• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

Mein Hafttagebuch

BeSure

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@Arrowrelo
Danke :) Ich freu ich immer, wenn das Thema Interesse weckt.
Deine Fragen beantworte ich gerne, nur möchte ich mir da Zeit nehmen. Bin gerade ziemlich unter Stress und komme einfach zu gar nichts. Ich habe auch schon lange nicht mehr an dem Hafttagebuch weitergeschrieben, was ich sehr schade finde, aber aktuell habe ich sehr viel um die Ohren, das hört irgendwie gar nicht mehr auf.

Jedenfalls wollte ich kurz eure Hilfe, da ich mich in einer etwas blöden Lage befinde:
Das Praxissemester steht jetzt bald an und ich habe jetzt auch eine Werkstudententätigkeit, in der ich mit Personen in Kontakt gerate. Meine Haftzeit gehört für mich der Geschichte an, jedoch hat mich die "Vergangenheit" eingeholt. Letztens wurde ich von einer Person, die nur meinen Namen kennt, über meine Haft angesprochen. War natürlich etwas schockiert, weil ich mir sicher war, dass ich der Person sicherlich nichts davon erzählt habe. Nun habe ich festgestellt, dass der erste Treffer bei Google mit meinem vollen Namen als Suchbegriff auf eine Seite verweist, die über meine Taten berichtet. Mein Name ist auf der Seite komplett ausgeschrieben. Ich habe den Webseitenbetreiber angeschrieben und gebeten, den Eintrag zu löschen. Doch dieser meinte, dass er den Artikel über mich veröffentlichen darf, weil genau dieser Artikel auf bundesanzeiger.de veröffentlicht wurde. Also habe ich die Leute vom Bundesanzeiger angerufen und gefragt weshalb so ein Artikel veröffentlicht wurde. Um es kurz zu fassen: Der Artikel wird erst nächstes Jahr gelöscht.

Nun wollte ich euch fragen, ob ihr wisst, was ich nun tun kann? Kann ich bei Google beantragen den Eintrag aus den Suchergebnissen zu löschen?
 

Metal_Warrior

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Tut mir leid, ich glaub, da wirst du dir schwer tun. Google sträubt sich bei Löschungsanfragen wie die Katze, die ins Bad soll.
 

BeSure

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ok schade, muss mich dann wohl damit abfinden.
 

electric.larry

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BeSure

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@electric.larry

Vielen Dank! Ich hab's grad mal ausprobiert. Habe sowohl das Musterschreiben bearbeitet und per eMail versendet, als auch das Webformular von Google zur Entfernung der URL benutzt. Ich werde auf jeden Fall berichten, wie es ausging.

Allerdings habe ich wegen folgendem Satz keine Hoffnung:
Zum Beispiel lehnen wir den Antrag möglicherweise ab, wenn es um finanzielle Betrugsfälle, Berufsvergehen oder Amtsmissbrauch, strafrechtliche Verurteilungen oder das öffentliche Verhalten von Amtsträgern geht.
Quelle: https://support.google.com/legal/contact/lr_eudpa?product=websearch&hl=de
 

jayjay17

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Hallo, Ich bin stiller Mitleser und fand das alles ganz Interessant.

Am Sonntag wurde über die exakt gleiche Masche im TV berichtet bei MDR.

Eine kleine Vorschau seht ihr hier ab Minute 21:30

https://youtu.be/k4YQO_c-S4Q?t=21m30s

Der Täter wurde auch geschnappt. Wer weiss vielleicht war es ja unser BeSure Ates? ;)

Am Mittwoch um 21:15 Uhr auf MDR "Die Spur der Täter."

Sobald ein Video vorliegt werde Ich es hier posten damit Ihr den ganzen Beitrag sehen könnt!

Ich denke das passt exakt zu diesem Thread.

Hier der Beitrag als Text vorab:

http://www.tagesspiegel.de/berlin/g...ht-ticketbetrug-im-grossen-stil/13637746.html
 
Zuletzt bearbeitet:

cokeZ

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@BeSure: Aber der komplette Name? Ist ja schon wie ein Pranger. Denke mal du hastvda gute Chancen.
 

jayjay17

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Wie versprochen hier das passende Video zum Thread:

Es ist der 2. Beitrag ab Minute 14:50.

Vielleicht kann BeSure es ja als Spoiler in seinen Startpost einfügen.

Viel Spass damit!

 
Zuletzt bearbeitet:

dennnisdifi

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Für das Video machst du direkt einen Doku-Channel auf youtube auf ? :D Dennoch ein Dankeschön von mir.
 

BeSure

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@cokeZ
Ja, mein kompletter voller Name. Aber mal schauen, ich warte immer noch auf die Antwort von Google. Ansonsten zerbreche ich mir jetzt nicht den Kopf deswegen, es ist ja nicht so, dass ich unschuldig bin und der Artikel eine Verläumdnung wäre oder so.

@electric.larry
Haha, nein, bin kein Amtsträger :D Aber ich hab gedacht, dass allein der Part mit "...finanzielle Betrugsfälle..." schon auf mich zutriffst und dies keinen Bezug zu Amtsträgern hat.

@jayjay17
Danke für das Video, muss ich mir bei Gelegenheit mal anschauen. Es ist immer noch verblüffend, wie viele Leute immer noch diese Masche abziehen und noch verblüffender ist, dass die Zahl stetig steigt. Aber wie es scheint, wird die Polizei immer besser, was die Bekämpfung von Cyberkriminalität angeht. Ist auf jeden Fall ein spannendes Thema welches uns sicherlich die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird.

