Kokser
Humanistischer Misanthrop
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Julian (Ryan Gosling) ist ein Englishman in Bangkok. Hier hält er sich versteckt, nachdem er seine englische Heimat aufgrund schwerer Drogendelikte fluchtartig verlassen musste. Dem Drogenhandel ist er aber auch in Thailand treu geblieben, den er hinter der Fassade eines Thai-Box-Club-Besitzers zusammen mit seinem Bruder Billy (Tom Burke) weiterhin betreibt. Von hier aus unterhält er florierende Verbindungen nach London, wo seine Mutter Jenna (Kristin Scott Thomas) die Ware über ihr Mafia-Matriarchat vertreibt. Als Billy zwischen die Fronten eines Drogenkrieges gerät und ermordet wird, kommt Jenna persönlich nach Bangkok, um den Leichnam nach London zu überführen und den Vergeltungsschlag zu initiieren. Von seiner eiskalten Mutter zunächst als Vollstrecker instrumentalisiert, erkennt Julian, dass es auch ein Leben jenseits des Rachepfades geben muss.
Uff. Was war das denn. Da weiß man gar nicht wo man anfangen soll.
Nicolas Winding Refn versucht sich an einer gewalttätigen Fabel, spielend im modernen Thailand. Die Story passt problemlos auf ein Kaugummipapier, ist aber auch nicht Sinn der Sache. "Only God Forgives" ist eine Stilübung des Directors.
Wer Spaß an schönen Sets und guter Kameraführung hat, der kann sich hier die Augen aus dem Kopf schauen. Er sollte allerdings mit einer ordentlichen Portion Genügsamkeit gesegnet sein, was Slow-Motion Effekte angeht. Hier werden teilweise auch ohne tieferen Sinn, Szenen bis an den Rand der Schmerzgrenze ausgefilmt. Und bereits nach kurzer Zeit fragt man sich, ob Ryan Gosling vor dem Dreh eine Überdosis Schlaftabletten eingeführt wurden. Was bei "Drive" noch funktionierte und eine geheimnisvolle Aura aufbaute, wirkt hier sehr schnell wie stumpfe Einfallslosigkeit.
Auch einige der anderen Charaktere schlurfen mehr durch die Gegend als man nach einiger Zeit noch zu ertragen gewillt ist. Manche davon erfüllen noch nicht einmal eine Funktion, etwa Julian's "Freundin".
Aufgepeppt wird das ganze teilweise durch arg brutale Gewaltausbrüche, deren grafische Drastik einzig und allein dem Zweck dient, in einer weiteren Kameraeinstellung die blutig befleckten Wände, cineastisch schön in Szene gesetzt, darstellen zu können. Eine infantile Spielerei Refn's. Style Over Substance².
Der Film orientiert sich eindeutig an großen Vorbildern wie Lynch, Jodorowsky (im Abspann erwähnt) oder Gaspar Noe (der sogar mitgewirkt hat). Leider erreicht er auf Grund der banalen Rachestory, die vor allem asiatische Regisseure wie Takashi Miike, Johnny To, Takeshi Kitano, Kim Jee-Won oder Park Chan-Wook bereits ähnlich stilvoll und inhaltlich bedeutender umgesetzt haben, nie das Niveau seiner Vorbilder und muss sich damit den Vorwurf alten Weins in neuen Schläuchen gefallen lassen.
Zwar bietet sich im Anschluss einiges an Gesprächsstoff (für diejenigen, die nicht vorzeitig gegangen oder eingeschlafen sind), doch auch hier hält sich der Ermessensspielraum in relativ engen Grenzen.
Only God Forgives ist ein Film, der die Massen verstört zurücklassen wird und das Arthouse-Publikum unterfordert. Ein Film ohne echte Zielgruppe.
PS: Diskussionen/Interpretationen äußerst erwünscht. Ich halte mich mal noch zurück.