[Netzwelt] Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchungen

Am heutigen Freitagmorgen wurde die linksextremistische Seite "linksunten.indymedia.org" vom Bundesinnenministerium verboten. Nach Auffassung des Ministeriums läuft die Seite "nach Zweck und Tätigkeit den Strafgesetzen zuwider" und verstößt gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Auch die Kennzeichen des Vereins wurden verboten. In einer siebenseitigen Auflistung mit Beiträgen der Seite begründete das Ministerium das Verbot.

Zudem wurden seitens der baden-württembergischen Polizei insgesamt fünf Objekte in Freiburg durchsucht, wobei mehrere Waffen sichergestellt wurden. Festnahmen gab es keine.

Die Seite war bis vor kurzem noch erreichbar, mittlerweile erscheint dort jedoch ein Hinweis, dass man zurzeit offline sei. Die Server von linksunten.indymedia.org stehen in Frankreich, seitens des Bundesinnenministeriums wurde bestätigt, dass man ein Rechtshilfeersuchen an Paris gestellt habe, um die Seite abzuschalten.

Die Seite galt bislang als einflussreichstes Medium der linksextremistischen Szene Deutschlands.


Bild: Pixabay
Quellen: Spiegel Online 1, 2, Hamburger Abendblatt

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Kein Verlust für das Internet.

 

[Abul]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Förmlich handelt es sich um ein Vereinsverbot - die Betreiber wurden demnach von den Behörden als Verein eingestuft, obwohl es formal gar keinen solchen gibt.

Aber ein Verlust auf ganz anderer Ebene. Wird demnächst einfach alles unerwünschte zu Vereinen erklärt und dicht gemacht

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

@Abul: Die Verantwortlichen können ja dagegen klagen.

 

[TBow]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Da schau her, auch die Jungs, die das ngb Board schmeißen, sind ein Verein.

Wieso?
Das Bundesministerium des Inneren erklärt es uns.

Hinter jeder Internetseite steht ein Betreiber. Handelt es sich um ein Betreiberteam von mindestens 2 Personen, ist dies ein Verein im Sinne des weiten Vereinsbegriffs des Vereinsgesetzes. Dieser kann bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen verboten werden.

https://mobile.twitter.com/i/web/status/901008506618355712

Hm, lass mich mal überlegen....
Die Kommunen sind demnach (auch) Vereine, ebenso die Gerichte, die Landdtage und auch der Bundestag.
Fazit: Deutschland ist keine GMBH, wie manche Spinner fantasieren, nope, Deutschland ist ein Verein! Tommi und seine Vereinsheimer habens endlich zugegeben.

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Irgendwer im Innenministerium muss wohl in die Gesetze geschaut haben. Tja

 

[Cold]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Na, wenn das mal nicht der Todesstoß für die linksextremistische Szene ist, die müssen sich ja jetzt eine neue Domain und womöglich sogar einen neuen Hoster suchen...
Wer hätte gedacht das sich der Innenminister (trotz Wahlkampf) in dieses unerforschte Neuland traut

 

[The_Emperor]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Wenn sie jetzt noch den IS verbieten stehen wir kurz vor dem Weltfrieden.

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Zu spät Das war schon 2014:

Bundesregierung verbietet IS alle Aktivitäten in Deutschland

http://www.tagesspiegel.de/politik/...lle-aktivitaeten-in-deutschland/10695062.html

Geschah übrigens auch nach dem Vereinsgesetz.

 

[electric.larry]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Finde interessant, wie alle Zeitungen in den Headlines betonen, dass Waffen gefunden wurden, aber in den Artikeln das mit maximal einem Satz erwähnt wird. Es wirkt auf mich zumindest so, als würde man mit den Waffen und Bombenbau-Anleitungen das Thema dramatischer machen wollen um die fragwürdige Schließung über den Vereins-Trick zu rechtfertigen.