@BeSure
Hey ich wollte mich erstmal bedanken das du echt deine Zeit im Knast mit uns mitteilst. Habe mich jetzt extra wegen diesem Thread angemeldet xD hoffe du schreibst weiter. Ich habe nur eine kleine Frage da du ja Türke bist wie haben die ganzen Menschen in deiner Familie reagiert ? Ich meine außer deine Mutter Vater und Geschwister wurdest du angesprochen von deiner Tante, Onkel, Cousin etc Gab es Leute die vllt meinten rede mit ihm nicht er ist Kriminell gewesen ? Wenn dir das zu persönlich ist ignoriere einfach meine Antwort :) Ich wünsche dir noch alles gute Weiterhin

Hey Arrowrelo,

sorry für die verspätete Antwort:
Also außer meiner Familie (Eltern, Geschwister) hat mich direkt niemand zu diesem Thema angesprochen. Jeder wusste Bescheid, aber keiner hat gegenüber mir ein Wort verloren. Wenn dann haben Bekannte, Verwandte und Freunde mit meinen Eltern darüber geredet. Es war, als wäre das Thema Tabu, wobei ich aber immer offen damit umgegangen bin. Also wenn das Thema irgendwie aufgetaucht ist, habe ich immer gerne alle Fragen die mir der Gegenüber gestellt hat beantwortet.

Was meine Tante, Onkel und Cousins etc. angeht: Als ich meine Ausgänge hatte, sind diese mich besuchen gekommen. Am Besuchstag (wir waren im McDonalds) wurde aber kein sterbenswort über die Haft verloren, auch sonst haben mir Verwandte fast nie bzw. keine Fragen über die Haft gestellt. Es waren viel mehr die "Neuen", also Leute die ich erst nach meiner Entlassung kennen gelernt habe, die Interesse an meiner Haft fanden und mit denen ich auch rege Diskussionen führte. Alle Leute die ich davor (vor meiner Haftzeit) kannte, tun so, als ob nichts gewesen wäre oder als ob sie von nichts wüssten.

Es gab nur einen Vorfall, der auf deine Frage mit ".. Leute, die vllt meinten rede mit ihm nicht, er ist Kriminell gewesen?" passt: Mein Bruder wurde nämlich früher als ich entlassen, hatte dann einen Türken kennen gelernt und hing mit ihm ab. Dann fing der Junge an den Kontakt mit meinem Bruder von heut auf morgen abzubrechen. Später bekam mein Bruder mit, dass unsere langjährige (türkische) Nachbarin, die uns seit unserer Kindheit kennt und auch viel Gutes für uns getan hat (aber auch von unserer Seite viel Gutes gesehen hat), den Eltern des "neuen" Freundes von meinem Bruder mitgeteilt hat (bzw. gewarnt hat), dass mein Bruder in Haft war und sich der Junge lieber fern halten solle. Das Ganze hat dann ein großes Chaos unter den Familien verursacht. Schlussendlich kam unsere Nachbarin und entschuldigte sich bei meiner Mutter für ihr Verhalten, vor Allem da wir vor ihren Augen groß geworden sind und sie eigentlich weiß, was für Menschen wir sind.

Ansonsten muss ich zugeben, dass ich mich nie und auf keinster Weise wegen meiner Vorgeschichte benachteiligt oder diskrimiert gefühlt habe. Vielmehr waren die Leute genauso wie damals auch zu mir. Nur ich habe mich etwas verändert, weshalb ich wohl auch mittlerweile einen "neuen" (kleinen) Freundeskreis habe, in der ich mich wohl fühle.

PS: Achja, mein Opa und meine Oma sind der festen Überzeugung, dass ich, als ihr Enkelkind, bestimmt unschuldig gesessen bin und Opfer anderer Mittäter wurde xD Den konnte ich noch so viel erzählen wie ich wollte, die wollten einfach nicht wahr haben, dass ich kriminell war.

Hoffe, dass ich damit deine "kleine" Frage beantworten konnte, falls Du noch weitere Fragen hast, frag einfach, bin da stets offen. Wenn ich schon nicht aktuell nicht am Schreiben bin, kann ich ja wenigstens Fragen beantworten ;)

EDIT:

Falls es jemanden interessiert wie mein Antrag bei Google verlaufen ist, das habe ich heute von Google bekommen:

Die URL in diesem Fall scheint sich auf Angelegenheiten zu beziehen, die mit Ihrer beruflichen Tätigkeit in Verbindung steht und von erheblichem öffentlichen Interesse sind. Die URL könnte zum Beispiel für Ihre jetzigen und potentiellen Kunden oder Nutzer Ihrer Dienstleistungen von Bedeutung sein. Dies betrifft ebenfalls Informationen über von Ihnen kürzlich ausgeführte Berufe oder Unternehmen, in denen Sie tätig waren.
Folglich wird der Zugang zu den betroffenen Inhalten bei der Suche nach Ihrem Namen gewährleistet, da dieser von allgemeinem öffentlichen Interesse ist.

Google wird vorerst keine Maßnahmen bezüglich dieser URL ergreifen.

Grüße
BeSure
 
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Seedy

A.C.I.D

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@BeSure:
Meine Situation ist zwar keineswegs mit deiner zu vergleichen, nicht im geringsten.
Meine Haft Erfahrung reduziert sich auf ein Wochenende Jugendarrest nach einer Disco Keilerei.

Die Reaktionen auf das Thema Haft und Kriminalität kenn ich allerdings auch.

Entweder hab ich mich selbst verteidigt (was nicht stimmt - ich hab angefangen)
oder
Kein Wort darüber verloren und normales Verhältnis wie vorher
oder
Mit so nem Schlägertypen will man nix zu tun haben
oder
"Boa du warst im Knast - wie war das so?"
-"nein ich war nicht im Knast, ich war im Jugendarrest - ist wie dauer Mittagsruhe auf der Klassenfahrt, allerdings besteht deine Klasse nur aus den letzte Reihe Idioten der ganzen Schule"


Musste da eben etwas sehr drüber lachen, dass egal in welcher Dimension man scheiße Baut:
Die Reaktionen der Umwelt scheinen immer die gleichen zu sein :D
 

T_Low_Benz

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Könntest du mir mal die Seite nennen wo es solche Einträge gibt? Nicht wegen dir aber das es solche Seiten gibt wusste ich garnicht und würde mir die gerne mal anschauen, soweit man dich dort nicht identifizieren könnte und du es nicht willst.


