coffeerhyder
Ärgert gerne BoerseTOMods
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- 11 März 2015
- Beiträge
- 297
Hallo lieber NGBler
habe länger darüber nachgedacht, ob ich das hier posten soll, da ich die Diskussion für- und gegen Flüchtlinge nicht mehr sehen kann und die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder dazu kommt doch recht hoch ist - dennoch möchte ich euch möglichst ohne Vorurteile und eben dieser Diskussion meine Erfahrungen mit diesen Menschen mitteilen.
Ich möchte euch hiermit ohne großen politischen Bezug einen Einblick in meine Erlebnisse schildern - sowohl mit den Flüchtlingen als auch mit der Verbandsgemeinde.
Eventuell helfe ich damit indirekt auch Personen, die auch überlegen, an VB/Flüchtlinge zu vermieten.
Ich hoffe, dass dieser Thread nicht wie der "Flüchtlinge..." Thread, geschlossen werden wird.
Abkürzungen:
VB = Verbandsgemeinde
HD = Hausdurchsuchung
Seit mitte letzten Jahres (2015) haben wir Teile unserer Nebengebäude (3 Räume) an die Verbandsgemeinde vermietet und damit für Flüchtlinge bereitgestellt.
Das ganze haben wir nicht aus purer Nächstenliebe getan sondern aus mehreren Gründen:
-Die Räume sind länger nicht genutzt worden und verursachten somit nur Kosten
-Wir können das Geld gut gebrauchen, um das große Gelände weiter zu halten
-Diese Räume an Flüchtlinge/VB zu vermieten ist einfacher als an "normale Mieter"(*1)
--> Um z.B. in die Küche zu kommen, muss man über einen weitläufigen Hof laufen und es gibt für alle (bis zu drei) Parteien nur ein Bad
-Es war auch nicht geplant, darüber hinaus in diesem Bereich weiter ehrenamtlich zu agieren - erstmal sollten einfach die Räume vermietet werden
Anfangs war ich gegen dieses Vermieten - einfach weil man eben nicht wusste, wer da kommen würde und inwieweit man sich verständigen können würde(*2).
Dann kamen sie - die ersten Flüchtlinge:
Eine albanische Familie (Eltern und 2 Kinder) und zwei junge EritreerInnen (20).
Mit keiner der beiden Parteien konnte man auf Deutsch oder Englisch verständigen.
Der Albaner-Papa hat viel in Hof- und Garten geholfen - er war wohl mal Baumveredler und ihm gefiel es, dass er hier sogar ein eigenes Beet im Garten haben durfte.
Der Garten war zwar nicht mit vermietet, aber wir sind über jede Hilfe froh, da wir wenig Zeit für den Garten haben.
Im September 2015 wurde die albanische Familie dann abgeschoben - eben jene, die für unseren Staat Wirtschaftsflüchtlinge sind.
Gut die Zeit hier, die Freiheiten, das Geld vom Staat und die kostenlosen Zahnbehandlungen für die Kinder waren sicher hilfreich für die Familie - wenn auch nur temporär.
Trotzdem schade - sie waren sehr nett und der Mann wollte auch arbeiten gehen hier.
Etwa zur gleichen Zeit wurden die beiden Eritreer Frauen von der VB getrennt und nun (Nov. 2016) wohnt nur noch eine hier - die Begründung war quasi, dass man hier zwei fremde Menschen in einen Raum gesteckt habe und das rechtlich nicht durfte.
Dass die beiden schon davor befreundet waren, interessierte die VB nicht.
Mir tat das zwar etwas leid und noch dazu: Als die VB das später wieder rückgängig machen wollte und die Frauen fragte, antworteten diese mit "Nein" (vermutlich weil sie einfach nicht verstanden, was man von ihnen wollte).
Letztenendes war dies nicht weiter tragisch - eine wohnt nun im Nachbarort und die beiden sehen sich sehr oft.
... dann kamen die Syrer:
Nachdem die Albaner weg waren schickte die VB uns zwei Syrer (ein Pärchen, beide 30).
Die interessierten sich zwar weniger für Hof- und Garten, aber halfen gelegentlich und luden mich oft zum Essen ein.
Sie hatten viele Freunde/Familie und der Mann (Mohammed oder Mohammad [wer hätte es gedacht^^]) konnte auch etwas Englisch.
Im Sommer 2016 feierte ein Freund von Mohammed sogar seinen Geburtstag in meinem Partyraum.
Seine Familie war da, es wurde viel geredet, auch etwas getrunken und es gab tonenweise Essen.
Da lernte ich auch "Zack" kennen, ein Freund der Familie, der in der Nähe wohnte und ziemlich gut Englisch sprechen- und auch schreiben konnte.
