• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

Mein Hafttagebuch

bevoller

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- Kein Beamter der die Gespräche überwacht bzw. mithört (in der Strafhaft), in der U-Haft wird auf jedes Wort geachtet und gegebenfalls Sachen notiert
- Briefe werden in der Strafhaft nicht kontrolliert, der Hauptvorteil liegt darin, dass die Briefe in den üblichen 1-2 Werktagen beim Empfänger ankommen und nicht wie in der U-Haft nach durchschnittlich 1 Monat.
Soweit ich weiß werden ausgehende Briefe durchaus kontrolliert. So ist kürzlich z.B. ein Anstiftung zu einer Straftat aufgeflogen. Und das eingehende Post nicht kontrolliert wird, ist auch schwer vorstellbar. Schließlich könnte man ja z.B. Drogen einschmuggeln.
Wundern muss ich mich allerdings über das Abhören der Gespräche. Eigentlich gilt dort doch die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes, wenn man mit seinem Anwalt spricht. Da gab es ja in Stammheim vor Jahren den Skandal, weil offensichtlich mutmaßliche RAF-Terroristen beim Gespräch mit ihrem Anwalt abgehört worden waren.
Ich muss gestehen, im Zweifel würde ich immer davon ausgehen, dass jegliches Gespräch mitgehört wird, wenn vielleicht auch nur stichprobenmäßig. Wobei sich dann auch die Frage stellt. Worüber unterhält man sich mit Angehörigen, die ein Schließer keinesfalls mithören dürfte. ;)
 

BeSure

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@bevoller
Da hast Du recht, hier nochmal etwas detaillierter:
Wenn man in der Strafhaft Breife rausschickt, dann muss man den Briefumschlag geöffnet lassen, so dass die zuständige Stelle in der Haftanstalt den Brief durchlesen und/oder überfliegen kann. Dennoch geht dieser Prozess schnell von Statten, so dass die Briefe eigentlich nur mit einer Verzögerung von einem Werktag weitergeschickt werden und somit innerhalb von 2-3 Werktagen beim Empfänger ankommen.
In der U-Haft ist es jedoch so, dass die Briefe direkt an das zuständige Gericht gesendet werden. Ein zuständiger vom Gericht schaut sich den Brief dann erst in Ruhe an und anaylisiert ob es irgendwelche relevanten/versteckten Informationen gibt, die für das Gericht interessant wäre. Das Ganze über das Gericht dauert dann gut mal 3-4 Wochen, bis die es dann an den Empfänger weiterleiten.
Das war quasi das, was ich als Nachteil in der U-Haft im Gegensatz zur Strafhaft empfunden habe.

Dann noch zur Verteidigerpost:
Diese wird bzw. darf offiziell nicht geöffnet werden, sowohl eingehende sowie ausgehende Verteidigerpost.
Jedoch verpasst die Haftanstalt eingehenden Verteidigerbriefen eine Art Stempel/Löcher (keine Ahnung wie man das nennt, so dass quasi der Inhalt des Briefs mit dem Zeichen der jeweiligen JVA versehen ist. Somit wird z.B. mögliches Bargeld welches sich darin befinden könnte, markiert bzw. entwertet.
Auch Verteidigerbesuche dürfen offiziell nicht abgehört werden, ob sie dies dennoch tun, kann man nie wissen. Jedoch ist es so, dass kein Beamter im Besucherraum sitzt und mithört.
In der U-Haft ist es jedoch so, dass alle normalen Besuche (Also keiner Verteidigerbesuche) mit der Anwesenheit eines Beamten stattfindet, der sitzt dann paar Meter neben einem und hört zu.
In der Strafhaft ist dann kein Beamter mehr im Raum, man kann sich also unbeschwert unterhalten, natürlich weiss man auch hier nicht, ob nicht evtl. abgehört wird.
Der Vorteil den ich hier meinen wollte, war der, dass ich mich mit meinen Familienangehörigen endlich auf türkisch unterhalten konnte (also in der U-Haft) und da sind die Gespräche, die Ausdrucksweise usw. ganz anders, also viel privater. Auf deutsch mit meinen Eltern zu reden war, als würde ich mich mit fremden Personen unterhalten und meine Eltern konnten oft nicht die richtigen Worte finden um Sachverhalte zu beschreiben usw.

