• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

Auslaufmodell Dorf?

Hector

Board-Paladin

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Auslaufmodell Dorf?

Ich bin aufgewachsen in einem kleinen Dorf mit kaum 600 Einwohnern. Drumherum im Umkreis von 30km nichts außer grüne Wiesen, Wälder und grasendes Nutzvieh.

Aber "damals" hatten wir alles. Mit damals meine ich so um die 1990 bis 1995 herum.

Wir hatten:

⁃ Metzgerei mit angeschlossener Kneipe
⁃ Sparkasse mit Geldautomat und einem Menschen an Schalter
⁃ Eine richtige Postfiliale mit mehreren Mitarbeitern darin
⁃ Eine Bäckerei
⁃ Eine große Kneipe in der Dorfmitte

Was ist davon heute übrig?

⁃ Die Metzgerei mit Kneipe ging pleite, alles wurde zwangsversteigert und die Leute, bei denen man seit frühester Kindheit sein Eis gekauft oder mit dem 5 Markstück von seiner Mutter für sie Kippen holen ging, diese Leute sind bettelarm und verkaufen ihr Hab und Gut auf der Straße.
⁃ In der Sparkasse sitzt seit 20 Jahren keiner mehr. Der Geldautomat wurde vor ein paar Jahren entfernt und das ganze Gebäude mittlerweile zum Wohnhaus umgebaut.
⁃ Die Postfiliale ist schon vor 20 Jahren komplett verschwunden.
⁃ Die Bäckerei existiert, das Angebot in den Regalen hat jedoch merklich abgenommen.
⁃ Die Kneipe in der Dorfmitte läuft auch noch. Dort sitzen die selben fünf Nasen wie seit 20 Jahren und trinken ihr Bier oder spielen Karten. Dennoch, das war mal voller.

Worauf will ich hinaus? Nun, ich frage mich schon, wieso das so ist.
Nehmen wir als Beispiel mal die Post. Und nicht nur hier im Dorf. Früher gab es richtige Filialen. In fast allen umliegenden Käffern sind diese verschwunden oder in Getränkeläden ausgelagert. Trauriger Höhepunkt ist wohl ein Baucontainer, der in einer Garage steht. Da denke ich mir: Ist das einem Unternehmen nicht peinlich? Und frage mich: Wieso ist das so? Hat die Post als Konzern am Hungertuch genagt und die Streichungen der Standorte war notwendig? Oder war das dieses typische BWL-Denken ala "Wir haben viel Geld, aber wenn wir auf die Filialen verzichten, haben wir noch mehr!"...? Das gleiche frage ich mich bei der Sparkasse.

Natürlich gibt es da Unterschiede zwischen einer Post, Sparkasse und kleinen Bäckereien und Metzgereien. Da weiß ich dann sehr wohl, dass eben viele Heranwachsende aus so einem Kaff später in die Stadt ziehen heutzutage. Habe ich ja selbst gemacht damals.

Auch alle Grundschulen, Kindergärten usw sind zu.

Aber ich frage mich eben: War das zum Beispiel 1992 noch anders? Wenn ich sehe, was da noch alles da war. Da hat man erst mal den Eindruck, dass es bessere Zeiten waren. Auch finanziell. Bei allen Beteiligten.

Ist wirklich nur die "Landflucht" an sowas schuld?
 

Pleitgengeier

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Dass sich die kleinen Krämer nicht gegen Supermarktketten wie Aldi durchsetzen können ist eigentlich logisch, das passierte aber in Großstädten genau so - vermutlich sogar schneller da die Dichte an Geschäften viel höher ist.

Die Kneipen werden erst später Probleme bekommen weil deren Zielgruppe inzwischen auch 50-70 ist und ich da den "Nachwuchs" als eher gering einschätze - dazu kommen immer strengere Alkoholkontrollen am Heimweg.

Bezüglich Schulen und Kindergärten: Die Budgets werden immer geringer und die Kinder immer weniger...
 

KaPiTN

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Nein.

Nach Wegfall des Beamtenstatus und Lockerung des Postmonopols gibt es allgemein weniger Filialen. Die nannte man früher sogar Postamt.