Außerdem hat eine Tochter der Familie (11) perfektes Deutsch gesprochen - das fand ich sehr rührend außerdem konnte ich mich über sie besser mit den anderen unterhalten.
Auf meine Frage, ob sie in Deutsch in der Schule besser als viele Deutsche wäre, antwortete sie mit JA
Anfang Oktober hatte Mohammed sogar ein eigenes Auto was er wohl von einem Türken abgekauft hat - keine Ahnung mit welchem Geld (dazu später).
23.11.2016 - Hausdurchsuchung:
In meinem Studententrott schlief ich um 9 Uhr noch, als mir mein Mitbewohner sagte es stünden mehrere Polizisten im Hof.
Ich zog mich an und stürmte in den Hof nur um 10(!) Polizeibeamte zu sehen, die - mit Kamera und Einweghandschuhen ausgerüstet, als wäre das hier ein Tatort, jede Ecke des Nebengebäudes fotografierten.
Mit mir redeten sie nicht viel - es hieß nur Mohammed sei nicht gefährlich und würde bald wieder von der Wache entlassen.
Ich erfuhr zu diesem Zeitpunkt noch nicht, warum sie da waren.
Sie nahmen ihn kurz mit aufs Revier und gegen abend war er wieder zuhause - sein Handy und das seiner Frau wurden beschlagnahmt.
Ich gab ihm kurz mein Handy zum Telefonieren, dann nahm er mich mit in sein Zimmer und zeigte mir den auf deutsch verfassten Durchsuchungsbefehl:
Er hat wohl 4 gefälschte Führerscheine aus der Schweiz bestellt - u.a. einen für seine Frau - autsch!
Diese wurden vom Zoll abgefangen und so kam es zur HD.
Mal davon ausgegangen, dass diese Anschuldigungen wahr sind:
Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, warum er das getan hat.
Ich wusste, dass er mal in der Schweiz war - er war viel unterwegs vor allem, seitdem er das Auto hatte.
Außerdem hatte er einen internationalen Führerschein mit dem er hier wohl ein halbes Jahr lang fahren durfte bevor er einen deutschen Führerschein hätte machen müssen.
Ich wusste auch, dass er mit einem Anwalt aus der nähe einen Prozess am Laufen hat, in dem es vermutlich um sein Aufenthaltsrecht geht (habe das nie richtig verstanden).
Letztenendes frage ich mich:
-Woher hatte er das Geld fürs Auto - zusammengelegt oder hatte er das noch übrig und nicht beim Amt angegeben?
-Wird er wegen den gefälschten Führerscheinen abgeschoben werden?
-Was passiert mit den drei anderen Personen, für die die Führerscheine waren?
Ich war jedenfalls froh, dass es nur Führerscheine waren, denn ich gebe zu, dass mir die Medien den Kopf etwas verdreht haben was Syrer und Terroranschläge usw. angeht.
Von Behörden Irrsinn (und WLAN Zugang):
Durch diese Vermieterei habe ich einige interessante Dinge mit der VB erlebt von denen ich einige hier erwähnen möchte:
-SAT Kabel sprich einen TV Anschluss muss jedes Mietobjekt haben, da man sich darüber informieren kann und es ja helfe, unsere Sprache zu lernen (Bildungsfernsehen !!!1einself).
-Internet/WLAN hingegen steht diesen Menschen nicht zu und wir alle wissen doch: Die bösen Flüchtlinge haben nichts, aber gefühlt alle haben ein modernes Smartphone (ich bestätige das übrigens hiermit).
Die WLAN Lösung:
Ich habe Verträge gemacht (auf DE und EN) und den Flüchtlingen nach Unterschrift Zugang gegeben.
Dazu sei gesagt, dass diese Vorgehensweise eine der risikoreicheren ist wenn es darum geht, Abmahnungen abzuwehren.
Ich habe allerdings gehört, dass abmahnende Kanzleien schnell einknicken, wenn es a - darum geht, gegen Flüchtlinge zu ermitteln, und b - sie erstmal viele Dolmetscher organisieren müssen um überhaupt erst mit diesen Menschen reden zu können.
Und bitte keine Hinweise auf VPN, Freifunk und co - ich weiß, dass das die Lösungen wären, die Abmahnungen komplett abhalten würden.
Ich habe mich bewusst dazu entschieden, das so zu regeln (und der Zugang ist ohne Einschränkungen) das ist mein ehrenamtlicher Teil was die Flüchtlinge hier angeht und es hat mich auch total aufgeregt, dass die VB lieber dafür sorgt, dass in jedem Zimmer ein TV steht, statt mir monatlich 7(!) Euro fürs Internet zu zahlen.
Scheint, als wäre sowas auch in Zukunft nicht geplant.