Wenn ich schon grad' dabei bin, schreib ich mal am nächsten Kapitel weiter, bis gleich ;)
 

Xypro

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@bevoller:
In einer Doku die ich mal gesehen habe, ging es auch um das Thema Post. Da gibt es anscheinend keine genaue Richtlinie für alle Gefängnisse. In dem Gefängnis aus der Doku wurden zum Beispiel nur stichprobenartig kontrolliert oder eben die Briefe der "üblichen Verdächtigen". Nur geöffnet wurden sie alle um Schmuggel zu unterbinden.

Und worüber man sich unterhalten könnte mit Angehörigen was ein Vollzugsbeamter nicht hören dürfte. Wo eventuell noch Beweise liegen die nicht gefunden wurden (um diese verschwinden zu lassen)... Eventuelle weitere Mittäter warnen. Gibt es vieles was man denen sagen kann... :cool:
 

BeSure

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Sorry Leute für das 9. Kapitel, ich wollte vor dem Schlafen gehen noch schnell ein Kapitel verfassen, bin selbst nicht zufrieden damit, da fand ich persönlich das 8. Kapitel besser, man kann glaub die "Lustlosigkeit" im 9. Kapitel rauslesen :D Aber was soll's, ich schreib trotzdem einfach weiter. Will versuchen jeden Abend was zu schreiben, sonst dauert das Ganze noch Jahre :D

Kapitel 9 – Verteidigerpost und mein erster Antrag
Die erste Nacht in meiner Einzelzelle verbrachte ich mit vielen Träumen, dementsprechend musste ich mir beim Aufwachen erst einmal klar werden, wo ich mich gerade befinde und ob ich mich nicht in einem Traum befinde. Doch die Schlüsselgeräusche an meiner Türe klangen real. Die Beamtin begrüßte mich und fragte ob ich etwas brauche. Schnell stand ich auf: „Ich wollte dem Sozialarbeiter etwas schreiben, einen Antrag oder so?“. Der Reiniger überreichte mir ein Stapel voller Papiere, darunter Anträge, Briefumschläge, Blanko-Blätter und einen Stift: „Einfach ausfüllen und morgen abgeben.“ Ich bedankte mich und fragte mich gleichzeitig noch, ob es sich bei dem Reiniger um einen normalen Häftling handelte oder was ihn ausmachte.
Ich machte mich erst einmal frisch, schaltete einen Musiksender ein und überlegte mir Formulierungen zur Beschreibung meines Anliegens. Letztendlich kam etwa folgendes dabei heraus:
„Sehr geehrter Herr Sozialarbeiter,
mein Bruder und Ich haben Mittätertrennung, aber wir haben uns 60 Minuten lang im Hofgang gesehen und alles über unseren Fall beredet. Es gibt also keinen Grund mehr uns zu trennen, können Sie uns bitte zusammen in eine Zelle tun?
Mit freundlichen Grüßen
Ates“
Als ich die Blanko-Blätter und die Briefumschläge sah entschloss ich mich meinem Anwalt zu schreiben und ihn zu bitten, mich so schnell wie möglich zu besuchen:
„Sehr geehrter Herr Holz,
können Sie bitte baldmöglichst einen Besuchstermin vereinbaren und mir mitteilen, was der Stand der Dinge ist. Wann können mein Bruder und ich mit der Entlassung rechnen? Mein Bruder muss auf jeden Fall raus, er ist unschuldig, er war nur so dabei. Und können Sie meinen Eltern sagen, dass es mir sehr sehr Leid tut!? Ich habe sie sehr enttäuscht, ich bereue es zutiefst. Ich habe sowohl als Sohn als auch als älterer Bruder versagt. Sagen sie meinen Eltern, dass ich mich auf jeden Fall bessern werde und ich hoffe, dass sie mir verzeihen können! Sagen sie ihnen, dass ich sie über alles Liebe und dass es mir hier gut geht und es nicht so schlimm ist. Sie sollen sich keine Sorgen machen!
Bitte schauen sie erst mal, dass mein Bruder raus kommt, ich bin vorerst egal.
Mit freundlichen Grüßen
Ates“