Im Endeffekt scheinen es Messer, Stöcke, Steinschleudern (Zwillen) und Rohre gewesen zu sein. Ob es so viele Waffen waren, dass man eine ganze linke Guerillaarmee damit ausrüsten könnte, oder jeweils nur ein Exemplar, findet man nicht heraus. Hoffe, ich mache mich jetzt nicht selbst verdächtig, aber wenn man meine Wohnung durchsucht, findet man auch Messer (Küche), Stöcke (Garten), Rohre (Abfluss) und ich hab sogar eine alte Steinschleuder vom Army Shop herum liegen.

Extremismus, egal ob von Links oder Rechts, find ich natürlich scheisse. Ich möchte möglichst in Frieden leben und habe keinen Bock auf Leute, die durch die Straßen ziehen und meinen, das Gesetz selbst in die Hand nehmen zu müssen und dabei Autos und Geschäftslokale zerstören.

Dennoch wünsche ich mir, dass der Staat Zensur nur dort einsetzen darf, wo es unbedingt notwendig ist, wo wirklich konkret zu Gewalt aufgerufen wird und Menschen gefährdet werden. Die Vorgehensweise, einen nicht existierenden Verein zu "erfinden" und diesen dann zu verbieten, finde ich bedenklich. TBows Vergleich mit den NGB ist gar nicht so weit her geholt.

Ich kannte die Seite bisher nicht, kann also nicht abschätzen, wie viel Gefahr wirklich von ihr ausgegangen ist und ob es dort konkrete Aufrufe zu illegalen Dingen gegeben hat. Fix weiss ich aber, dass gerne Themen wie Waffen, Terror oder KiPo verwendet werden, um Überwachung, Zensur oder Verfolgung zu rechtfertigen. Und auch weiss ich, dass es nicht möglich ist, Informationen aus dem Netz zu löschen oder eine Website zu sperren, wenn jemand wirklich Interesse dran hat, diese weiter zu betreiben.

Das scheinen auch die Leute von Linksunten zu wissen, auf deren Website nun ein Bild von Barbara Streisand und "Wir sind bald wieder zurück..." gefolgt von John Perry Barlows Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace zu finden sind.


German Government Shuts Down Indymedia - What It Means and What to Do

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Die Vorgehensweise, einen nicht existierenden Verein zu "erfinden" und diesen dann zu verbieten, finde ich bedenklich. TBows Vergleich mit den NGB ist gar nicht so weit her geholt.

Es werden keine Vereine erfunden. Es gibt kein Linksunten e.V. oder IS e.V. Vereinigungen werden nicht darüber definiert, daher finde ich es dämlich, sich darüber lustig zu machen, bloß weil man keine Ahnung von dem Thema hat. Was ein Verein ist und wann er verboten werden kann ist klar definiert. Man muss heutzutage auch nicht unwissend sterben. Die Tagesschau erklärt das recht verständlich: http://faktenfinder.tagesschau.de/inland/plattform-verbot-105.html
Wir leben außerdem in einem Rechtsstaat, die Betreiber von Linksunten können ja dagegen vorgehen. Ob das Innenministerium im Recht ist, ist nämlich nicht ganz sicher:

Von juristischer Bedeutung ist daher im weiteren Verlauf des Verfahrens, inwieweit den Betreibern über das faktische Zusammenwirken hinaus eine "organisierte Willensbildung" zur Publikation entsprechend strafbarer bzw. verfassungsfeindlicher Inhalte nachgewiesen werden kann.

Ob es was bringt ist umstritten. Dann wird die Seite eben woanders aus dem EU-Ausland aufgezogen. Die Ideologie verhindert man damit auch nicht. Aber was wäre die Alternative? Extreme Seiten mit Gewaltaufrufen stehen lassen? Ich weiß es nicht.

 

[Alero]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Na, wenn das mal nicht der Todesstoß für die linksextremistische Szene ist, die müssen sich ja jetzt eine neue Domain und womöglich sogar einen neuen Hoster suchen...

Das ist schon passiert. Die sind schon wieder online. Ein Kampf gegen Windmühlen.

