag ist aber für die meisten Menschen, deren Leben aus dem Ruder gelaufen ist, wichtig.
Und das Personal muss ja auch irgendwie planen können.

@cokeZ, es steht Dir natürlich frei, einen Bericht zu schreiben. Sicher ist es interessant, das mal sachlich und fundiert von der pflegenden, sich kümmernden Seite zu sehen.
Obwohl ich jetzt schon die Befürchtung hege, dass das Gesundheitssystem nicht gut dabei wegkommt ;)
 

godlike

Warp drölf
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Ok, also für jemanden der bereits schlimme psychische Zustände/Panikatacken über mehrere Monate bzw. Jahre hinter sich hat ohne jemals eine solche Institution aufzusuchen finde ich den Tagesplan auch irgendwie strange. Man soll um 22:30 Uhr dann Schlafen können? Gut, Tavor ballert zwar ganz schön rein, was der Sinn darin sein soll jemanden aber über einen langen Zeitraum zu sedieren nur das Ruhe herrscht verstehe ich nicht. Ich hab das erste mal nach einem Mehrtägigen Horrortrip einfach jemanden gebraucht der da war. Hätte ich alleine um 22:30 schlafen müssen, ich glaub dann wäre es vollends vorbei gewesen.

Aber gut, Tavor hatte ich zu der Zeit natürlich auch nicht im Hause. Zum Arzt hätte ich sowieso nicht gehen können in dem Zustand :coffee:

Danke aber für den ausführlichen Bericht. Konnte mir bisher nie so richtig was drunter vorstellen. Es scheint aber wohl Gang und Gebe zu sein das man einfach starke Psychopharmaka verschreibt. Zumindest bei den Fällen im Freundeskreis.
 

fl0w

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Super Beitrag, sehr ausführlich :T Danke auch für deine Offenheit. Habe mir gleich mal ein Lesezeichen gesetzt, möglicherweise könnte ich das sogar mal brauchen.
 

huberinfo

Ruhe in Frieden

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1. großes Lob für den Bericht
2. Erschreckend ist die Tatsache, das die Patienten vollgestopft werden mit Psychodrogen, die mit Sicherheit teilweise nicht notwendig sind.
3. Vermutlich würde es heute (nach den ganzen Gesundheitsreformen) noch schlimmer aussehen, da es nur noch darum geht, Kosten einzusparen
 

Zeddicus

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  • #10
@accC:

Es handelt sich hierbei ja wirklich nur um die akute Notfallbehandlung. Zu dem Zeitpunkt (Ort ist ja ersichtlich bzw. Klinikum) gab es noch Raucherräume, wo man sich primär aufgehalten hat. Wer vorher Nichtraucher war, ist als Raucher da raus gegangen, weil man eben nichts anderes zu tun hatte. Der Aufenthalt war übrigens vom 23.12. bis zum 16.01 des Folgejahres, habe noch mal nachgeguckt. Die Therapiepläne haben sich nicht verändert. Anwesenheitspflicht beim Essen gab es übrigens nicht, etwas was ich der Klinik eh nachhalte insofern das es nicht für einen geregelten Tagesablauf gesorgt hat. Wobei das essen natürlich Kliniktypischer Müll war, Kaffee logischerweise nur ohne Koffein etc.

Anders hingegen die stationäre Therapie wo wirklich Wert auf einen geregelten Tagesablauf gelegt wurde. Einen Therapieplan habe ich vielleicht noch irgendwo, allerdings mussten die dort immer beim jeweiligen Therapeuten abgegeben werden zum gegenzeichnen um die Anwesenheit zu protokollieren. Wenn man nicht wegen Tagesurlaub oder Krankheit gefehlt hat ("mir gehts so mies" zählt da nicht), konnte das auch schon mal einen Ausschluss aus der Therapie bedeuten. Die Anwesenheit zu Mahlzeiten war Pflicht (und qualitativ war das ganze auch weit ordentlicher, bisher das beste Krankenhausessen), außerdem wurden die Therapiepläne jede Woche neu angepasst und man hatte auch eine gewisse Auswahl. Die Sporthalle war in den Abendstunden zur freien Verfügung, es gab Schwimmangebote etc. - aber halt auch genug Pflichtprogramm. Das übliche malen und basteln (Ergotherapie) gehörte da einfach zum Repertoire genau so wie die "Sternstunde" (örghs, Duftkerzen, Räucherstäbchen etc.) und natürlich die wöchentlichen Gespräche.

