Danke für diesen informativen Beitrag
@musv:. Habe mich seitdem eingelesen und etwas schlau gemacht.
Die Sache ist noch längst nicht vom Tisch und die "Bewegung" wird wohl bald einen Skandal sondergleichen auslösen.
Die Finanznews aus Zürich bringt es m.E. auf den Punkt:
[Zitat Anfang]
Mother Of All Short Squeezes
Die „Meme“-Aktie AMC schiesst gerade durch die Decke und könnte zu einem Beben an den Börsen führen. Die SNB steckt mitten drin.
MOASS (Mother Of All Short Squeezes) ist ein Hype, der gerade um die Welt geht, wobei offensichtlich in der Schweiz das Thema unter dem Radar bleibt. Was geht hier ab?
Im Fokus stehen Meme-Aktien, welche bei Millenials im Trend liegen und stark schwanken. Nach Gamestop geht es nun um die meist geshortete und gehypte Aktie der Welt – die AMC Entertainment.
Wer ist AMC Entertainment? Kurz: Es handelt sich um die grösste Kinokette der Welt, die vor der Pandemie schon in finanzieller Schieflage war und durch diese chronische Krise noch mehr gelitten hat.
Warum? Weil Hedgefunds die Aktie lange Zeit heftig geshortet (auf sinkenden Aktienkurs setzen) haben und damit das Unternehmen in die Pleite treiben wollten. Dies, während die Hedgies damit sehr viel Geld verdienten.
Das hat so nicht geklappt. Nun geht die Reise in die andere Richtung. Der Kurs von AMC explodierte in diesen Tagen. Jetzt beginnt auch die grosse Presse sich dafür zu interessieren, wie ein Bericht in der Financial Times zeigt.
Es begann Mitte 2020. Da hatte ein Trader namens Roaringkitty (Wallstreetbets) auf Reddit eine riesige Community von Retail Tradern aufgebaut, die massiv in die Gamestop-Aktie investiere.
Dadurch hat das Shorting der Hedgies plötzlich nicht mehr funktioniert. Ziel war es, einen Shortsqueeze zu erreichen – und das hat im Januar 2021 auch stattgefunden.
Der Gamestop-Kurs ist von 19 auf 350 US-Dollar hochgeschossen, was den US-Hedgefund Citron Research und besonders Melvin Capital in grosse Not brachte.
Melvin hatte die Aktie so sehr geshortet, dass er vom grössten Hedgefund in den USA, der Citadel LLC, eine Finanzierung von 2,75 Milliarden erhielt.
Genützt hat es nichts, weil Melvin offenbar zu viele Shorts am Laufen hatte. Gemäss Informationen auf Reddit hatte Melvin vor dem Squeeze rund 20 Milliarden Dollar unter Management und musste im ersten Quartal 2021 einen Verlust von 49% hinnehmen.
Seitdem ist deren Website offline.
Ein Short Squeeze ist ein Ausnahmezustand an der Börse, bei dem der Kurs einer Aktie binnen kurzer Zeit extrem steigt. Möglich ist dies bei Aktien, bei denen Shortseller zuvor im grossen Stil mithilfe von Leerverkäufen auf fallende Kurse spekuliert haben.
Erkennen genügend Anleger und Investoren, dass es eine grosse Zahl an Short-Positionen gibt, die Aktie also geshortet ist, können sie durch den gezielten Kauf der Aktie ihren Preis in die Höhe treiben.
Auf diese Weise können sie die Leerverkäufer dazu zwingen, ihre Wetten auf den Kurssturz zurückziehen, um kein Geld zu verlieren. Im Deutschen spricht man in Fachkreisen auch davon, dass die Shortseller ihre Leerverkäufe“glattziehen“ müssen.
Nacktes Leerverkaufen („Naked short“) ist fast überall eine illegale Praxis, während Shorts an den weltweiten Handelsplätzen unterschiedlich reguliert sind.
Normalerweise müssen Händler eine Aktie leihen oder feststellen, dass sie geliehen werden kann, bevor sie sie leer verkaufen. Trotz dieser Vorgabe kann eine Leerverkaufsdruck auf eine Aktie entstehen, der grösser sein kann als die handelbaren Aktien auf dem Markt.
Die entscheidende Frage lautet nun: Wird AMC die Mutter aller Shortsqueezes?
Vielleicht, vielleicht oder aber auch nicht. Nachdem der Gamestop-Squeeze passiert war, haben die Anleger gelernt, dass man, durch einen Hinzukauf und das Halten der Aktie den Preis immer weiter in die Höhe treiben kann.