Lg
 

cokeZ

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Ich finde Googles Begruendung halt richtig mies. Ist ja wie ein Pranger. Jeder Arbeitgeber laesst sich ein Fuehrungszeugnis geben und spaetestens dort steht dann eine Haftstrafe drin... soviel zum Thema man ist danach resozialisiert. Da hilft sich keine Homepage die die Haftstrafen von den ehemaligen Insassen erlaeutert.
 

electric.larry

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Fuck, das kann ich echt nicht fassen, dass Google so reagiert. Die Begründung "auf Angelegenheiten die mit Ihrer beruflichen Tätigkeit in Verbindung steht und von erheblichem öffentlichen Interesse sind." klingt nach einer random Antwort. Kann mir kaum vorstellen, dass hier etwas wirklich geprüft wurde. Die Reaktion wäre wahrscheinlich eine andere, wenn man einen Rechtsanwalt damit beauftragen würde, den Link zu entfernen.

Mit erheblichem öffentlichen Interesse lässt sich ja vieles begründen. Ich denk z. B., dass Links zu aktuellen Kinofilm-Downloads von weitaus größerem öffentlichen Interesse sind, als deine bereits abgesessene Straftat.

Hast du vor, dagegen weiter vorzugehen, oder lässt du das jetzt auf sich beruhen?
 

BeSure

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@electric.larry
Ich werd das wahrscheinlich auf sich beruhen lassen. Ich habe jetzt erneut den Bundesanzeiger angeschrieben und gefragt, wann der Artikel gelöscht wird. Sollte es sich dabei um einen nahen Zeitpunkt handeln, werde ich warten und danach den Webseitenbetreiber auffordern den Artikel zu löschen. Sollte der Zeitpunkt der Löschung des Artikels auf bundesanzeiger.de spät in der Zukunft liegen, muss ich mir das mit dem Anwalt überlegen, aber das sind widerum Kosten.

Kapitel 16 - TrueCrypt Passwort

Seit mein Anwalt da war, waren einige Tage vergangen. Ich erhielt Akzeptanz bei unseren Türken, sie mochten mich, ich war nicht wie die Anderen, ich war total anders. Sie wunderten sich, dass ich noch nie mit Drogen in Kontakt geraten war, wie ich mich artikulierte und wie nett ich war. „Willst Du mir jetzt sagen, dass Du nie in deinem Leben Gras geraucht hast?“ Wir liefen im Hofgang mit den Türken unsere Runden: „Nein, habe ich wirklich nicht. Ich bin sowieso Nichtraucher, ich glaub ich hätte Angst irgendwie das Bedürfnis nach Zigaretten zu haben, wenn ich mich an das Grasrauchen gewöhnen würde.“ Schockierte Gesichter sahen mich an, sie fanden das Ganze zudem so lustig, dass die anderen Häftlinge im Hof gerufen und mich wiederholen ließen, was ich gesagt hatte. „Digga, du musst doch irgendwelche Freunde haben, die Gras rauchen? Ich hab noch nie einen gesehen, der nicht zumindest einen kennt, der Gras raucht?!“ Ich überlegte kurz: „Nein, meine Freunde sind alle von der Moschee, die machen sowas nicht.“ Die Aussage war wohl noch lustiger als die davor.
Wir liefen noch ein paar Runden, gingen dann in die Zellen und warteten auf die Freizeit abends. Nachdem wir gemeinsam gekocht und gegessen hatten, durfte ich wieder mal das Geschirr spülen. Ich pendelte von einer Zelle zur nächsten und unterhielt mich mit den Häftlingen oder schloss mich den Diskussionen an oder hörte einfach nur zu. Meist gab es immer einen, der irgendeinen Anwalts- oder Gerichtsbrief erhielt und jede Zelle, jeden Häftling abklapperte und um Ratschlag fragte. Alle Häftlinge fühlten sich wie Anwälte, jeder wusste das Beste und jeder hatte die besten Erfahrungen mit der Materie, doch so gut wie immer lagen sie, nein wir, falsch.
Als ich bei Savas in der Zelle war wurde wieder über meinen Fall geredet und gefragt, was mein Anwalt denn gesagt hätte, der letztens da war: „Er will, dass ich ein Geständnis mache.“ Savas sah mich an: „Olum bist Du dumm? Wechsel den Anwalt. Man macht doch kein Geständnis, warte bis zum Gericht. Außerdem, hast Du Mittäter?“ Ich überlegte kurz, eigentlich hatte ich neben meinem Freund noch einen dritten Mittäter: „Nein, nur meinen Bruder und ich will ja nur aussagen, damit er rauskommt. Ich will alles auf mich nehmen.“ Es gab eine kleine Diskussion, schlussendlich waren sie dafür, dass ich als älterer Bruder zwar die Verantwortung über meinen jüngeren Bruder übernehmen und schauen soll, dass er rauskommt. Aber andererseits hielten sie es für keine gute Idee gleich im 1. Monat ein Geständnis zu machen. „Was haben die denn grad gegen Dich in der Hand?“ fragte einer der Türken. „Also die haben meinen Bruder und mich eigentlich nur beim Abheben erwischt. Das Bankkonto bzw. die Karte haben die nicht mal, die habe ich weggeschmissen, als ich weggerannt bin. Theoretisch könnte ich sagen, dass wir nur Läufer sind und für jemand anderen, den wir nicht kennen, abgehoben haben. Ansonsten haben die aber von mir daheim den Rechner und das Notebook von meinem Bruder. Aber beide sind mit TrueCrypt verschlüsselt. Ich weiss gar nicht, ob die das knacken können oder nicht. Aber damals in der Szene stand immer, dass das unknackbar ist. Zumindest haben die glaub nicht die Zeit und die Mittel um das zu knacken.“ Die lächelten: „Digga, als ob die Polizei das nicht knacken kann.“
Es vergingen einige Tage, ich lag in der Zelle und dann ging plötzlich die Tür zu einer Uhrzeit auf, in der es weder Hofgang, Freizeit noch Essen gab. Der „Abteilungsleiter“ kam rein: „Herr Ates, komme Sie mal mit.“ Ich hüpfte aus meinem Bett, wusch mein Gesicht und ging mit schnelleren Schritten in sein Büro.
„Ich bin der Bender und Abteilungsleiter von diesem Stockwerk, die Bundespolizei München ist gerade am Apparat, die würden gerne von Ihnen ein Passwort wissen.“ Ich war etwas schockiert und nahm den Hörer in die Hand und hielt es an mein Ohr: „Hallo?“
„Ist da der Herr Ates?“
„Ja, das bin ich“
„Also ihr Anwalt hat angerufen und gesagt, dass Sie ein Geständnis machen wollen. Wir bereiten alles vor, doch bevor wir zu Ihnen in die JVA kommen, wäre es nicht schlecht, wenn wir in ihren Rechner könnten. Doch dieser ist mit einem Passwort geschützt, nennen Sie uns diesen bitte.“
„Achso, ja ich hab zwar mit meinem Anwalt geredet, aber er hat nichts wegen einem Passwort gesagt. Kann ich kurz meinen Anwalt anrufen und mal nachfragen?“
„Ja, rufen Sie ihren Anwalt an und sagen Sie dem Bender, er soll uns das Passwort per eMail zusenden.“
Ich hielt dann Rücksprache mit meinem Anwalt und dieser sagte mir, dass ich das Passwort nennen soll. Da das Passwort allerdings ziemlich lang, mit mehrere Sonderzeichen, Groß- und Kleinbuchstaben und Zahlen versehen war, hatte ich diesen nicht mehr ganz klar in Erinnerung. Also nannte ich dem Bender 3 Passwörter, die fast identisch waren, aber ich nicht sicher war, welches das Richtige war.
Er sendete die Passwörter per eMail zu.
Ich hatte ein schlechtes Gefühl, da ich nicht wusste, ob das jetzt wenigstens positiv für meine Verurteilung gewertet wird.
Als ich in die Zelle ging, sprach ich sofort mit meinem Zellenkollegen darüber und er versicherte mir, dass die Hergabe des Passworts ein großer Fehler war. Auch Abend in der Freizeit machten mich die Türken dumm an, weil ich das Passwort genannt hatte. Abends konnte ich gar nicht mehr schlafen. Was hatte es denn gebracht den PC mit TrueCrypt zu verschlüsseln, wenn ich das Passwort sowieso genannt hatte?
Die Nacht war lang, ich zerbrach mir den Kopf, doch dann wurde ich morgens wieder von Herr Bender geweckt: „Herr Ates, Sie müssen wieder mitkommen, anscheinend haben ihre Passwörter nicht funktioniert.“

