• Hallo liebe Userinnen und User,

    nach bereits längeren Planungen und Vorbereitungen sind wir nun von vBulletin auf Xenforo umgestiegen. Die Umstellung musste leider aufgrund der Serverprobleme der letzten Tage notgedrungen vorverlegt werden. Das neue Forum ist soweit voll funktionsfähig, allerdings sind noch nicht alle der gewohnten Funktionen vorhanden. Nach Möglichkeit werden wir sie in den nächsten Wochen nachrüsten. Dafür sollte es nun einige der Probleme lösen, die wir in den letzten Tagen, Wochen und Monaten hatten. Auch der Server ist nun potenter als bei unserem alten Hoster, wodurch wir nun langfristig den Tank mit Bytes vollgetankt haben.

    Anfangs mag die neue Boardsoftware etwas ungewohnt sein, aber man findet sich recht schnell ein. Wir wissen, dass ihr alle Gewohnheitstiere seid, aber gebt dem neuen Board eine Chance.
    Sollte etwas der neuen oder auch gewohnten Funktionen unklar sein, könnt ihr den "Wo issn da der Button zu"-Thread im Feedback nutzen. Bugs meldet ihr bitte im Bugtracker, es wird sicher welche geben die uns noch nicht aufgefallen sind. Ich werde das dann versuchen, halbwegs im Startbeitrag übersichtlich zu halten, was an Arbeit noch aussteht.

    Neu ist, dass die Boardsoftware deutlich besser für Mobiltelefone und diverse Endgeräte geeignet ist und nun auch im mobilen Style alle Funktionen verfügbar sind. Am Desktop findet ihr oben rechts sowohl den Umschalter zwischen hellem und dunklem Style. Am Handy ist der Hell-/Dunkelschalter am Ende der Seite. Damit sollte zukünftig jeder sein Board so konfigurieren können, wie es ihm am liebsten ist.


    Die restlichen Funktionen sollten eigentlich soweit wie gewohnt funktionieren. Einfach mal ein wenig damit spielen oder bei Unklarheiten im Thread nachfragen. Viel Spaß im ngb 2.0.

Ketamin bei Depressionen - ein Experiment

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Anmerkung/Nachtrag (15.09.2015): Dieser Thread ist offen und aktiv. Da die Diskussion zur Depressionebehandlung mit Ketamin in Deutschland noch immer nicht wirklich angelaufen ist, sind Interessierte eingeladen, sich hier im Forum zu registrieren und hier im Thread mitzudiskutieren oder Fragen zu stellen :) Die Eröffnung eines neuen Threads ist nicht notwendig.

Hallo Boardgemeinde,

ich leide seit mittlerweile über 14 Jahren an einer meist mittelschweren, mittlerweile aber leider schweren Depression, die durch eine sog. komplexe posttraumatische Belastunggstörung (K-PTBS) induziert ist. Ich habe mich bisher - eigentlich immer auf äußerst steinigen Umwegen - durch das Leben geschlagen, war stets wie mit angezogener Handbremse unterwegs.

Seit einem Schicksalsschlag im Sommer 2014 ging es jedoch richtig steil bergab, sodass ich nun wirklich nicht mehr weiter wusste - durch meine Arbeitsunfähigkeit habe ich weitere Schläge erlebt (u.A. Aufgabe meiner Selbstständigkeit).

Die Behandlung einer Depression erfolgt i.d.R. mit Psychotherapie. Flankierend können auch Medikamente eingesetzt werden, wobei ein bestimmer Verschreibungsalgorithmus i.d.R. umgesetzt wird, so auch bei mir. Leider bin ich offenbar nicht der Lehrbuchpatient. Bei mir hat bislang keine einzige Behandlung angeschlagen, darunter:

  • Psychotherapie ambulant, über viele Jahre
  • Medikamente (alle gängigen Wirkstoffgruppen, sämtliche Medikamente waren völlig ohne Wirkung)
  • Stationäre Traumatherapie (für mich persönlich das wirkungsloseseste überhaupt)
  • Bewegung (Wirkung bei schwerer Depression ohnehin fragwürdig)
Vielversprechend scheint jedoch gemäß mittlerweile zahlreicher Studien Ketamin zu sein. Ketamin ist ein seit Jahrzehnten in der Veterinär- und Humanmedizin zur Anästhesie und Analgesie (Schmerzbehandlung) eingesetzter Stoff. Als Special-K soll er, in nicht-therapeutischen Dosen auch als Rauschdroge angewendet werden.

Nun existiert seit 2014 eine ganze Reihe von Studien, die wirklich beeindruckende Ergebnisse bei mindestens 75 % der Betroffenen aufzeigen. So sollen nicht nur die Effektstärken bei den Betroffenen unglaublich sein (massive Besserung depressiver Symptome bis komplette Beseitigung der Symptome), sondern auch der rasche Eintritt der Besserung: Nach 40 Minuten können bereits deutliche Besserungen eintreten, in anderen Fällen nach einigen Stunden. Das ist angesichts der langen Einstellungsphase mit den herkömmlichen Antidepressiva (2-6 Wochen) ein unglaublicher Vorteil.

Es lässt sich wohl mutmaßen, dass die pharmazeutische Industrie kein großes Interesse an der Vermarktung von Ketamin zur Behandlung von Depressionen hat, da der Wirkstoff nicht mehr patentfähig ist. Zahlreiche, auch reputative Universitäten (z.B. Yale, Harvard), die mit dem Wirkstoff forschen, sprechen jedoch von einer möglichen "Revolution in der Behandlung von Depressionen". Besonders erwähnenswert ist wohl, dass die Ketamin-Behandlung auch bei PTBS effektiv sein soll - gerade hier bleiben die gängigen Antidepressiva oft wirkungslos, so auch bei mir.

Ich werde Ketamin probieren. Per Infusion. Einerseits gäbe es die Möglichkeit, an einer Studie der Charité in Berlin teilzunehmen. Andererseits bietet aber auch ein Kölner Arzt Ketamin-Infusionen zur Behandlung von Depressionen an. Die erforderlichen Unterlagen zur Off-Label-Behandlung (die Krankenkassen übernehmen die Kosten noch nicht) habe ich bereits eingereicht, am kommenden Montag (30.03) werde ich einen Termin vereinbaren.

Nach zwei Infusionen lässt sich bereits feststellen, ob die Behandlung anschlägt. Nach meinem ersten Termin kann ich hier gerne berichten, wie die Therapie anschlägt.

Hier noch eine Auswahl aktueller Quellen zum Thema:

Wissenschaftliche Quellen

  1. Umfassende Liste einschlägiger Studien
  2. Ketamin zur Behandlung von PTBS (PTSD) (englisch)
  3. Artikel 'Ketamin als Antidepressivum'
  4. Vortrag von Prof. Dr. Gabriele Fischer (Medizinische Universität Wien, Youtube)
  5. Ärzteblatt - Ketamin hilft gegen schwerste Depressionen
  6. Stellungnahme von Dr. Dennis S. Charney (Icahn School of Medicine, Penn State, USA, Youtube-Video)
  7. Diskussion über Ketamin als Antidepressivum, Dr. John M. Oldham (Menninger Clinic) und Dr. Sanjay Mathew (Baylor College of Medicine), Youtube-Video
  8. Liste von US-amerikanischen Kliniken, in denen Ketamin schon heute regelmäßig zur Depressionsbehandlung angewendet wird.

Erfahrungsberichte


Hier noch ein Auszug eines Kommentars unter dem Youtube-Testimonial des Australiers - ein weiterer therapieresistenter Patient hatte sich, motiviert durch das Video, dazu entschieden, Ketamin als Therapieoption zu testen:

"I have suffered from severe depression for over 20yrs. The past 2 years have been the worst. Ive tried almost every antidepressant on the market,TMS, and ECT. Effexor was the only thing that worked for me but after a few years it stopped working. I have seriously been considering suicide recently because Ive just had enough, and cannot take this torturous feeling of depression anymore, but I heard about KETAMINE and the incredible success its had in treating severe depression. I will start taking it this coming Monday."


Zu deutsch: "Ich leide schon seit mehr als 20 Jahren unter Depressionen, in den letzten zwei Jahren war es am schlimmsten. Ich habe fast jedes erhältliche Antidepressivum auf dem Markt ausprobiert, außerdem auch die Elektrokrampftherapie und Transkranielle Magnetstimulation. Venlafaxin war das einzige Mittel, das mir zwar anfangs half, nach einigen Jahren hat aber auch das nicht mehr gewirkt. Ich habe daher in letzter Zeit auch ernsthaft darüber nachgedacht, Selbstmord zu begehen, weil ich einfach nicht mehr kann, ich ertrage diese quälende Depression nicht mehr. Jetzt habe ich jedoch von Ketamin und den unglaublichen Erfolgen bei der Behandlung schwerer Depressionen gehört. Nächsten Monateg werde ich es mal ausprobieren."

4 Monate später folgte folgender Kommentar der selben Person:

"Hi Max, The results were AMAZING! Ketamine is a dream come true. I finally got my life back because of this incredible drug. For the first time in over 10 years, I can truly say that I feel happy. I am no longer living each day with that torturous feeling of depression. The only thing is that its not covered by insurance and my 2 monthly infusions cost approximately $1,000, but because of the fact that Im well enough to work again Im able to pay for it. Thanks for asking. Have a great day."

Zu deutsch:"Hi Max, die Ergebnisse sind UNFASSBAR! Ketamin ist ein wahrgewordener Traum. Ich habe, dank dieses unglaublichen Medikaments, endlich mein Leben zurück. Zum ersten Mal, seit zehn Jahren, kann ich wirklich sagen, dass ich glücklich bin. Ich bin nicht mehr gezwungen, jeden Tag diese quälenden Depressionsgefühle zu ertragen. Der Haken ist jedoch, dass die Kosten nicht von der Versicherung übernommen werden können und die Infusionen kosten etwa 1000 US-Dollar im Monat, aber da ich wieder in der Lage bin, zu arbeiten, kann ich das aufbringen. Danke der Nachfrage, habe einen schönen Tag."

Bleibt noch zu sagen, dass eine Ketamin-Infusion in Deutschland deutlich günstiger ist, als in den USA oder Australien (ca. 200€).

Der Vice-Artikel entält mitunter fragwürdige Äußerungen des Patienten, ich habe ihn aber mal verlinkt, weil aktuell noch wenige Erfahrungsberichte von Patienten online sind - das ist wohl so, da Ketamin als Antidepressivum noch keine Zulassung hat und vielleicht einige hundert Menschen bisher von der Behandlung profitieren konnten. Erst seit 2014 ist Ketamin zur antidepressiven Anwendung Gegenstand der ernsthaften wissenschaftlichen Diskussion.

Gibt es hier eigentlich jemanden, dem Leitlinien-Antidepressiva wirklich geholfen haben?

Ich finde, das alles lässt hoffen.

Liebe Grüße
 
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Nemokamai

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Nach 40 Minuten können bereits deutliche Besserungen eintreten, in anderen Fällen nach einigen Stunden. Das ist angesichts der langen Einstellungsphase mit den herkömmlichen Antidepressiva (2-6 Wochen) ein unglaublicher Vorteil.
Das ist wahrscheinlich der Grund, warum es nicht als Antidepressivum zugelassen wird

Herkömmliche Antidepressiva wirken ja, indem sie die Wiederaufnahme bestimmter Neurotransmitter hemmen, wodurch diese länger im präsynaptischen Spalt verharren und ihre Wirkung länger entfalten können, bzw. es zu einer Erhöhung ihrer Konzentration kommt. Hierzu zählt vor allem das Serotonin, welches üblicherweise gehemmt wird. Neben dem Serotonin hemmen einige Antidepressiva, wie z.B. Venlafaxin auch noch Noradrenalin und in hohen Dosen sogar Dopamin.
Eigentlich ist das ganz einfach, Serotonin macht einen Happy (Ecstasy ist ein Serotonin Wiederaufnahmehemmer und schüttet gleichzeitig enorm viel aus), Noradrenalin gibt Antrieb und hält wach und Dopamin das „ich schaff das“ Gefühl. So gesehen ist das beste Antidepressivum, wie es damals sogar Freud allen empfahl, Koks. Koks wirkt nämlich auf alle 3 Neurotransmitter.. Happy, Antrieb und ich schaff das zugleich.
Warum also nicht einfach Koks verschreiben?
Da Koks sehr schnell anflutet, birgt genau dies das Abhängigkeitspotential.
Mir geht’s schlecht, also nehm ich Koks.. so schlecht geht’s mir gar nicht, aber mit Koks geht’s noch besser.. ohne Koks geht’s mir nicht mehr gut.. usw..
Herkömmliche Antidepressiva wirken erst nach 2-4 Wochen durch langsames Aufbauen eines Wirkspiegels, damit dieses Abhängigkeitspotential gar nicht erst entstehen kann. Soweit ich mich erinnere wird dies sogar gesetzmäßig so verlangt, um es eben von den herkömmlichen Rauschmitteln abzugrenzen. Die Wirkung, bzw. der Wirkmechanismus ist nahezu derselbe, wenn auch viel schwächer und ohne Kick, da das Anfluten 2-4 Wochen braucht.