Ich packte den Brief in den Umschlag, klebte ihn zu und dann fiel mir ein, dass ich die Adresse vom Anwalt gar nicht hatte. Ich überlegte eine Weile. Da ich wusste, wo sich sein Büro ungefähr befindet, entschloss ich eine kleine Beschreibung der Adresse beim Empfänger zu notieren und zu hoffen, dass der Brief ankommen würde.
Der Empfängerbereich sah ungefähr so aus:
„An: Rechtsanwalt Herr Holz
Straße weiss ich leider nicht
Neben dem Kaufhaus XYZ
In der Stadt Gornbach“

Beides gab ich am nächsten Tag ab, eine Briefmarke hatte ich von der Beamtin bekommen, als ich ihr sagte, dass ich ja ganz neu bin und der Brief dringend weg muss.
Mein Anwalt besuchte mich 2 Monate später, der Brief war tatsächlich angekommen, nämlich zwei Tage vor seinem Besuch, es hatte also knapp 2 Monate gedauert, bis der Brief bei ihm ankam, aber auch nur, weil die Adresse nicht genau draufstand. Ich war dennoch verblüfft, dass es geklappt hatte.

Die Tage vergingen sehr langwierig und langweilig, morgens Hofgang (ich lief alleine rum und redete mit niemandem) und dann fernsehen, bis mittagessen/abendessen kam und dann wieder den ganzen Tag fernsehen und/oder Briefe schreiben, die ich aber nicht abgeschickt hatte.
Es war Donnerstag, also noch keine Woche Haft, als dann der Beamte morgens mir mitteilte, dass ich verlegt werde.
„Verlegt? Wie verlegt? Wohin?“ fragte ich erschrocken.
„Du wirst in die JVA in XYZ verlegt.“ Antwortete er und war schon grad dabei die Türe zu schliessen.
„Warten Sie, aber warum? Ich bin doch gerade eben erst angekommen? Ich will hier nicht weg, ist es dort schlimmer als hier?“ ich bombadierte ihn mit Fragen über Fragen.
„Haha, ob XYZ schlimmer ist als hier? Glaub mir, du bist hier schon im schlimmsten Gefängnis in unserem Bundesland, sei froh, dass Du hier weggehst.“ Er schloss die Tür zu.
Ich war gerade dabei mich an die Anstalt zu gewöhnen und außerdem war mein Bruder doch hier, kam er vielleicht mit mir mit?
Ein paar Stunden später kam ein Mann rein, es war der Sozialarbeiter, er wollte dass ich ihm in sein Büro folge.
„Setzen Sie sich hin. Also Sie haben mir einen Antrag geschrieben. Die Sache ist, dass wir als JVA nicht in der Lage sind eine Mittätertrennung zu gewährleisten. Wenn Sie zum Arzt gehen, dann könnte es sein, dass zufällig ihr Bruder auch dorthin geht und ihr euch seht, obwohl ihr das nicht dürft. Genauso wie beim Hofgang, das war ein großer Fehler, deswegen müssen wir Sie verlegen.“
„Mein Bruder kommt nicht mit?“
„Nein, gerade deswegen werden Sie verlegt. Aber glauben Sie mir, dort ist es besser als hier.“
„Kann dann nicht mein Bruder dorthin und ich bleibe hier?“
„Das geht leider nicht, er ist noch Jugendlicher, die Haftanstalt in XYZ ist nur für Heranwachsende und Erwachsene, er ist noch zu jung, sonst hätte ich ihn auch lieber dorthin geschickt als Sie.“
Ich war froh und enttäuscht zu gleich, einerseits weil es dort anscheinend besser sein sollte und anderseits war ich traurig, dass mein Bruder nicht dort hin durfte.
„Packen Sie dann heute Abend ihre ganzen Sachen.“
„Heute Abend? Wann werde ich denn verlegt?“
„Morgen früh, allerdings kommen Sie heute Abend in die Transportzelle.“
„Was? Muss ich schon wieder in einer 4-Mann-Zelle?“
„Ja, so läuft das nun mal hier, machen Sie sich keine Sorgen, ist doch nur eine Nacht.“

