Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bezüglich ihrer Eltern habe ich keine guten Nachrichten für sie. Diese brauchen keinen Unterhalt zahlen und sind nicht mehr in der Betreuungspflicht, so dass ein "Rauswurf" durchaus möglich ist.
Kann es sein, dass meine Eltern mir Unterhalt bezahlen müssen, da ich unter 25 bin? Außerdem: Könnten mich meine Eltern einfach so auf die Straße setzen?
Grundsätzlich sind Eltern nur bis zum 18. Lebensjahr, also dem Eintritt der Volljährigkeit für sie Verantwortlich. Dennoch bleiben sie bis zum Abschluss der ersten Berufsausbildung Unterhaltspflichtig. Dies gilt unabhängig davon, welche Alter das Kind bei Abschluss der Berufsausbildung erreicht hat, solange es volljährig ist. Eine zeitliche Grenze ( z.B: bis 25 Jahre) gibt es hier nicht, diese wird nur vom Ende der ersten Berufsausbildung gesetzt.
Mit 25 Jahren endet lediglich die Kindergeldzahlung und die Möglichkeit der Familienversicherung bei der Krankenkasse. Aber dies hat mit der Unterhaltspflicht nichts zu tun.
Ein Unterhaltsanspruch über die Erstausbildung hinaus kommt nur in engen Ausnahmetatbeständen in Betracht, nämlich dann wenn nach der Lehre in engem zeitlichen ( i.d. R: als Faustformel 4 Monate) und sachlichem Zusammenhang ( Krankenpflegerin macht Medizinstudium, Erzieher studiert Sozialpädagogik) steht.
Ein Unterhaltsanspruch kann sich nur daraus ergeben, dass das Kind trotz ernsthafter und bundesweiter Bemühungen keine Arbeit gefunden hat. Hier hat die Grundsicherung ( Hartz IV/ Arbeitslosengeld II ) jedoch Vorrang. Der Sachbearbeiter wird die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Eltern abfragen. Nur wenn das Amt und sie belegen können, dass sie sich ernsthaft und bundesweit um Arbeit bemüht haben, die auch branchenfremd ist ( also nicht zum Lehrberuf passt) und vielleicht auch nur einfachste Tätigkeit darstellt, ist überhaupt ein Anspruch denkbar.
Dies sehe ich bei ihnen nicht. Denn grundsätzlich trifft sie eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit, die sie verletzen, wenn sie das Arbeitsverhältnis von sich aus lösen, also eine Eigenkündigung oder einen Aufhebungsvertrag planen.
Fazit: Da sie eine erste Berufsausbildung abgeschlossen haben und über 18 Jahre alt sind, haben sie regelmäßig keinen Anspruch auf Unterhalt gegen ihre Eltern. Ihre Eltern sind auch nicht mehr für ihre Betreuung verantwortlich, so dass sie sie "vor die Tür setzen" dürfen.
Nun zum Anspruch auf Arbeitslosengeld II.
Habe ich dann Anspruch auf ALG II, also Hartz4?
Da sie keinen Anspruch mehr auf Unterhalt gegen die Eltern haben, sind sie für ihren Lebensunterhalt selbst verantworlich. Dennoch wird das Jobcenter prüfen, ob nach § 33 II SGB i.V.m. mit dem §§ 1601 ff BGB besteht und durchsetzbar ist. Wird dieser Anspruch verneint, so stehen ihnen Leistungen nach dem SGB II zu.
Hier erhalten sie zunächst einen Regelsatz in Höhe von 416 € für Alleinstehende.
Bitte beachten sie, dass ihnen Vermögen, dass über bestimmte Freibeträge ( 150,00 € pro Lebensjahr + 750,00 € pro Person ihrer Bedarfsgemeinschaft) angerechnet wird §12 SGB II)
Da sie noch keine 25 Jahre alt sind, wird die Wohnung vom Amt nur übernommen, wenn sie zuvor die Zustimmung vom Jobcenter zum Umzug eingeholt ( § 22 Abs. 2 SGB II) haben. Hierbei sind schwerwiegende Verwerfungen mit den Eltern einer der Hauptgründe, warum eine neue Wohnung erforderlich ist. Ganz wichtig für sie ist, dass sie die Genehmigung vor dem Umzug einholen und hierfür wichtige Gründe vortragen. Gerade bei Zerwürfnissen zwischen ihnen und den Eltern kann die Behörde auch versuchen zu vermitteln. Ziehen sie ohne die Genehmigung aus, wird das Amt eine Wohnung nicht bezahlen. Dabei ist durch die Rechtsprechung noch nicht entschieden, ob dies auch gilt, wenn sie vor dem Bezug von Hartz IV Leistungen erstmals zu Hause ausziehen, die Behörden weigern sich hier in der Regel aber ebenfalls die Wohnung von U 25-Jährigen zu übernehmen.