Vom Wirkmechanismus von Ketamin habe ich keine Ahnung, weißt du wie es wirkt und wie es mit dem Abhängigkeitspotential aussieht?

Gibt es hier eigentlich jemanden, dem Leitlinien-Antidepressiva wirklich geholfen haben?
Ich fand Trazadon, bzw. Trittico gut, weil es aufgrund eines anderen Wirlmechanismus auf die Transmitter, die üblichen Nebenwirkungen aller anderen SSRIs nicht hatte. Nahm es aber nicht lange, weil ich die anderen Nebenwirkungen fürchtete. Ich glaube es half vor allem dadurch anfangs gut, weil man einen super erholsamen Schlaf davon bekommt.
Citalopram half nicht, Venlafaxin gab mir Antrieb, ohne zu wissen was ich damit tun soll (eher gefährlich bei Depressionen, weil man dadurch Antrieb zum Suizid bekommt, wofür man ohne zu träge wäre), zudem unangenehme Nebenwirkungen.

Hochdosiertes Johanniskraut soll auch gut helfen, da es ebenfalls ein SSRI (fast) ohne Nebenwirkungen ist, allerdings wohl zu schwach bei schweren Episoden sein soll und es viele Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufweisen kann.
 

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  • #3
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Vom Wirkmechanismus von Ketamin habe ich keine Ahnung, weißt du wie es wirkt und wie es mit dem Abhängigkeitspotential aussieht?

Meines Wissens nach ist der antidepressive Wirkmachenismus noch nicht vollständig entschlüsselt. Man weiß, dass Ketamin auf den NMDA-Rezeptorkomplex (Glutamat-Rezeptoren) wirkt. Es ist aber nicht so, dass Ketamin nicht zugelassen wäre, weil von einem Suchtpotential ausgegangen werden müsste, vielmehr ist die Studienlage einfach noch unzureichend, v.a. hinsichtlich der Langzeitanwendung von antidepressiv eingesetztem Ketamin und dessen Auswirkungen auf den Körper. Bedenke, dass der wissenschaftliche Diskurs erst im letzten Jahr angestoßen wurde. Die Wirkung ist in den therapeutischen Dosen zudem auch nicht rauschartig bzw. euphorisierend, und wenn, nicht über die Einstellungsphase, das heißt, nicht über die erste oder zweite I.V.-Gabe hinaus. Der Vergleich mit Koks ist daher m.E. nicht zutreffend. Der schlechte Ruf von Ketamin als Szenedroge dürfte aber dazu beitragen, dass es mit der Einführung zur Behandlung therapieresistenter Depressionen noch dauern wird. Angesichts der offenbar fulminant überlegenen Wirksamkeit gegenüber allen anderen Therapieformen wäre es in meinen Augen skandalös, wenn Ketamin nicht irgendwann in die Leitlinie aufgenommen würde, v.a. bei Suizidanten.

Trazadon kannte ich nicht. Ich habe aber ehrlichgesagt Zweifel daran, dass diese herkömmlichen S(S)RI, SSNRI etc. bei schweren Depressionen helfen. Dass bei PTBS nicht viel erwartet werden kann, ist ja bekannt... Anders soll es sich eben bei Ketamin darstellen.

Johanniskraut halte ich bei schweren Depressionen für einen schlechten Witz.

Bin jetzt aber wirklich gespannt, ob das bei einem so hoffnunglos therapieresistenten Fall wie mir was bringt, dieses Ketamin.

edit: Hier übrigens noch ein Vortrag von Prof. Fischer (Medizinische Universität Wien).
 
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Mista

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Super interessant mit dem Ketamin. Bin mal gespannt was draus wird.
Wünsch dir auf jeden Fall das Beste.
 

vokuhiku

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Ich finde das Thema auch sehr interessant, Ketamin kenne ich bisher auch nur als Special-K, also außerhalb jeder empfohlenden Menge.
Mir stellt sich die Frage der Toleranzentwicklung und einer möglichen Abhängigkeit.
@Mitch Ryder Hast du denn in deinem Fall schon eine EKT probiert oder in Erwägung gezogen? Ich habe da tolle Resultate erlebt, gerade bei "austherapierten" Depressionen.
 

accC

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Mal abgesehen von gewissen Risikogruppen, die Ketamin prinzipiell nicht zu sich nehmen sollten, wenn sie sich nicht gleich umbringen wollen, hat Ketamin auch noch ein paar nicht ganz zu vernachlässigende Nebenwirkungen.

Prinzipielle Wirkung:
["Nebenwirkung" wäre hier falsch, da u.U. die Wirkung durchaus gewünscht wird oder nur bei bestimmten Vorerkrankungen schädlich ist.]
  • Blutdruck- und herzfrequenzsteigernd - darf nicht bei Patienten mit Herzerkrankungen eingesetzt werden
  • Erhöhung des Augen- und Hirndrucks - darf nicht bei Patienten mit entsprechenden Verletzungen/ Vorerkrankungen eingesetzt werden

Nebenwirkungen:
[Prinzipielle unerwünschte Wirkungen]

  • sehr häufig:
    • psychotrope Effekte (Pseudohalluzinationen, unangenehme Träume)
    • Übelkeit, Erbrechen
    • Hypersalivation (erhöhter Speichelfluss)
    • Sehstörungen
    • Schwindel
    • motorische Unruhe
  • auch:
    • Dissoziation (Trennung von Wahrnehmungs- und Gedächnisinhalten)
    • Dysarthrie (Störung des Sprechens)
    • Ataxie (Störung der Bewegungskoordination)
    • Hypertonie (muskulär, etwa Verkrampfungen)
    • Myoklonien (rasche unwillkürliche Muskelzuckungen)
  • in Zusammenhang mit Alkohol:
    • Halluzinationen
    • Außerkörperliche Erfahrungen
    • Nahtod-Erfahrungen
    • Horrortrips
    • Todesfälle

Langzeitwirkung:
  • Schädigung der ableitenden Harnwege (LUTS, Blasenentzündung, Bildung von Geschwüren)

Abgesehen davon kann Ketamin das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung erhöhen.
 

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  • #7
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Hey Mista, vokuhiku und accC,

ich bin ebenfalls unheimlich gespannt und werde definitiv berichten! Montag weiß ich, wann es so weit sein wird. Ich werde dafür sogar einen Flug nach LA auf Mai verschieben, der eigentlich für den 1. April avisiert war.

@Mitch Ryder Hast du denn in deinem Fall schon eine EKT probiert oder in Erwägung gezogen? Ich habe da tolle Resultate erlebt, gerade bei "austherapierten" Depressionen.

EKT habe ich noch nicht probiert, die Chance auf Besserung liegt bei EKT bei 50 %, weshalb ich es als nächsten Schritt ausprobieren werde, wenn Ketamin versagen sollte.

@accC: Ketamin hat Nebenwirkungen, das stimmt. Die Nebenwirkungen sind jedoch nicht ganz applikations- und dosisunabhängig. Wie erwähnt sind zahlreiche Nebenwirkungen einerseits auf die Einstellungsphase beschränkt, andererseits treten sie im Rahmen der niedrigdosierten (nicht-narkotisierenden) Dosen zur Depressionsbehandlung erst gar nicht auf. Dennoch sollte man mögliche Nebenwirkungen, vor allem bei Langzeitanwendung, nicht bagatellisieren. Die von dir angesprochenen Risikogruppen werden aber ohnehin anamnestisch ausgeschlossen.

Es bleibt aber - vor allem bei suizidalen Depressionspatienten - dann bilanzierend die Frage: Nehme ich (ggf. vorübergehende) Nebenwirkungen in Kauf, um dafür vielleicht glücklich weiterleben zu können? In meinen Augen sollte das Risiko-Nutzen-Verhältnis ziemlich eindeutig sein, schließlich würde ein Mensch mit sporadischen und leichten bis mittelschweren depressiven Episoden sowieso nicht sofort zu Ketamin greifen - vor allem, da es aktuell noch sehr kompliziert und vergleichsweise kostspielig ist, an die Therapie ranzukommen.

Es muss letztlich aber auch bemerkt werden, dass Antidepressiva, Neuroleptika etc. ebenfalls Nebenwirkungen haben, die das Leben nicht unerheblich einschränken können.

Bedenklich finde ich aber, dass du angibst, dass die Ketamin-Depressionsbehandlung eine PTBS induzieren kann - aktuelle Untersuchungen zeigen genau das Gegenteil. Hast du eine Quelle dafür?

Ich habe übrigens einen weiteren Erfahrungsbericht gefunden:

Eintrag vom 21.04.2014:

"(...) I am one of the success stories. I had severe depression for over 30 years, and by my mid-40s was no longer able to maintain relationships, hold a job, enjoy anything, or even get out of bed most days. Over the decades I tried every variety of SSRIs, tricyclics, MAOIs, as well as years of psychotherapy with 7 different doctors, meditation, mindfulness, acupuncture, etc. Nothing ever helped, and some of the SSRIs made me feel even worse. I heard about a study at the US National Institutes of Health using ketamine to treat depression, and I volunteered. After a single infusion, I experienced 100% relief of all my symptoms within a few hours: anxiety, dysphoria, cognitive impairment, anhedonia, fatigue, etc. You cannot imagine the sensation of decades of suffering draining away rapidly. The relief lasted about two weeks before I began to gradually relapse. After the study, I found a doctor who offers the treatment clinically, and now I get an infusion roughly every two months. No question ketamine literally saved my life, as I was making final preparations for suicide before stumbling across the NIH ketamine research. The mechanism of action is still under study at NIH, Yale, Mt. Sinai, and elsewhere. But this much is clear from the research so far: when a carefully-controlled small dose of ketamine is delivered at a very precise slow rate to the brain, without undergoing first-pass metabolism, it triggers a cascading sequence of delicate events in the brain whose end result is the rapid regrowth of atrophied neurons. IV infusion is the only way to deliver ketamine to the brain in this very precise way. Snorting a recreational dose won't have the same effect. Nor will intramuscular injection, or oral ingestion. All of these other methods cannot precisely control the rate at which ketamine reaches the brain, and they also incur first-pass metabolism, which means some portion of the ketamine will be converted other substances before reaching the brain, and their presence seems to prevent the triggering of that delicate cascade of events. Having a doctor (usually an anesthesiologist) drip it directly into your veins using an infusion pump is the only way to be exact, and to recreate the conditions used in the published research. Still, there are some doctors who prescribe intranasal ketamine spray for depression, and some patients do find at least partial relief through trial and error. I and most people I know who have tried both methods (always under a doctor's care, not recreationally) say infusion is vastly more effective. "

Zu deutsch:

"(...) Bei mir handelt es sich um eine dieser Erfolgsgeschichten. Ich war seit über 30 Jahren schwer depressiv, und als Mitt-Vierziger war ich nicht mal mehr fähig, Beziehungen aufrechtzuerhalten, einem Job nachzugehen oder zu genießen, ich bin letztendlich nicht mal mehr aus dem Bett gekommen. Im Laufe der Jahrzehnte habe ich jede Art von Antidepressivum ausprobiert, das heißt, SSRI, Trizyklika, MAO-Hemmer, außerdem auch Psychotherapien mit sieben verschiedenen Psychiatern, Meditation, Achtsamkeitstraining, Akupunktur und so weiter. Nichts hat mir jemals helfen können, wobei ich mich durch manche der SSRI eher noch schlechter gefühlt habe.

Ich habe dann von einer Studie des US National Institutes of Health über die Anwendung von Ketamin zur Depressionsbehandlung gehört und habe mich als Versuchsteilnehmer gemeldet. Nach einer einzigen Infusion war ich nach wenigen Stunden zu 100 % von all meinen Symptomen befreit: Angst, Traurigkeit, kognitive Beeinträchtigungen, Genussunfähigkeit, Müdigkeit etc. Das Gefühl, wie der Zustand jahrelangen Leidens in so kurzer Zeit verschwindet, lässt sich nicht in Worte fassen.