Auch in der Großstadt muß man schon wissen, wo es noch Metzgerläden gibt.

Bäckereinen sind meist Aufbäckereien von Ketten.

Früher gab es in Banken einige Angestellte hinter dem Tresen und mit Trennwänden oder eigenen Büros getrennt, saßen Berater und andere. Es wurden Zigtausende Bankleute entlassen. Heute ist der Schalter unbesetzt und die Trennung ist weg, damit die Leute "hinten" den Kunden sehen können und dann nach vorne kommen oder zu sich heranwinken.

Seit Cinemaxx sind bis auf das Programmkino alle anderen weg.

Als Mediamarkt/Saturn eröffnet haben, sind in der Innenstadt die kleineren Geschäfte verschwunden.
Es gibt jetzt noch einige wenige reine Fachgeschäfte. Entweder Radio/TV oder Musik(CD, Platten etc.)

Ich denke da gerade an eine Großstadt, da scheint es in der Innenstadt nur Optiker und Telephonläden zu geben.
Kein Kaufhof, C&A oder sonst etwas. Allerdings eine kleine Mal am Bahnhof und in den umliegenden Städten echt große Einkaufscenter.

Überall sprießen die 1,- Läden aus dem Boden.

Das Internet macht es kleinen Geschäften auch nicht leichter. Besonders dreist sind Kunden, die sich erst im Geschäft beraten lassen und dann in IN kaufen.

Also nein. Es gibt auch andere Gründe.
 

Munro

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Schon das Gehalt das Bankangestellten kostet jeden Bürger des Dorfes 80 bis 100 € im Jahr. Dazu kommen Verwaltung, Miete und andere Aufwendungen der Bank für diese Filiale. Schon, wenn man bloß sagt, dass der Betrieb der Filiale keinen Verlust bringen soll, müssen die Einwohner ganz schön viel Geld für Bankdienstleistungen ausgeben. Dann springen einige davon ab und machen Online-Banking, anderen fehlt das Einkommen, ein Haus zu kaufen und sich ordentlich zu verschulden.

Ein Dorf hatte früher den Vorteil, um sich herum viel Platz für Wald und Äcker zu haben. Heute ist der Vorteil an sich noch derselbe: Es gibt viel Platz für Bauland. Aber solange das Dorf nicht gerade an der Autobahn liegt, ist es eben ein Arschkaff, das mit dem Verlust der Bedeutung der Landwirtschaft letztendlich auch selbst an Bedeutung verliert. Der einzige Ausweg besteht darin, irgendwelche Standortfaktoren zu nutzen, z.B. die schöne Altstadt für den Tourismus. Im Dorf selbst ist ansonsten einfach zu wenig Geld.
 

mathmos

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@Hector:

Kann jetzt nur von den örtlichen Gegebenheiten ausgehen. Bei uns im Nachbardorf (mit einer Straße und Häusern auf nur einer Seite recht überschaubar). Hier hält sich eine Gaststätte seit ca. 130 Jahren (ganz früher war es eine Bierschänke). Es gab zwar mal eine Durststrecke (:D) aber dann wurde renoviert und halt auch mal etwas abseits vom Schweinebraten angeboten. Im Sommer findet Donnerstag immer ein Grillabend statt. Zudem kommen auch Leute die 30 Kilometer oder weiter wegwohnen.

In der Hauptgemeinde (ca. 4700 Einwohner, ländlich gelegen) hat letztes Jahr eine alteingesessene Gaststätte dicht gemacht (Altergründe und kein Nachfolger). Jetzt ist dort eine griechische Gaststätte. Anfangs hatte fast jeder den Verdacht, dass der schneller weg ist als man schauen kann. Inzwischen hat der Grieche nicht nur Abends und am Wochenende offen sondern auch unter der Woche Mittags, weil es gut läuft.

Ebenfalls hat ein alteingesessener Bäcker dicht gemacht (ebenfalls wegen dem Alter und mangels Nachfolger). Die Räumlichkeiten wurden quasi ohne großartigen Leerstand von einer anderen Bäckerei (keine große Kette) übernommen, obwohl es noch mindestens 3 andere Bäcker gibt.

Eine andere Gaststätte hat dicht gemacht und wird jetzt nur noch zur Kirchweih oder für Familienfeiern usw. geöffnet. Die gleiche Familie hat aber noch die gut laufende Metzgerei die zur Gaststätte gehört.

Auch gibt es hier in vielen Dörfern noch Gaststätten die es länger als mich gibt (was jetzt auch schon ein paar Jahrzehnte sind). Hier bei mir im Dorf (eine Straße, links und recht Häuser) sind in den letzten Jahren auch viele Familien hergezogen. Gefühlt kann man also schon von einer Landflucht reden. Allerdings nicht vom Land in die Stadt sonder eher umgekehrt.

Das Aussterben der Tante-Emma-Läden usw. habe ich eher in den 90ern bzw. Anfang 2000 bemerkt. Hier war aber wohl auch oft das Problem des Nachfolgers die Ursache.

Also kurz gesagt, ich halte ein Dorf bzw. eine kleine Gemeinde nicht für ein Auslaufmodell. Zumindest nicht hier in der Ecke.
 

Xypro

NGBler

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Ich stamme auch aus einem dieser Kuhdörfer. Als Kind hatte das Dorf mehr Kühe in den Ställen der Bauern als Einwohner.

Das größte Problem ist die stark gestiegene Mobilität und neue Kommunikationsmedien beginnend mit SMS.
Wenn ich überleg, man hat sich damals auf's Fahrrad gesetzt, ist ins Nachbardorf gefahren um an der Tür seines Kumpels zu klopfen und um dessen Mutter dann zu fragen ob er da ist und zum spielen rauskommen darf. Mit SMS hat man sich die Wege gespart, heute muss man nur bei FB schauen und sieht wer sich wo rumtreibt.
Die Kommunikation über SMS hat auch dafür gesorgt, dass man viel schneller wusste wo was interessantes abgeht. Und je städtischer es wurde - desto mehr Angebote gab es. Deshalb hat es uns als Jugendliche eher in die Stadt gezogen.

Gleiches gilt für andere Bereiche - früher war man froh wenn man im Dorf etwas hatte weil man selbst nicht bis in die nächste Stadt gekommen ist. Kombiniert mit dem "Geiz ist Geil" Aspekt - wieso sollte man im Tante Emma Laden ne Butter für 3,50DM kaufen wenn man sie im Discounter für 2,10DM bekommt? Gerade Eltern der 80/90 hatten selbst Eltern die im Krieg bzw in der Nachkriegszeit groß geworden sind. Die haben gelernt, dass Güter knapp sind und man sparen muss wo es geht.

Das immer mehr Banken und Postämter die kleinen Filialen Schließen ist wirklich der Kosten/Ertragsfaktor. Die Kunden bleiben fern, die Kosten (Miete, Gehälter, Nebenkosten) steigen. Auch wenn man meint das ist ein großer Konzern - an für sich betrachtet ist eine kleine Filiale im Ort auch nur ein Tante Emma Laden der von seiner Kundschaft lebt.

Aber es gibt auch positive Entwicklungen - gerade wenn ich mir die Kneipe in meiner Heimat anschau. Die macht vieles um sowohl für jung & alt was zu bieten. In einem Nebenraum der Kneipe ist ein kleiner Tante Emma Laden den der Wirt mit Frau betreibt - sogar mit Bringservice für die Alten. Nebst Sportbar gibt es für die Jugendlichen Saal regelmäßige Angebote. Von einem Cocktailabend mit Showmixer bis hin zu kleineren Band und DJ Auftritten. Auch werden alte Traditionen gewahrt und es gibt noch die sogenannten "Straußbuwe" die der Wirt kräftig mit Bier versorgt und das ganze Dorf samt Umland in die Kneipe lockt.

