• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

Mein Hafttagebuch

cavin

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Danke für ein weiteres, spannendes Kapitel mit Cliffhanger am Ende ;)
 

boratino

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Gehe ich recht mit der Annahme, hier ist Schluß? Nicht das BeSure wieder einen PC mit Tor bekommen hat?
 

boratino

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wa? Der hat doch schon seit Jahren Abi und Studium läuft anders, da ist das alles nicht auf den Punkt
 

Metal_Warrior

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@boratino: Ah, da scheint das jemand besser zu wissen als meine Uni. Möchtest du da nicht mal deine Weisheiten einbringen, dass wir nicht alle Klausuren des Wintersemesters konzentiert auf Ende Januar/Februar und Ende März/Anfang April haben?
 

boratino

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Sorry Leute! Ich wollte hier keinen Krieg. Wusste nicht das ich sofort vom Admin geteert und gefedert werde. Das war nicht böse gemeint und Studium geht natürlich vor. Sorry. :coffee:
 

Metal_Warrior

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@boratino: Kein Stress. Wir sind hier ein eher im Underground angesiedeltes Forum - wer FriedeFreudeEierkuchen haben will, sollte sich besser im Benjamin-Blümchen-Forum anmelden. Wir hingegen mögen Sarkasmus, Ironie und auch mal ne zünftige Kneipenschlägerei ;)
 

BeSure

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Haha Leute, sorry, dass ich mich so spät melde bzw. nicht gemeldet habe.
Bevor jetzt irgendwelche Spekulationen los gehen:

Die Klausurphase ist vorbei, doch mein Praktikum hat nun begonnen.
D.h. ich musste Umziehen und das hat etwas Zeit und Aufwand gekostet, bin jetzt aber erfolgreich in meine neue Wohnung eingezogen.
Ich will nicht zuviel versprechen, aber ich hoffe, dass ich nun in regelmäßigen Abständen nach der Arbeit schreiben kann/werde, da ich diesen Hochschul-Stress nicht mehr habe und nach der Arbeit wirklich abschalten kann :)

Wenn ich also von nun an nicht schreibe, dann liegt es nur an meiner Faulheit hahaha
ABER die nächsten Tage erstelle ich mir mal eine Timeline meiner Haft, damit ich es einfacher habe was die chronologische Reihenfolge angeht und ich Sachen nicht vertausche, etwas Brainstorming muss ich auch noch machen, ich kann mich an einiges nicht mehr komplett erinnern :P

Beste Grüße,
BeSure
 

boratino

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Könnt Ihr mal eben etwas auf mir rum hacken, dann brauche ich nichts weiter schreiben. :beer:

Ich habe mich jetzt extra bei DiDW registriert, um mal wieder was von BeSure zu lesen. Da ist er aber auch nicht. :D
 
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BeSure

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Kapitel 32 - Die Tabakdose für Nichtraucher

Der Warteraum für Besucher war überfüllt. Noch nie zuvor hatte ich 12 Männer auf solch engem Raum gesehen. Das Fenster war nur gekippt und es kam kaum Luft herein. Hinzu kam, dass einige sehr verschwitzt und noch in Arbeitsklamotten waren, andere wiederum hatten geschwollene Augen, sie waren wohl gerade erst aufgewacht.

Ich war einer von ihnen, zudem schon seit 5:30 Uhr wach, hatte den Gang in meinem Stockwerk gewischt, den Müll weggebracht, die Küchen gesäubert und eine Zelle desinfiziert.