 

[electric.larry]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

@Dieter85: Ich versteh nicht, worauf du hinaus willst. Ich habe mich mit dem "erfundenen Verein" auf folgenden Text auf derstandard.at (= Qualitätszeitung?!) bezogen, den man heute auf allen möglichen News-Portalen in leicht abgewandelter Form findet:

"Beim Verbotsverfahren gegen die Plattform wandten die Sicherheitsbehörden einen Trick an: Förmlich soll es sich um ein Vereinsverbot handeln – die Betreiber wurden demnach von den Behörden als Verein eingestuft. - derstandard.at/2000063133108/Deutsches-Innenministerium-sperrt-linksextremistische-Internetseite-Indymedia"

Also wurden Leute, die sich gemeinsam um eine Plattform, auf der Nutzer anonym(!) Posten können, kümmern, als Verein eingestuft, mit dem Ziel, diesen irgendwie zu belangen. Wie du schon sagst, kenne ich mich rechtlich zu wenig aus, aber für mich klingt das so, als hätte man keine andere Möglichkeit gehabt, um diese Seite zu zensieren und deshalb diesen Umweg über den Verein genommen.

Dieses Vorgehen - also Gesetze für etwas Anderes zu verwenden, als das, wofür sie gedacht wurden - finde ich gefährlich, weil es schafft Rechtsunsicherheit. Mich erinnert das sehr an einen spektakulären Prozess in Österreich. Dabei wollte man einen Verein von Tierschützern nach dem sogn. Mafia-Paragraphen (278a StGB) bestrafen. Von 2011 bis 2014 wurde prozessiert, die Angeklagten dabei in den finanziellen Ruin getrieben und schlussendlich entschieden, dass der Mafia-Paragraph NATÜRLICH nicht gegen einen Tierschutz-Verein angewandt werden kann. Alle Angeklagten wurden nach Jahren freigesprochen.

Will man rechtlich Handhabe über ein Phänomen haben, sollte man ein konkretes Gesetz dazu verabschieden und keine Gummi-Paragraphen anwenden.

Ich betone noch einmal: Ich kenne die Seite nicht und wenn dort wirklich gegen geltendes Recht verstoßen wurde, ist es klar, dass man sie sperren sollte. Nicht aber, sollte das über irgendwelche Rechtslücken und juristische Umwege passieren. Am Ende steht nämlich, dass man sich als Bürger nicht mehr auf Gesetze verlassen kann sondern man damit rechnen muss, dass im Zweifelsfall Gesetzestexte "umgebogen" werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.

 

[Alero]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Ich betone noch einmal: Ich kenne die Seite nicht und wenn dort wirklich gegen geltendes Recht verstoßen wurde, ist es klar, dass man sie sperren sollte.

Dort wird wirklich gegen geltendes Recht verstoßen und die vom Herrn "Misere" vorgetragenen Verstöße sind nicht aus den Fingern gesaugt. Dennoch hast du auch damit Recht, dass das Verbot nicht so erfolgen sollte, wie das passiert ist. Über eines sind wir uns aber wohl alle im Klaren. Die Seite kann man nicht einfach abschalten. In der heutigen digitalen Welt ist so ein Vorgehen nicht möglich und reiner Wahlkampf. Man kann nur die Betreiber der Seiten "abschalten". Einziger Weg.

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Beim Verbotsverfahren gegen die Plattform wandten die Sicherheitsbehörden einen Trick an: Förmlich soll es sich um ein Vereinsverbot handeln – die Betreiber wurden demnach von den Behörden als Verein eingestuft. - derstandard.at/2000063133108/Deutsches-Innenministerium-sperrt-linksextremistische-Internetseite-Indymedia

Wie gesagt, im Tagesschau-Link wird alles erklärt. Auch dieser Zeit-Artikel ist gut und weißt nochmal auf die rechtlichen Probleme dabei hin:

Bei linksunten.indymedia haben die Aktivisten Nachrichten verschlüsselt und anonym ausgetauscht. Für Ermittler sind die Täter kaum zu erfassen. Leuschner zufolge ist ein Vereinsverbot "wohl das einzig wirksame Mittel, um gegen das Betreiben einer solchen Internetseite effektiv vorzugehen".

http://www.zeit.de/kultur/2017-08/indymedia-linksunten-abschaltung-rechtlich

Es wird kein Trick angewandt und es wird auch nichts zwangsweise als Verein eingestuft. Die Vereinsgesetze gelten nunmal nicht nur für eingetragene Vereine. Die genaue, rechtliche Definition kann man nachlesen. Auch die hohen Hürden, die es man beachten muss, wenn man einen Verein verbieten will. Bei einem neuen Gesetz könnten diese hohen Hürden verschwinden und du hast tatsächlich ein Willkürgesetz. Schwierig.