Was ich sagen will, Gemeinden und Besitzer müssen sich dem Wandel der Zeit anpassen und schauen, dass Sie die Dörfer Interessant halten. Die Nachbargemeinde hat ein Industriegebiet ausgeschrieben mit extrem niedriger Gewerbesteuer, die Infrastruktur verbessert (I-Net und Verkehrsanbindung) und aktiv darum geworben. Haben dafür viele Schulden aufgenommen. Inzwischen haben sich aber auf Grund dessen größere Firmen angesiedelt und Arbeitsplätze geschaffen die die umliegenden Dörfer wieder richtig attraktiv machen. Trotz der geringen Gewerbesteuer spült es richtig Geld in die Gemeindekassen weil das ganze Dorf samt Umland dadurch floriert.

Auch wenn in diesem Kuhkaff heute vieles anders ist als früher, es ist noch immer schön ländlich. Deshalb plane ich zur Zeit auch mit dem Gedanken eines Hauskaufs in der alten Heimat ;)
 

BurnerR

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Generell ist es Aufgabe des Staates, Infrastrukturmaßnahmen umzusetzen, damit kleinstädte oder sogar dörfer halbwegs attraktiv bleiben. Für Ärzte hat man das ja (teilweise?) gemacht, in anderen belangen weiß ich es nicht.
 

theSplit

1998
Veteran Barkeeper

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Naja, ich glaube die Menschen haben sich angepasst, genau so wie es die Industrie bzw. deren Händler es getan haben.

Früher sind die Leute, weil man sich kannte oder weil es einfacher gewesen ist, in den Dorfladen gegangen. Der Metzger kannte die ansässigen Bauern. Das Postamt war auch bei uns vertreten. Wir hatten sogar bis Mitte der 90er Jahre einen Schuhmacher. Und eine Bank, eine Kneipe und ein kleines Gasthaus gab es auch.

Davon ist bis auf ein kleineres Gasthaus mit Kegelbahn nichts mehr übrig. Dafür gibt es eins Ortswehr und Sportangebote wie Fußball oder Tischtennis für eine paar Jugendliche und Kinder, auch aus dem näheren Umfeld da die Vereine sich sonst nicht halten könnten.

Ich vermute die Grunde dafür ist nicht direkt die "Landflucht", ist auch ein weiter Begriff, sondern das den Geschäften die Kunden "ausgegangen" sind oder einfach "attraktivere Angebote" angenommen werden und wir bessere Möglichkeiten haben.

Früher kannte jeder jeden, früher hat man untereinander Geschäfte gemacht und auch nicht jeder war so mobil und vernetzt wie es heute der Fall ist. Und Arbeit hat man versucht im Dorf zu finden.

Jetzt müsste man aber auch unterscheiden ob wir von den 90er sprechen oder von der Zeit meiner Großeltern....

Ohne zu sehr ins Detail zu gehen, junge Leute und Paare zieht es in der Regel in die Stadt, mit mitlerem Alter zieht bzw. mit Kindern, wünschen sich viele wieder aufs Dorf zu ziehen, weil es in der Regel ruhiger ist (in vielen Belangen). Auch sind oftmal die Grundstückspreise oder alte Häuser günstig zu erwerben, wobei Neubau sich allen anderen Verhältnissen der Stadt angepasst hat. Und natürlich das Wohnraum oftmals generell günstiger und auch leichter zu bekommen ist.

Hängt aber auch davon ab was man für ein Typ Mensch ist, wer ständig Leute um sich braucht, wird in einem Dorf wohl nicht die Erfüllung finden, für "gestandene" Familien sehe ich es aber als Vorteil an.

Und noch etwas, man arbeitet ja auch in der Stadt und Kosteneffektiv am Kunden - früher hat man geplauscht und das für Stunden mit dem "Dorfkunden" - heute wird man in der Masse abgefertigt - auch die Industrie hat sich verändert. Früher gab es auch nicht so viele große Dominante Player, sondern Kleinbauern und vielleicht ein Großbauern der die Orte ringsum versorgt hat. Heute kommt unser Essen ja meist von weit(er) her.