Noch allgemein was zum Ablauf für eine stationäre DBT Therapie, Vorlaufzeit waren 2 Wochen, Besuchsrecht kann in der Zeit je nach Akutheit verweigert werden, Tagesurlaub gibt es da noch nicht. Nach den 2 Wochen gibt es eine "Vorstellung" in einem der Gruppenräume wo man über sich erzählen muss gegenüber aller Therapeuten und Psychologen sowie den festangestellten Pflegern (glaube die Praktikantin war da damals nicht bei). Sprich Lebensgeschichte, warum die Therapie, was verspricht man sich davon.

Gibt übrigens eine hohe Abbrecherquote, ziemlich viele schaffen nicht mal die 2 Wochen, zmd. war es damals so. Ist ja jetzt auch schon paar Jahre her. Geregelter Tagesablauf, kein zudröhnen mit Medikamente etc. und Pflichtteilnahme an den Therapien hat zuviele massiv überfordert.

Ist man übrigens innerhalb der Therapie rückfällig geworden, sprich hat man sich selbst verletzt, wurde das nicht "bestraft" im eigentlichen Sinne, also nicht irgendwie Vorwurfsvolles rumgemache damit, sondern halt um die Wunden gekümmert (ggf. genäht etc.) und dann gabs als Aufgabe n Aufsatz zu schreiben warum man sich selbst verletzt hat. Was war der Auslöser, wie hat man sich dabei gefühlt etc. und das musste dann vorgelesen werden in einer Gruppenrunde mit allen DBT Patienten. Da wurde dann darüber gesprochen. Therapeuten waren da nicht bei, gab nur alle 2 Wochen ein anderen Protokollierer der mitgeschrieben hat (grob) und den Kram bei der Stationsleitung abgeliefert hat. Sprich dsas war dann auf eigenverantwortliche Basis. Was übrigens ganz gut funktioniert hat, ich bin ein mal in den Genuß gekommen sowas schreiben zu dürfen, andere halt jede Woche.

n bisschen kann man sich so einen stationären Aufenthalt übrigens wie Schule vorstellen. In den Gruppentherapien (und davon gab es einige) wurde das Thema von den Patienten festgelegt, die Therapeuten waren ansich nur Begleiter und Moderatoren. Da gabs dann so Sache wie Aggressionspotential, Liebeskummer, Rollenspiele für so Situationen "keinen Schritt weiter" etc.

Zusätzlich wurde natürlich intensiv die Anwendung von Skills besprochen und geübt, sprich Alternativen zum Selbstverletzenden Verhalten. Jeder hat sich im Laufe der therapie einen Notfallkoffer zusammengestellt mit Hilfsmitteln und der wurde auch ständig zu jeder Therapiesitzung mitgeschleppt / oder zumindest in teilen. Ganz beliebt waren Gummibänder zum flitschen, mit Sand gefüllte Luftballons zum kneten (die Apotheke in der Stadt hat sich eine goldene Nase an uns verdient) oder zum gegen die Wand werfen (schöne Sauerei wenn die geplatzt sind), Coolpacks, allerhand scharfes Zeug, Vitamintabletten etc. nicht in Wasser auflösen sondern direkt "futtern" (würg) ... halt alles was einen emotional gerade stark genug ablenkt um seine Gedanken wieder zu ordnen und nicht in blindem Selbsthass sich selber zu verstümmeln.

