Zuerstmal: Freiwillige Feuerwehr in der Großstadt unterscheidet sich (wenn eine BF vorhanden ist, sonst ists ja wohl keine Großstadt) etwas arg vom Land. Ich kann jetzt nur für München sprechen, aber was ich so von Kameraden mitbekomme, läut das in Essen etc. ähnlich:
Die FF einer Großstadt ist Unterstützung für die BF, da diese oft aufgrund der stärkeren Zentralisierung nicht in der vorgeschriebenen Hilfsfrist am Einsatzort sein kann (10 Minuten nach Alarmierung), oder bei größeren Schadenslagen nur begrenzte Kräfte stellen kann. Daraus folgt, dass wir nicht nur anders vorgehen (nämlich nach BF-Standards), sondern effektiv auch das leisten können müssen, was die BF leistet (mit Abstrichen, aber im Prinzip). So sind meist die weiterführenden Ausbildungen (Atemschutz, Maschinisten, Unwetter, THL Schiene/PKW/LKW/Tunnel/Gefahrgut...) wesentlich anspruchsvoller (und dauern auch länger) als auf dem Land, oder sind überhaupt nur in der Stadt anzutreffen. Dazu kommt, dass man im Gegensatz zu ländlichen Gegenden wesentlich mehr Einsätze fährt, und der Prozentsatz an "Scheißdreck"-Einsätzen (BMA-Fehlalarme etc.) ungemein höher ist.
Es hat aber ungemeine Vorteile: Fahrzeug- und Gerätewartung bzw. -bereitstellung erfolgt eigentlich immer durch die BF, daher ist man meist mit sehr gut gewarteten Gerätschaften unterwegs, ohne sich selbst groß drum kümmern zu müssen. Außerdem sind die Lehrmittel (da oftmals auch BF) besser und umfangreicher (wir haben zum Beispiel eine eigene fest verbaute Brandsimulationsanlage, die wir jederzeit buchen können, haben gute Kontakte in die Universitäten, die Verkehrsbetriebe etc.). Gerade die Kontakte ermöglichen oft Übungssituationen, die man sonst nirgends organisiert bekommt (wie etwa Gefahrgutübungen in Laboren, Schienenübungen an Bahnhöfen, Unwetter-/Baumfällübungen im städtischen Forst etc.). Außerdem, und das ist ein kleiner Bonus für uns, haben wir im Gegensatz zur BF auch andere Jobs und damit teilweise höheres Fachwissen für einzelne Einsatzsituationen, was die BF natürlich auch nutzt. Ein LKW-Mechatroniker hat nunmal bei Unfällen mit LKWs das höhere Fachwissen - wie soll die BF das denn auch übertrumpfen. Außerdem gilt bei uns die Devise: First come, first serve. Wenn wir, wie am Wochenende grad geschehen, zuerst am Einsatzort sind, dann unterstützt die BF halt uns, und nicht umgekehrt. Außerdem läuft bei längeren Einsätzen sofort die Versorgungsmaschinerie der BF an; anfängliche Mängel (Wasser, Atemschutzgeräte, Essen, ...) werden sehr schnell im Overkill-Verfahren ausgeglichen. Abgesehen davon, dass wir andere Aufnäher am Ärmel haben, sind wir im Einsatz nicht anders als die BF. Es ist also eine sehr gute Partnerschaft.
Ich weiß jetzt natürlich nicht, welches Vorwissen und Alter du hast, daher spiel ich mal ein paar Situationen durch:
Situation 1: Du bist blutiger Anfänger
Kein Problem. Solange du nicht Jesus noch gekannt hast und die G26 (Tauglichkeitsuntersuchung für den Atemschutz) schaffst, wird man dich auch ausbilden. Mach dich drauf gefasst, dass du im ersten Jahr wenig Freizeit hast und viel Zeit in Lehrgängen verbringst, ohne auch nur einmal einen Einsatz zu sehen. Ohne Truppmann 1/2 fährt bei uns kein Neuling mit, und auch danach ist das 1. Fahrzeug für dich weitestgehend tabu. Wenn du irgendwann ein wenig Routine für die Standardabläufe entwickelt hast, und dich auf dem 2./3. etc. Fahrzeug als brauchbar erwiesen hast, bekommst du auch die Erlaubnis fürs 1. Fahrzeug. Auch danach gehts ordentlich weiter - Truppführer, Speziallehrgänge, regelmäßige Übungen, Atemschutz. Anstrengend, aber lohnend.