BTW:
Ich habe auch einen Blog aufgesetzt auf Wordpress:
hafttagebuch.wordpress.com
 

BeSure

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Ich habe heute extra in meinen Unterlagen rumgewühlt um nach Briefen, die ich an meine Familie gesendet habe zu suchen. Habe den ersten Brief den ich meinen Eltern geschrieben habe gefunden und eins zu eins (ok ich geb zu, das ein oder andere habe ich weggelassen) in diesem Kapitel veröffentlicht.

Kapitel 17 - Brief an Eltern

Ich lief mit Herr Bender wieder mit in sein Büro während ich mir überlegte, ob ich einfach ein falsches Passwort nennen und so tun sollte, als ob ich das Passwort vergessen hätte. Aber ich war mir sicher, dass ich gestern das richtige Passwort genannt hatte. Ich überlegte nochmals, als Herr Bender mir die versendete Mail mit den Passwörtern zeigte. Und da sah ich das eine von mir angegebene Passwort: Das war das Richtige. „Herr Bender das Passwort ist richtig, ich weiß nicht warum das nicht funktioniert. Vielleicht geben die die Sonderzeichen falsch ein, weil da ja nur Sterne kommen, wenn man etwas eintippt?“ Herr Bender schaute etwas stutzig und sendete mich zurück in die Zelle. Ich war so enttäuscht, dass ich gestern das richtige Passwort genannt hatte. Jetzt machte der Spruch „Eine Nacht darüber schlafen“ für mich richtig Sinn, denn heute, also eine Nacht später, hätte ich wohl das Passwort nicht gegeben, oder vielleicht doch?
Der Tag verging wieder langwierig, es passierte nicht viel, mein Kontakt zu den Türken wurde Tag für Tag enger und ich lernte auch die anderen Häftlinge im Stockwerk immer mehr kennen. Langsam wurde mir klar, dass die, die auf „harter Junge“ taten in Wirklichkeit nette Persönlichkeiten hatten. Die Angst die ich anfangs gegenüber Häftlingen hatte war zwar immer noch da, aber sie wurde mal zu mal weniger, wobei sie nie völlig wegging, denn im Endeffekt waren viele gefährliche Personen. Als ich nach der Freizeit in meiner Zelle saß hatte ich das Bedürfnis meinen Eltern einen Brief zu schreiben. Im Nachhinein, wenn ich den Brief jetzt so vor mir liegen sehe, hätte ich wohl nie und nimmer solch einen Brief versendet. Doch es ist interessant zu sehen, wie Häftlinge (mich eingeschlossen) emotional in der Haft ticken und „Mitleid“ wollen, wo sie doch schuldig sind:

„Hallo Papa, Hallo Mama,

ich schreibe euch auf deutsch, da dieser Brief über die Staatsanwaltschaft gelesen und kontrolliert wird und es dann schneller geht, wenn ich nicht auf türkisch schreibe.
Letztens beim Besuch von euch konnte ich leider nicht viel reden, weil ich mich geschämt habe, dass ihr mich so sehen musstet.
Was ich allerdings sagen wollte ist, dass ihr euch keine Sorgen machen müsst und es mir hier einigermaßen gut geht, ich halte das schon durch. Aber ich muss die ganze Zeit an meinen Bruder denken, mir wird es immer schlecht, wenn ich an ihn denke und mich frage wie es ihm wohl geht, was er durchmachen muss und ob er stark genug ist.
Bitte gebt euer Bestes ihn raus zu holen, es ist sehr wichtig für mich, dass er rauskommt, ich ertrage den Gedanken nicht, dass er drin ist und ich nicht weiß wie es ihm geht, und ihn nicht trösten und Hoffnung geben kann. Egal was mir passiert, Hauptsache meinem Bruder soll es gut gehen und er soll endlich raus. Am liebsten würde ich euch so vieles sagen und anflehen die Hoffnung in mich/uns nicht zu verlieren, aber ich denke, dass ich mit euch persönlich reden sollte und bis dahin Zeit habe meinen Gedanken klar zu werden. Ich habe leider als Sohn und vor Allem als Bruder versagt, aber ich werde euch nie wieder enttäuschen, es tut mir alles unheimlich leid!
Bitte holt meinen Bruder so schnell wie möglich raus, und seid euch im Klaren, dass es sein kann, dass ich länger in U-Haft bin und wohl leider nicht in absehbarer Zeit rauskomme.
Ich bete und hoffe jeden Tag, dass alles wie früher wird und warte sehnlichst auf den Tag an dem ich euch umarmen kann. Noch mehr wünsche ich mir so sehr meinen Bruder wieder zu sehen, ihn zu umarmen und von nun an ein besseres Vorbild zu sein! Grüßt meine Schwestern von mir und küsst sie für mich, ich habe beide sehr vermisst. Ich hoffe, dass das Ganze so schnell wie möglich vorübergeht und wir wiedervereinigt sind. Bitte verliert die Hoffnung nicht an mich, denn nur der Gedanke an euch hält mich stark und gibt mir die Kraft das Ganze auszuhalten.

Es ist mir jetzt sehr unangenehm das hier noch zu schreiben, aber ich habe noch einige Schulden. Ich schwöre, dass ich euch Alles zurückzahle sobald ich draußen bin und Arbeit gefunden habe. Ich hoffe, dass z.B. ca. 1.000 EUR vom Finanzamt wegen der Lohnsteuer gekommen sind. Falls ihr meine EC-Karte habt, wäre es super, wenn ihr meine Karte immer wieder überprüft usw.
Hier die Liste von Verträgen, die Mama kündigen oder auf Eis legen kann, da ich in U-Haft bin:

1. Handyvertrag bei Deutschlandsim.de
2. Sky-Abo
3. Kabel BW: Internet
4. Almado AG: Stromanbieter

Dann wegen den Schulden:

1. Hebert: 1650 EUR: An Hebert kann man auch so 100-200 EUR im Monat senden, seine Bankdaten sollten in meinen Kontoauszügen sein
2. Miete: 3 Monate: 1179 EUR: Habe leider wegen meiner Dummheit 3 Mieten nicht bezahlt und muss dies bezahlen, die Kontodaten sind in meinen Kontoauszügen, aber ich habe noch 3 Monatskaltmieten als Kaution hinterlegt gehabt, vielleicht lässt sich da etwas machen
3. Otto: 550 EUR TV: Hatte den Fernseher noch nicht bezahlt, da er neu ist und evtl. bei Otto anrufen und nachfragen, ob man den noch zurücksenden kann
4. Esprit: 330 EUR : Kleidung: Die Rechnung habe ich leider noch nicht bezahlt gehabt

Es ist mir echt peinlich, dass ich diese Schulden aufzähle, da dies auch zeigt, wie dumm und verantwortungslos ich bin und diese unnötigen Schulden habe, aber ich schwöre, dass ich mich bessern werde. Falls ihr die Schulden nicht bezahlen wollt oder könnt, dann ist das nicht schlimm, ich werde mich dann darum kümmern sobald ich draußen bin.

Es tut mir nochmals sehr Leid und hoffe, dass wir uns alle bald wieder sehen und mein Bruder so schnell wie möglich bei euch ist.
Falls ihr meinen Bruder seht, sagt ihm, dass er unbedingt die Realschule nachholen soll und ich als sein Bruder ihn immer unterstützten werde und ihn „liebe“.
Passt bitte sehr gut auf ihn auf, sobald er draußen ist!

Euer Sohn,
BeSure“
 

BeSure

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Kapitel 18 – Die anderen Häftlinge: Mustafa Teil 1/2



Link zum Blog: #18 – Die anderen Häftlinge: Mustafa Teil 1/2


Es gab im Laufe meiner Haftzeit einige Häftlinge mit denen ich viel Zeit verbrachten und wiederum gar nichts zu tun hatte. Einige hatten einen größeren Einfluss auf mich, andere hatten in meinem Haftverlauf nur eine Statisten-Rolle. Auch wenn ich mich nicht mehr an Alle erinnern kann, gibt es da dann doch welche, die mir nicht mehr aus dem Kopf gehen: So wie der Mustafa.