Man kann sich das als Außenstehender so schlecht vorstellen, aber das geht von 0 auf 100 in wenigen Bruchteilen. Da muss nur irgendwas triggern, dass kann eine dumme Bemerkung gewesen sein oder auch einfach nur der Anblick von irgendwas womit man negative Sachen verknüpft und dann ist Rationalität Geschichte. Gerade Opfer von sexuellem Missbrauch haben da stark mit zu kämpfen das sie im Grunde auf der Straße irgendeinen Typ sehen der dem Täter ähnelt und dann ist wie Licht aus im Kopf. Überlegen oder so ist da nicht mehr und genau darauf arbeitet man dann in der Therapie hin das man Alternativlösungen für sich findet und sich unter Kontrolle bekommt ohne Ausraster.

Äußert sich wie gesagt nicht nur in Selbstverletzendem Verhalten, sondern auch in Drogenmissbrauch, Aggressionspotential gegenüber anderen ... wir hatten einen total lieben Typen in der Gruppe, groß breit tattowiert, Dimmu Borgir Shirts an, der hat dann halt regelmäßig seine Wohnung auseinandergenommen wenn irgendwas war. Der reißt dann mal eben den teuren Plasma von der Wand oder haut jemandem ein paar auf die Fresse wenn er meint er wird dumm angeguckt.

Auf das warum wird zwar eingegangen, aber nicht sehr tief. Da reichen auch die 3 Monate lange nicht aus. Im Grunde ist es eine weiterführende Stabilisation und Hilfestellung damit man wieder einem geregelten Tagesablauf nachgehen kann, im Idealfall ohne übermässig viele Medikamente. Danach steht dann eine normale ambulante Therapie an, die ich aber gar nicht erst angefangen habe (bzw. doch 2 Anläufe gemacht aber die 1. Therapeutin hat abgelehnt wegen Zeitmangel und der 2. Therapeut war mir von der Anfahrtszeit einfach zu krass jedes mal 3 Stunden insgesamt zu pendeln und das als jmd der den ÖPNV so gar nicht leiden kann). Was aber letztlich nichts macht, da, wie gesagt, clean.

Spezifischere Fragen beantworte ich übrigens gerne, habe auch noch einen Haufen Material hier, falls da jemand was wissen möchte.

Übrigens hatte sich in dem Zeitraum meine Krankenkasse 3x gemeldet warum ich stationär bin und ob das nicht ambulant gehen würde. Geizhälse allesamt.

Tschö
 

cokeZ

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Dann mal hier eine kleine Zusammenfassung, wie so eine Station aus Sicht der Pflegenden/Ärzte aussieht. Ist eventuell ganz interessant zu lesen und einiges deckt sich auch mit den "Erfahrungen" von Zeddicus.

1.0 Aufbau

Meist besteht die geschl. Psych. aus mehreren Doppel-, bis vierer Zimmern. Einzelzimmer gibt es nicht. Neben dem Dienstzimmer, links und rechts, befinden sich die sogenannten Akutzimmer. Dort kommen meist die "Neuankömmlinge" oder besonders gefährdete Personen hinein.
Diese sind meist Vier-Bett zimmer, ein Bett neben dem andern. An den Wänden etc. ist nichts vorhanden. Jeder Patient hat seinen eigenen, nicht verschließbaren, Kleiderschrank. Das Bad besteht aus einer Toilette, Waschbecken und einer offenen Dusche. Die Zimmer, sowie die
Badezimmer können nicht abgeschlossen werden. Desweiteren gibt es den Aufenhalts-, und Speisesaal, eine kleine Einbauküche mit Durchrreiche (diese ist verschlossen, aufgrund der dort lagernden Messer, Gabeln etc.) und einen Raucherraum, welcher ab 08.00Uhr bis ca. 22Uhr
geöffnet ist. Dann natürlich noch diverse Materialräume, ein Ärztezimmer und einen Einzeltherapieraum. Die Eingangstür ist stets verschlossen und kann nur mit einem Schlüssel geöffnet werden, zustzlich elekt. gesichert, dass heißt man muss nur die Tür zufallen lassen und diese
verschlossen.