Dies ist der Fall, weil die Hedgefunds ihre Shortpositionen irgendwann decken müssen. Dazu braucht es nur genügend Retail-Traders, die kaufen.
Hodl’n (Hold the Line), Nerven aus Stahl, Geduld – so die Losung.
Genau diese Taktik wenden im Moment weltweit über 3 Millionen Retail-Traders bei der AMC Entertainment Aktie an, während der grösste US-Hedgefund Citadel und andere in blanke Panik geraten sind.
Zu erwähnen ist, dass Citadel der grösste Marketmaker der USA ist, über welchen die meisten Trades laufen.
Der CEO von AMC, Adam Aron, der natürlich die Schulden von AMC zurückzahlen muss, wollte am 4. Mai eine Generalversammlung durchführen, bei der er zu den bestehenden 450 Millionen Aktien weitere 500 Millionen Stück beantragt hatte.
Da rund 80% der Aktien in den Händen von Retail-Tradern sind und diese mit jener sogenannten Dilution (Gewinn-Verwässerung durch die neuen Titel) nicht einverstanden waren, nahm er diesen Punkt von der Traktandenliste, was bei den Hedgies zu noch grösserer Panik führte.
Ein wirklich cleverer Zug von CEO Aron, der zu 100% hinter allen „Apes“ (Retail-Tradern) steht und regelmässig zu ihnen spricht. Schliesslich hat er die geplante Aktionärsversammlung im Mai abgesagt und auf Ende Juli verschoben.
Aktuell werden alle echten Aktien (nicht Naked Shorts) gezählt, und am 2. Juni wird man wissen, wie viele Naked Shorts in etwa real im Umlauf sind.
Man munkelt in den USA, dass es zwischen 1 bis 2 Milliarden Stücke sein sollen, was für die Hedgefunds eine blanke Katastrophe wäre.
Wenn nämlich die Retail-Trader weiter hinzukaufen und sich namentlich durch die massive „Negativ“-Einmischung von Medien wie CNBC, Motley Fool, Fox News sowie Moderatoren wie Jim Cramer oder Hedgefund-Manager Rich Greenfield nicht verunsichern lassen und ihre Aktien halten (HODL), ist es möglich, dass die Aktie, wie beim VW-Shortqueeze 2008 (1’000 Dollar pro Aktie) ebenfalls in den Himmel schiesst.
Dies, weil die Hedgies ihre Shortpositionen zwingend decken müssen. Je länger die Retail-Trader ihre Aktien auch während dem Squeeze halten statt verkaufen, desto höher kann der Preis steigen.
Bei Reddit, wo die „Apes“ sich austauschen, war die Stimmung so, dass man vor ein paar Monaten von einem möglichen Floor von 1’000 Dollar sprach.
Durch die vielen phänomenalen Berichte von brillanten Analysten im Forum wird inzwischen von einem Floor von 10’000 oder sogar 100’000 Dollar pro Aktie gesprochen.
Das klingt alles völlig verrückt, aber unmöglich ist es nicht, wenn die Investierten während einem Shortsqueeze nicht zu früh verkaufen.
Genau davor haben die Hedgies in den USA panische Angst. Seit einigen Wochen fluten Bots, welche die Anleger verunsichern und zum Verkaufen animieren sollen – über Reddit, Twitter und Youtube.
In diesem Ausmass noch kaum je gesehen. Das Dumme ist nur, dass dies nicht funktioniert, weil die Community dermassen gut zusammen hält, dass die zahlreichen „Ladder-Attacks“ keine Folgen zeigen.
Jetzt kommt auch noch die SEC (Securities and Exchange Commission) ins Spiel mit ihrem neuen Chairman, Gary Gensler, der den Gamestop-Vorgang genau beobachtet hatte und nun erste Änderungen bei den Spielregeln für die Hedgies einführt, die das Shorten sehr viel schwieriger machen sollen.
Beim kürzlichen Kongress-Hearing erwähnte Gensler, er wolle mehr Fairness und Transparenz für die kleinen Anleger schaffen. Das entspricht in etwa genau dem Gegenteil, was die Hedgefunds wollen.
Wer sind die Anleger bei AMC? Jetzt wirds spannend: Über 80% der Aktien gehören den Retail-Tradern weltweit, wie schon beschrieben. Inzwischen erhöhen auch grosse institutionelle Anleger wie Blackrock, Fidelity, Vanguard und viele mehr ihre Positionen.
Dies würden sie vermutlich nicht tun, wenn sie „on a dead cat“ setzen wollten.