Abends brachten sie mich dann wieder runter zu den Transportzellen, seltsamerweise in genau dieselbe Zelle, in der ich mich die Woche vorher befand.
Ich fragte mich, was für Leute ich jetzt in der Zelle haben würde, ich ging hinein und sah mich um:
Niemand war da! Aber auch kein Fernseher, die Nacht war lang, sehr lang.
 

Xypro

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@BeSure:
Als Vorschlag um es hier übersichtlicher zu gestalten. Statt die Kapitel im ersten Posting als Spoiler zu sammeln, hinterleg einfach die Links zu den Postings mit dem entsprechenden Kapitel (Link bekommst bei den Beiträgen - Titelleiste - rechts bei der Nummer "#XX") ;-)

Beispiel:
Kapitel 01 - Die Verhaftung

Kapitel 02 - Die Arrestzelle

Kapitel 03 - Mittätertrennung

Kapitel 04 - Erster Hofgang

Kapitel 05 - Du bekommst Bewährung

Kapitel 06 - Ein verwandtes Gesicht

Kapitel 07 - Semesterticket

Kapitel 08 – Tränen sind das Blut der Seele

Kapitel 09 – Verteidigerpost und mein erster Antrag


Für Copy & Paste
[src=text]Kapitel 01 - Die Verhaftung

Kapitel 02 - Die Arrestzelle

Kapitel 03 - Mittätertrennung

Kapitel 04 - Erster Hofgang

Kapitel 05 - Du bekommst Bewährung

Kapitel 06 - Ein verwandtes Gesicht

Kapitel 07 - Semesterticket

Kapitel 08 – Tränen sind das Blut der Seele

Kapitel 09 – Verteidigerpost und mein erster Antrag[/src]
 

bevoller

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Und worüber man sich unterhalten könnte mit Angehörigen was ein Vollzugsbeamter nicht hören dürfte. Wo eventuell noch Beweise liegen die nicht gefunden wurden (um diese verschwinden zu lassen)... Eventuelle weitere Mittäter warnen. Gibt es vieles was man denen sagen kann... :cool:
Aus dem Grund ist es vielleicht doch ganz interessant, hin und wieder mal mitzuhören. ;) Generell würde ich im Knast nicht mit besonders viel Privatsphäre rechnen.
Hängt aber vielleicht auch davon ab, wie schwer die Jungs sind, die einsitzen. Bei denen mit Übergewicht wird vielleicht mehr kontrolliert. Wie gesagt, die Absprache (Anstiftung) ging über die ganz normale Briefpost und ist eben wegen einer Kontrolle aufgeflogen.
 

BeSure

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@Xypro
Super, vielen Dank!

Kapitel 10 – Die besten Sitze im Transportbus
Direkt nach dem Frühstück holte mich ein Beamter ab und brachte mich in den stinkenden Warteraum, der schon wieder mit Häftlingen befüllt war, die nur am Qualmen waren.
„Kann ich nicht in meiner Zelle warten? Ich halte das mit dem Rauch nicht aus“ bat ich den Beamten höflich.
„Ach Sie sind Nichtraucher? Dann kommen Sie in einen anderen Warteraum.“
Ich war überglücklich, doch die Glücksgefühle legten sich schnell, als ich in einen kleinen Warteraum gesteckt wurde in der sich keine Menschenseele befand und ich ganz genau wusste, dass ich sicherlich einige Stunden hier alleine verbringen musste. Für etwas Gesellschaft im Gegenzug zu Zigarettenrauch hätte ich jetzt nichts einzuwenden gehabt.
Auch wenn Anfangs das Zeitgefühl ziemlich schlecht war und mir Minuten wie Stunden vorkamen (später war das Zeitgefühl nahezu perfekt), kann ich mich gut daran erinnern, dass ich bis zum Mittagessen um 12 Uhr warten musste, also ganze 5 Stunden.
Letztendlich wurde ich in ein Transportbus gebracht. Dieser war genau so groß wie ein normaler Bus, nur gab es keine Fenster, zumindest erkannte man die kleinen „Durchguck“-Scheiben so gut wie gar nicht.
Als ich einstieg musste ich bis nach hinten durchlaufen. Der Flur bzw. Durchgang war ziemlich schmal, denn die Kabinen nahmen viel Platz ein. Es waren geschätzt 8 Kabinen im Bus, ich musste in die hinterste „längliche“ Kabine.
Ich saß mich ganz nach rechts und drei weitere Häftlinge kamen rein. Alle drei schienen normal zu sein, zumindest sahen sie so aus. Wir redeten eine Weile nicht, bis der Bus losfuhr und ich mich beschwerte: „Ist schon ziemlich eng hier. Können wir eigentlich nicht in eine andere Kabine?“
Die Jungs lachten: „Man, das sind die besten Sitze hier. Die Anderen sitzen zu viert in einer kleinen Kabine, die Knie von denen treffen sich, die haben gar kein Platz um sich zu bewegen. Wir haben wenigstens ein wenig Beinfreiheit hier.“
„Weshalb sitzt ihr?“, so fing meistens ein Kennenlernen unter Häftlingen an. Die drei waren wegen BtM drin, dementsprechend fanden sie meinen Fall interessant und es gab erst einmal genug Gesprächsstoff bis zum nächsten Halt.
„An wie vielen JVAs halten wir denn überhaupt?“ fragte ich die Jungs, die anscheinend schon genug Erfahrung mit Transportfahrten hatten.
„3-4 JVAs, aber die lassen die Leute immer nur kurz ab und holen neue rein. Wenn überhaupt sind wir maximal 30 Minuten am Warten.“
Diese ständige Warterei ging mir jetzt schon auf die Nerven, doch mit der Zeit übte ich mich in Geduld, denn ich erkannte, dass es mir nichts brachte, wenn alles schnell von Statten lief, da ich so oder so meine Zeit absitzen musste.
„Geht ihr alle in die JVA Hall?“ fragte der Russe der aussah, als bräuchte er langsam mal wieder Stoff.
Alle bejahten und ich schoss gleich mit der für mich wichtigsten Frage umher: „Wie ist es eigentlich dort? Stimmt es, dass es besser sein soll als Stammheim?“
Der Deutsche unter den Dreien fing an über die JVA Hall zu erzählen, seine Worte hörten sich an wie eine Werbekampagne: „Hall ist mega gut, die haben einen Teich mitten im Hof. Das Essen schmeckt zwar nicht super, aber tausend Mal besser als in Stammheim. Die Gebäude sind neu und schön weiss und angenehm, nicht so dunkel und abgekommen wie Stammheim. Die Beamten sind auch ganz ok. Und Du hast voll viele Freizeitmöglichkeiten. Das Beste ist, Du hast jeden Tag Freizeit, drei Stunden lang! Und an Wochenenden halt Umschluss.“
Seine Augen strahlten als er mir davon berichtete und ich hörte ihm gespannt zu.
Nach 5 Stunden Fahrt kamen wir endlich in Hall an und als ich ausstieg traute ich meinen Augen nicht: Die hatten echt einen Teich und da schwammen Enten drauf.
 

cavin

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Schon fast einen Monat her seit dem letzten Update, ich würde mich freuen wieder von dir zu lesen :)
 

BeSure

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Hahahaha, nein ich sitz nicht wieder ein :D

Bin nur grad mit meinem Studium zeitlich total ausgeschöpft und finde die Energie nicht mehr abends was zu schreiben.
Muss mich noch etwas aufrappeln.
Aber wenn ich sehe, dass manche auf eine Fortsetzung warten, motiviert mich das schon ein wenig weiter zu schreiben.
Werde versuchen wieder regelmäßig zu schreiben, doch diese Woche wird's leider nichts mehr.
 