2.0 Alltag auf der gesch. Psych
06.00Uhr ist Dienstbegin, wir finden uns dann meist auf im Dienstzimmer oder auf den Personal-Raucher-Balkon zusammen, trinken erstmal einen Kaffee (ja es stimmt, in der Gesundheitsbranche ist dies das meist getrunkene Getränk) und die Nachtwache übergibt eventuelle
vorkommnisse an die Frühschicht. Danach werden die Medikamente gestellt, Tropfen vorbereitet und die Küche/Speisesaal für das Frühstück hergerichtet. Dann geht es meist schon ans wecken. Pflege hat man eher seltener, es sei denn eine ältere Person bzw. pflegebe-
dürftige Person kommt auf den Bereich. Meist werden diese aber auf der Gerontostation "abgeliefert".
Das Wecken ist meist schwer, weil wie von meinem Vorposter erwähnt sind meist alle ziemlich abgeschossen, dazu aber später mehr. Sollten alle wach sein und sich gewaschen, angezogen etc. haben, wird das Frühstück ausgegeben. Dabei stehen meist zwei Pfleger mit im
Speisesaal um danach zu schauen ob alle spitzen, scharfen oder einfach gefährlichen Gegenstände wieder ordentlich abgegeben werden, eher kommt keiner aus dem Raum. Danach, so zumindest bei uns, stellen sich die Patienten in eine Schlange vor dem Dienstzimmer und die
Medikamente werden einzelnd ausgegeben. Diese müssen direkt vor den Augen des Personals genommen werden.
Danach steht freie Zeit an, sowie für die Patienten wie für uns. Meist schreiben wir in der Zeit die Akten, bringen Patienten zu unterschiedlichen Untersuchungen oder...gehen eine rauchen.
Sowieso geht die Zeit nur sehr schleppend um, sofern kein Akutfall eintrifft.
Das gleiche Spiel gibt es zu der Mittagszeit, hierbei ist gesagt, dass die Patienten meist nur eine Portion und keinen Nachschlag bekommen, es soll alles einen geregelten Tagesablauf haben. Zwischenzeitl. findet Ergotherapie etc. statt. Aus meiner Sicht ziemlich überflüssig
da die Patienten, meist im Alter von 18 - 40 (wobei, eine 13j. war auch schonmal da) gar keine Lust auf das übliche Programm haben. Window Color etc. scheint da anscheinend beliebt zu sein um Bezug auf den Vorposter zu nehmen.
Danach gibt es Mittagsmedikamente und dann wird meist eine Runde geschlafen, also die Patienten, nicht wir. Diese sind sowieso 24/7 müde aufgrund der Medikamente. Spätdienst läuft ähnlich ab.

3.0 Akutfall
Ich sag es mal so, diese Situationen sind so ziemlich das interessanteste an der Psych. arbeit. Meist kommt so ein Akutfall in Begleitung der Polizei. Sei es ein mehr als aggressiver Alkoholiker, ein Borderliner, ein Suizidaler oder...nagut, eigentlich sind das die Hauptfälle.
Sobald diese über unsere Tür gekommen sind, ist die Polizei raus, nun sind die Patienten in unserer Obhut. Dazu muss man sagen, dass diese meist Nachts und meist an Wochenenden zu uns kommen. Polizei meldet sich natürlich vorher an.
Ist es ein randalierender Patient, wrd nicht lange gefackelt und er wird auf das sogenannte Fixbett gepackt und, je nach Situation, 5-Punkt oder 7-Punkt fixiert. Wobei 7-Punkt äußerst selten vorkommt. Nachtdienste finden immer zu Zweit statt. Zur eigenen Sicherheit.
Danach ist warte angesagt bis der Arzt kommt, wir dürfen natürlich nicht einfach Medikamente anordnen. Der Arzt schaut meist nur lapidar über den Patienten und spritzt ein Seditativum. Über Nacht bleibt der Patient im Bett fixiert direkt vor dem Dienstzimmer stehen, zur be-
obachtung. Das ganze geht auch meist etwas ruppiger vonstatten. Dabei wird sich halb auf den Patienten gelegt, festgehalten etc.

