Mit dem Argument, gegen Geldwäsche vorzugehen, plant die EU-Kommission, dass auch die Metadaten von Online-Bezahlvorgängen für die Vorratsdatenspeicherung erfasst werden sollen. Künftig wäre also vorgesehen, dass sämtliche finanziellen Online-Transaktionen einer generellen Identifikationspflicht unterliegen und alle Zahlungsvorgänge erfasst werden, auch die von Kleinstbeträgen, dem sogenannten Micropayment. Zur Realisierung dieses Vorhabens sind bereits Änderungen der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (RL 2015/849) beabsichtigt.
Diese Pläne hat Peter Schaar, der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte und heutige Vorsitzende der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID), in einem Gutachten (pdf) unter die Lupe genommen und am 14. November 2016 in Frankfurt auf dem Prepaid-Kongress über die geplante Identifizierungspflicht gesprochen: „Die Kommission will die ohnehin niedrig bemessene Höchstgrenze des in anonymen Prepaid-Produkten zu speichernden Betrags weiter begrenzen, was den Einsatzbereich von anonymen Zahlungsmitteln auch außerhalb des Online-Bereichs weiter einschränken würde.“
Für Peter Schaar ist das Vorhaben zudem eine „unzulässige Vorratsdatenspeicherung“. Das Ziel wäre eine europaweite Erfassung und Speicherung aller Transaktionsdaten und Angaben über die Nutzer mit der Begründung, die Geldwäsche zu bekämpfen: „Unter Berufung auf den legitimen Zweck der Geldwäsche-Richtlinie, nämlich der Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, würden durch den vorgesehenen Wegfall anonymer Online-Bezahlmöglichkeiten anlasslos massenhaft personenbezogene Daten erfasst, die mit derartigen Praktiken in keinerlei Zusammenhang stehen. Eine derartige anlass- und schwellenlose Identifikations- und Speicherungsverpflichtung widersprichtden Vorgaben der Europäischen Grundrechtecharta.“
In einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur Vorratsdatenspeicherung vom 2. März 2010 wurde die Bedeutung des Telekommunikationsgeheimnisses betont und auch die Metadaten der Kommunikationsnetze für schützenswert erachtet. Das Vorhaben der Kommission lässt sich nicht damit vereinbaren, denn die geplante EU-Richtlinienänderung wäre nichts anderes als eine pure „Verdachtsschöpfung“ und Telekommunikationsnetze dürften laut dem Urteil nicht als „Plattformen der Verdachtsschöpfung“ missbraucht werden. So ließen sich ferner auch andere Aspekte des Vorratsdatenspeicherungsurteils übertragen, etwa die Frage der Kosten-Nutzen-Effizienz der riesigen Fülle an zu speichernden Daten oder die Sicherheit vor dem Zugriff Dritter auf die Datenmengen von vielen Millionen Menschen europaweit.
Auch mit dem deutschen Grundgesetz sei das Vorhaben der Kommission nicht vereinbar, so Schaar: „Wenn den Mitgliedstaaten die Möglichkeit genommen würde, bestimmte für Online-Transaktionen geeignete E-Geld-Produkte mit niedrigem Risikopotential von der Identifikationspflicht auszunehmen, wäre dem deutschen Gesetzgeber eine verfassungskonforme Umsetzung der GW-Richtlinie nicht mehr möglich.“
Speziell mit der durch das Volkszählungsurteil etablierten informationellen Selbstbestimmung der Menschen wäre die Geldwäscherichtlinie nicht vereinbar: „Eine durch EU-Recht festgelegte generelle Identifikationspflicht wäre auch nicht vereinbar mit dem durch das Grundgesetz garantierten Recht auf informationelle Selbstbestimmung.“
Zudem hat Schaar große Zweifel, dass die Pläne mit der neuen Datenschutzgrundverordnung (2016/679, DS-GVO) sowie der Datenschutzrichtlinie für Polizei und Justiz (2016/680, DS-JI-RL) vereinbar wären. Desweiteren begründet er außerdem die Europarechtswidrigkeit der Geldwäsche-Richtlinie, denn sowohl die Zwecke der Datenverwendung seien „nicht hinreichend präzise gefasst“ als auch die staatlichen Stellen, die sie nutzen dürfen, nicht hinreichend genau bestimmt.
Quelle: netzpolitik.org
Bildquelle: geralt, thx! (CC0 Public Domain)
https://tarnkappe.info/eu-kommissio...iner-generellen-identifikationspflicht/Quelle
Autor: Antonia
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