Es war abends und wir hatten Freizeit, also war wieder kochen angesagt. Als ich am Essen war und mich mit den Türken unterhielt kam mein Zellenkollege, der Deutsche mit dem ich von Anfang an zusammen in der 4-Mann-Zelle und dann in der 2-Mann-Zelle war: „Hey BeSure, ich zieh um zu dem Toni, ich habe schon mit dem Beamten geredet.“ Ich war natürlich glücklich, denn so langsam gab es kein Gesprächsstoff mehr zwischen uns Beiden und eine gewisse Privatsphäre würde sicherlich guttun.
Es verging keine halbe Stunde, als er schon seine Sachen zusammengepackt und sich in die andere Zelle eingenistet hatte.
„Hat der Dir schon die Schulden für den Tabak, welches Du ihm gekauft hast, bezahlt?“ fragte mich Taylan, einer der jüngeren Türken und eigentlich ganz korrekt. Er hatte einen Zellenkollegen, einen Kurden, mit dem er sich sehr gut verstand. Wenn die Beiden zusammen durch die Gänge gingen hatten sie eine machtvolle Ausstrahlung, keiner wollte sich mit den Beiden wirklich anlegen. Nicht weil sie irgendwie gefährlich erschienen, sondern weil sie einfach schon seit mehr als einem Jahr in der U-Haft waren und somit zu den „alten Hasen“ gehörten. Zudem waren sie viel zu sympathisch und brachten Stimmung in die Bude als dass man irgendein Problem mit den Beiden haben könnte. Während ich mich mit Taylan mit der Zeit immer besser verstand, war meine Beziehung zu dem Kurden Behcet nicht so überragend.
„Nein, ich habe noch kein Geld von ihm bekommen.“ Antwortete ich und war verwundert, dass ich vergessen hatte, dass der Deutsche mir etwas schuldet.
„Du kannst auch kein Geld von dem bekommen, der muss Dir beim nächsten Einkauf was miteinkaufen für 50 EUR. Erinnere uns beim nächsten Einkaufszettel daran ihm zu sagen, dass er für uns einkaufen muss. Dann brauchst Du bei diesem Einkauf für unsere Kochgruppe nichts einkaufen.“ Tufan nahm das Geschirr und ging spülen, einer der wenigen Male während dem ganzen Jahr, welches ich mit ihm verbrachte.
„Achja und sag dem Beamten vorne mal, dass Du Nicht-Raucher bist, die sollen Dir niemand anderen reinstecken der raucht, morgen kommen neue Zugänge, die stecken sonst bestimmt welche bei Dir rein.“

Ich ging sofort vor zum Beamtenbüro und fand zum Glück einen der besten Beamten in meiner Haftzeit vor mir: „Herr Nil, ich bin ja Nicht-Raucher und können wir das so machen, dass Sie mir dann keinen Raucher in die Zelle stecken?“
„Natürlich, wir dürfen Dir sowieso keinen Raucher in die Zelle stecken, wenn Du das nicht willst als Nicht-Raucher. Hast Du dich bereits für eine Einzelzelle angemeldet?“ Er schaute auf die Warteliste, „Ah ich sehe, Du bist auf Platz 2. Könnte noch 1-2 Wochen dauern, aber dann solltest Du deine Einzelzelle bekommen.“

Glücklich ging ich in meine Zelle, hatte eine angenehme Nacht, endlich lief der Fernseher nicht bis nachts um 3:00 Uhr und ich konnte ruhig einschlafen. Aber das ging nicht lange, nach zwei Tagen stand ein Beamte vor meiner Tür: „BeSure, wenn Du Raucher wärst, hätte ich Dir jetzt einen Landsmann von Dir in deine Zelle gesteckt, der fühlt sich gerade unwohl bei dem Rumänen wo er ist.“
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass wir am Tag zuvor einen Türken als Neuzugang bekommen hatten. „Ja, ich will aber keinen Raucher in der Zelle.“
Als ich abends im Gang während der Freizeit rumschlängelte stand plötzlich ein mindestens 2 Meter großer Mann vor mir. Er hatte diesen Dreieckskörper den man eigentlich nur aus Skizzierungen von Dreiecken in Geometrie kennt. Seine Beine waren ziemlich schmal und seine Brust breiter, seine Schultern noch breiter. Sein Kopf war kahl und seine Nase stach förmlich heraus, sie sah so aus, als wäre sie schon mal gebrochen.
„Hey, bist Du Türke?“ fragte er mich. Als ich das bejahte, kamen wir in ein Gespräch und liefen ein paar Mal den Gang rauf und runter, ich erzählte ihm was ich angestellt hatte und er wollte mir Weiß machen, dass er fünf Personen niedergeschlagen habe und wegen schwerer körperlicher Verletzung nun in U-Haft geraten wäre. Auch wenn er so schien, als könnte ihm so leicht keiner etwas antun, war es doch etwas unglaubwürdig fünf Männer niedergeschlagen zu haben. Zudem erzählte er mir, dass er eine reiche Freundin hätte, zumindest der Vater wäre reich, die Tochter hätte eine eigene Boutique und so weiter. Er war Gerüstbauer und auch anscheinend ein Frauenschwarm. Er war schon Ende 30.
Als sich die Freizeit dem Ende nahte fragte er mich, ob er denn nicht mit mir in eine Zelle könne, er würde auch nicht viel rauchen.
Da ich auch schon draußen nie „Nein“ sagen konnte und ich mich quasi schon fast 2 Stunden mit ihm unterhalten hatte, war es diesmal nicht anders: „Ja klar kein Problem, ich sag morgen dem Beamten Bescheid.“
Er freute sich, dass er vom Rumänen wegkam und zu einem Landsmann in die Zelle konnte, vor Allem aber auch deswegen, weil ich einen Fernseher in der Zelle hatte, der Rumäne allerdings nicht.

Als ich mich zurück in meiner Zelle begab und sich die Zellen schlossen, händigte mir der Beamte noch einen Zettel in die Hand: „Du hast das im Büro nicht abgeholt, hatte dich gerufen.“
Ich nahm den Zettel in die Hand, schaltete mein Zellenlicht ein und saß mich hin: Es war ein Besuchszettel und zwei Besuchstermine waren vermerkt. Besucher waren mein Anwalt und zwei Ermittler aus München.

Als ich mich schlafen legte wusste ich noch nicht, dass ich in der nächster Zeit so einige Fehler begehen würde. Einen hatte ich heute schon begangen, ich hatte dem Mustafa zugesagt zusammen in eine Zelle zu ziehen. Doch das war noch das leichtere Übel.
 

BeSure

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Kapitel 19 - Die anderen Häftlinge: Mustafa Teil 2/2


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Während dem Hofgang umringten unsere Türken den Mustafa und fragten, was er getan hatte, weshalb er saß usw. Ich unterhielt mich mit anderen Häftlingen und beobachtete unsere Türken. Mir wurde klar, dass sie sich gegenüber ihm ganz anders verhielten als zu mir in meiner Anfangszeit. Er wurde viel ernster genommen und wenn er was sagte, wurde ruhig zugehört, vielmehr war er es, der das Gespräch leitete. Aus weiter Ferne erkannte ich, dass er eine gewisse Führungseigenschaft besaß.