Sollte dennoch eine Abmahnung hier landen oder sollte es zu einer Hausdurchsuchung hier kommen, wegen illegalen Aktivitäten im Netz seitens der Mieter, werde ich euch dies wissen lassen.
-Der VB Mensch, der die Flüchtlinge den Wohnungen zuteilt konnte meistens nur kurzfristig sagen, ob jemand kommt bzw wer kommt.
Teilweise wurde über Wochen gesagt, am nächsten Tag würden neue Mieter kommen, aber nichts ...
-Wer aufmerksam gelesen hat wird bemerkt haben, dass wir 3 Räume vermietet haben und nur zwei Parteien hier wohnen.
Der dritte Raum ist seit ~3 Monaten vermietet (wir bekommen Geld dafür) und steht leer.
Die Frau, deren Namen auf dem Briefkasten steht und die nur 2x hier war ließ uns wissen, dass man den Raum nicht abschließen könne und es außerdem ein Mäuseproblem gäbe.
Das Mäuseproblem, das sie übrigens selbst verursacht hat haben wir gelöst abschließen lässt sich der Raum ohne Probleme.
Ich habe die VB mehrfach darauf hingewiesen, dass der Raum leer steht und es hat sich nichts geändert --> Gut dann kassieren wir halt weiterhin Steuergelder - für nichts.
-Ein Staubsauger steht Flüchtlingen vom Amt leider nicht zu.
Blöd, da zwei von drei Zimmern Holzböden haben.
Also haben wir einen gestellt
FAQ:
Wie viel zahlt die VB euch?
6 € pro Quadratmeter + Nebenkosten + sollte etwas kaputtgehen, zahlen die.
Wie sind die Kündigungsfristen bei Mietverträgen mit der VB?
Hier drei Monate - eigentlich ziemlich fair!
Kann die VB jeden bei dir wohnen lassen oder kannst du das mit entscheiden?
Wir haben denen gesagt wir möchten nur Frauen oder Familien und sie sollen die Zimmer nicht mit Menschen überfüllen.
Ich hätte gesagt max 10 Personen insgesamt verteilt auf die 3 Zimmer und das wäre schon viel.
Jedenfalls hat die VB sich bisher daran gehalten.
Zahlt die VB pünktlich/regelmäßig?
Die Miete: Ja
Die Nebenkosten: Eher nicht - da sind die manchmal bis zu drei Monate im Verzug ...
Was würdest du tun, gäbe es Ärger zwischen den Mietparteien?
Kündigst du dann einfach den Vertrag?
Nein wir können das der VB mitteilen und sie werden schnell dafür sorgen, dass die Problemverursacher eine andere Bleibe bekommen.
Die VB hat mittlerweile einen großen Pool von angemieteten Objekten also sollte das einfach für die sein.
Gab es sonst irgendwelche Probleme mit den Flüchtlingen?
Eher nicht - auch keine erhöhte Lautstärke (davon hört man oft in den Medien).
Ansonsten mussten wir ihnen halt zeigen, wie man richtig lüftet und andere Dinge dürften sie (die Eritreer) mittlerweile selbst gelernt haben z.B. dass gewaschene Wäsche nicht trocknen wird, wenn man sie im Regen(!) in den Hof stellt^^
Wie ist deine Meinung zu Flüchtlingen jetzt nach der HD?
Unverändert positiv.
Wie gesagt ich war zunächst gegen das Vermieten [an Flüchtlinge], wurde über die Zeit aber immer positiver gestimmt.
Gefälschte Führerscheine bestellen ist sicherlich nichts was man einfach so tut und ich werde sehen wie es mit Mohammed weitergeht.
Sollte er abgeschoben werden ist das halt so - das hat er sich selbst verbockt - ist ja nicht so als wären wir beste Freunde - finde es nicht verkehrt, etwas Distanz zu wahren.
Ansonsten habe ich nur gute Erfahrungen mit den Flüchtlingen hier gemacht.
Haben die Flüchtlinge für die Hilfe in Hof- und Garten eine Entlohnung von dir bekommen?
Nein - mit dem Albaner habe ich manchmal ein Bierchen getrunken.
... und warum auch?
Zum einen weiß ich gar nicht, ob ich etwas geben durfte (wäre mir auch egal, aber darum geht es nicht) und zum anderen ist es sicherlich zumutbar, hier etwas zu helfen (Herbst, Blätter kehren).
Ich habe ja niemanden dazu gezwungen und diese Leute haben sowieso den ganzen Tag nichts zu tun.
Wohnst du auf einem Bauernhof?
Ja ist quasi ein ehemaliger Bauernhof.
Warum nennst du diese Menschen Flüchtlinge und nicht Asylanten?
Meine schlaue Cousine hat mich damit einmal konfrontiert und meinte Asylanten sage man nicht, sondern Flüchtlinge oder Asylbewerber.
Nach kurzem Googeln erführ ich, dass das wohl stimmte und mit dem Suffix "ant" zusammenhängt, da dieser negativ behaftet ist (ähnlich "Querulant)" also sage ich (political & grammatical correctness) nun nur noch Flüchtlinge.
Ich halte von solchen Haarspaltereien grundsätzlich nicht viel - aber manche Leute brauchen das.
Die Sternchen:
*1
Ich habe zwischen Flüchtlingen und "normale Menschen" unterschieden - das soll keine Diskriminierung darstellen sondern ich will damit nur sagen, dass die Ansprüche der VB für Flüchtlinge eben niedriger als für private Mieter.
Sanitäre Anlagen usw usw sind hier allesamt in gutem Zustand - trotzdem wäre es schwer, andere Mieter für diese Räumlichkeiten zu finden.
*2
Ich kann euch auch nicht sagen warum ich anfangs strikt gegen das Vermieten an Flüchtlinge war.
Ich stelle euch aber eine Gegenfrage:
Würdet ihr die Nebengebäude eines großen Anwesens (den Hof teilt man sich) an die VB vermieten, wodurch ihr nie wisst, wer sich auf dem Gelände befindet bzw wer Zugang (Schlüssel) hat?
*3
Kann passieren, dass ich "meine Flüchtlinge" schreibe.
Damit meine ich einfach die Personen, die hier wohnen und nein natürlich habe ich nicht von diesen Besitz ergriffen - ist eben einfach meine Art zu unterscheiden, ob ich gerade über genau diese Flüchtlinge rede oder eben allgemein über das Thema Flüchtlinge.
Ich bin auf eure Erfahrungen und Fragen gespannt
Nachtrag 01.12.2016 - der ehrenamtliche Mitarbeiter
Abgesehen von den Personen, die hier den Deutschkurs auf die Beine gestellt haben, gibt es noch einen Rentner - nennen wir ihn Hans.
Er fährt öfter Flüchtlinge von A nach B zu Kulturveranstaltungen oder holt sie aus Orten in der Nähe ab.
Leider hat der Mann irgendeine Störung und kaut einem echt das Ohr ab - wenn man ihn nicht irgendwie abwimmelt kann er einen gut mehrere Stunden(!) volllabern.
Wenn er mit dem Thema Flüchtlinge fertig ist schwankt er hemmungslos zu anderen Themen um über die er dann wieder unendlich lange reden kann.
Das letzte mal hat er es tatsächlich geschafft von Flüchtlingen auf Fracking (ver-recking [haha hat er wirklich so gesagt]) zu kommen.
Aus diesem Grund hat er bereits in mehreren öffentlichen Einrichtungen Hausverbot.
Ich stelle mir manchmal vor wie es für mich wäre, würde ich seine Sprache nicht verstehen und er würde mir so viel erzählen bzw. wenn er als Fremder einfach so oft auftaucht.
Aber vielleicht sehe ich das zu eng und eine gute Verständigung zwischen ihm und den Flüchtlingen (bei mir) ist tatsächlich möglich.
Ich zu meinem Teil war am Überlegen, ob ich ihm auch irgendwann Hausverbot gebe, aber solange er nur selten hier ist soll mir das recht sein - oder ich rede erst mit ihm bevor ich diese drastische Maßnahme ergreife.
Nachtrag 01.12.2016 - die syrische Dolmetscherin von der Hausdurchsuchung
Bei der Hausdurchsuchung war eine dolmetscherin dabei - eine dickere Frau mitte 40, die ich nicht kannte.
Als fast alle Polizisten wieder abgezogen waren redete ich kurz mit ihr und fragte sie, ob sie wüsste wer in dem leerstehenden Raum (siehe oben) wohne.
Unsere Infos waren, dass da irgendeine Tochter von irgendwem, auch syrerin, reinkommen sollte.
Die Dolmetscherin erzählte mir, die Frau sei 23 und hätte ein Kind.
Ich fragte sie nochmals, warum die Frau nicht hier sei, obwohl sie hier gemeldet ist.
Sie erklärte mir dann Dinge, die ich bereits gehört hatte (Mäuseproblem, Schloss des Raumes klemmt manchmal), aber das waren nicht die Hauptgründe.
Sie erzählte mir, wie schlecht doch die Busanbindung hier im Kaff wäre (stimmt NICHT) und, dass die nächste Grundschule & Kindergarten so weit weg wären (stimmt NICHT, ca. 2 KM).
Im Beisein der Polizisten, die auch den Kopf schüttelten versuchte ich, ihr zu erklären dass sie falsch liegt, aber sie schien es besser zu wissen.