Liegt ihnen die Genehmigung vor, so werden die Kosten der Unterkunft für eine Wohnung ( §22 SGB II) übernommen. Diese muss angemessen sein, also nicht zu groß und nicht zu teuer. Dies ist regional stark verschieden, während in ländlichen Gegenden oft Wohnungen ab 5€/ m² schon als teuer gelten, kann dies in Großstädten bei 9,00 € / m² noch angemessen sein. Bei der Wohnungsgröße wird für eine Person eine Wohnung bis maximal 50 m² für angemessen erachtet.
Übernommen werden hier die Miete und die Heizkosten, Wasserkosten ( ! nicht Strom und Warmwasserkosten!).
Eine Kranken-/Pflegeversicherung wird ebenfalls übernommen. Für sonstige Versicherungen werden sonst nur Freibeträge gestellt.
Eine allererste Wohnungsausstattung wird übernommen,wenn vor her kein eigener Hausstand bestand ( § 24 SGB II) .Die Beihilfe für die Erstausstattung variiert von Region zu Region sehr stark und kann als Sach- oder Geldleistung ausgegeben werden. Bitte gehen sie nicht von Anschaffen neuer Möbel aus, es ist zumutbar diese auch gebraucht zu kaufen, daher sind die Beihilfen recht knapp bemessen. Zudem werden nur notwendige Sachen (Lampen, Tisch, Stuhl, Bett, Waschmaschine) übernommen, keineswegs sind PC, Fernseher oder Teppich enthalten. Diese müssen aus dem Regelsatz beschafft werden. Sie sollten daher den Sachbearbeiter aufsuchen ( nachdem der Umzug bewilligt wurde) und mit ihm besprechen in welcher Form und Höhe die Erstausstattung zu übernehmen ist.
Bitte beachten sie dass Ersatzbeschaffungen vom Regelsatz zu decken sind. Nur bei höherer Gewalt ( Brand, Diebstahl, Rohrbruch) kann eine Ersatzbeschaffung vom Amt bewilligt werden.
Fazit: Ihnen steht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II zu. Sie müssen zwingend vor dem Auszug bei ihren Eltern die Kostenzusicherung für eine Wohnung ( Auch Umzugserlaubnis) einholen). Dann haben sie neben dem Regelsatz auch Anspruch auf Miet- und Heizkosten (Achtung nicht auf Strom und WARMWASSER). Auch eine Erstausstattung muss ihnen gewährt werden. Hier sind notwendige Möbel entweder als Sachleistung oder als Mehrbedarf zu erbringen, wenn sie das erste Mal einen eigenen Hausstand gründen.
Ergebnis: Ihre Eltern sind nicht in der Pflicht sie weiter in ihrem Haushalt zu dulden oder Unterhalt zu zahlen. Ihnen steht Arbeitslosengeld II zu. Allerdings muss ich von einer eigenen Kündigung/ Aufhebung des Arbeitsvertrages zwingend abraten , hier können auch beim ALG II Kürzungen bis zu 30 % oder eine Rückforderung drohen, wenn beim ALG I eine Sperrzeit gedroht hätte und das tut sie bei Aufhebung/ Eigenkündigung immer, wenn nicht ein wichtiger Grund vorlag oder die Kündigung durch den Arbeitgeber ohnehin zu erwarten war.
Daneben ist zwingend erforderlich einen Antrag auf Genehmigung eines Umzugs aus der elterlichen Wohnung einzuholen, wenn sie absehen können, dass sie unter 25 eine ALG-II Leistung beanspruchen müssen. Versuchen sie mit ihren Eltern zu verhandeln, dass sie noch bis zum Vorliegen der Genehmigung in der Wohnung bleiben können, damit sie nicht buchstäblich auf der Straße landen, weil das Amt die Wohnung nicht übernimmt.
Der beste Weg für sie wäre aber vermutlich, mit den Eltern eine Frist zum Umzug zu vereinbaren und den ungeliebten Job doch zu behalten, um erstmal eine eigene Wohnung finanzieren zu können. Sollte das Geld aus dem Job nicht reichen, so kann mit ALG II- Leistungen aufgestockt werden, z.B. bezüglich der Wohnungserstausstattung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen