[FRAGE] Was kostet eine Website?
[ANTWORT] €150.000
[/Thread]
Was meinst du mit "ausgegeben hat"? Ist das die Summe, die dem Hersteller für die technische Implementation überwiesen wurde, oder sind das die kompletten (inkl. internen) Projektkosten?
Ich gehe mal von letzterem aus:
Anforderungsdefinition + Kostenvoranschläge einholen und vergleichen + Vertragsverhandlungen führen
Design (Mobile + Desktop): wie soll die Seite überhaupt aussehen und funktionieren-
Inhalte: Texte erstellen lassen, Bilder erstellen lassen (in mehreren Sprachen)
Technisches Konzept: wie können die Anforderungen erfüllt werden.
Implementation: tatsächliche Umsetzung der Software.
Dokumentation: Erst mal Preiskampf und dann "sehen wir als selbstverständlich"? Einkalkulieren!
Qualitätssicherung: Prüfung ob Anforderungen erfüllt sind (wird gerne unterschätzt).
Betrieb: eine Webseite hat laufende Kosten um im Netz zu bleiben.
Change Management: Mit welchem Prozess soll die Webseite in den nächsten Jahren verändert werden?
Nachträgliche Änderungen: Wenn du dir €250 interne Kosten sparen willst um €2500 Budget für sowieso kommende Change-Requests zu erhalten, planst du das von Anfang an mit ein. Tatsächliche Kosten variieren ja nach Unternehmen. Budget bekommen kann günstig sein, oder extrem aufwändig.
Meeting mit Champagner bei dem der CEO die neue Seite enthüllt: €2500
inklusive klatschende Mitarbeiter (statt z.B. Shareholder, Abiklasse): + €2500
Ja C-Level Management erzeugt Projektkosten, vor allem bei "Prestigeprojekten"
Staging-Umgebung: Sollen Änderungen an der Seite direkt in Produktion gehen, oder wollt ihr eine zweite, interne Version für QA? (teurer Luxus!)
SEO + Analytics: Gibt es zum Preis der Nutzerdaten von Google, bringt dir aber garnichts, wenn sich niemand die Daten anguckt, auswertet und SEO macht.
Wir sind immer noch bei einer statischen Webseite aus HTML, Bildern, CSS und etwas JavaScript!
Dynamisch generierter Content: "proprietäres Format mit Produktliste -> Produktkatalog auf der Webseite" (Maßanfertigung! Manuell einpflegen lassen günstiger?)
Contentmanagement: Setzt der Hersteller vielleicht sowieso ein, das heißt aber nicht, dass "Heinz Müller" aus der Marketingabteilung, der keine Ahnung von der Technik hat, dann gefahrlos Content ändern kann. Wenn das gewünscht ist -> Rechteverwaltung, Prozessdefinitionen, Schulungen. Evtl. Datenschutz, wenn der der Account "Heinz Müller" heißen soll, zwecks Nachverfolgbarkeit von Änderungen, statt einen Funktionsaccount "Redakteur" im kollektiven Besitz der Marketingabteilung.
Beides lässt sich über einen Generator in statischen Content umwandeln, der deployed wird. Viele CMS Lösungen sehen aber vor das CMS und Webseite "ein Ding" sind. Entsprechend muss der Server nicht mehr eine Webseite aussteuern, sondern eine komplexe Anwendung bereitstellen, die ihrerseits wieder maintained werden muss. Denk mal nicht an "hergestellt und verkauft" sondern an "soll in 5 Jahren noch laufen". Managed CMS sind inzwischen aber ziemlich günstig, du musst dann aber mit dem zufrieden sein, was es kann.
Kontaktformular: In der einfachen Variante schickt der Webserver dem Unternehmen eine E-Mail. (Anbindung an Service-Desk gewünscht? Absatz in Datenschutzerklärung einfügen und Eintrag im Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten gemäß Artikel 30 DSGVO)
Inzwischen werden "Kontaktformulare über Drittanbietern" beliebter, die per JS eingebunden werden. (Beschaffung, laufende Kosten, Prüfung des Dienstleisters. Vermerk zum Dienstleister in der Datenschutzerklärung und im Verzeichnis).