Aus den Gesprächen der Häftlinge konnte ich heraushören, dass mehr als 2/3 zum Anwalt wollten. Verwunderlich war es, dass sie alle zum selben wollten, zu Herrn Mayer. „Wie ist denn der Herr Mayer so? Ich will ihn mir als Pflichtverteidiger holen“, wollte ich von einem Mithäftling wissen. „Der ist gut, zwar alt, aber er hat gute Connections zu den Staatsanwälten und Richtern, er soll früher mal selber Staatsanwalt gewesen sein“, meinte er und machte einen ungeduldigen Eindruck. Er wartete wohl auf eine wichtige Mitteilung von seinem Anwalt. Nach und nach wurden wir gerufen, doch der Warteraum blieb überfüllt, denn mit jedem, der zum Besucherraum ging, kam ein anderer und nahm seinen Platz im Warteraum ein.

Als ich endlich an der Reihe war, fing mein Herz an zu pochen. Ich spürte abermals Hoffnung und wollte in Herrn Mayer eine Art Retter sehen – jemand, der mir mitteilt, dass ich endlich bald rauskommen würde. Meinem aktuellen Anwalt hatte ich noch nicht mitgeteilt, dass ich mein Mandat niederlegen und einen anderen heranziehen wollte. Ich begab mich in einen der kleinen Besucherräume, in dem ich auch meine Eltern schon öfter angetroffen hatte. „Hallo, Herr Ates!“ Der erste Eindruck ist der Wichtigste, und mein erster Eindruck von Herr Mayer war nicht gerade berauschend. Er sah ziemlich alt aus, hatte viele Falten und weißes Haar, er hätte mein Opa sein können. Zudem machte er einen sehr ruhigen Eindruck, sah viel zu gelassen aus, so als schliefe er gleich ein. Seine Augenlider waren halb geschlossen und ich fragte mich, ob er mich überhaupt sehen konnte. Ich hatte auf einen Anwalt mit feurigem Charakter gehofft und saß nun einem fast Halbtoten gegenüber. Dennoch dachte ich mir, dass er gut sein musste, wenn er doch so viele Häftlinge vertrat. Wie jeder andere Anwalt konnte er mir nichts zu meinem Fall sagen, da er erst die Akten beantragen musste. Von meinen Erzählungen her konnte er mir jedoch etwas mitteilen, was jeder Anwalt sagen würde, um einen Mandanten für sich zu gewinnen: er gab mir Hoffnung – genau der Grund, aus dem ich mich überhaupt erst mit ihm verabredet hatte: „Herr Ates, wir bekommen das schon hin. Ihr Anwalt hat Unrecht mit den 4 Jahren, mehr als 3 Jahre werden Sie nicht bekommen. Ich denke, ich bekomme Sie hier auf Bewährung raus. Dennoch werde ich mal bei Ihrer Staatsanwältin anrufen und nachfragen, bei wie vielen Jahren sie ungefähr ansetzt.“ Ich war glücklich, als ich diese Versprechen von ihm zu hören bekam. Doch im Endeffekt gehen Anwälte auch nur ihrem Job nach und ihre Geldquelle waren ihre Mandanten, was also sollte dagegen sprechen, leere Versprechungen zu geben. Zumal diese nicht mal in ihrem Einflussbereich lagen.

Mit neuer Hoffnung auf baldige Freiheit und einem sehr guten Gefühl bei der Wahl meines Anwalts begab ich mich in Begleitung eines Justizbeamten wieder auf meine Zelle, zückte Stift und Papier und schrieb meinem alten Anwalt, dass ich das Mandat niederlegen und Herrn Mayer als Pflichtverteidiger heranziehen werde.

„Essenswagen!“ rief der Beamte durch den Gang, als ich meinen Brief fertig frankiert und versandbereit auf den Tisch legte. Schnell zog ich meine weiße Schürze, die Mütze und Handschuhe an und ging etwas verträumt in Richtung Essenswagen. Die Arbeiter kamen aus der Werkstatt und begaben sich in ihre Zellen, während wir Reiniger das Essen auf Vollständigkeit überprüften. Savas kam noch schnell vorbei, bevor er in seine Zelle huschte: „Hey Emre, wer ist dieser „Kartal“ mit Besonderen Sicherheitsmaßnahmen?“ Er zeigte auf die Zelle mit der roten Beschriftung. „Ich habe keine Ahnung, habe ihn weder gesehen noch mit ihm gesprochen. Ich gebe dir nach der Essensausgabe Bescheid.“ Nachdem sich alle Häftlinge in ihren abgeschlossenen Zellen befanden, begann die Essensausgabe. Zum Glück war Herr Nil als Beamter da, er würde sicherlich nichts sagen, wenn ich kurz ein, zwei Fragen an den neuen Inhaftierten stellte.