Aber damit ich nicht zu viel auf einmal bringe:
Die lokalen Umstände wie auch die "Globalen" haben sich verändert
Die Leute sind mobiler
Man ist weitreichender vernetzt (was ja auch nicht gerade förderlich fürs Dorfleben sein muß)
Weniger leisten mehr (auch weniger Firmen haben größere Kundenstämme und Märkte die sie abdecken)
Es gab weniger Spezialisierungen und mehr Handwerk
Aussterben von tradionellen Berufen, Modernisierungen, "Fortschritt" und Job-Wegfall vielerorts
Druck von großen Playern auf kleine die nicht mehr konkurrieren können

Und ich glaube man muß da noch viel mehr ins Feld führen.

Aber grundsätzlich und durch die Mittel die wir heute für unsere Kommunikation haben, spielen Distanzen eine immer geringere Rolle.
Was auch wieder einen Aufwind für das Leben auf dem Land haben kann. Ganz einfach weil unsere Familien und Freunde nur ein paar Tasten/Touchgesten entfernt sind...
Nur wird man was die "Industrie" (der lokale Metzger und Co) - immer weniger und wir steuern darauf hin das diese Handwerke mehr und mehr verschwinden werden, weil die Großen sie kaputt machen. Das betrifft jetzt nicht den Friseur, aber den Bäcker, den Metzger, die unattraktive kleine Dorfkneipe (wenns denn in der Stadt mehr Menschen und Austausch gibt).
 

electric.larry

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Was Postämter und öffentlichen Verkehr betrifft, hat sich zumindest in Österreich ein wichtiger Punkt geändert, der mitverantwortlich für Schließungen und Einsparungen war/ist: Früher waren Post, Bahn und Bus zur Gänze staatliche Betriebe, deren Aufgabe es war, auch das kleinste Kaff mit einem "Postamt" und einer Bushaltestelle auszustatten. Erst nachdem diese Betriebe (teil)privatisiert wurden, mussten sie auch Gewinne abwerfen und man begann den Rotstift anzusetzen.

Daraus dürfte sich eine Abwärtsspirale entwickelt haben. Die Anzahl der Busse wird reduziert, weil zu wenige Leute mit dem Bus fahren. Aufgrund der schlechten Erreichbarkeit wird noch weniger Bus gefahren und es müssen noch mehr Verbindungen eingestellt werden.

Ich find den Optimierungs-Wahn generell problematisch. Es gibt gewisse Einrichtungen, mit denen lässt sich nur schwer Profit erwirtschaften; Beispiele wären Schulen, medizinische Versorgung oder Kinderbetreuung. Imho muss man sich diese einfach "etwas kosten lassen", wenn man nicht möchte, dass es zu einer Zweiklassen-Versorgung kommt (Sprichwort: Privatschule oder Privatspital)

Was das Verschwinden kleiner Einzelhändler betrifft, sind wir Konsumenten zu großen Teilen selbst schuld. Wenn ich nur noch beim Diskonter einkaufe, darf ich mich nicht wundern, wenn Tante Emma zusperren muss. Wenn ich meine CDs/Platten nur noch bei Amazon bestelle, warum sollte es in der Nachbarschaft noch einen Plattenladen geben?

Die einzige Möglichkeit, um als kleines Unternehmen neben den Riesen zu "überleben", ist die Spezialisierung auf Randgruppen-Interessen oder ein extrem tiefes Sortiment. Im obigen Beispiel wär das der Plattenladen, der sich nur auf Rock und Metal spezialisiert und die Alben anbietet, die man bei Amazon & Co. eben nicht bekommen kann. Das wiederum ist in einem 500 Seelen Dorf, wo die Metal-Gemeinde wahrscheinlich sehr überschaubar ist, nicht möglich. Er wandert also in die Stadt oder ins Netz.
 

infofilter

Ruhe in Frieden

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@Hector: das dorfsterben ist folge unseres handelns auf ganz verschiedenen gebieten. vieles wurde schon gesagt.