Nehmen wir mal an, wir wollen keinen solchen Drittanbieter haben: Jetzt brauchen wir serverseitige Logik -> steigende Betriebskosten, höhere Sicherheitsanforderungen. Wenn der Hersteller das als Trivialität in Rechnung stellt, dann lass dir ein Angebot von einem Pentesting-Dienstleister machen um es zu prüfen. Der Mailserver, der automatisch die Kontaktanfragen beantwortet ist der selbe Mailserver mit dem eure Sales-Agenten mit ihren Kunden kommunizieren? Das Formular kann trivial beliebig oft benutzt werden? Ok, dann scripte ich das Kontaktformular, gebe eine Liste mit Honeypots als Absender an und eure Sales-Agenten stehen jetzt auf einer Spam-Blacklist. Have a nice DOS. (siehe auch: Qualitätssicherung). Pfeif auf Black-Box: erinnerst du dich an die Dokumentation, die du extra angefordert hattest? Die kommt hier wieder ins Spiel. (Ok, das ist jetzt weit hergeholt, geht aber auch mehr um: Wo können die Kosten herkommen?)
Neukundenshop + Bestandskundenzugang: für €150.000 kannst du das vergessen, wenn du irgend eine Art von Integration in die vorhandene Systeme haben willst. KMUs die ihre erste Vetriebskette aufbauen sind was anderes, wir reden hier von einem bestehenden multinationalem Unternehmen. Machbar vielleicht, wenn die Infrastruktur dafür schon existiert, sinnvolle Schnittstellen hat und nur angebunden werden muss. Aber selbst dann gilt: Sobald die Seite nicht mehr eine "Werbetafel an einer Ampel" (statische Inhalte) ist, sondern mehr sowas wie eine "Filiale im Netz" explodieren die Kosten.
Hochverfügbarkeit erhöht die Betriebskosten weiter. Ein Server der bei Last down geht ist günstiger wie mehrere + Loadbalancer + DDOS Schutz. Vielleicht doch lieber alle Anforderungen droppen, die sich nicht mit Content Delivery Network / hosted CMS machen lassen?
€150.000 klingt viel, ist es aber nicht. Insbesondere dann nicht, wenn du alles outsourced, also nicht nur die technische Umsetzung machen lässt, sondern auch die Inhalte z.B. von einer Werbeagentur erstellen und von einem Anwalt gegenprüfen lässt (unlauterer Wettbewerb, falsche Werbeversprechen, TMG+DSGVO compliance. Siehe Qualitätssicherung) (unnötig?)
Klar geht es auch günstiger: Kaufst ein "hosted Joomla" für < €200 Euro im Jahr, setzt zwei Werksstudenten dran (zusammen müssen die Marketingtexte, Medien-/Grafikdesign und Joomla können), schiebst noch ein paar Tausend auf ein Rücklagenkonto für eventuelle Abmahnungen und in Richtung übersetzungen und einmal im Monat guckst du, ob du damit online gehen kannst, oder nicht. Wird wahrscheinlich unter 150k fertig, selbst wenn du die "versteckten Kosten" erfasst, die die beiden produziert haben, um aus dem Rest des Unternehmens Informationen zu beschaffen.
Musst halt das Risiko tragen: In zwei Semestern ist die Hälfte der polnischen Seite vielleicht immernoch auf englisch, der eine Werksstudent macht Globetrotting, der andere hat ein besseres Angebot bekommen und "Heinz Müller" hat zwar das Admin-Passwort, aber seine beste Idee für Changes an der Seite ist eine Ausschreibung zu drucken und an der Uni auszuhängen.
Die Einzelkosten z.B. rein für die technische Umsetzung kann man ohne detaillierte Anforderungen nicht mal so einfach evaluieren. Ein Unternehmen, dass nur mit einer groben Idee ankommt kann mit ein paar Tausend rechnen, allein dafür, dass der Dienstleister versteht, was es will und braucht.
Große Unternehmen neigen dazu mehr auszugeben um weniger Risiken zu haben. Rein anhand vom Ergebnis sieht es nach "übertrieben viel" aus, aber der Weg zum Ergebnis wird so durchdesigned, dass das Projekt noch zu retten ist, wenn sich einer der Läufer den Knöchel verstaucht.
Konzerne lassen zum Teil einige der Arbeitsschritte (technisches Konzept) gleich zwei mal machen und nehmen das bessere Ergebnis für den nächsten Schritt. Die rechnen damit, dass sie auf ~25 Jahre gesehen wirtschaftlicher sind, wenn sie weniger Projekte an die Wand fahren. In einigen Bereichen rennen ihnen aber die "get rich or die trying" Startups den Rang ab, vor allem, weil die Überlebenden oft auch noch bessere Qualität haben.
Ich glaube du hast ein ganz falsches Bild davon, wie ein Unternehmen sich eine Webseite machen lässt