Als seine Tür aufging, kam ein frischer Duft aus der Zelle. Ein etwas molliger und kleiner, junger Mann mit orientalischem Aussehen stand vor mir. Er sah sehr gepflegt aus und auch seine Zelle schien sehr sauber zu sein. Er begegnete mir mit einem strahlenden Lächeln und machte keinen gefährlichen Eindruck. Vielmehr sah er aus wie ein niedlicher, kleiner Teddybär. „Hi, ich bin der Emre. Du bist neu, was?“ Er nahm das Essenstablett in die Hand und stellte sich vor: „Bin der Kartal, und ja, bin gestern aus Stammheim gekommen.“ Herr Nil wollte schon die Zellentür schließen, als ich noch auf die Frage kam, ob er Türke sei und wie lange er schon sitze. „Komme aus dem Irak, bin schon knapp 3 Jahre in Haft.“ Die Zellentür schloss sich, während ich Herrn Nil verwundert ansah: „Herr Nil, wie kann das sein, dass er seit 3 Jahren in U-Haft ist?“ Während der weiteren Essensausgabe versuchte er, es mir zu erklären: „Er hat, denke ich, lange auf die Verhandlungstermine gewartet, und soweit ich weiß, war das ein großer Prozess mit mehreren Beteiligten. Das wiederum bedeutet, dass mehrere Verhandlungstage angesetzt werden – und sowas kann sich mal locker auf ein Jahr hinziehen. Er ist zudem in Revision gegangen, da dauert es in manchen Fällen bis zu einem weiteren Jahr, bis was kommt.“ Weswegen der Kartal saß und warum er Besondere Sicherheitsmaßnahmen hatte, durfte und wollte mir Herr Nil nicht sagen: „Du kannst ihn nach einem Monat fragen, wenn er wieder Freizeit hat. Davor darf er weder in die Freizeit, noch zum Sport und hat auch keinen Fernseher.“ Es interessierte mich brennend, was er wohl so Schlimmes angestellt haben könnte. Nachdem auch der letzte sein Essen bekommen hatte, wir das Geschirr wieder eingesammelt und die Arbeiter sich wieder in die Werkstatt zurückgezogen hatten, begab ich mich vor die Zellentür von Kartal. Der Luxus als Reiniger bestand darin, dass ich nun bis zur Abendessensausgabe nichts zu tun hatte, meine Zellentür aber dennoch offenblieb. Herr Nil war im Beamtenbüro vor dem Rechner, sah aber von den Bürofenstern aus, wie ich vor der Zellentür von Kartal stand, um mit ihm zu reden. Herr Nil schien das wenig zu bekümmern, es war Kartal ja schließlich nicht verboten mit anderen Häftlingen zu reden.

Ich klopfte also an die Tür und rief Kartal zum Türschlitz. Zuerst fragte ich ihn, was er denn angestellt hatte: „Ich war an einer Messerstecherei mit den Black Jackets beteiligt, ist eine lange Geschichte.“ Dann fragte ich, weshalb er „Besondere Sicherheitsmaßnahmen“ hatte und bekam daraufhin die Antwort, er habe sich in Stammheim im Hof geschlägert und sie hätten ihn daher nach Schwäbisch Hall verlegt. Als ich erfuhr, dass er kein Raucher war, bot ich ihm Kaffee an: „Soll ich mal den Beamten fragen, ob ich zu dir reindarf und dann trinken wir einen Kaffee?“ Seine Stimme erhellte sich: „Das wäre super! Ich sterbe hier vor Langeweile, habe keinen Fernseher und weiß nicht, was ich tun soll.“