Die Polizisten und die Dolmetscherin verabschiedeten sich und verließen das Gelände.
habe länger darüber nachgedacht, ob ich das hier posten soll, da ich die Diskussion für- und gegen Flüchtlinge nicht mehr sehen kann und die Wahrscheinlichkeit, dass es wieder dazu kommt doch recht hoch ist - dennoch möchte ich euch möglichst ohne Vorurteile und eben dieser Diskussion meine Erfahrungen mit diesen Menschen mitteilen.
Ich möchte euch hiermit ohne großen politischen Bezug einen Einblick in meine Erlebnisse schildern - sowohl mit den Flüchtlingen als auch mit der Verbandsgemeinde.
Eventuell helfe ich damit indirekt auch Personen, die auch überlegen, an VB/Flüchtlinge zu vermieten.
Ich hoffe, dass dieser Thread nicht wie der "Flüchtlinge..." Thread, geschlossen werden wird.
Abkürzungen:
VB = Verbandsgemeinde
HD = Hausdurchsuchung
Seit mitte letzten Jahres (2015) haben wir Teile unserer Nebengebäude (3 Räume) an die Verbandsgemeinde vermietet und damit für Flüchtlinge bereitgestellt.
Das ganze haben wir nicht aus purer Nächstenliebe getan sondern aus mehreren Gründen:
-Die Räume sind länger nicht genutzt worden und verursachten somit nur Kosten
-Wir können das Geld gut gebrauchen, um das große Gelände weiter zu halten
-Diese Räume an Flüchtlinge/VB zu vermieten ist einfacher als an "normale Mieter"(*1)
--> Um z.B. in die Küche zu kommen, muss man über einen weitläufigen Hof laufen und es gibt für alle (bis zu drei) Parteien nur ein Bad
-Es war auch nicht geplant, darüber hinaus in diesem Bereich weiter ehrenamtlich zu agieren - erstmal sollten einfach die Räume vermietet werden
Anfangs war ich gegen dieses Vermieten - einfach weil man eben nicht wusste, wer da kommen würde und inwieweit man sich verständigen können würde(*2).
Dann kamen sie - die ersten Flüchtlinge:
Eine albanische Familie (Eltern und 2 Kinder) und zwei junge EritreerInnen (20).
Mit keiner der beiden Parteien konnte man auf Deutsch oder Englisch verständigen.
Der Albaner-Papa hat viel in Hof- und Garten geholfen - er war wohl mal Baumveredler und ihm gefiel es, dass er hier sogar ein eigenes Beet im Garten haben durfte.
Der Garten war zwar nicht mit vermietet, aber wir sind über jede Hilfe froh, da wir wenig Zeit für den Garten haben.
Im September 2015 wurde die albanische Familie dann abgeschoben - eben jene, die für unseren Staat Wirtschaftsflüchtlinge sind.
Gut die Zeit hier, die Freiheiten, das Geld vom Staat und die kostenlosen Zahnbehandlungen für die Kinder waren sicher hilfreich für die Familie - wenn auch nur temporär.
Trotzdem schade - sie waren sehr nett und der Mann wollte auch arbeiten gehen hier.
Etwa zur gleichen Zeit wurden die beiden Eritreer Frauen von der VB getrennt und nun (Nov. 2016) wohnt nur noch eine hier - die Begründung war quasi, dass man hier zwei fremde Menschen in einen Raum gesteckt habe und das rechtlich nicht durfte.
Dass die beiden schon davor befreundet waren, interessierte die VB nicht.
Mir tat das zwar etwas leid und noch dazu: Als die VB das später wieder rückgängig machen wollte und die Frauen fragte, antworteten diese mit "Nein" (vermutlich weil sie einfach nicht verstanden, was man von ihnen wollte).
Letztenendes war dies nicht weiter tragisch - eine wohnt nun im Nachbarort und die beiden sehen sich sehr oft.
... dann kamen die Syrer:
Nachdem die Albaner weg waren schickte die VB uns zwei Syrer (ein Pärchen, beide 30).
Die interessierten sich zwar weniger für Hof- und Garten, aber halfen gelegentlich und luden mich oft zum Essen ein.
Sie hatten viele Freunde/Familie und der Mann (Mohammed oder Mohammad [wer hätte es gedacht^^]) konnte auch etwas Englisch.
Im Sommer 2016 feierte ein Freund von Mohammed sogar seinen Geburtstag in meinem Partyraum.
Seine Familie war da, es wurde viel geredet, auch etwas getrunken und es gab tonenweise Essen.
Da lernte ich auch "Zack" kennen, ein Freund der Familie, der in der Nähe wohnte und ziemlich gut Englisch sprechen- und auch schreiben konnte.
Außerdem hat eine Tochter der Familie (11) perfektes Deutsch gesprochen - das fand ich sehr rührend außerdem konnte ich mich über sie besser mit den anderen unterhalten.