BeSure

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Kapitel 11 - Nagelknipser für 500 EUR
Die JVA in Hall sah aus wie ein Altersheim, die Gebäude sahen im Gegensatz zu Stammheim, neu aus. Zudem hatte das Gesamtbild eine angenehmere Wirkung als die dunklen Wände in Stammheim. Es gab 3 Gebäudekomplexe mit je 2 Stockwerken, also um einiges kleiner als in Stammheim.
Nacheinander wurden wir aus dem Transporter in einen Transport- bzw. Aufnahmeraum gebracht. Glücklicherweise erfuhr ich, dass es in Schwäbisch Hall keine Transportzelle wie in Stammheim gab und man sofort auf die „normalen“ Zellen durfte.
Im Transportraum warteten dann ein dutzend Häftlinge darauf, dass ihre Namen aufgerufen wurden. Ich kam relativ früh dran, ein Beamter nahm mich mit.
„Setz Dich dahin, wir schießen kurz ein Foto von Dir.“
Ich saß mich auf den Stuhl auf den ich hingewiesen wurde und setzte ein lächeln auf.
„Haha, Du brauchst nicht lächeln mein Gott“ meinte der Beamte und schoss dennoch das Foto, weshalb ich auf dem Bild in meinen Akten immer ein Lächeln habe.
Doch das Lächeln war wahrscheinlich dem beruhigenden Anblick der JVA in Hall im Vergleich zu Stammheim zu danken. Der Beamte holte ein kleines Päckchen in dem meine privaten, beschlagnahmten Sachen eingepackt waren. Er nahm jedes einzelne Stück und schrieb auf einem Zettel, was sich alles darin befand, um mir das bei der Entlassung auszuhändigen. Zum einen war mein deutscher Personalausweis dabei, meine Halskette, mein Geldbeutel usw.
Doch das allerwichtigste, mein Wettschein den ich am Tag meiner Verhaftung abgegeben hatte, war auch dabei. Ich hatte 500 EUR gewonnen und der Wettschein befand sich in diesem Päckchen.
„Ähm, ist es möglich, dass ich den Wettschein bekomme? Ich möchte es meinen Eltern senden, weil sonst verfällt dieser glaub ich, denn ich hatte gewonnen.“
Der Beamte sah mich kurz an und verstand vermutlich erst mein zittriges Gelaber nicht, händigte mir aber den Wettschein aus.
Nachdem ich mein Zugangspaket, also erneut Knast-Klamotten, Bettwäsche, Seife, Zahnbürste usw. bekam, wurde ich von einem Beamten abgeholt und in das obere Stockwerk in eine Zelle gebracht.
Es handelte sich um eine 4-Mann-Zelle, es befand sich allerdings nur ein älterer Mann in der Zelle, als ich eintrat. Die Zelle hinterließ einen sehr positiven Eindruck, denn die Wände waren schön weiß, es befanden sich zwei große Fenster (die in Stammheim waren sehr klein) und ich blickte in einen Innenhof, wo sich auch der Teich mit den Enten befand. Am meisten freute ich mich darüber, dass sich die Toilette in einer „Kabine“ befand. Man konnte zwar nicht abschließen, aber wenigstens war eine Tür vorhanden und man war abgeschirmt von den restlichen Zellenkollegen.
Ich bezog ein Bett und war froh über die dickeren Matratzen und Kissen, als es in Stammheim der Fall war. Mit dem älteren Mann konnte ich noch kein Gespräch beginnen, er hatte ein Radio und las irgendeine Zeitung. Ich wunderte mich zwar kurz, weshalb es keinen Fernseher in der Zelle gab.
Doch ein Beamter überraschte mich, als ich bemerkte, dass er in der Zelle stand. Die Türen waren halbautomatisch, man hörte das Öffnen der Tür kaum. Dies stellte sich im Laufe der Haft sehr angenehm, aber auch sehr gefährlich dar, da man die Beamten nicht kommen hörte. Er brachte mich zum Arzt, auch zur Erstaufnahme.
„Hallo Herr Ates, bitte setzen Sie sich hin, wir machen eine kurze Erstaufnahme und nehmen ihnen etwas Blut ab.“
Ich saß mich hin und die Befragung fing an:
„Herr Ates sind Sie Raucher?“
„Nein. Habe es auch noch nie probiert.“