4.0 Medikamente

Einiges wurde ja schon genannt. Die Standartmedikation besteht meist aus einer hohen Dosis Tavor, Risperidon, Dipiperon Saft in Kombination mit Haldoltropfen. Die Medikamente sorgen gerne mal für, wir haben es meist "Zombieäußeres genannt . Unkontrollierter
Speichefluß, unkoordiniertes laufen, ständige Müdikeit. Die Patienten sind abgeschossen. Der Spiegel wird auch meist soweit oben gehalten, erst wenn es Richtung zu Hause oder offene Psych. geht wird reduziert.
Es gibt auch viele die schon süchtig nach den Medis sind. Diese verlangen ständig Bedarfsmedikation etc., wird natürlich meist abgelehnt.

5.0 Fazit

Aus meiner Sicht tut mir jede Person leid die in die Geschlossene muss. Außer "abschiessen" und ruhig halten wird dort kaum etwas gemacht. Natürlich finden Sportangebote oder halt Ergotherapie statt, nur niemand hat da wirklich lust drauf. Mitmachen müssen sie trotz-
dem, ansonsten sieht es schlecht mit einer Entlassung aus. Kann man sich ähnlich dem vorzeitigen Hafterlass im Knast vorstellen. Man wird komplett eingeschränkt. Hinterher ist es erlaubt für ca. 30min dem Bereich zu entlasten, kommt man dann aber 5 Minuten zu spät
liegt es im ermessen der Pfleger den Ausgang für den nächsten Tag einzuschränken. Es gibt dann natürlich Arbeiter die gerne ihre "Macht" heraushängen lassen und den Ausgang dann komplett streichen.
Allerdings, das Team ansich ist meist klasse. Muss es auch, dort muss jeder auf den anderen aupassen, denn es kann trotz der Medikation immer mal wieder sein das jemand austickt und mit Stühlen etc. um sich schmeisst oder auf das Personal losgeht.
Finanziell lohnt sich das ganze natürlich. Gefahrenzuschlag etc. allerdings ist die Arbeit meist auch stinkend langweilig, weil nichts passiert. Das war auch ein Grund warum ich dort aufgehört habe.
Schwer ist es auch Nähe und Distanz zu wahren. Gerade bei jüngeren Patienten (ich bin 26), ist es schwer, da manche wirklich gut drauf und nett sind. Man merkt ihnen z.B. die Borderline Störung nicht an. Da ich ziemlich frisch examiniert war, als ich dort anfing, ging vieles einem
dort sehr Nahe. Von Suizidversuchen durch Tabl. schlucken bis hin sich die Pulsadern aufzuschneiden ist alles dabei. Meist sind es aber Drogenabhängige die abrutschen oder sogar Geschäftsmänner die einen seeeeehr ausgeprägten Burn-Out haben.

Gesagt sei also, dass die meisten Pfleger, gerade die die schon länger dort arbeiten, abstumpfen, dass Menschliche vergessen und stur nach Anordnung arbeiten. Man hätte Zeit sich mit den Patienten zu beschäftigen, aber es wird einfach nicht gemacht.

Das war nun auf die Schnelle geschrieben, es geht wahrscheinlich noch etwas tiefer, allerdings bietet das einen guten Überblick.
 

Zeddicus

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  • #12
@cokeZ:

Danke für den Bericht mal von "anderer" Seite aus - im Grunde deckt sich das ja mit meinen Erfahrungen, zumindest was die akute Notfallambulanz angeht bzw. das selber/zwangseinweisen. Tavor waren bei mir zu Anfang 4mg, 1 morgens, 1 mittags, 2 abends. Ich war matsche. Absolut zu nichts brauchbar. Das Problem war zu dem Zeitpunkt ja auch: Es war gerade Weihnachten/Neujahr, eine entsprechende Besetzung der Ärzte war gar nicht erst gegeben.