Ich ging sofort zu Herrn Nil und fragte nach, ob er mich denn bei Kartal einschließen könne, damit ich mit ihm einen Kaffee trinken kann: „Der Arme hat sowieso keinen Fernseher und in die Freizeit darf er auch nicht. Kann er eigentlich mit uns zum Hofgang später?“ Herr Nil überlegte kurz: „Also, er darf nur alleine zum Hof. Nachher gibt es noch eine Routinezellenkontrolle bei ihm. Wenn die vorbei ist, kann ich dich zu ihm reinlassen, bis die Arbeiter kommen.“ Ich ging in meine Zelle, nahm meine Tasse und wartete darauf, dass Herr Nil mir die Erlaubnis gab, doch dann hörte ich Schlüsselgeräusche, eine Zellentür ging auf. Ich begab mich wieder in den Gang und sah, wie ein Beamter mit Gummihandschuhen und einem Koffer bewaffnet in Kartals Zelle ging. Herr Nil, der seltsamerweise auch Gummihandschuhe trug, nahm Kartal mit in die Dusche. Voller Neugier näherte ich mich Kartals Zelle…und hörte plötzlich einen kurzen Schrei aus der Dusche. Ich wusste leider sofort, was los war: Herr Nil kontrollierte wohl den kompletten Körper von Kartal. Durch die halboffene Zellentür konnte ich sehen, wie der zweite Beamte mit einem Detektor verschiedenste Objekte in der Zelle kontrollierte und mit einem kleinem Spiegelstab Ecken absuchte, die er aus der üblichen Perspektive nicht ohne weiteres hätte sehen können. Herr Nil kam aus der Dusche und grinste, als er mich sah: „Er duscht kurz, dann lass ich euch beide in die Zelle.“ Der andere Beamte war ebenfalls nicht fündig geworden und begab sich aus der Zelle. Kartal kam aus der Dusche und nachdem er sich in seiner Zelle angezogen hatte, gab er mir das OK, womit ich mich in seine Zelle begab und Herr Nil hinter uns abschloss.

Kartals Zelle war blitzeblank, mehrere Kosmetikprodukte zierten seinen Waschbeckenbereich, alle seine Klamotten lagen schön gefaltet in seinem Schrank, die Lebensmittelprodukte waren sortiert und symmetrisch aufgestellt. Er besaß sogar Schnellhefter, in denen er seine Akten sortiert hatte. Er bot mir Cappuccino an und setzte heißes Wasser auf. Wir redeten über allgemeine Dinge und verstanden uns auf Anhieb sehr gut. Auf seine Tat ging ich vorerst nicht näher ein, es war relativ offensichtlich, dass er in einer „Bandenschlägerei“ verwickelt gewesen war. Später erfuhr ich, dass auch ein Messer im Spiel gewesen war. Davor war er wohl ein einfacher Mitarbeiter in einem Supermarkt gewesen und schien recht zufrieden mit seinem Leben gewesen zu sein. Der Beitritt in die „Black Jackets“ hatte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung gezogen. Ich weiß nicht, was Kartal dazu brachte, mich gleich als vertrauenswürdig einzustufen, doch auf meine Frage, wieso er denn eine Schlägerei in Stammheim angezettelt hatte, bekam ich eine überraschend ehrliche Antwort von ihm.

