Lasst mich euch über
Gray Matter erzählen, einem PnC Adventure von 2010 mit hervorragender Story, hübscher Optik und okayem Gameplay.
Um einen Unterschlupf für die Nacht zu bekommen, gibt sich Sam Everett spontan als Studentin aus, die von der Uni als Assisstentin für Dr. Styles geschickt wurde. Statt den nächsten Tag zu türmen bleibt sie jedoch und wird in das Leid, das ihn umgibt, hineingezogen. Und am Ende haben die beiden völlig unterschiedlichen Charaktere mehr gemeinsam, als es scheint.
Es entspinnt sich eine sehr mitreißende, emotionale Geschichte, immer wieder mit einem schönen Titelsong unterlegt, und Cutscenes in einem ganz eigenen Stil. Eigentlich sieht man nur leicht animierte Standbilder, die aber widerum wie
handgemalt aussehen und einfach todschick sind. Auch ingame wissen die Hintergründe voller Details und teils schönen Lichtspielen und Farbgebungen zu überzeugen.
Die Figuren selbst wirken leider oft recht hölzern in ihren Animationen und bewegen sich entweder gar nicht oder zu viel. Sie werfen selbst auf höchsten Einstellungen hässlichste Schatten und mit der Kollisionsabfrage ist das auch so eine Sache. Auf der anderen Seite muss man ihnen aber zu Gute halten, dass überhaupt so ziemlich jede Aktion animiert ist.
Bei den Dialogen gibt es neben den Untertiteln ein animiertes Portrait der sprechenden Charaktere, die leider auch eher etwas gewöhnungsbedürftig sind, was die Optik angeht.
Beim Gameplay muss ich leider auch ein wenig auf die Spaßbremse treten. Gray Matter gehört zu den Spielen, die extrem gesricpted sind und eine ganz genaue Vorstellung davon haben, was der Spieler wann wie zu tun hat. So kommt es immer wieder vor, dass sich Hotspots situationsbedingt verändern und Sachen aus dem Nichts auftauchen. Schnell endet man da mal ziellos umherirrend, was man jetzt noch wie wo machen muss, um das nächste zu triggern.
Ebenfalls nervig: Es dauert immer einen kleinen Ticken, bis die Beschreibung des Hotspots auftaucht, nachdem man schon längst mit dem Mauszeiger drauf ist.
Die Benutzung von Items aus dem Inventar ist unnötig umständlich. Man muss sie erst mit Rechtsklick in die Hand nehmen und dann mit links benutzen. Nicht das bekannte Drag n Drop oder an den Cursour anheften. Und da Rechtsklick in PnCs eigentlich immer angucken ist, habe ich mich auch noch regelmäßig verklickt.
Dafür glänzt das Gameplay aber mit Abwechslungsreichtum. Während man mit Sam Nachforschungen anstellt, gibt es als Nebenstrang eine Schnitzeljagd, um ein Mitglied eines Magierzirkels zu werden, die wirklich Spaß macht.
Ihr Beruf als Illusionistin wird ebenfalls aufgegriffen, in dem man immer wieder Zaubertricks anwendet, um sein Ziel zu erreichen.
Die Ausführung ist dabei aber super simpel: Der Cursour verändert sich entsprechend und man muss aus Sams Zauberbuch den passenden Trick auswählen (ganz Faule probieren einfach jede Seite durch, bis sie zustimmt.). Evt. noch nötige Sachen im Magierladen kaufen und dann Schritt für Schritt einfach nur die Anleitung im Buch nachbauen. Nicht fordernd, eher mal fummelig, und teilweise kommen die Tricks zu geballt aufeinander. Leider auch nur in diesen schlechten, hölzernen Animationen dargestellt.
Dennoch aber eine schöne Idee.
Und man spielt nicht nur Sam. Abschnittsweise wechselt man zu Dr. Styles, der widerum seine ganz eigene Sicht auf die Dinge hat und sich vor allem im Rahmen seines Experiment umherbewegt. So bekommt man mit ihm automatisch ein ganz anderes Spielgefühl, und die beiden Charaktere wirken nicht so gleich, beliebig und austauschbar, wie es sonst oft der Fall bei Spielen ist, die groß mit mehreren spielbaren Charakteren Werbung machen.
Auch hier zeigt sich wieder eine schöne Liebe zum Detail, denn der Ladebildschirm und das Menüdesign ändern sich passend zu der Figur, die man gerade spielt.
Auf jeden Fall wird es nie langweilig, bei einer Spiellänge von bis zu 12 Stunden.
Als Abschluss möchte ich nochmal auf die wirklich tolle, berührende Geschichte hinweisen, die das wahre Herzstück des Spiels ist.
Ja, die Klischee-Studenten sind stellenweise anstrengend, manche Inszenierung wirkt hölzern und so mancher Übergang könnte besser sein. So sieht man eine aufwühlende Cutscene und wechselt dann einfach zu Styles herüber, der kommentarlos da steht, und man wandert erstmal ziellos rum.
Auch das Ende kommt ein wenig überstürzt daher.
Aber Sam ist eine sympathische, toughe Frau und ihr Hintergrund und der von Styles hat zumindest bei mir total gegriffen. Ich werde mir immer eine Fortsetzung wünschen, die ihre Beziehung weiter beobachtet und nochmal genauer die Verbrennungen von Styles aufgreift.