„Und trinken Sie Alkohol?“
„Nein. Habe ich auch bisher nicht probiert.“
Er schien etwas verwundert: „Nehmen oder haben Sie Drogen jeglicher Art konsumiert?“
„Nein, nie.“
„Sagen Sie mal, ihnen tut der Heiligen Schein auf dem Kopf nicht zufällig weh?“ er lachte, ich wusste erst nicht, was er meinte.
„Wir nehmen jetzt eine kleine Blutprobe von Ihnen.“
Er nahm eine Spritze und stach in meinen linken Arm, verfehlte offensichtlich die Ader: „Sag mal, Sie sollten mal Ihre Arme trainieren.“
Er machte ein großes Pflaster drauf und versuchte nun eine Ader am rechten Arm zu treffen, dies gelang ihm auch und er zog das Blut aus. Plötzlich wurde mir schwindlig. „Meine Güte, Sie sind ja komplett blass geworden.“
„Mir ist irgendwie voll schwindlig“. Schnell kam ein Krankenpfleger und sie legten mich auf eine Patientenliege. Nachdem ich etwas Wasser getrunken hatte, fühlte ich mich wieder etwas besser. „Sie müssen auf jeden Fall etwas Sport treiben Herr Ates.“ Meiner Meinung nach lag meine Schwäche darin, dass ich mich seit einer Woche sehr schlecht ernährte.
Am nächsten Tag war zudem mein linker Arm an der Stelle wo er zugestochen hatte, komplett blau und der rechte Arm war braun.
Als ich zurück auf meiner Zelle war, befand sich eine weitere Person in meiner Zelle. Er hatte fast gar keine Zähne, war um die 35 Jahre alt und sah einfach aus wie ein Nazi, war aber keiner. Im Laufe der Wochen schnorrte er sich durch mich durch, doch das konnte ich noch nicht ahnen.
Wir stellten uns gegenseitig vor und ich erfuhr, dass der alte Mann wegen irgendeiner Zwangsvollstreckung oder sowas ähnliches saß und er nur irgendein Papier unterschreiben müsste um entlassen zu werden. Er wollte dies aber nicht tun und schrieb stattdessen irgendwelche Briefe an die BILD-Zeitung. Der Zahnlose war wegen Autodiebstahl verhaftet und hatte schon ein saftiges Vorstrafenregister, hauptsächlich Einbruch und Diebstahl, war aber auch in der JVA Hall ziemlich bekannt.
Als das Abendessen kam, war ich erneut positiv überrascht, dass es sich hier um humanere Kost handelte als in Stammheim.
Die Beamtin fragte ob wir duschen wollen. Natürlich bejahten wir dies und huschten unter die Dusche. Diese waren genauso sauber wie die Zellen, es floss auch sofort warmes Wasser und es war keine Menschenseele da. Denn ich wusste immer noch nicht, ob ich vor der Seife in der Dusche Angst haben sollte oder nicht.
Unsere Zellentür war während wir duschten offen und wir durften noch eine halbe Stunde im Flur „rumgammeln“, weshalb ich die mit den Reinigern, deren Türen dauernd geöffnet waren, in ein Gespräch verwickelt wurde.
Letztendlich lief es darauf hinaus, dass ich wissen wollte, wie ich den Wettschein auslösen könnte, ohne dass meine Eltern davon etwas mitbekommen, da sie so etwas nicht gerne sehen. Ein Reiniger bot mir an den Wettschein für mich einzulösen und mir dann 350 EUR schicken zu lassen. Ich war froh darüber, dass er so korrekt war und übergab ihm meinen Wettschein. Die Beamtin rief mich, ich sollte zurück zur Zelle, da sie die Türe schließen musste. Bevor ich ging, fragte ich den Reiniger, ob er mir einen Nagelknipser hätte, da meine Fingernägel ziemlich lang waren. Er übergab mir einen, der sogar noch eingepackt war: „Schenk ich Dir.“
Als ich mich in der Zelle befand fühlte ich mich das erste Mal wieder gut, die JVA war angenehm, ich war frisch geduscht und das Essen war auch ganz ok. Nur ein Fernseher fehlte und meine 350 EUR. Doch ich hatte einen Nagelknipser. Das war auch das Einzige was ich vom Reiniger bekam bevor er nach einer Woche entlassen wurde.
 