„Ich habe einen etwas jüngeren Bruder. Ich wollte, dass er mir ein Handy besorgt und habe einen Plan geschmiedet, wie er mir das Handy geben könnte. In Stammheim gibt es eine hohe Mauer am Hof, welche direkt an freies Territorium grenzt. Also habe ich mir gedacht, dass mein Bruder während unseres Hofgangs das Handy über die Mauer schmeißen könnte. Doch wir hätten das Handy vom Hof nicht reinschmuggeln können, da wir dort immer durch Metalldetektoren mussten. Wir warteten also, bis es einen regnerischen Tag gab. Mein Bruder ist dann an die Mauer gekommen und hat das Handy rüber geworfen. Wir haben schnell in der Erde, die matschig war, das Handy vergraben. Die Beamten haben von alldem nichts mitbekommen. Die nächsten Tage haben wir das Handy im Hof ausgebuddelt und direkt eine Schlägerei untereinander angefangen, wodurch ein Alarm ausgelöst wurde. Die Beamten sind gekommen und haben uns sofort in den Bunker gesteckt – ohne uns durch die Metalldetektoren zu schicken. Ich hatte das Handy noch in meiner Jackentasche. Der Reiniger war über mein Vorhaben informiert gewesen, ich übergab ihm das versteckte Handy während der Geschirrrückgabe beim Essen. Er hatte es aus der Tupperdose genommen, als der Beamte nicht da war, und hat es in seiner Zelle verwahrt, bis ich wieder aus dem Bunker kam. Er hat mir das Handy dann übergeben und ich musste dann hierher verlegt werden, da ich eine Schlägerei angezettelt hatte.“

Ich war platt. Diese Erzählung klang wie aus einem Film. Ich hatte mir schon oft Gedanken darüber gemacht, dass ein Handy in der Haft einiges erleichtern würde, doch war mir die Vorstellung, ein Handy in die Haft zu schmuggeln, bisher immer absurd und nicht realistisch erschienen. „Und das Handy hast du jetzt in Stammheim gelassen?“ fragte ich ihn, noch überwältigt von seiner Geschichte. Er stand auf, ging an seinen Schrank, griff nach einer Tabakdose und übergab mir diese. Ich sah mir die Dose an, sie war noch original verpackt, mitsamt Kleber. „Was soll ich damit? Ich bin Nichtraucher“, meinte ich verwirrt.

Er blickte mich grinsend an: „Ich doch auch.“
 

BeSure

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Kapitel 33 - Der Traum von Freiheit

In meiner Zelle dachte ich über den Grund nach, weshalb Kartal mir heute Mittag die Tabakdose gezeigt hatte: „Das Handy befindet sich geschickt verpackt darin,“ meinte er bloß, als er die Dose wieder in seinen Schrank packte.

Irgendwie war mir bewusst, dass es etwas mit meiner Vertrauensposition als Reiniger zu tun haben musste, dass Kartal mir sein Geheimnis mitteilte. Vielleicht war er auch beeindruckt, dass mich der Justizbeamte bei ihm einschloss, obwohl er „Besondere Sicherheitsmaßnahmen“ hatte. Zudem saß Kartal bereits eine Weile in Haft, vielleicht hatte er eine gute Menschenkenntnis. Er dachte vielleicht gar nicht daran, dass er mir vertrauen, sondern viel mehr mich ausnutzen könnte. Dachte er, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Beamter auf den wahren Tabakdoseninhalt stößt und er einen Gehilfen brauchte, jemanden, der Zugang zu anderen Räumlichkeiten hatte? Der Gedanke, meine Eltern sofort telefonisch erreichen zu können, war aufregend und erleichternd zu gleich. Das Schlimmste an der Haft war, dass Informationen über soziale Kontakte sehr spät ankamen. Der grausame Gedanke, meiner Mutter würde es nicht gut gehen, ihr könnte etwas zugestoßen sein, machte mich stets psychisch fertig. Durch einen einzigen kurzen Anruf könnte ich sichergehen, dass mit meiner Familie alles in Ordnung ist. „Eine Hand wäscht die andere“ – ich brauchte mir nichts vorgaukeln, Kartal würde mich sicherlich bald fragen, ob ich das Handy für ihn verstecken könnte. Als Gegenleistung würde ich dann das Recht auf tägliche Telefonate mit meinen Eltern verlangen. Ich spielte mit diesen Gedanken und es kaum mir traumhaft vor, das konnte nicht der Realität entsprechen. Ein Angsthase war ich – niemals hätte ich mich getraut, das Handy zu benutzen, niemals hätte ich mich getraut, das Handy zu verstecken. Außerdem würde ich doch sowieso bald rauskommen.