in den 80er und 90er jahren hast du gerade die blütezeit des landlebens erwischt, so möchte ich sagen. in der zeit gab es eine stadtflucht, man ist rausgezogen aufs land. viele haben neu gebaut, was das handwerk und den einzelhandel in ländlichen gebieten beflügelt hat. dieser trend hat sich umgekehrt. die löhne und gehälter der breiten masse sind schmaler geworden. die eigenheimzulage wird heute nicht mehr gezahlt, energiekosten sind gestiegen, was sich insbesondere auf lange anfahrtwege zur arbeit niederschlägt. das geld wird halt anders verteilt heute, und in konsequenz erstirbt das landleben vielerorts.

falls dich das irgendwie betrübt; das sollte es nicht. es ist eine kehrseite aus den vielen vorteilen, die das moderne leben mit sich bringt. und der prozeß kann sich auch wieder umkehren. nur bedenke: das neue dorf wird auch nicht das dorf deiner kindheit sein ;)
 

BurnerR

Bot #0384479

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Übrigens, ich bin mir halbwegs sicher, dass es einen teilweisen Rückwärtstrend geben wird. Nicht zurük ins Dorf, aber weg von Großstädten, hin zu Städten mit 80k-200k Einwohner. Einfach weil sie ein gutes Gleichgewicht zwischen Infrastruktur und Lebensqualität sind. Es gibt so schöne Städte in Deutschland, die einfach alles haben, das dauert jetzt noch 5-20 Jahre, dann wollen alle dahin wo es schön ist und nicht mehr dahin wo möglichst viele andere Menschen sind.
 

electric.larry

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Kann mir auch gut vorstellen, dass es einen Rückzug in kleinere Städte geben wird. Nicht nur, wegen der Lebensqualität, sondern auch wegen den unbezahlbaren Preise für Eigentum in der Großstadt.

Wir wollten uns hier in Wien vor zwei Jahren eine Wohnung kaufen und hatten schon damit gerechnet, dass wir mit 300K+ dafür rechnen müssen, wenn wir eine Wohnung mit Platz für ein bis zwei Kinder und einen kleinen Garten oder Terrasse haben möchten. Am Ende waren wir aber trotz Abstrichen bei 500K und einem Kredit der erst in der Pension zurückgezahlt ist. Haben uns deshalb auch dazu entschlossen vorerst noch ein paar Jahre zu mieten und dann in eine kleinere Stadt oder sogar in ein Dorf zu ziehen, wo Wohnen einigermaßen leistbar ist.

Das Problem ist halt trotzdem, dass es für Coder und Werbefuzzis am Land einfach keine Kunden gibt, man also erst recht wieder als Pendler in die Stadt müsste.
 

Pleitgengeier

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Ich bin in einer Kleinstadt aufgewachsen und habe das anders rum erlebt: Die Nachteile aus Land und Großstadt zusammen.
  • Keine Infrastruktur und keine ordentlichen Einkaufsmöglichkeiten wie am Land
  • Lärm und Ärger mit angrenzenden Nachbarn wie in der Stadt
  • Preise für Immobilien nicht ganz so hoch wie in Großstädten aber dennoch hoch.

Da man sowieso ein Auto braucht und dank Internet die Nachteile bezüglich Einkaufen weg gefallen sind, finde ich das Leben am Land optimal.
Über eine Nähe zu einer Großstadt (30-50km) kann man ja nachdenken.
 

KaPiTN

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Nur am Rande möchte ich anmerken, wie falsch der Begriff Landflucht möglicherweise ist.
Wenn man nach Zahlen sucht, findet man i.d.R. Zahlen zur Demographie Deutschlands.
Man erfährt, daß die Bevölkerung auf dem Land stärker schrumpft, oder aber in Städten sogar leicht zunimmt.

Das ist natürlich kein Hinweis dafür, daß die Menschen vom Land in die Stadt ziehen, was sicherlich vorkommt, wie umgekehrt auch.

Wenn in einem Dorf bereits nur noch die älteren leben, dann wird es dort auch weniger Nachwuchs geben, als in einer Stadt.

Das hier im Thread genannte Phänomen bleibt natürlich das gleiche, unabhängig von der Ursache, ich wollte nur auf die Ungenauigkeit hinweisen.
 