Das hielt so etwa zwei Wochen an, bevor der alte Zustand langsam wieder zurückkehrte. Nach Abschluss der Studie konnte ich einen Arzt ausfindig machen, der die Ketamin-Infusionstherapie in seiner Praxis anbietet. Ich bekomme jetzt etwa alle zwei Monate eine Infusion. Es steht außer Frage, dass mir Ketamin das Leben gerettet hat, da ich schon die letzten Vorbereitungen für meinen Suizid getroffen hatte, bevor ich zufällig auf die NIH-Ketamin-Studie getroffen war. Der genaue Wirkmechanismus wird derzeit vom National Institute of Health, Yale, Mt. Sinai und anderen untersucht. Aber soviel geht aus den Untersuchungen schon jetzt hervor: Wenn eine klinisch streng kontrollierte, geringe Ketamin-Dosis ohne den Metabolisations-Umweg ins Gehirn gelangt, erwirkt dies, dass einst verkümmerte Neuronen regeneriert werden. Die I.V.-Infusion ist der einzige Applikationsweg, um exakt zu diesem Ergebnis zu kommen.

Das Schniefen einer Dosis, die man zum Highwerden verwenden würde, hat nicht denselben Effekt, genausowenig wie die subkutane Injektion oder die orale Aufnahme. Diese Anwendungsformen können nicht dieselbe Aufnahmerate ins Gehirn gewährleisten, außerdem umgehen sie nicht die Metabolisation, wodurch ein Anteil des Ketamins durch Umwandlung in andere Stoffe verlorengeht bzw. diese Stoffe können die erwünschte Ketaminwirkung verringern. Ketamin muss daher von einem spezialisierten Arzt intravenös verabreicht werden, daran führt kein Weg vorbei. Dennoch gibt es einige Ärzte, die Ketamin als Nasenspray anwenden lassen und manche Patienten erfahren zumindest eine teilweise Besserung ihrer Symptome. Die meisten Leute, die ich kenne, haben beides ausprobiert (unter ärztlicher Betreuung, nicht als Droge) und geben an, dass die Infusionstherapie deutlich effektiver ist.
"

Klingt alles fast zu schön um wahr zu sein und könnte, der ausgedrückten Begeisterung nach zu urteilen, auch aus einer US-amerikanischen Pharmawerbung stammen. Man kann sich aber sicher sein, dass dem nicht so ist, weil die Industrie wie erwähnt kein Interesse an der Vermarktung von Ketamin haben kann.

und:

"Yes, it seems barbaric that this treatment isn't available to the hundreds of millions of sufferers worldwide. Even in the US, where there is growing number of ketamine clinics, most doctors have never heard of ketamine treatment for depression, and those who have are very wary of offering it. Many of the leading US researchers actively discourage its clinical use. These attitudes are partly a result of ignorance, and also a reluctance to embrace the radical new pathophysiological model of depression that ketamine research has revealed. But the most common objection to using ketamine is "We haven't finished studying the long-term safety of repeated ketamine use." But I'm more interested in the consequences of NOT using ketamine: over a million suicides per year worldwide, and 350M living lives of misery that can hardly be called "living" at all."

Zu deutsch

"Ja, es ist irgendwie barbarisch, dass weltweit hunderte millionen Depressionsgeplagter nicht von der Ketamin-Behandlung profitieren können. Nichtmal in den USA, wo Ketamin-Kliniken auf dem Vormarsch sind, gibt es viele Ärzte, die diesen Weg der Depressionsbehandlung kennen, und die, die ihn kennen, sind noch sehr kritisch. Außerdem sind viele führende US-Forscher gegen den klinischen Einsatz von Ketamin, was einerseits deren Ignoranz zuzuordnen ist; andererseits lehnen viele auch das völllig neue pathophysiologische Depressionsmodell ab, das durch die Forschungen mit Ketamin zum Vorschein gekommen ist. Der häufigste Einwand gegenüber der Ketaminverabreichung zur Depressionsbehandlung ist allerdings: "Die Studien zu den Langzeitnebenwirkungen von Ketamin sind noch nicht abgeschlossen". Mich würde aber eher interessieren, mit welchen Konsequenzen man rechnen muss, wenn man Ketamin NICHT einsetzt: Mehr als eine million Suizide jedes Jahr, und 350 millionen Menschen, deren Zustand man nicht als "Leben" bezeichnen kann."

Auch aus den Angaben des oben zitierten Users geht nochmal hervor, wie entscheident der intravenöse Applikationsweg bzw. die richtigen Dosen sind, um eine antidepressive Wirkung zu erreichen. Der Arzt in Köln ist US-Amerikaner und scheint neben der sehr progressiven Berliner Charité der einzige deutschlandweit zu sein, der die Infusionen zur Off-Label- bzw. zur experimentellen Behandlung anbietet. Mannomann.

edit: Gerade entdeckt: Ketamine Advocacy Network (englisch).

Hier auch noch ein Link zu einem Artikel über einen US-amerikanischen Philanthropen (Scottsdale, AZ), der eine Medical Marijuana-Klinik und eine Ketamin-Klinik aus eigenem Vermögen aufgebaut hat: Gerald Gaines.
 
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theSplit

1998
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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Ich wünsche dir auf jeden Fall auch das Beste mit deiner Behandlung da ich auch selbst dazu neige depressiv zu sein, sollte selbst auch antidepressiva verordnert bekommen habe aber bis dato immer abgelehnt da ich andere Medikamente einnehmen muß die sich jetzt schon ein wenig in meinen Nieren- und Blutwerten wiederspiegeln; vom körperlichen abgesehen.

Von daher kann ich verstehen das du auf einen Erfolg mittels Ketamin baust und nach so langer Krankheit/Zeitpunkt der Diagnose und Therapien/Krankheitsverlauf würde ich dir das auch wünschen.

Eine Warnung, nicht zwingend aus medizinischer Sicht - sei achtsam das du nicht durch deinen Alltag fliegst. Ich kenne das selbst von psychopharmaka und man wird leicht von so einem Zustand abhängig weil man theoretisch einen Schlag ins Gesicht bekommen könnte und trotzdem darüber noch freudig strahlend lachen kann. Ich will dir das auch nur mit auf den Weg geben, nicht das du in einen Spirale kommst aus der es dann auch noch schwer sein wird wieder herauszukommen, falls es zu einer Abhängigkeit kommen würde. Traurigkeit/Erschöpfung oder Niedergeschlagenheit sind schließlich auch Zustände mit denen unser Körper zeigt das wir eventuell langsamer oder ruhiger machen sollten im Falle von negativem Stress oder Überbelastung durch etwas das uns quasi schockiert und Emotional mitgenommen hat.