MingsPing

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oh je das ist bitter :-)
Danke für deine Beiträge, ich lese hier auch sehr gern mit und habe das Thema abonniert... !
 

Dorfdisko

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ich erfuhr, dass der alte Mann wegen irgendeiner Zwangsvollstreckung oder sowas ähnliches saß und er nur irgendein Papier unterschreiben müsste um entlassen zu werden. Er wollte dies aber nicht tun und schrieb stattdessen irgendwelche Briefe an die BILD-Zeitung.
Ob es da um die Zahlung der Rundfunkgebühren ging, hast du nicht zufällig doch noch erfahren?
War er vielleicht ein sogenannter "Reichsbürger"?
 

Xypro

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@Dorfdisko:
:D ich hatte direkt das Bild von meinem Opa vor Augen.
Sturköpfig ohne Ende und die B*LD Zeitung als Bibelersatz :)
Da ist's egal um was es geht - selbst wenn's nur ein nicht bezahltes Parkticket wäre bei dem er Uneinsichtig ist :D


@BeSure:
Mich wundert es es bisschen: Zuvor bei deinen Taten warst du sehr paranoid und vorsichtig, in dem Fall gibst du einem unbekannten Häftling(!) einen Wettschein. Steht irgendwie so bisschen im Widerspruch an sich. Fast so als würde ich meinem Hund einen Fressnapf hinstellen und erwarten, dass er es bis zu meiner Rückkehr nicht angerührt hat ;)
Wie kam es dazu?
 

Seedy

A.C.I.D

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Zu dem Opa und der Zwangsvollstreckung.

Es gab mal einen Bericht über Rentner, die das mit Absicht machen.
Die gehen Pro Jahr ein paar mal wegen Lappalien in den Knast.
Dadurch sparen die irgendwelche Ausgaben für Essen/Strom/Wasser und lassen sich problemlos vom Arzt durchchecken.

Ich weiß nicht wieviel da dran ist - mir kam das aber bekannt vor, wenn ich den Bericht wieder finde, reiche ich den nach.
 

cavin

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Danke für einen weiteren Bericht, sehr interessant.
Das mit dem Pfleger ist natürlich ätzend! Aber du nimmst es mit Humor, wie man schon im Titel des Kapitels liest :D weiter so!
 

bevoller

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Es ist zwar nicht genau das, was ich meinte aber geht z.t. in die Richtung:
http://www.rp-online.de/nrw/wenn-senioren-im-gefaengnis-sitzen-aid-1.3813084

Erpressung und Diebstähle kommen in der Seniorenabteilung nicht vor. Dafür gibt es Fitnessgeräte und einen Billard-Tisch. Vergünstigungen, die vor allem bei manchen Opferangehörigen auf Ablehnung stoßen. "Auch ein alter Täter ist ein Straftäter", heißt es in kritischen Zuschriften.
Jemand, der wegen Mord einsitzt, sitzt dafür unter ungünstigen Umständen bis an sein Lebensende. Da wird man auch als Täter manchmal älter. :rolleyes:
Ansonsten kann sich über derartige Vergünstigungen eigentlich nur jemand beschweren, der noch nie eine Einschränkung seiner Freiheitsrechte in Kauf nehmen musste.
Das muss noch nicht mal Knast sein. Sechs Wochen Unterschenkelliegegips reichen, damit einem zu Hause die Decke auf den Kopf fällt. Und das dürfte mit monate - oder gar jahrelangem Knastaufenthalt wohl kaum vergleichbar sein.
 
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