Der Tag verging wie immer, abends kochten wir in der Freizeit unter den Türken und ich berichtete Savas & Co. von Kartal. Vom Handy erzählte ich nichts, das war mir viel zu heikel. Wenn man in der Haft Stress vermeiden wollte, dann musste man einfach lernen, so wenig wie möglich zu erzählen und vor allem nichts weiterzuerzählen. Durch Langeweile passierte es oft, dass eine im Vertrauen getätigte Aussage rasend ihre Runde bei den Häftlingen machte. Als ich gerade mein Geschirr spülte, hörte ich wieder den Ton, der jedes Mal durch die Flure erklang, bevor es eine Durchsage des Beamten gab. Ein paar Namen wurden aufgezählt – „… Ates, …“ – unter anderem auch meiner. Im Eiltempo begab ich mich zum Beamtenbüro mit der Hoffnung, einen Brief von meiner Familie bekommen zu haben: „Herr Ates, morgen früh haben Sie einen Termin beim Amtsgericht.“ Die gelassene Aussage des Beamten traf mich wie ein Schlag. „Wie jetzt, habe ich morgen einen Gerichtstermin? Mein Anwalt hatte mir da nichts gesagt?“ Eigentlich hatte ich mehr Fragen, die ich stellen wollte, doch ich war nicht in der Lage, irgendwelche Infos aufzunehmen. „Das weiß ich nicht, hier steht nur, dass wir Sie um 10 Uhr dorthin transportieren sollen. Sie werden um 8 Uhr abgeholt.“

Völlig verwirrt, was das für ein Termin morgen sein sollte, ging ich zu Tayfun und hoffte, dass er mir Klarheit verschaffen könnte. „Ich weiß nicht, was das ist, aber niemals ist es ein Gerichtstermin, du hast doch noch nicht mal deine Anklageschrift? Ich sag mal so, Bruder, entweder ist morgen dein Glückstag und Du kommst raus, oder viel wahrscheinlicher, die werden dich sowas von an den Eiern packen und nicht mehr loslassen.“ Tayfun war einer der Häftlinge, die am längsten in der U-Haft waren, deshalb hoffte ich immer auf qualitativ hochwertige Ratschläge mit Erfahrungswerten, aber selbstverständlich konnte er es mir auch nicht genau sagen. Den Abend verbrachte ich damit, die anderen Häftlinge zu fragen, doch als ich dann zu Bett ging, war ich genauso klug wie vorher. Also gar nicht.

Ich klammerte mich an dem Wunschdenken fest, morgen endlich entlassen zu werden, denn mit diesem Gedanken fiel es mir leichter einzuschlafen. Wenn ich nachts am Nachdenken war, waren meine Träume auch dementsprechend intensiv. Ich träumte, wie ich morgens aufwachte, mich in der Zelle befand, meine Tür aufging und wie ich erstarrt vor der Zellentür stand. Ich konnte die Türschwelle nicht überschreiten, obwohl die Türe offen war, als wäre da noch eine unsichtbare Barriere. Mit Herzrasen wachte ich auf, beruhigte mich und fing wieder an verschiedenste Gehirngespinste und Szenarien durchzugehen, bis dann tatsächlich meine Zellentür aufging. Die anderen zwei Reiniger erledigten den heutigen Job alleine, ich durfte direkt unter die Dusche und mich danach gehbereit machen. Ich spürte, wie greifbar nahe die Freiheit war.