Auf meine Frage, ob sie in Deutsch in der Schule besser als viele Deutsche wäre, antwortete sie mit JA
Anfang Oktober hatte Mohammed sogar ein eigenes Auto was er wohl von einem Türken abgekauft hat - keine Ahnung mit welchem Geld (dazu später).
23.11.2016 - Hausdurchsuchung:
In meinem Studententrott schlief ich um 9 Uhr noch, als mir mein Mitbewohner sagte es stünden mehrere Polizisten im Hof.
Ich zog mich an und stürmte in den Hof nur um 10(!) Polizeibeamte zu sehen, die - mit Kamera und Einweghandschuhen ausgerüstet, als wäre das hier ein Tatort, jede Ecke des Nebengebäudes fotografierten.
Mit mir redeten sie nicht viel - es hieß nur Mohammed sei nicht gefährlich und würde bald wieder von der Wache entlassen.
Ich erfuhr zu diesem Zeitpunkt noch nicht, warum sie da waren.
Sie nahmen ihn kurz mit aufs Revier und gegen abend war er wieder zuhause - sein Handy und das seiner Frau wurden beschlagnahmt.
Ich gab ihm kurz mein Handy zum Telefonieren, dann nahm er mich mit in sein Zimmer und zeigte mir den auf deutsch verfassten Durchsuchungsbefehl:
Er hat wohl 4 gefälschte Führerscheine aus der Schweiz bestellt - u.a. einen für seine Frau - autsch!
Diese wurden vom Zoll abgefangen und so kam es zur HD.
Mal davon ausgegangen, dass diese Anschuldigungen wahr sind:
Ich kann nicht wirklich nachvollziehen, warum er das getan hat.
Ich wusste, dass er mal in der Schweiz war - er war viel unterwegs vor allem, seitdem er das Auto hatte.
Außerdem hatte er einen internationalen Führerschein mit dem er hier wohl ein halbes Jahr lang fahren durfte bevor er einen deutschen Führerschein hätte machen müssen.
Ich wusste auch, dass er mit einem Anwalt aus der nähe einen Prozess am Laufen hat, in dem es vermutlich um sein Aufenthaltsrecht geht (habe das nie richtig verstanden).
Letztenendes frage ich mich:
-Woher hatte er das Geld fürs Auto - zusammengelegt oder hatte er das noch übrig und nicht beim Amt angegeben?
-Wird er wegen den gefälschten Führerscheinen abgeschoben werden?
-Was passiert mit den drei anderen Personen, für die die Führerscheine waren?
Ich war jedenfalls froh, dass es nur Führerscheine waren, denn ich gebe zu, dass mir die Medien den Kopf etwas verdreht haben was Syrer und Terroranschläge usw. angeht.
Von Behörden Irrsinn (und WLAN Zugang):
Durch diese Vermieterei habe ich einige interessante Dinge mit der VB erlebt von denen ich einige hier erwähnen möchte:
-SAT Kabel sprich einen TV Anschluss muss jedes Mietobjekt haben, da man sich darüber informieren kann und es ja helfe, unsere Sprache zu lernen (Bildungsfernsehen !!!1einself).
-Internet/WLAN hingegen steht diesen Menschen nicht zu und wir alle wissen doch: Die bösen Flüchtlinge haben nichts, aber gefühlt alle haben ein modernes Smartphone (ich bestätige das übrigens hiermit).
Die WLAN Lösung:
Ich habe Verträge gemacht (auf DE und EN) und den Flüchtlingen nach Unterschrift Zugang gegeben.
Dazu sei gesagt, dass diese Vorgehensweise eine der risikoreicheren ist wenn es darum geht, Abmahnungen abzuwehren.
Ich habe allerdings gehört, dass abmahnende Kanzleien schnell einknicken, wenn es a - darum geht, gegen Flüchtlinge zu ermitteln, und b - sie erstmal viele Dolmetscher organisieren müssen um überhaupt erst mit diesen Menschen reden zu können.
Und bitte keine Hinweise auf VPN, Freifunk und co - ich weiß, dass das die Lösungen wären, die Abmahnungen komplett abhalten würden.
Ich habe mich bewusst dazu entschieden, das so zu regeln (und der Zugang ist ohne Einschränkungen) das ist mein ehrenamtlicher Teil was die Flüchtlinge hier angeht und es hat mich auch total aufgeregt, dass die VB lieber dafür sorgt, dass in jedem Zimmer ein TV steht, statt mir monatlich 7(!) Euro fürs Internet zu zahlen.
Scheint, als wäre sowas auch in Zukunft nicht geplant.