Ich find es übrigens gut das du deine Erfahrungen hier so einfach schilderst, das gibt mit Sicherheit anderen Menschen die auch zu Depression neigen, auch gerade bei langer Krankheitsgeschichte, aufwind.
 

accC

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

@accC: Es muss letztlich aber auch bemerkt werden, dass Antidepressiva, Neuroleptika etc. ebenfalls Nebenwirkungen haben, die das Leben nicht unerheblich einschränken können.
Klar, ungefähr alle Medikamente haben Nebenwirkungen, je stärker die Wirkung, desto größer/ mehr erwartungsgemäß die Nebenwirkungen. Es ist eine individuelle Abwägungssache. Ich wollte die Kritik lediglich deswegen erwähnen, weil es bisher nicht zur Sprache gekommen ist, aber ein wesentlicher Bestandteil einer seriösen Aufklärung über Ketamin als Medikament sein sollte, auch negative Wirkungen zu erwähnen.


Bedenklich finde ich aber, dass du angibst, dass die Ketamin-Depressionsbehandlung eine PTBS induzieren kann - aktuelle Untersuchungen zeigen genau das Gegenteil. Hast du eine Quelle dafür?

Wikipedia bzw. M. Schönenberg, U. Reichwald, G. Domes, A. Badke, M. Hautzinger: Effects of peritraumatic ketamine medication on early and sustained posttraumatic stress symptoms in moderately injured accident victims. In: Psychopharmacology. Band 182, Nummer 3, November 2005, ISSN 0033-3158, S. 420–425, doi:10.1007/s00213-005-0094-4, PMID 16012867

Psychopharmacology (Berl). 2005 Nov;182(3):420-5. Epub 2005 Oct 19.[h=1]Effects of peritraumatic ketamine medication on early and sustained posttraumatic stress symptoms in moderately injured accident victims.[/h]Schönenberg M1, Reichwald U, Domes G, Badke A, Hautzinger M.
[h=3]Author information[/h]


[h=3]Abstract[/h][h=4]RATIONALE:[/h]Ketamine, an N-methyl-D: -aspartate receptor antagonist, produces transient dissociative and psychotic states in healthy humans that resemble symptoms shown by subjects with acute and chronic posttraumatic stress disorder (PTSD). Since ketamine is widely used as an analgesic and sedative in emergency care, it might be one factor triggering, modulating, or exacerbating PTSD in accident victims when given in the acute trauma phase.
[h=4]OBJECTIVES:[/h]The purpose of the present study was to determine whether the peritraumatic administration of ketamine affects acute and sustained PTSD symptoms in accident victims.
[h=4]METHODS:[/h]A sample of 56 moderately injured accident victims was screened retrospectively for acute (Peritraumatic Dissociative Experiences Questionnaire; Acute Stress Disorder Scale) and for current PTSD symptoms (Impact of Event Scale) approximately 1 year postaccident. All subjects had received a single or fractionated dose of either racemic ketamine (n = 17), (S)-ketamine (n = 12), or opioids (n = 27) during emergency ambulance transportation.
[h=4]RESULTS:[/h]Retrospectively assessed acute symptomatology was strongly increased in (S)-ketamine subjects in terms of dissociation, reexperiencing, and avoidance, and slightly heightened in racemic ketamines. Current PTSD symptoms were substantially elevated in (S)-ketamine subjects, while there was no difference observed between opioids and racemic ketamines. Medication groups did not differ in regard to demographic variables, previous or postaccidental traumatic events, time between accident and investigation, and injury severity.
[h=4]CONCLUSIONS:[/h]The data provide first evidence for a modulating effect of a single-dose ketamine on the severity and duration of posttraumatic stress symptoms in accident victims.


PMID: 16012867 [PubMed - indexed for MEDLINE]


- http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16012867?dopt=Abstract

Auf deine Quelle kann ich nicht zugreifen ohne einen Account.



Achso, solche Einzelerfahrungsberichte mögen zwar zum Teil wirklich toll klingen, allerdings sollte man da nicht unbedingt viel drauf geben.
Was bringt dir ein 1:10.000.000 Ausnahmefall und das auch nur im Netz, wo du nicht mal prüfen kannst, ob das so stimmt, wie angegeben?
 

Gast

Guest

G
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  • #10
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

@accC:

Hast du mehr als die Conclusion der von dir zitierten und verlinkten Studie gelesen? Für die Studie wurden die symptomatischen Auswirkungen von Opioiden und Ketamin (als sofortwirksame Analgetika) auf 56 Unfallopfer mit akuten Traumata untersucht und miteinander verglichen. Man wollte herausfinden, ob Ketamin gegenüber Opioiden bei der akuten Schmerzbehandlung von Unfallopfern ein günstigeres Nebenwirkungsprofil gegenüber Opioiden hat. Das Ergebnis des Ketamins hatte übrigens keinen signifikanten Vorteil gegenüber den Opioiden. Die Studie hat überhaupt nichts mit Ketamin zur Depressionsbehandlung, noch mit der symptomatischen Behandlung von PTBS zu tun und ist für dieses Thema völlig unbrauchbar.

Auf Wikipedia steht es sogar deutlichst: "Ketamin als Notfallmedikation kann das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung erhöhen."

Bei Ketamin zur PTBS-Behandlung handelt es sich halt nicht um analgetische Dosen, die man Unfallopfern mit stärksten Schmerzen verabreichen würde, das ist ein ganz anderer Behandlungsweg mit einem anderen Nebenwirkungsprofil. Ähnlich verhält es sich ja mit der Flourid-Anreicherung des Wassers, wo manche Menschen aufschreien vor Angst, dass sie lebensgefährlich vergiftet werden. Über diesen Link solltest du die o.g. Studie übrigens abrufen können.

Achso, solche Einzelerfahrungsberichte mögen zwar zum Teil wirklich toll klingen, allerdings sollte man da nicht unbedingt viel drauf geben.
Was bringt dir ein 1:10.000.000 Ausnahmefall und das auch nur im Netz, wo du nicht mal prüfen kannst, ob das so stimmt, wie angegeben?

Natürlich sind Statistiken für den Einzellfall nicht entscheidend. Das ist eine immerwährende Regel. Die 150 Menschen, die kürzlich bei einem Germanwings-Flug ums Leben gekommen sind, waren statistisch gesehen während des gesamten Fluges so sicher, wie es nur geht.

