Monatelange Recherchen von NDR, WDR, Süddeutscher Zeitung, dem SZ-Magazin sowie weiteren nationalen und internationalen Medien wie dem Falter und Le Monde haben ergeben, dass viele Forscher in Bezahljournals und -konferenzen publizieren. Mehr als 5.000 deutsche Wissenschaftler haben in den vergangenen Jahren in diesen pseudowissenschaftlichen Zeitschriften publiziert. Darunter fallen Wissenschaftler der Helmholtz-Gemeinschaft, der Fraunhofer-Institute, deutscher Hochschulen und Mitarbeiter von Bundesbehörden. Weltweit haben den Recherchen zufolge 400.000 Wissenschaftler in "Pseudojournalen" veröffentlicht.
Normalerweise sollten Paper von mehreren Reviewern geprüft (peer-review) werden, bevor sie in wissenschaftlichen Fachzeitschriften oder auf Konferenzen und damit in Konferenzbänden erscheinen. Wissenschaftler müssen hierfür häufig eine Gebühr entrichten. "Pseudoverleger" schreiben hingegen Forscher und Unternehmer an und empfehlen ihnen eine Publikation in einem wissenschaftlich anmutenden Journal. Nachdem man mehrere Paper publiziert hat, können durchaus ein bis fünf solcher E-Mails pro Tag im Posteingang eintreffen. Die Seiten schauen stellenweise professionell aus und enthalten bekannte Reviewer, die meist nichts von ihrem Glück wissen. Anschließend publizieren die "Pseudoverleger" gegen Bezahlung die Beiträge der Forscher binnen weniger Tage, stellenweise ohne Prüfung der Inhalte. So können auch zweifelhafte Studien mit einem angeblichen Siegel der Wissenschaft von der breiten Öffentlichkeit gelesen und verwendet werden. Andere Wissenschaftler, aber auch Behörden und Kommissionen berufen sich wiederum auf diese Studien, was zu Halbwahrheiten und Irreführung in öffentlichen Debatten führt.
Das Problem zieht sich durch alle Bereiche. So wird beispielsweise auch für alternative Krebstherapien geworben. Die vor zwei Jahren verstorbene Moderatorin Miriam Pielhau setzte ihre letzte Hoffnung in ein Mittel namens GcMAF. wenn man nach GcMAF googelt, gelangt man zu wissenschaftlich anmutenden Studien, die allerdings nicht die Wirksamkeit des Mittels belegen.
Das Problem, was seit heute in den Medien beschrieben wird, konzentriert sich übrigens nicht allein auf Fachzeitschriften. Auch viele Konferenzen sind pay-to-publish, indem man mit einem finanziellen Betrag garantiert veröffentlicht, als Session Chair mit einer Teilnahme ein Paper erkauft oder weitere Seiten nur Geld kosten. Nachdem immer mehr Veröffentlichungen benötigt werden - publish or perish - werden diese Angebote, teils aus Verzweiflung, teils ohne sie zu überprüfen, teils aber auch absichtlich (hier gab es bereits in den USA Urteile, nachdem Professoren dadurch an Gelder kamen) angenommen. Auch hoch geachtete Konferenzveranstalter haben schwarze Schafe in ihren Reihen, ansonsten würden nicht Fake-Paper, die mit dem Paper-Generator automatisch generiert wurden (inkl. passende Folien!), angenommen werden.
Sowohl diese Fachzeitschriften als auch Konferenzen sind eigentlich eine Gelddruckmaschine. Impact Factor und Konferenzranking helfen hier nur bedingt, da auch die Zahlen entsprechend angepasst werden können. Um beispielsweise eine möglichst geringe Acceptance Rate zu erhalten, werden akzeptierte Poster-Paper nicht miteingerechnet oder eigene wissenschaftliche Mitarbeiter angeregt noch schnell etwas einzureichen. Zudem verlangen die Big Players Gebühren, um ein Paper lesen zu können.
Meiner Meinung nach würde u.a. Open Access helfen, um ein Teil des Problems zu minimieren.
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