Als der Hofgang vorbei war, kam der Beamte auf mich zu: „Herr Ates, sie bekommen einen neuen Zellenkollegen, sie wissen Bescheid?“ Ich nickte und ging zu meiner Tür.
Jeder Häftling stand reihenweiße vor seiner Zellentür, während der Beamte von Tür zu Tür ging, diese aufschloss, den Häftling rein lies und dann die Tür wieder zu schloss. Als er bei mir ankam, lies er die Tür geöffnet: „Ich lass gleich offen, dann kann der Mustafa gleich umziehen.“ Während der Beamte dann weiter ging und die anderen Häftlinge kam der Mustafa schon mit seiner Bettwäsche angetanzt und meinte sofort mit einem fiesen Grinsen: „Du schläfst oben!“
Ich dachte mir nichts dabei, immerhin war er groß, daher wäre es unpraktischer, wenn er jedes Mal hoch auf das Bett klettern musste. Außerdem war es mir auch nicht so wichtig, ob ich nun unten oder oben schlafen würde, bis ich dann nach ein paar Tagen verstand, dass es dann doch etwas ausmacht.

Mittwochs gab es frisches Rasierzeug, Seife, Zahnbürste und weitere Hygieneartikel. Es war Pflicht die alten Rasierklingen zurück zu geben und auch bis vor die Tür zu kommen um neue Hygieneartikel abzugeben. Als es dann soweit war und um 5:30 Uhr die Tür aufgeschlossen wurde, wartete ich einige Sekunden bis der Beamte dann reinkam, schaute ob wir noch lebten: „Braucht ihr nichts?“
Der Mustafa rührte sich kein bisschen, er hatte wohl einen sehr tiefen Schlaf.
„Doch!“ ich sprang runter, nahm die alten Rasierklingen und Zahnbürsten von Mustafa und mir, tauschte diese aus und lag mich wieder in mein Bett.

Täglich gab es die Möglichkeit sein Müll abzugeben und neue Müllbeutel zu bekommen. Auch hier rührte Mustafa kein Finger und ich schoss jedes Mal aus dem Bett, sprang runter und übergab meinen Müll.
Mustafa schrieb Briefe, die man morgens abgeben musste, auch hier stand ich auf und übergab seinen Brief, obwohl ich selber keinen Brief hatte.
Auch für Anträge war es dasselbe Spiel. Nachts schlief ich recht früh, meist zwischen 22:00 und 23:00 Uhr, Mustafa hatte natürlich stets die Fernbedienung. Wirklich jede Nacht wachte ich auf, sah wie der Fernseher lief und das auf einer Lautstärke, die den Schlaf einfach störte und ich aus dem Bett springen musste um den Fernseher manuell auszuschalten, denn wie immer war die Fernbedienung auf dem Boden neben dem Bett von Mustafa.
Dass ich auch mal etwas Anderes als D-Max anschauen wollte interessierte ihn nicht: „Du bist doch ein Mann?! Also schau Dir einen Männerkanal an, etwas Besseres als D-Max gibt es nicht“

So langsam wurde mir der Haftaufenthalt unangenehm, denn mein Zellenkollege war unerträglich. Doch das größere Problem war sein Trieb nach Fitness in das er mich unbedingt miteinbeziehen wollte. „Du bist so dünn! Das ist gar nicht männlich von Dir! Bau mal paar Muskeln auf.“
Ich wusste gar nicht, was sein Problem mit mir war: „Also ich habe eigentlich kein Problem mit meinem Körper. Aber ich habe sowieso gerade andere Probleme, als dass ich die Motivation hätte hier Fitness zu machen.“
„Junge Junge, stell Dir mal vor, Du und deine Freundin laufen die Straße entlang und da kommen drei, vier Besoffene und machen deine Freundin an, was machst Du dann?“
er erwartete wohl, dass ich sage, dass ich die zusammenschlage: „Also wenn sie erwartet, dass ich mich da in eine Schlägerei verwickle, dann ist sie sowieso die Falsche. Ich würde erwarten, dass sie versteht, dass ich das zwar nicht gutheiße, aber es einfach die bessere Lösung ist die Typen zu ignorieren und seinen Weg zu gehen.“
Er lachte sich kaputt: „Was Anderes hätte ich von Dir nicht erwartet. Junge ich sag Dir was Du dann tun musst: Du sagst deiner Freundin, dass sie gehen soll und dass du nachkommst. Und wenn sie weg ist, dann haust Du einfach ab! Oder Du baust eben paar Muskeln auf und stehst deinen Mann!“
Er brauchte mich dazu mich an den Fenstergittern fest zu heben und meine Beine hochzuziehen, so dass ich Sit-Ups oder wie das heißt, machen sollte. Dabei schrie er mich jedes Mal wie verrückt an, wenn ich nachließ. Genauso war es bei den Liegestützen und auch für die Arme war er Kreativ: Er nahm die Wäschesäcke und stopfte es voll mit vollen Flaschen und nutze diese quasi als Hanteln. Ich durfte anfangs jeweils eine Flasche hantieren, aber mit der Zeit wurde mir das Fitnessgedöhns in der Zelle einfach zu viel. Das Problem war, dass er mich immer wieder anschrie und mich manchmal sogar hart am Arm packte. Einmal nahm er sogar einen Kulli und stach es an mein Ohr, zwar nicht ganz rein, so dass ich eine Verletzung davon tragen würde, aber es hatte schon weh getan: „Was würdest Du machen, wenn das jetzt kein Kulli sondern ein Messer wäre?! Du musst lernen dich zu verteidigen!“ Für mich war dieser Typ einfach nur verrückt: „Ich habe bisher nie irgendwelche Probleme mit irgendwelchen Menschen gehabt, wieso sollte sich das in Zukunft ändern.“ Als ich in dieser Nacht im Bett lag, war mir zum Heulen zu Mute. Ich war am Boden zerstört, er machte mich sowohl psychisch als auch physisch fertig. Jeden Tag bemängelte er männliche Eigenschaften von mir und auch meinen Körper machte er stets fertig. Ich war damals nicht Manns-genug ihn loszuwerden oder ihm meine klare Meinung mitzuteilen. Stets dachte ich daran, dass ich die Spannung zwischen uns nicht verschlechtern wollte, da ich 24 Stunden mit ihm in einer Zelle war und ihm quasi nicht aus dem Weg gehen konnte.