Es handelt sich aber, wie mehrfach erwähnt, nicht um Einzelfälle, sondern um einen Löwenanteil (mindestens 2/3) therapieresistenter Depressionspatienten, die auf Ketamin reagieren. Wie du auf den Ketamin-Responder-Wert von 0,0000001 % kommst, müsstest du bitte erklären oder belegen, er ist nämlich nicht zutreffend: Die oben verlinkten Studien (und mittlerweile zahlreiche andere) belegen etwas ganz anderes. Die persönlichen Erfahrungsberichte habe ich verlinkt, um das subjektive Behandlungserlebnis greifbarer zu machen. Als wissenschaftliche Belege können sie natürlich nicht dienen.
 
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accC

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Hast du mehr als die Conclusion der von dir zitierten und verlinkten Studie gelesen? Für die Studie wurden die symptomatischen Auswirkungen von Opioiden und Ketamin (als sofortwirksame Analgetika) auf 56 Unfallopfer mit akuten Traumata untersucht und miteinander verglichen. Man wollte herausfinden, ob Ketamin gegenüber Opioiden bei der akuten Schmerzbehandlung von Unfallopfern ein günstigeres Nebenwirkungsprofil gegenüber Opioiden hat.
Es ist doch unerheblich, was man eigentlich untersuchen wollte, wenn nun mal ein gewisses Ergebnis auftritt, dann muss ich mit diesem Ergebnis leben.
Wenn du nachweisen möchtest, dass die Geschwindigkeit beim Autofahren in keinem Zusammenhang mit der Unfallwahrscheinlichkeit steht und du eine seriöse Studie durchführst und dann zum Schluss kommst, dass es offensichtlich doch einen Zusammenhang gibt, dann mag es korrekt sein, dass du etwas anderes zeigen wolltest und dass dein Studienergebnis deiner Hypothese widerspricht. Mit dem Ergebnis, dass es diesen Zusammenhang gibt, musst du aber dennoch leben.

Current PTSD symptoms were substantially elevated in (S)-ketamine subjects
Bitte übersetze diesen Satz.

Auf Wikipedia steht es sogar deutlichst: "Ketamin als Notfallmedikation kann das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung erhöhen."

accC schrieb:
Abgesehen davon kann Ketamin das Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung erhöhen.
Der Punkt ist, es ist möglich, mehr steht nicht in meiner Aussage und das deckt sich mit dem, was Wikipedia sagt.

Wie du auf den Ketamin-Responder-Wert von 0,0000001 % kommst, müsstest du bitte erklären oder belegen (...) Die persönlichen Erfahrungsberichte habe ich verlinkt, um das subjektive Behandlungserlebnis greifbarer zu machen. Als wissenschaftliche Belege können sie natürlich nicht dienen.
Gar nicht, es war ein rein aus den Wolken gegriffenes Verhältnis, das lediglich verdeutlichen sollte, dass aus Einzelberichten keine Allgemeinheiten abgeleitet werden können. Studien funktionieren nicht so, dass du die subjektiven Erfahrungen von zwei Leuten, die du irgendwo im Internet gefunden hast, auflistest und daraus ableitest, dass es immer so sein muss. Deshalb finde ich es bedenklich, dass du hier die Erfahrungsberichte Einzelner so hervor hebst.
 

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  • #12
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Es ist doch unerheblich, was man eigentlich untersuchen wollte, wenn nun mal ein gewisses Ergebnis auftritt, dann muss ich mit diesem Ergebnis leben.

Du hast nicht verstanden, welche Bedeutungen welche Signifikanzen in welchem Setting haben. Ich sehe deshalb leider auch keinen Sinn mehr darin, mit dir zu diskutieren, da ich auch den Eindruck habe, dass es dir gar nicht vordergründig ums Thema geht.

Allen anderen Lesern kann ich weiterhin versichern, dass aktuell keine klinischen Hinweise bestehen, dass I.V.-Ketamin zur Depressionsbehandlung eine PTBS induzieren kann - es sei denn, man begibt sich schwerverletzt mit akutem Unfalltrauma in die Depressionsbehandlung und erhält eine analgetische Ketamin-Dosis i.v. ;)
 
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accC

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Es war nicht die Rede von auslösen, sondern davon sie zu verstärken. Das steht so in der zitierten Studie, auf Wikipedia und ich habe es hier so zu Wort gebracht. Dass du mir nicht glauben möchtest, meinetwegen, aber dass du die Studie als nichts aussagend darstellst, obwohl sie ja offensichtlich dieses Ergebnis zeigt, halte ich für bedenklich. Ganz abgesehen davon, dass es absolut kein Grund ist, mich hier dumm anzumachen.
Offensichtlich ist dir aber egal, was gesagt wird, solange es keine Kritik ist. Du trittst hier sehr werbend für diese Substanz auf, meinst du nicht auch? Man sollte meinen mit deinen Problemen hättest du besseres zu tun, als hier für eine durchaus strittige Substanz zu werben.
 

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  • #14
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Es war nicht die Rede von auslösen, sondern davon sie zu verstärken.

Hm, na also gut - wenn es dir tatsächlich nur darum ging, darauf hinzuweisen, dass die o.g. Studie gezeigt hat, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass Ketamin bei akut unfalltraumatisierten Schmerzpatienten akute Traumasymptome verstärken kann - ja, so haben die Autoren der o.g. Studie geschlussfolgert. Davon lässt sich aber eben nicht ableiten, dass dies bei der Depressionsbehandlung, deren Studiendesign einfach diametral anders ist, auch der Fall sein muss. Und wie gesagt - klinische Hinweise darauf existieren bislang nicht. Das sollte jedem, der weiß, wie klinische Untersuchungen zu interpretieren sind, einleuchten.

Offensichtlich ist dir aber egal, was gesagt wird, solange es keine Kritik ist.

Die von Wikipedia stammende Liste von Nebenwirkungen, die die Substanz in einschlägigen Dosen und bei bestimmten Applikationsformen, Vorerkrankungen oder Dispositionen haben kann, hab ich doch stehen- und geltenlassen? Meines Erachtens hat hier niemand etwas gegen Kritik an der Substanz selbst, allerdings ist es halt mühselig, wenn die Diskussion aufgrund unterschiedlicher Evaluationsweisen etwas asymmetrisch gelagert ist: Man müsste von der Wiege an erklären, dass und weshalb es bei Substanzen einschließlich unerwünschter Wirkungen ein sehr weites Wirkungsspektrum gibt, dass seinerseits von der Vielzahl der Applikationsformen, Indikationen, Dosen, dem Zeitpunkt der Gabe, pathophysiologischen Voraussetzungen, Komorbiditäten abhängt und so weiter, und dass diese Faktoren eben je nach Studiendesign berücksichtigt oder nicht berücksichtigt werden. Sowas kann man doch selber nachlesen, wenn man auf dem Niveau diskutieren will.