 

[Lokalrunde]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Wir sind alle #linksunten

Den Eintrag fand ich gerade recht lesenswert. Trifft den Nagel auf den Kopf!

 

[Dieter85]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Deutschland mit der Türkei zu vergleichen trifft den Nagel nicht auf den Kopf. Das ist dämlich. Die aufgezählten Erfolge von Linksunten sind ja schön, aber deswegen wurde die Seite nicht gesperrt, sondern wegen der Gewaltaufrufe.

 

[electric.larry]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Danke Loki, interessant ist auch der im verlinkten Facebook Posting genannte Artikel auf Netzpolitik.org:

Mitten im Wahlkampf verkündet das Bundesinnenministerium das Verbot der linken Plattform. Fraglich ist dabei nicht nur die rechtliche Grundlage und die Einstufung der Webseite als Verein. Auch wurde die Löschung einzelner strafrechtlich relevanter Artikel offenbar nicht versucht, sondern gleich die ganze Plattform verboten.

Und weiter:

Wenn der Staat aber den Rechtsrahmen nicht ausschöpft, der ihm zur Verfügung steht, dann erscheint diese Aktion wie ein Wahlkampfmanöver, um eine missliebige politische Plattform auszuschalten und Stimmen im rechten Lager sammeln.

Der Landeschef der sächsischen Grünen, Jürgen Kasek, hält das Verbot laut Neuem Deutschland für gewagt: „Das auf der Internetseite auch strafrechtlich relevante Texte standen, ist unbestritten. Allerdings reicht das nicht aus, sondern der Verein selber muss dies aktiv fördern und verbreiten“. Das Ministerium habe im vorliegenden Fall eine Haftung für die eingestellten Inhalte „konstruiert“. Die Leipziger Linken-Politikerin Juliane Nagel sagte der Leipziger Volkszeitung, dass das Verbot auf dünnem Eis stehe.

 

[TBow]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Bin schon gespannt, wie lange das "effektive Vorgehen" wirkt. Eine neue Domain registrieren dauert wie lange? Die Motorradgruppen machens ja vor.
Wichtig ist aber, dass man Spenden beschlagnahmesicher gestaltet und auch sonst keinerlei Besitztümer anhäuft. Aber Vorsicht, selbst "unschuldige" Vermieter usw könnte der Staat drangsalieren, denn nach dem Vereinsgesetz könnte man diese auch enteignen, wenn die Behörden echt angepisst sind.

EDIT: die sind eh schon wieder online...

Verbotene Internetplattform "linksunten" wieder online
Nach dem Verbot wurde die Unter-Domain "linksunten.indymedia.org" von einem Server in Frankreich auf Rechner in Kanada umgezogen. Die Haupt-Domain "indymedia.org" gehört einem Verein zur "Demokratisierung der Kommunikation" (Associacao Brasileira pela Democratizacao da Comunicacao) in Sao Paulo (Brasilien). Das Verbot des Innenministeriums bezieht sich nur auf den "linksunten"-Bereich.

http://derstandard.at/2000063191771/Verbotene-Internetplattform-linksunten-wieder-online

 

[one]

Re: Linksunten.indymedia verboten: Polizei findet zahlreiche Waffen bei Durchsuchunge

Kein Verlust für das Internet.

Wärst Du auch nicht.

Es kann nur eine Mitte geben, wenn es auch Ränder gibt. Darum gehören solche Sachen eben nicht verboten. So funktioniert nun mal eine Demokratie. Und wenn man sie beschneidet ist sie kaputt.