2er Zimmer gab es damals schon. Bin nach dem geschlossenen Aufenthalt auf ein 2er Zimmer gekommen wo ich alleine war, da das andere Bett nicht belegt war. Und ich bin kein Privatpatient. War auch am Ende des Ganges, also keine Überwachung durch das Schwesternzimmer. Gab allerdings auch auf der öffentlichen Zimmer mit Bullauge in der Tür und halt die obligatorischen 2 Zimmer neben dem Schwesternzimmer mit Fensterüberwachung (und Fixierung). Da ich da allerdings nie in den Genuß gekommen bin äußere ich mich dazu nicht weiter.

Was im übrigen problematisch war, war der Entzug von den Medikamenten. Nachdem man mich von Weihnachten an nur ruhiggestellt hat... hatte zu Silvester Tagesurlaub bekommen. Das ging ganz gut, abends wieder zur Klinik hin, alles Top. Nächste Wochenende drauf aber Wochenendurlaub und hatte mich nachts zurück zur Klinik fahren lassen. Da ich keine Bedarfsmedikamentation verschrieben bekommen hatte, gab es das volle Programm vom Aufsichtshabenden Arzt. Das waren dann so 3-4 Tabletten, keine Ahnung was, aber ich bin am darauffolgenden Tag mehrmals in Ohnmacht gefallen weil mich der Scheiss einfach vollkommen umgeknüppelt hat. Was übrigens auch keinen Interessiert hat ...

Schmerzmittel gegen Kofpschmerzen habe ich übrigens nie bekommen und gerade Tavor Entzug finde ich absolut widerlich. Schwitzen wie ein Schwein, Bewegungsdrang, zittern, absolut konztentrationslos ich hab gar nix gepeilt bekommen in der Zeit. Und die geben dir nur 3-5 Tage um von 4 auf 0 zu kommen. Richtig krasse Fälle bekommen da ja auch weit mehr. Hatte mal in Eigenregie bisschen recherchiert: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-65089118.html etc., habs alles nicht mehr so auf dem Schirm, aber Benzos wie Tavor sind einfach irre.

Tschö
 

eraser

Stinkstiefel

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Danke mal eben von mir für den Einblick in diesen Bereich. Fand ich sehr interessant.

Vor allem aber Hut ab darüber "öffentlich" zu sprechen. Schön, dass es dir wieder gut geht.
 

godlike

Warp drölf
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Ok dann mal ne Zwischenfrage (weil ich auch schon in der Situation war solch einen Dienst in Anspruch zu nehmen [was ich bei den Berichten dann aber wohl zum Glück gelassen habe]). Geht es hier denn nur um Suizid-Patienten, Borderliner usw.? Es werden ja Dinge aufgeführt wie "Raucherräume", "raus gehen" oder "Kaffee trinken". Aus meiner Erfahrung ist sowas doch eh total utopisch da man maximal aufs Klo kann. Wenn man überhaupt das schafft ohne zusammen zu brechen. Wenn ich mir jetzt mal vorstelle ich hab gerade ne übelste Panikattacke bzw. eine Serie (Überdosis von XY) und werden dann grob Fixiert bzw. anderweitig von "Stärkeren" dominiert ist es danach doch eh vorbei und ich kann direkt fest da bleiben :unknown: Mal davon abgesehen das man ja auch schnell mal einen Herzinfarkt bekommen kann wenn man eh schon einen Puls von 190 und einen Blutdruck von 50 hat...

Naja, irgendwie finde ich eine solche Bahandlung dann doch eher beängstigend.

PS: Leute, die da mal ne Weile waren, haben auch echt danach einen Knacks weg gehabt
 

Pleitgengeier

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@godlike: Ich hatte auch das Gefühl dass die da sicherstellen, dass es auch einen Grund für den Aufenthalt des Patienten gibt.
Falls bei Einlieferung noch nicht nötig, wird eben einer geschaffen.

Ohne Privatversicherung kann man eine Psychotherapie sowieso vergessen, oder?
 