(Foto Marketbeat – AMC Institutional Ownership – 10. Mai 2021)
Betrachtet man obige Auflistung der institutionellen Anleger, gerät man ins Staunen: Auch die Schweizerische Nationalbank ist mit 195’641 Anteilen investiert.
Wenn man nochmals genau hinsieht erkennt man, dass die SNB ihre Position am 7. Mai um 50% erhöht hat.
Offenbar, so wird das bei Reddit von klugen Köpfen beschrieben, ist auch die Credit Suisse mit im Spiel – allerdings als einer der grossen Leerverkäufer (weil das in der Schweiz erlaubt ist).
Das wird gefährlich, denn sollte dieser Short-Squeeze tatsächlich passieren, dann könnte das für die CS unter Umständen böse ins Auge gehen.
Der Archegos-Fall liegt nicht weit zurück. Das hat die CS ein paar Franken gekostet, nun soll die US-Justiz am Ermitteln sein, wie US-Medien soeben berichtete. Die CS wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern.
Wie geht’s weiter? Das weiss niemand, aber die Stimmung in den USA ist derart „heiss“, dass einzelne Retail-Trader inzwischen Flugzeuge mit riesigen Werbebannern mieten, mit denen sie AMC bewerben und das in New York, Chicago und Kalifornien.
Hodl’n (Hold the Line) statt Pizzabestellung
Die „Apes“ lieben AMC – und haben es tatsächlich vor einer möglichen Pleite gerettet. So spannend war‘s noch nie im Affengehege.
(Obiger Text stammt von einem Schweizer Berater, der selbst in Aktien mit grossen Ausschlägen investiert. Es folgt eine alternative Sichtweise eines Schweizer Anlageprofis mit langer Karriere auf dem hiesigen Bankenplatz.)
Was in meinen Augen ablief war ein Gamma Squeeze, und dahinter stecken nicht Joe Six Pack, sondern – Hedgefunds und Investment Banken.
Ein Titel hat einen fairen Wert. Liegt der Kurs massiv darüber, wetten Investoren auf fallende Kurse, indem sie Titel ausleihen und am Markt verkaufen in der Hoffnung, sie zu einem tieferen Zeitpunkt zurückzukaufen.
Ein Short-Squeeze wird dann ausgelöst, wenn der faire Wert plötzlich höher ausfällt als erwartet. Wird der Squeeze nur durch eine Internetcommunity-Kaufhysterie ausgelöst und nicht durch fundamentale Änderungen, dann wäre er nicht von langer Dauer.
Irgendwann kommt wieder jemand und shortet, oder derjenige, der 10 Prozent tiefer gekauft hat, will seine Gewinne nun realisieren.
Weshalb ein Gamma-Squeeze? Bei diesen Aktien waren ausserordentlich viele Optionen ausstehend. Das Delta beschreibt die prozentuale Veränderung im Preis dieser Optionen, wenn sich die Aktie um ein Prozent verändert.
Investmentbanken betreiben Delta-Hedging. Reagiert eine Call-Option beispielsweise mit einem Faktor von 2 auf Aktienkursveränderungen, sichert sich die Bank mit 2 Aktien ab, um ihrer zukünftigen Verpflichtung nachzukommen.
Das Gamma beschreibt nun die Veränderung des Deltas, wenn sich der Kurs bewegt. In sämtlichen Fällen, am meisten bei Gamestop, stieg das Gamma stark.
Damit der Hedge aufrecht erhalten werden kann, müssen noch mehr Aktien gekauft werden, was den Aufwärtsdruck zusätzlich verschärft.
Dieser Effekt übersteigt den Short-Squeeze-Effekt.
Es gab wohl Investmentbanken, die massiv Kasse machten. Sie liehen Aktien den Melvins und Konsorten (aus Kundenbeständen und ETFs), kauften Puts und emittierten gleichzeitig Calls.
Durch die Verkäufe der Melvins sanken die Titel und die – nennen wir sie die Goldmans – mussten weniger Delta-Hedging betreiben und konnten zusätzlichen Verkaufsdruck ausüben.
Nun war es an der Zeit, Calls zu kaufen und den Gamma-Squeeze auszulösen. Mit den Aktien der Leihe deckte man selber das Gamma.
Dieser Mecano dürfte eine „Stärke“ der US-Investmenthäuser sein. Das funktioniert, wenn man einen unbeschränkten Shortpool an Aktien zur Verfügung hat und das ganze Handelsbuch kennt (Long-Short-Volumen).
[Zitat Ende]
Quelle
Gruß
Baer