TheOnly1

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Ich wohne weiterhin aufm Dorf/Land und bleibe auch hier. Ende. :D

Hier habe ich meine Ruhe und Natur drumrum. Den ganzen Stadt-Mist brauche und will ich nicht.
Wenn ich irgendwas benötige, dann bestell ich es halt online, mache es online, oder fahre mit dem Auto einkaufen. Juckt mich nicht.

Ich sehe absolut KEINEN Grund in die Stadt zu ziehen.
BTW: Unseren Dorf-Laden gibt es immer noch. :D
 
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musv

Bekannter NGBler

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Mal noch ein paar kleine Punkte:

Internet:
Daran haben wohl vor allem die Sparkassen und Kartoffelbanken zu knappern. Ich hatte vor 20 Jahren mal in einer Sparkasse eine Lehre absolviert. Schon damals war der Kassenschalter ein Auslaufmodell. Inzwischen dürfte der ganze Zahlungsverkehr, mit dem die Banken nicht wirklich Geld verdienen, nahezu ohne Mitarbeiter ablaufen.

Größere Sachen kauf ich eigentlich fast nur noch online. Dazu gehört vor allem das Buchen von Flügen und Reisen. Selbst wenn ich im Reisebüro denselben Preis kriegen würde, hab ich beim Kauf im Internet doch immer das Gefühl, dass ich mehr Vergleichsmöglichkeiten hab.

Lokal nutz ich:
  • Supermarkt für Lebensmittel. Evtl. noch die Metzgerei - aber sehr selten
  • Eisdiele
  • Autowerkstatt (1x pro Jahr für die Inspektionen und TüV)
  • Fotoladen (alle 2-3 Jahre für Passbilder)
Und dann gibt's halt noch diverse Restaurants in der Umgebung.

Verdrängung durch Supermärkte:
Die Tante-Emma-Läden sind in den 90-ern schon weggefallen, erleben aber mit den Allzweckfilialen (Post/DHL + Zeitschriften + Bäcker + Lotto) wieder eine kleine Renaissance.

Vor 20 Jahren in meiner Sparkassenzeit ging's den Bäckern finanziell noch richtig gut. Durch die Backautomaten in den Supermärkten hat sich das aber auch geändert. Die Brötchen im Supermarkt schmecken mir teilweise besser als die der Bäcker und kosten weniger als die Hälfte. Beim Metzger ist es noch gravierender. Da geh ich nur hin, wenn ich was besonderes brauch.

Die Entwicklung ist nicht schön. Aber die Gesellschaft unterliegt halt einem Wandel.
 

Sibi

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Verlink doch mal n paar spannende Wiki Artikel. Könnte neue Leute zum diskutieren anreizen.
 

Buschfunk

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mal hier mal da
Spannendes Thema mit mehreren Einflussfaktoren. Ende des letzten Jahrtausends gab es eine Phase der Suburbanisierung. Der Wunsch nach dem eigenen Haus und die Nachteile der Stadt führten zu einem Wachstum der Städte am Rand und eine Verlagerung der Bevölkerung ins Umland. Diese Phase der Suburbanisierung ist aktuell genau ins Gegenteil umgeschlagen und seit einigen Jahren herrscht eine Phase der Reurbaniserung. Die Nachteile des Wohnens im Umland überwiegen die Vorteile und so kommt es wieder vermehrt zu einem Wachstum der Städte bzw. Bevölkerungsverlust im ländlichen Raum (in Kombination mit dem demographischen Wandel der auch starken Einfluss nimmt). Aktuell leben mehr als 50 Prozent der Weltbevölkerung in Städten, diese besonders in Schwellenländern deutliche Vorteile gegenüber dem Land haben, da dort anders als beispielsweise in Deutschland kein Fokus darauf liegt, die Nachteile des ländlichen Raums auszugleichen.