Eigentlich ging es ja darum, dass Ketamin eine lebensrettende Therapiemöglichkeit bei therapierefraktärer Major Depression sein könnte. Ich glaube, es ist unstrittig, dass ein großer Teil dieser Kohorte viele, viele Nebenwirkungen billigend in Kauf nehmen würde, wenn nur etwas hilft. Einfach mal jemanden fragen, der unter MJ leidet oder suizidal ist. Und wie gesagt, in den therapeutischen Dosen zur kurzfristigen AD-Behandlung sind die Nebenwirkungen vorübergehend und nur bei entsprechenden Vorerkrankungen oder bei entsprechender Aktivität (Bedienen schwerer Maschinen, Teilnahme am StV) gefährlich.

Ich werde auf jeden Fall dranbleiben und berichten. Möglicherweise wirkt es bei mir ja gar nicht, was an meiner Begeisterung für diese vielversprechende Therapiemöglichkeit aber nur bedingt etwas ändern würde.

Liebe Grüße
 
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accC

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Sei einfach vorsichtig, was du dir geben lässt. Je mehr einem versprochen wird, desto vorsichtiger sollte man sein.
 

Nachtschatten

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

In der Medizin gab und gibt es immer wieder Berichte über Wunderheiler, Wunderheilungen und Wundertherapien. Die Leute mögen das wie die kalte Fusion. Um den Leitlinientanker aus der Bahn zu bringen ist das zu wenig.

Ketamin wird bisweilen in der Intensivmedizin eingesetzt, weil es im Gegensatz zu Opiaten keine Kreislaufdepression erzeugt. Wegen der gräßlichen Alpträume wird es in der Regel mit einem Benzo kombiniert.
 

Seonendseounli

Dummes Zeug

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

@Mitch Ryder: Ich finde es auf jeden Fall sehr interessant, das du uns quasi "live" an deinem Experiment teilnehmen lässt. Ich denke dir ist bewusst das es da viele Unabwägbarkeiten gibt, ich für meinen Teil drücke dir die Daumen das die Behandlung anschlägt. In diesem Sinne,
Turn up! :T
 

Gast

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  • #18
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Hey Board,

schon morgen Nachmittag wird mein erster Termin sein, hat man mir vorhin mitgeteilt. Die Anschlussternine folgen alle ebenfalls in Kürze. Mein Flug ist verschoben.

Bin echt gespannt und versuche, mit den Hoffnungen objektiv zu bleiben.

Werde berichten.
 
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  • #19
Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Update: Ich hatte also heute meinen ersten Termin bei besagtem Anästhesisten, der die Ketamin-Infusionen anbietet. Er ist ausgesprochen nett. Der heutige Termin stellte sich allerdings als Vorgespräch heraus. Er möchte gerne vor der ersten Infusion nochmals Rücksprache mit dem Hausarzt halten, den hat er um 16:00 Uhr nicht mehr telefonisch erreichen können. Ich gehe davon aus, dass er sich morgen mit ihm kurzschließen wird, er sagte, dann sei auch ein spontaner Termin möglich.

Insgesamt war der Arzt bedacht darauf, die Ketamin-Sache nüchtern und objektiv zu betrachten und zu behandeln, er bestätigte allerdings die hohe Response-Quote, bei ihm sprechen 80 % auf die Infusionen zur Depressionsbehandlung überhaupt an; von denen, die nicht wie (von den Patienten) erhofft auf die Infusionen ansprechen, breche aber ein bestimmter Teil schon vor der zweiten Infusion enttäuscht ab. Er betonte auch mehrmals, dass man keine Wunder erwarten sollte und dass es z.T. auch vor allem für diejenigen Patienten heikel sei, die akut suizidal sind und keine große Wirkung verspüren, angesichts der Enttäuschung über die ausgebliebene oder geringe Wirkung und der evtl. unberechenbaren Konsequenzen...

Er empfiehlt zudem, die Ketamin-Therapie mit einem konventionellen Antidepressivum (SSRI/SSNRI etc.) zu augmentieren, auch, wenn diese auf andere Rezeptorsysteme wirken und sich diese in erster Instanz als wirkungslos herausgestellt haben. Ich habe jetzt gar nicht mehr weiter nachgefragt, wieso. Ihm war es besonders wichtig, dass die Ketamin-Infusionen nicht die Primärtherapie darstellen, sondern dass sie in ein Behandlungskonzept integriert werden, das heißt, bspw. Psychotherapie + Ketamin + SSRI.

Ich habe ihn direkt danach gefragt, wie er die antidepressive Wirkung von Ketamin gegenüber Placebo einschätzt, und er sagte ganz klar, dass Ketamin seiner Erfahrung nach deutlich überlegen sei. Insgesamt war ich ca. eine dreiviertel Stunde in der Sprechstunde.

Ich gehe also davon aus, dass der erste Infusionstermin nun in dieser Woche stattfinden wird. Werde weiter berichten.

edit: Der Anästhesist hat mir soeben zurückgemeldet, dass er mit meinem Hausarzt telefoniert hat und dass dieser grünes Licht gegeben hat. Die erste Infusion wird morgen (Mittwoch) um 13 Uhr stattfinden. Echt nett, dass die beiden das noch so kurzfristig geklärt haben, beide haben eigentlich gerade Freizeit.

Lieben Gruß
 
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Kokser

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Re: Ketamin gegen Depressionen - ein Experiment

Ich habe eben auf dem Uniserver mal ein paar Veröffentlichungen durchgeklickt, die die (Akut)Behandlung von Therapierefraktären Depressionen relativ positiv sehen, mit den bereits angesprochenen Ungereimtheiten. Es kann wohl auch intranasal verabreicht werden. Die meisten Studien sind aber, wie bereits erwähnt, eher auf die akuten und weniger die langfristigen Effekte bedacht.
Vielleicht wird bei dir deshalb auch sicherheitshalber die Kombination mit konventionellen ADs versucht.
 
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