So soll erstmalig ein “intelligentes Kamerasystem” zur Anwendung kommen. Es werden dazu 71 Kameras an 28 Standorten aufgestellt. Die dort aufgefangenen Bilder werden verschlüsselt durch ein Glasfaserkabel zum Lagezentrum der Polizei geschickt. Ein vom Fraunhofer-Institut in Karlsruhe entwickeltes Computerprogramm wertet diese empfangenen Bilder elektronisch mittels Algorithmus aus. Alarm wird ausgelöst in Form einer blinkender Lampe bei untypischen Bewegungsmustern, wie Schlagen, Rennen, Treten, Fallen oder einer plötzlichen Rudelbildung. Dann schaut sich ein Polizist die Szene am Bildschirm an. Auf diese Weise soll ein Computerprogramm in Mannheim für weniger Straßenkriminalität sorgen, denn im Bedarfsfall wird dann eine Streife in gut zwei Minuten vor Ort sein.
Christian Specht ist überzeugt: „Im Zeitalter der Digitalisierung müssen auch Optionen zur Verbesserung der Sicherheit im öffentlichen Raum mitgedacht werden. […] Wir haben die Öffentlichkeit von Anfang an informiert und werden absolut transparent arbeiten.“ Die Aufnahmen würden ohne Ton erfolgen und sollen nach 72 Stunden gelöscht werden. Zudem würden Schilder auf die Überwachung hinweisen und Kriminelle im besten Fall schon präventiv abschrecken. Die veranschlagten Kosten belaufen sich auf 1,1 Millionen Euro. Specht hält das für gut investiertes Geld, denn auch „andere Kommunen schauen mit Spannung auf dieses Pilotprojekt“, meint er. Für Gegner des Systems würde das jedoch nach Überwachungsstaat und “Big Brother” aussehen, sie befürchten, dass der Staat unbescholtene Bürger bespitzeln und Bewegungsprofile erstellen könnte. Für Specht jedoch steht fest, dass sich nur Kriminelle fürchten müssen: “Es geht um das Erkennen atypischer Bewegungsmuster. Gesichtserkennung oder Tonaufnahmen finden definitiv nicht statt.”
Polizeipräsident Thomas Köber ist ebenso überzeugt von dem Projekt. Bereits von 2001 bis 2007 hatte die Kommune einige Plätze mittels analoger Technik mit Erfolg überwacht. Kober sieht das auch als Grund an, weshalb das Pilotprojekt gerade in Mannheim an nachgewiesenen Kriminalitätsbrennpunkten, wie Paradeplatz, dem Marktplatz, der Breiten Straße und dem Alten Messplatz, startet: „Wir haben Routine und reden nicht wie der Blinde von der Farbe“. Wobei er kritisch anmerkt: „Videoüberwachung ist ein Werkzeug von vielen, die Kamera allein rettet es nicht.”, wobei dem System gerade beigebracht wird, “bei schädlichem Verhalten Alarm zu schlagen. Vieles klingt kompliziert, aber die Message ist eigentlich ganz einfach: Einer schaut hin, und im Bedarfsfall tut der auch was.“ Sein Ziel wäre es zudem, Polizeipräsenz vor Ort zu zeigen: „Ich will die Beamten auf der Straße – nicht vor dem Bildschirm.“
Bei den Mannheimer Grünen stießen bereits die Pläne zum Projekt auf heftige Kritik. Die sicherheitspolitische Sprecherin Nuran Tayanc sagte, mit Investitionen in dieser Höhe könne man viele Polizeibeamte und Sozialarbeiter auf der Straße aktiv werden lassen. Damit würde nachhaltig und langfristig Sicherheit geschaffen. Denn, so Tayanc weiter, der beste Schutz gegen Kriminalität sei Prävention im Sozial- und Bildungsbereich sowie eine gute Integrationsarbeit. Kameras verdrängten die Kriminalität “außer Sichtweite”. Selbst in Städten mit hohem Kameraaufwand habe Terror und Kriminalität stattgefunden, und nicht immer seien dadurch Kriminelle und Terroristen ausfindig gemacht worden, so Tayanc. Es könne auch nicht um Bilder von Kriminellen gehen, es müsse um Prävention, um Verhinderung von Kriminalität gehen.
Bildquelle: Photo-Mix, thx! (CC0 Public Domain)
https://tarnkappe.info/mannheimer-weg-2-0-intelligente-kameras-im-einsatz-gegen-kriminalitaet/Quelle
Autor: Antonia
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