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godlike

Warp drölf
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Der Grund ist ja Todesangst mit entsprechenden Symptomen. Ein solches Vorgehen ist da u.U. ja echt Lebensgefährlich. Irgendwie erschreckend :confused:
 

Zeddicus

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  • #17
@godlike:

Also, grundsätzlich wird nur unterschieden in den Notfall Kliniken (kurz stabilisieren und dann wieder nach Hause) zwischen geschlossene Station und offene Station. Geschlossen landest du u.A. per Zwangseinweisung durch einen Richter, kannst aber wenn du eine massive Gefahr für dich selbst darstellst auch kurzweilig da hinversetzt werden von der offenen Station. Das geht aber nur 24h. Geschlossen landen die ganzen Fälle (suizidal etc.) die Gefahr für sich selbst oder andere darstellen. Das können Borderline Patienten sein, einfach nur depressive mit Suizidgedanken/Versuchen, wir hatten aber auch einen recht jungen Mann auf der Station (ich sag mal so maximal Mitte 20, eher jünger) der unter Psychosen durch jahrelangen Drogenmissbrauch litt und den du einfach nicht frei rumlaufen lassen konntest.

Geschlossen ist wie gesagt abgeschottet. Je nach dem ob geschlossen oder geschlossen unter "Beobachtung" (sprich Zimmer am Schwesternzimmer damit man hübsch beobachtet werden kann) gibts wie cokeZ schon schrieb auch noch Fixierungen wenns zu hart wird. Raus kommst du da nicht, Eingangstür elektronisch gesichert etc., alle Fenster ordentlich verrammelt.

Offen ist halt ... offen. Darfst dich (nach Abmeldung bei den Pflegern) frei auf dem Klinikgelände bewegen. Wenn du offen liegst und eine Panikattacke kriegst wirst du halt mit Medikamenten ruhiggestellt. Die halten dich zur Not auch mal mit alle Mann & Frau fest und spritzen dir ein Beruhigungsmittel - wobei das soweit ich weiß nur 1x in den Wochen vorgefallen ist als ich da war.

Die meisten Leute haben schon vorher einen an der Waffel, ich nehme mich da nicht von aus. Ist halt grundlegend einiges schief gelaufen. Zur Stabilisierung war das okay, aber das man danach halt lediglich mit den Entlassungspapieren wieder vor die Tür gesetzt wird ist halt nichts. Ist halt nur einstellen auf Medikamente und zusehen das du wieder "raus" kannst. Du kriegst zwar meist auch eine Liste mit entsprechenden Therapeuten um ambulant gegen deine Probleme vorzugehen, allerdings ändert das ja nichts an den horror Wartezeiten. 1/2 Jahre Wartezeit für einen Termin sind noch wirklich wenig und genau da kraucht das ganze.

Du kannst dich ja nicht 1 Jahr bis zum Termin abschiessen mit Medikamenten um irgendwie lebensfähig zu sein.

Hatte da verdammt viel Glück mit der stationären Therapie das direkt nach dem Vorstellungsgespräch wo es hieß sie melden sich in 4-6 Monaten im Grunde 1 Stunde später der Anruf kam das sie doch spontan noch was frei haben.

Ich reiche dann auch glatt mal den Therapieplan für das DBT Programm nach, auch wenn sich da im Laufe der Jahre doch einiges geändert hat, aber wenn die Klinik den schon online stellt...
http://www.marien-hospital-dortmund.../pdf/PDF_Psychiatrie/therapie_plan_p5_dbt.pdf

Tschö
 

Seedy

A.C.I.D

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Das Problem ist:
Sie dürfen dich nicht einfach so wegsperren, dass ist rechtlich nicht möglich, würde unter Freiheitsberaubung fallen:
Das recht dir Medikamente einzuflößen und dich ruhig zu stellen haben sie so auch nur begrenzt. Das ist ein sehr schmaler Grad an Handlungsspielraum für Ärzte.
Sie müssen gewährleisten das du dich in ihrer Obhut nicht selbst verletzt, keine anderen verletzen kannst.