Sollte dennoch eine Abmahnung hier landen oder sollte es zu einer Hausdurchsuchung hier kommen, wegen illegalen Aktivitäten im Netz seitens der Mieter, werde ich euch dies wissen lassen.
-Der VB Mensch, der die Flüchtlinge den Wohnungen zuteilt konnte meistens nur kurzfristig sagen, ob jemand kommt bzw wer kommt.
Teilweise wurde über Wochen gesagt, am nächsten Tag würden neue Mieter kommen, aber nichts ...
-Wer aufmerksam gelesen hat wird bemerkt haben, dass wir 3 Räume vermietet haben und nur zwei Parteien hier wohnen.
Der dritte Raum ist seit ~3 Monaten vermietet (wir bekommen Geld dafür) und steht leer.
Die Frau, deren Namen auf dem Briefkasten steht und die nur 2x hier war ließ uns wissen, dass man den Raum nicht abschließen könne und es außerdem ein Mäuseproblem gäbe.
Das Mäuseproblem, das sie übrigens selbst verursacht hat haben wir gelöst abschließen lässt sich der Raum ohne Probleme.
Ich habe die VB mehrfach darauf hingewiesen, dass der Raum leer steht und es hat sich nichts geändert --> Gut dann kassieren wir halt weiterhin Steuergelder - für nichts.
-Ein Staubsauger steht Flüchtlingen vom Amt leider nicht zu.
Blöd, da zwei von drei Zimmern Holzböden haben.
Also haben wir einen gestellt
FAQ:
Wie viel zahlt die VB euch?
6 € pro Quadratmeter + Nebenkosten + sollte etwas kaputtgehen, zahlen die.
Wie sind die Kündigungsfristen bei Mietverträgen mit der VB?
Hier drei Monate - eigentlich ziemlich fair!
Kann die VB jeden bei dir wohnen lassen oder kannst du das mit entscheiden?
Wir haben denen gesagt wir möchten nur Frauen oder Familien und sie sollen die Zimmer nicht mit Menschen überfüllen.
Ich hätte gesagt max 10 Personen insgesamt verteilt auf die 3 Zimmer und das wäre schon viel.
Jedenfalls hat die VB sich bisher daran gehalten.
Zahlt die VB pünktlich/regelmäßig?
Die Miete: Ja
Die Nebenkosten: Eher nicht - da sind die manchmal bis zu drei Monate im Verzug ...
Was würdest du tun, gäbe es Ärger zwischen den Mietparteien?
Kündigst du dann einfach den Vertrag?
Nein wir können das der VB mitteilen und sie werden schnell dafür sorgen, dass die Problemverursacher eine andere Bleibe bekommen.
Die VB hat mittlerweile einen großen Pool von angemieteten Objekten also sollte das einfach für die sein.
Gab es sonst irgendwelche Probleme mit den Flüchtlingen?
Eher nicht - auch keine erhöhte Lautstärke (davon hört man oft in den Medien).
Ansonsten mussten wir ihnen halt zeigen, wie man richtig lüftet und andere Dinge dürften sie (die Eritreer) mittlerweile selbst gelernt haben z.B. dass gewaschene Wäsche nicht trocknen wird, wenn man sie im Regen(!) in den Hof stellt^^
Wie ist deine Meinung zu Flüchtlingen jetzt nach der HD?
Unverändert positiv.
Wie gesagt ich war zunächst gegen das Vermieten [an Flüchtlinge], wurde über die Zeit aber immer positiver gestimmt.
Gefälschte Führerscheine bestellen ist sicherlich nichts was man einfach so tut und ich werde sehen wie es mit Mohammed weitergeht.
Sollte er abgeschoben werden ist das halt so - das hat er sich selbst verbockt - ist ja nicht so als wären wir beste Freunde - finde es nicht verkehrt, etwas Distanz zu wahren.
Ansonsten habe ich nur gute Erfahrungen mit den Flüchtlingen hier gemacht.
Haben die Flüchtlinge für die Hilfe in Hof- und Garten eine Entlohnung von dir bekommen?
Nein - mit dem Albaner habe ich manchmal ein Bierchen getrunken.
... und warum auch?
Zum einen weiß ich gar nicht, ob ich etwas geben durfte (wäre mir auch egal, aber darum geht es nicht) und zum anderen ist es sicherlich zumutbar, hier etwas zu helfen (Herbst, Blätter kehren).
Ich habe ja niemanden dazu gezwungen und diese Leute haben sowieso den ganzen Tag nichts zu tun.
Wohnst du auf einem Bauernhof?
Ja ist quasi ein ehemaliger Bauernhof.
Warum nennst du diese Menschen Flüchtlinge und nicht Asylanten?
Meine schlaue Cousine hat mich damit einmal konfrontiert und meinte Asylanten sage man nicht, sondern Flüchtlinge oder Asylbewerber.