Ich war extrem nervös, als ich ungeduldig auf den Justizbeamten wartete, der mich zum Transporter bringen sollte. Dann stand er endlich vor meiner Tür, der junge spanische Vollzugsbeamte. Irgendwie brachte seine Gelassenheit eine gewisse Ruhe mit sich, außerdem war er stets gut drauf und humorvoll. Es war seltsamerweise ein beruhigendes Gefühl zu wissen, dass er mich dem Amtsgericht vorführen würde.

Bei allen Häftlingen genoss er ein gewisses Vertrauen und gewann viel Sympathie, daran änderte auch die folgende Geschichte nichts: Vor einigen Wochen am Wochenende begaben sich viele von uns in den Freizeitraum, als Umschluss-Zeit war. Einigen bevorzugten es, sich bei anderen Zellenkollegen einzuschließen und Zeit mit diesen zu verbringen, es waren sowieso nur 2 Stunden. Tayfuns kurdischer Zellenkollege kam nicht mit uns in den Freizeitraum um zu Pokern, stattdessen begab er sich zu einem Deutschen in die Zelle. „Er lässt sich tätowieren, der Deutsche hat so ein Tätowier-Gerät gebaut“, erklärte mir Savas, als ich wissen wollte, wie es sein kann, dass Tayfuns Zellenkollege sich bei einem Deutschen einschließen ließ. Der spanische Beamte hatte an diesem Tag Dienst und schloss die Zellentüren zu, nachdem sich alle in die jeweiligen Räumlichkeiten begeben hatten. Als der Umschluss dann vorüber war und ich wie üblich meine Schokoladen-Einsätze beim Pokern verloren hatte, war eine Unruhe im Flur zu hören. Ich sah und hörte, wie Tayfun mit seinem Zellenkollegen redete. „Der hat uns beim Tätowieren erwischt“, erzählte der Kurde, „ich habe dem Beamten gesagt, dass ich mich tätowieren lasse und er die Zellentür während der Umschluss-Zeit auch geschlossen halten soll. Er hat auch gemeint, dass das klargeht. Ich dachte, er wäre korrekt und würde das zulassen, aber dann ging einfach die Zellentür auf und er stand mit dem Bereichsdienstleiter da.“ Wir anderen Häftlinge lachten auch Tage danach noch über die Dummheit, die der Häftling an den Tag gelegt hatte und verstanden natürlich, dass der Beamte nur seinen Job gemacht hatte.


In der morgendlichen Frische begab ich mich an der Seite des spanischen Beamten im Innenhof Richtung Transporter. „Echt jetzt? Handschellen?“, ich war verwundert, dass der Beamte, nachdem er mich auf die Rückbank im Transport verwiesen hatte, seine Handschellen zückte und mir diese anlegte. „Tut mir leid, ist leider so vorgeschrieben. Kann ja sein, dass Du während der Fahr irgendwas versuchst, um aus dem Auto zu entkommen.“ Glücklicherweise legte er die Handschellen nicht so fest an, wie damals die BKA-Beamten. Es war seltsam, wieder dieses harte Eisen an den Handgelenken zu spüren. Die Fahrt dauerte gefühlt eine halbe Ewigkeit, denn obwohl es ein berauschendes Gefühl war, andere Autos, Bäume, Straßen, Gebäuden und Landschaften zu sehen, war der Input viel zu groß, mir wurde übel. Zudem schien die Strecke irgendeine seltsame Landstraße mit vielen Kurven zu sein, mein Kopf drehte sich, was wohl auch an der Aufregung und meinem Gedankenkarussell lag. Geschlafen hatte ich auch schlecht und wenig, weshalb ich bei der Ankunft aussah, als hätte ich gerade eine Achterbahnfahrt hinter mir. Die Transporter-Tür ging auf und während der Fahrer noch irgendwelche Unterlagen auf dem Fahrersitz ausfüllte, zückte der spanische Beamte eine Kette, kettete diese an meine Handschellen und dann an eine Handschelle an seinem Handgelenk. „Krass, das ist echt erniedrigend, wenn Du mich wie ein Hund an der Kette zum Gericht führst“, sagte ich, als ich aus dem Transporter stieg. „Lauf direkt neben mir, ich halt dich an den Armen fest, dann sieht die Kette auch keiner.“ Ich war erfreut, dass der Spanier mir so entgegenkam und verständnisvoll war. Bevor ich durch den Haupteingang ins Amtsgericht-Gebäude hineingeführt wurde, konnte ich noch einen Blick in die Stadt erhaschen und realisierte, dass ich nur einige Meter entfernt vom Amtsgericht verhaftet wurde, ich konnte die Gasse von hier aus sehen, in der wir mit meinem Bruder anfangs geflüchtet waren. Die ganzen Bilder von der Verhaftung schossen noch einmal hoch. Mein Herz pochte wie verrückt und mein Körper wartete bloß darauf, die Endorphine auszuschütten, es war endlich an der Zeit, entlassen zu werden. Meinen jüngeren Bruder Cem konnte ich nirgends sehen, stattdessen stand da ein alter Mann und ein noch älterer neben ihm.