Ich gehe mal davon aus, dass in den nächsten Jahren einige Dörfer dicht machen müssen aber Ausnahmen wird es immer geben. Es kommt halt auch auf die Umstände an. Beispielsweise das Dorf in dem meine Großeltern ihren faktischen Hauptwohnsitz haben hat in den letzten Jahrzehnten auch starke Veränderungen durchgemacht. Betriebe mussten schließen und die Versorgungssituation ließ auch nach und für den Großeinkauf musste man mindestens 20, eher sogar 30 km fahren, also ähnlich der Entwicklung die der TS beschrieb. Durch den starken Anstieg des Tourismus änderte sich diese Entwicklung und es kam zu einem Wandel. Der örtliche Tante-Emma Laden hat sogar expandiert (Fleischtheke, Backwaren etc., aber insgesamt höhere Preise als in dicht besiedelten Gebieten) und einer der Bewohner eröffnete sogar einen Pizzadienst, der im Sommer natürlich der Knaller ist. Mittlerweile hat der Dorfladen geschlossen (Ruhestand der Betreiber), aber im Zentrum am Standort des ehemaligen Sägewerks (ebenfalls geschlossen wegen Wirtschaftswandel) hat ein Netto eröffnet. Für die Bewohner des Dorfes natürlich geil, aber geht eben auch nur, weil der Tourismus die notwendige Kaufkraft mitbringt, um so einen Markt rentabel zu machen.
 

virtus

Gehasst

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AUF DEM MOND
Ich denke der Hauptgrund sind gestiegene Kosten bei preissensibleren Kunden.
Darüber hinaus sind auch gestiegene Erwartungen der Kunden mit Schuld.

Wenn du heute aus gehst, dann muss es eine Disco mit mindestens 7 Dancefloors sein, die bis zum Dach gefüllt ist. Eine kleine ruhige Dorfkneipe zieht keine Besucher mehr an.
Wenn du heute einkaufen gehst, dann erwartest du ein Vollsortiment. Du willst nicht "Toast", sondern du willst eine bestimmte Marke zu einem bestimmten Preis.
Bei Elektronik-Artikeln wird es noch schwerer. Ich erinnere mich an meinen ersten Handykauf. Da bin ich in den Laden und habe mich beraten lassen, was es da überhaupt gibt. Der Verkäufer im Laden hat mich beraten, was verfügbar ist und ich damals gebraucht habe. Heute stelle ich Anforderungen, ich weiß, was ich haben möchte und suche genau nach diesem einen passenden Produkt. Bei meinem letzten Smartphone-Kauf war ich in 7 Läden und habe gefragt, ob das gewünschte Smartphone verfügbar ist oder ob man es bestellen könne. Die Antworten waren durchgehend, dass man leider nur das verkaufen könnte, was gerade da ist. Bestellen eines bestimmten Smartphones, wenn es nicht im Programm ist, ist unmöglich. Damit war für mich der Ladenkauf schon durchgefallen. Selbst online ist der Wettbewerb gigantisch. Da ist weniger das Programm als viel mehr der Preis und die Lieferzeit ausschlaggebend. Wer bestellt schon über einen Laden, 6 Wochen zu warten und später noch 30% mehr zu zahlen, wenn Amazon in 2 Tagen quer um den Planeten liefert?

Mit solchen Erwartungen können kleine Dorfläden nicht mithalten. Die können weder riesige Lager unterhalten, um noch ein paar Cent im Massenkauf zu sparen, noch können sie hunderte Sorten/ Varianten eines Produkts vorhalten, damit genau die von dir gewünschte Marke und Variation verfügbar ist.


Bei ehemals öffentlichen Diensten, die privatisiert wurden, ist natürlich klar, dass Einsparungspotentiale genutzt wurden. Öffentliche Dienste müssen nicht immer mit Gewinn arbeiten, ganz im Gegensatz zu privaten Unternehmen. Aber auch öffentliche Dienste müssen mittlerweile stets günstiger für den Staat werden. Schulen, Kindergärten, .. das hat in einer (Merkel-) Regierung keinen hohen Stellenwert. [Auch bei einer anderen Regierung sehe ich da keine ernsthafte Verbesserung.] Überwachung und Militär und die Politikerdiäten stehen eher im Vordergrund. Also schafft man ab, was nicht von Relevanz ist.
 
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