Nach kurzem Googeln erführ ich, dass das wohl stimmte und mit dem Suffix "ant" zusammenhängt, da dieser negativ behaftet ist (ähnlich "Querulant)" also sage ich (political & grammatical correctness) nun nur noch Flüchtlinge.
Ich halte von solchen Haarspaltereien grundsätzlich nicht viel - aber manche Leute brauchen das.
Die Sternchen:
*1
Ich habe zwischen Flüchtlingen und "normale Menschen" unterschieden - das soll keine Diskriminierung darstellen sondern ich will damit nur sagen, dass die Ansprüche der VB für Flüchtlinge eben niedriger als für private Mieter.
Sanitäre Anlagen usw usw sind hier allesamt in gutem Zustand - trotzdem wäre es schwer, andere Mieter für diese Räumlichkeiten zu finden.
*2
Ich kann euch auch nicht sagen warum ich anfangs strikt gegen das Vermieten an Flüchtlinge war.
Ich stelle euch aber eine Gegenfrage:
Würdet ihr die Nebengebäude eines großen Anwesens (den Hof teilt man sich) an die VB vermieten, wodurch ihr nie wisst, wer sich auf dem Gelände befindet bzw wer Zugang (Schlüssel) hat?
*3
Kann passieren, dass ich "meine Flüchtlinge" schreibe.
Damit meine ich einfach die Personen, die hier wohnen und nein natürlich habe ich nicht von diesen Besitz ergriffen - ist eben einfach meine Art zu unterscheiden, ob ich gerade über genau diese Flüchtlinge rede oder eben allgemein über das Thema Flüchtlinge.
Ich bin auf eure Erfahrungen und Fragen gespannt
Nachtrag 01.12.2016 - der ehrenamtliche Mitarbeiter
Abgesehen von den Personen, die hier den Deutschkurs auf die Beine gestellt haben, gibt es noch einen Rentner - nennen wir ihn Hans.
Er fährt öfter Flüchtlinge von A nach B zu Kulturveranstaltungen oder holt sie aus Orten in der Nähe ab.
Leider hat der Mann irgendeine Störung und kaut einem echt das Ohr ab - wenn man ihn nicht irgendwie abwimmelt kann er einen gut mehrere Stunden(!) volllabern.
Wenn er mit dem Thema Flüchtlinge fertig ist schwankt er hemmungslos zu anderen Themen um über die er dann wieder unendlich lange reden kann.
Das letzte mal hat er es tatsächlich geschafft von Flüchtlingen auf Fracking (ver-recking [haha hat er wirklich so gesagt]) zu kommen.
Aus diesem Grund hat er bereits in mehreren öffentlichen Einrichtungen Hausverbot.
Ich stelle mir manchmal vor wie es für mich wäre, würde ich seine Sprache nicht verstehen und er würde mir so viel erzählen bzw. wenn er als Fremder einfach so oft auftaucht.
Aber vielleicht sehe ich das zu eng und eine gute Verständigung zwischen ihm und den Flüchtlingen (bei mir) ist tatsächlich möglich.
Ich zu meinem Teil war am Überlegen, ob ich ihm auch irgendwann Hausverbot gebe, aber solange er nur selten hier ist soll mir das recht sein - oder ich rede erst mit ihm bevor ich diese drastische Maßnahme ergreife.
Nachtrag 01.12.2016 - die syrische Dolmetscherin von der Hausdurchsuchung
Bei der Hausdurchsuchung war eine dolmetscherin dabei - eine dickere Frau mitte 40, die ich nicht kannte.
Als fast alle Polizisten wieder abgezogen waren redete ich kurz mit ihr und fragte sie, ob sie wüsste wer in dem leerstehenden Raum (siehe oben) wohne.
Unsere Infos waren, dass da irgendeine Tochter von irgendwem, auch syrerin, reinkommen sollte.
Die Dolmetscherin erzählte mir, die Frau sei 23 und hätte ein Kind.
Ich fragte sie nochmals, warum die Frau nicht hier sei, obwohl sie hier gemeldet ist.
Sie erklärte mir dann Dinge, die ich bereits gehört hatte (Mäuseproblem, Schloss des Raumes klemmt manchmal), aber das waren nicht die Hauptgründe.
Sie erzählte mir, wie schlecht doch die Busanbindung hier im Kaff wäre (stimmt NICHT) und, dass die nächste Grundschule & Kindergarten so weit weg wären (stimmt NICHT, ca. 2 KM).
Im Beisein der Polizisten, die auch den Kopf schüttelten versuchte ich, ihr zu erklären dass sie falsch liegt, aber sie schien es besser zu wissen.
Die Polizisten und die Dolmetscherin verabschiedeten sich und verließen das Gelände.
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