Mein Vater und mein neuer Anwalt, Herr Mayer.

Vor einigen Tagen hatte ich einen Brief vom Amtsgericht bekommen, in dem mir der Pflichtverteidigerwechsel vom alten Anwalt Herrn Sponer auf den neuen Anwalt Herrn Mayer zugestimmt wurde. Ich wusste nicht, wie eine Gerichtsverhandlung aussah, und ich wusste nicht, was mich gleich erwartete. Doch irgendwie hatte ich das Gefühl, Herr Mayer hätte das Ganze initiiert. Es würde sich zeigen, ob der Wechsel irgendetwas bewirkt hatte, vielleicht hatte es Herr Mayer tatsächlich in den paar Tagen geschafft, mich aus dem Gefängnis rauszuholen. Doch bevor ich meinen Vater überhaupt begrüßen konnte, kam sofort mein Anwalt auf mich zu, um alle meine Hoffnungen zu zerschmettern und mich auf den Boden der Tatsachen zurück zu holen.

„Herr Ates, heute kommen Sie nicht raus, damit Sie Bescheid wissen.“

Das kam sehr unerwartet, ich hatte nach meinen verzweifelten Träumen in der vorhergehenden Nacht nicht damit gerechnet. Plötzlich war ich wütend auf die Person, die mir diese Nachricht überbracht hatte. Dennoch begrüßte ich kurz meinen Vater, der mir mitteilte, dass mein Bruder Cem vorhin auch da war. Erst spät realisierte ich, dass Cem wohl nicht entlassen wurde, weshalb sonst stünde er nicht neben meinem Vater? Bevor ich überhaupt meinen Vater danach fragen konnte, wurde ich in einen Raum geführt, auch ohne mit Herrn Mayer genauer reden zu können, um was es sich hier handelte. Es ging alles so schnell, plötzlich saß da neben mir mein Anwalt, mir wurden die Handschellen abgenommen, rechts neben mir eine Frau, die irgendetwas tippte, und neben ihr die Richterin im Rollstuhl, welche meinen Bruder und mich damals in die U-Haft gesteckt hatte. Mein Kopf brummte, es ging alles so schnell, aber ein einziges Wort verlangsamte mein Gefühl für die Zeit.

„Herr Ates, wir haben uns heute hier versammelt, um Sie über den Beschluss bezüglich ihres neuen Haftbefehls zu belehren.“

Mir wurde plötzlich etwas klar: Ich hatte seit einigen Wochen nicht mehr von der Freiheit geträumt, ich träumte eigentlich nur noch vom Gefängnis.
 

cavin

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