Wir diskutieren das
Thema WhatsApp ja auch gerade im News Forum. Wie auch dort schon erwähnt, ist meine Sorge nicht, dass die Verschlüsselung gebrochen werden könnte, sondern die Metadaten, die dabei in jedem Fall anfallen.
Wer noch immer sagt, ihm wären Metadaten egal, der sollte sich einmal im Business-Backend von Facebook für Werbetreibende anmelden; dort läuft einem der kalte Schauer über den Rücken, wenn man zum ersten Mal sieht, was dort möglich ist.
Um zu begreifen, was Facebook aus Sicht eines Betriebswirtschafters eigentlich ist, muss man sich die Frage stellen, wie Werbetreibende arbeiten und wie die Wertschöpfung bei FB funktioniert:
Im Normalfall sieht das Leben eines Werbers so aus: Ein Kunde kommt und sagt, er will z. B. die Verkaufszahlen eines Küchengeräts steigern. Er gibt dir dann einen Etat (Werbebudget für einen ausreichend großen Zeitraum), den du als Agentur verwalten musst. Am Ende des Zeitraums schaut sich der Auftraggeber wieder die Verkaufszahlen an und und berechnet, wie viel ihn jeder zusätzliche Verkauf gekostet hat. Eine Milchmädchenrechnung dazu: Die Firma hat 10 Euro in Werbung investiert und hat 5 Neukunden gewonnen, macht 2 Euro pro neuem Kunden. Das Küchengerät kostet 20 Euro, man hat also 18 Euro verdient, wenn man die Werbung vom Kaufpreis abzieht.
Als Werber musst du also versuchen, mit dem verfügbaren Etat, so viele Leute wie möglich dazu zu bewegen, ein Produkt zu kaufen. Also hast du aber immer das Problem, dass du an der Zielgruppe vorbeischießt und nur - abhängig von der Kampagne und dem verwendeten Medium - ein paar Promille, bestenfalls ein paar Prozent der Leute, die deine Werbung sehen, überhaupt dafür empfänglich sind. Du zahlst also dafür, dass dein Banner 10.000 Mal angezeigt wird, du erreichst damit aber nur (Hausnummer) 50 Leute, die den Banner anklicken und vielleicht zwei, die schlussendlich etwas kaufen. Möchtest du mehr Leute erreichen, musst du die Auflage steigern, wodurch sich natürlich auch deine Kosten erhöhen.
Hier kommt nun (als eines von vielen Beispielen) Facebook ins Spiel. Wenn du Werbebanner bei FB schaltest, dann bezahlst du pro Anzeige des Banners. Das Social Network kennt durch die besagten Metadaten seine Nutzer sehr gut und erlaubt dem Werber bis ins kleinste Detail zu definieren, an wen der Banner ausgespielt wird. Der Werber überlegt sich also zuerst, wie die Zielgruppe für das oben besagte Küchengerät aussieht und definiert z. B.: Der Käufer ist 25 bis 45 Jahre alt und weiblich, verdient überdurchschnittlich gut, ist gerade mit seinem neuen Partner in eine gemeinsame Wohnung gezogen und richtet diese neu ein.
Diese Kriterien gibt der Werber bei der Erstellung seiner Facebook-Kampagne im Business Backend ein und der Banner wird dann ausschließlich an solche Nutzer ausgespielt, die genau diese Kriterien erfüllen. Dadurch erhöht sich die Trefferquote enorm und verringern sich die Kosten für den Werber immens.
Als ich die Filtermöglichkeiten zum ersten Mal gesehen habe, ist mir wirklich ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen. Neben den oben genannten Beispielen gibt es unzählige weitere Kriterien. Z. B. ist es möglich, nur Leute zu fokussieren, die z. B. aus Wien kommen, sich aber gerade in Berlin aufhalten, noch nicht verheiratet sind, sich aber bereits für Heirat interessiert haben.
Alleine die Filterwerkzeuge sind schon interessant, aber erst beim Retargeting wird es wirklich interessant für den Werber.
Jeder, der ohne Adblocker surft, kennt das: Du schaust dir auf Amazon ein Produkt an und plötzlich wirst du auf Facebook oder Youtube nur noch mit Werbung für derartige Produkte bombardiert.
Bei dieser Art von Kampagnen kann ich ganz gezielt Individuen ansprechen, von denen ich weiss, dass sie sich für eine Sache bereits interessiert haben. Nehmen wir als Beispiel an, ich betreibe einen Online Shop für Küchengeräte. Retargeting erlaubt es mir, einen sogenannten Tracking Pixel auf einer Produktseite für einen Smoothie-Maker zu platzieren. Schaut sich ein Benutzer die Produktseite an, merkt sich Facebook das. Beim nächsten Besuch auf FB kann ich ihm dann treffsicher erklären, wie gesund doch so ein Smoothie ist und welche tollen Smoothie-Maker ich im Sortiment habe.
Die Trefferquote erhöht sich dadurch enorm und Statistiken zeigen, dass man unentschlossene Besucher dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit doch noch zu Kunden machen kann. Dadurch, dass meine Banner nur an die Leute, die ohnehin schon einmal auf meiner Website waren, ausgespielt werden, erspare ich mir viel Geld für "False Positives".
Noch ein mächtiges Werkzeug, das FB bietet, sind die Klon-Datensätze. Das erlaubt es mir, eine Gruppe meiner "Fans" auszuwählen und Facebook zu bitten, Leute mit gleichen Interessen zu fokussieren. Habe ich z. B. einen Newsletter, aber nicht sehr viele Facebook Fans, kann ich zusätzlich eine Liste mit E-Mail-Adressen hochladen. Facebook sucht mir dann diese Leute heraus und zeigt ihnen meine Banner.
Auch hier habe ich als Werber wieder die Möglichkeit zu sagen, dass ich Leute mit ähnlichen Interessen in die Kampagne aufnehmen möchte.
Die beschriebenen Möglichkeiten sind natürlich nicht auf Facebook beschränkt. Auch z. B. Youtube/Google bietet genau solche Retargeting Kampagnen an und ermöglicht zielgerichtetes Ausspielen von Pre-Roll Ads und dergleichen.
Kennt man diese Möglichkeiten, wird schnell klar, dass Facebook überhaupt nicht auf die Inhalte der Gespräche auf WhatsApp oder wo auch immer angewiesen ist. All diese Informationen können über die anfallenden Metadaten bzw. über Rückschlüsse durch deinen Freundeskreis gesammelt werden.