Er war damals Kickboxer und auch bei der türkischen Armee hatte er gedient, war sogar in einer etwas höheren Position. Kein Wunder, dass er in mir eine völlig hilflose Person sah. Er bekam oft Briefe von seiner Freundin, manchmal übergab er mir sogar die Briefe um diese zu lesen, er war wohl stolz auf die Sätze die seine Freundin ihm geschrieben hatte. Und bei jedem Brief war ich geschockt, denn alles im Brief bestätigte, was Mustafa mir seit geraumer Zeit erzählte: Er hatte seine Freundin sehr oft betrogen, er hatte etwas mit seiner Therapeutin und hatte sogar eine reiche Freundin, die ihm alles Mögliche kaufte. Einmal war ich schockiert, als ich las, dass seine deutsche Freundin bei seinen Eltern zu Besuch war. Sie wollten dann irgendeinen Film schauen und fanden ein paar Rohlinge im Regal. Sie legte dann eine DVD ein und war völlig entsetzt, als sie ein Sex-Tape mit seiner Therapeutin und ihm sah. Sie hatte sich so geschämt vor seinen Eltern und wäre sich sicher, dass das nur eine Ausnahme war. Aber als sie dann in den nächsten Briefen schrieb, dass sie einige Frauen angerufen hatten um ihr mitzuteilen, dass er mit ihnen fremd gegangen ist und sie auch das Handy von Mustafa durchwühlte und vieles auffand, was sie gerne nie gesehen hätte, gab sie Mustafa eine letzte Chance. Ich wusste nicht, was bei dieser Frau verkehrt gelaufen und warum sie so verschossen in Mustafa war, um ihm jedes Mal eine neue Chance zu geben.
Mustafa antwortete natürlich immer zurück, denn er hatte tonnenweise Briefmarken bekommen, die symbolisierten, dass er auch oft zurückschreiben soll.

Als dann auch gut zwei Wochen um waren und auch bald mein Termin für mein Geständnis anstand, war ich total deprimiert und rannte zum Beamten: „Wann bekomme ich endlich meine Einzelzelle?“ fragte ich. Und dann kam die glückliche Nachricht: „Morgen hat einer einen Gerichtstermin, gut möglich, dass er entlassen wird, dann bekommst Du die Einzelzelle.“
Der nächste Tag stand an, es war ein Freitag.
Als ich am Donnerstagabend Mustafa mitgeteilt hatte, dass ich evtl. morgen in eine Einzelzelle verlegt werde, wurde er ganz verrückt: „Nein! Du gehst nirgendwo hin! Was soll ich dann am Wochenende ohne Fernseher machen? Bist Du verrückt?“
Ich überlegte kurz: „Der Fernseher kann am Wochenende bei Dir bleiben, ich les einfach ein Buch.“
„Nein, ist mir egal, nachher stecken die irgend so einen Rumänen in meine Zelle! Und außerdem erlauben die das nicht, dass der Fernseher der auf dich angemeldet ist in meiner Zelle bleibt“
Ich wusste einfach nicht was ich tun sollte, eigentlich wusste ich das schon, konnte es aber nicht umsetzen.
Am Freitag kam dann wirklich der Bereichsleiter Bender in unsere Zelle: „Herr Ates, die Einzelzelle ist frei geworden, wollen Sie rüber?“
Mustafa sah mich böse an und alles was ich sagen konnte war: „Herr Bender ist das ok, wenn ich am Wochenende noch hierbleibe, damit der Mustafa nicht ohne Fernseher bleibt und ich dann erst am Montag umziehe?“
„Herr Ates das ist kein Kindergarten hier. Entweder Sie ziehen jetzt um oder nicht.“
Ich war sehr traurig als mir folgender Satz durch die Lippen ging: „Ok, dann kann ich leider nicht umziehen. Ich bleib dann wohl hier.“

Das Wochenende verging etwas ruhiger, der Mustafa wollte sich wohl in dieser Weise bedanken, dass ich geblieben war, dennoch war ich mehr als nur traurig.

Am Montag war Mustafa recht früh wach, wo er doch ansonsten so lang schlief.
„BeSure ich habe gleich Besuch, meine Freundin kommt. Mach’ uns mal Frühstück bis ich wieder da bin.“
Durch den Einkauf hatten wir einige Lebensmittel, wie Nougatcreme, Brot usw. in unserem Schrank. Als er dann zum Besuch ging, stand ich auf und machte mich frisch.
Plötzlich ging die Tür auf und erneut stand Herr Bender da: „Also Herr Ates, das ist ihre letzte Chance, wollen Sie nun in die Einzelzelle oder nicht?“
Ich war in den letzten Monaten nie so glücklich gewesen wie jetzt, ich konnte es kaum glauben, mein Herz raste und ich ergriff die Chance, Mustafa war nicht da: „Ja ich will!“
Sofort packte ich meine Sachen, meinen Fernseher und auch meinen Einkauf und rannte in meine neue Einzelzelle, mit der Angst, dass Mustafa gleich von seinem Besuch zurückkommen würde.
Als ich dann komplett umgezogen war und sich die Tür meiner Einzelzelle schloss war ich überglücklich. Nach ungefähr 10 Minuten hörte ich dann einen Schrei: „BEEEEESSSUUUUUUREEE!“

Es war Mustafa, und er war wütend.
Noch wusste ich nicht, was passieren würde. Denn was in den nächsten zwei Tagen passieren würde, hätte niemand ahnen können.
 
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