Daher die 24h Regel für Ärzte:
Die ist angelehnt an z.B. akute Fixierung im Krankenhaus, oder Ausnüchterungszellen bei der Polizei.
Das ist nur eine Sofortmaßnahme, wie Zeddicus sagte, um Akut auf die Situation reagieren zu können, in der du nicht zurechnungsfähig bist.

Wer sowas schon mal gesehen, oder selbst erlebt hat kann dir Sagen:
Wenn du einen Psychopathischen Schub hast, dann ist mit dir nicht gut Kirschen essen.

Alles was über diese 24h herraus geht ist entweder richterlich angeordnet oder freiwillig.
Alles was nicht freiwillig ist, läuft dann über die Verfügung eines Richters.
Der Arzt übernimmt dann meistens die Betreuung für dich wie z.B. es auch bei Dementen, geistig behinderten oder Kindern ist.
Der hat dann alle Entscheidungen für dich zu treffen und für deine Betreuung zu sorgen.
Das läuft so lange bis ein Arzt dir dann wieder deine Mündigkeit zu spricht und du gehen kannst.

berichtigt mich, falls ich dort irgendwo einen Inhaltlichen Fehler habe:

Bitte hier gerne Weiterdiskutieren, ich werd wenn der thread irgendwann einschläft das ganze Ding Sichern und die aufgekommen Fragen und Antworten zusammen Fassen
 
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godlike

Warp drölf
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Die Gefahr für das eigene Leben mag bei Suizit-Patienten zutreffen. Hast du aber ne Macke durch jahrelangen Drogenmissbrauch willst du dir ja nichts antun. Du kommst halt einfach alleine nicht mehr klar da du nicht mehr alleine aufs Klo kannst (im schlimmsten Falle sogar aufstehen), alle paar Stunden einen ordentlichen Schub an Angstzuständen (Keyhole durch was auch immer) bekommst, dadurch dann halt auch nicht mehr in der Lage bist einen Arzt zu rufen o.Ä. Dies wäre z.B. ein Grund einen Bekannten zu bitten mich einzuweisen -> eben zum Arzt zu bringen. Wenn der mir dann aber dazu noch eine Ladung Tavor oder ein anderes Beruhigungsmittel gibt ist das in dem Moment ja dann noch doppelt krass für mich. Wenn du eh "nur klar kommen" möchtest. Jede Stunde zwischen einem solchen Schub gottfroh bist noch am Leben zu sein. Ich dachte das hier einfach mehr differenziert wird. Kenne (leider) mehrere Menschen die durch Drogen/Alkohol öfters mal mit sowas zu kämpfen hatten (hoffe es bleibt bei der Vergangenheitsform). Unter anderem auch ich selber. Stelle es mir nur unglaublich Krass vor in einem solchen Zustand (der durchaus auch mehrere Monate bis Jahre andauern kann) dann auch noch so Kontrolliert bzw. Dominiert zu werden.
 

Chegwidden

Hat sich hochgeschlafen-
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@Seedys Strafbefehl war nicht so richtig ;)

Meist handelt es sich um die richterliche Anordnung einer Betreuung, ggf. mit Zwangseinweisung in eine Klinik.
In solchen Fällen wird die richterliche Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die ärztliche Betreuung/Versorgung betreffen.
Manchmal auch die Vermögensangelegenheiten.
Diese Aordnungen sind zeitlich befristet und die jeweiligen Zeiträume können unterschiedlich sein.

http://www.justiz.nrw.de/Gerichte_B...ungsverfahren/betreuungsverfahren/index.php#2

In diesem Thread ist hauptsächlich die Rede von Psycho-Fällen. Es gibt aber auch Kliniken die sich rein mit dem Alkoholentzug und die Rehabilitierung beschäftigen.
Da besteht schon ein größerer Unterschied. Das würde den Rahmen dieses Threads aber sprengen und ihn unübersichtlich machen.
 
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