Situation 2: Du bist TM1/2
Nice, aber nicht genug. Klar wird man dich weiter ausbilden, aber dank des Grundstocks wird sich das etwas eher in Grenzen halten. Mitfahren ist für dich auch noch nicht drin, allenfalls als Unterstützung auf den letzten Fahrzeugen, aber nach nem halben Jahr (wenn du die Lehrgänge machst und bei den Übungen nicht grad unfähig bist) lässt man dich schon auf Einsätze mitfahren. Piepser bekommst du wahrscheinlich auch um den Dreh.
Situation 3: Du bist TF/AS
Gut. Eventuell musst du noch eine Prüfung ablegen, bei der dein Leistungs-/Ausbildungsstand abgeprüft wird, aber sonst bist du recht flott dabei. Auch noch nicht aufm ersten Fahrzeug, und die Speziallehrgänge fehlen dir natürlich auch alle, aber das kommt im Laufe der Zeit. Mitfahren lässt man dich jedenfalls, und Piepser solltest du eigentlich in den ersten Übungen bekommen. Atemschutz ist für dich aber wahrscheinlich anfangs noch nicht drin, da wir etwas anders arbeiten als aufm Land und du das erst lernen musst.
Situation 3: Du bist MA mit C/D-Führerschein
Perfekt. Bei uns musst du für die Fahrzeugführung noch ne interne Prüfung mit BF-Fahrlehrer machen, aber ansonsten bist du unser Mann. Anfangs wahrscheinlich auch eher nicht aufm 1. Fahrzeug, aber das kommt eher auf die Personalstärke im Alarmfall als auf deine Routine an. Ergo: Bist du der einzige Maschinist und das Fahrzeug schon voll, dann fährst du auch aufm 1. Fahrzeug. Für Drehleitern musst/kannst du wahrscheinlich noch ne extra Fortbildung machen, wenn du die nicht schon hast.
Situation 4: GF/ZF
Effektiv bist du TF. Es wird ne ganze Weile dauern, bis man dir nen Fahrzeug als GF gibt. In Übungen schon, aber durch das Zusammenspiel mit BF und die standardisierten Einsatzkonzepte bist du definitiv im Einsatzfall im ersten halben Jahr nicht GF.
Situation 5: Du bist Sani
Sofern du halbwegs als Feuerwehrler brauchbar bist, sitzt du im Einsatz mit Personenschäden auf einem der ersten Fahrzeuge, zumindest wenn die Abteilung sonst grad keine Sanis/RAs zur Verfügung hat. Effektiv bist du dann auch Sani, und nicht FFler.
Es kann durchaus sein, dass das in anderen Städten lockerer gehandhabt wird; München lässt sich aber in mehrerlei Hinsicht anmerken, dass es zur Crème de la Crème gehört. Immerhin haben wir nahezu für alles Ausrüstung (inklusive Klettergurt, Sprungretter, Wasserwerfer etc.), und im Fall meiner Abteilung sind wir neben der Abteilung Stadtmitte die ABC-Spezialisten der FF.
Kleines Schmankerl noch zum Schluss: Solltest du in irgendeiner Form beruflich mit Gefahrgut zu tun haben (als Verantwortungsträger, also Mikrobiologe, Chemiker, Strahlenphysiker etc.), gibt es für dich am Ende der Feuerwehrkarriere zumindest in München die Möglichkeit, in die Analytische Taskforce einzutreten. Damit gehörst du wirklich zur Crème de la Crème, denn da arbeiten BF und FF ganz eng zusammen und bilden die Spitze der Gefahrstoffabwehr in Deutschland. Dazu kann ich dir momentan jedoch noch nichts näheres sagen, ich bin noch nicht dabei.
Mal sehen, hab ich noch was vergessen? Ach ja, Einsatzzeiten unterscheiden sich nicht vom Land (24/7/365, ausgenommen natürlich Urlaub und Abwesenheit). Wer grad nicht weg kann, kann halt nicht weg - scheiße gelaufen. Dafür fährt ja auch die BF; wenn die FF kein Fahrzeug rausbringt, ist die BF trotzdem da, und wenn doch, stehen wir halt gemeinsam vor der Tür. Bei uns gibts dann noch nen Bierdeckelradius; wer innerhalb dieses Areals auf der großen Übersichtskarte wohnt (also innerhalb eines Kilometers vom Gerätehaus etwa), wird bei Ein-Fahrzeug-Alarmen (Schleife 2, also grob gesagt Scheißdreck und Wachbesetzung) alarmiert, alles außerhalb nicht mehr (da die Leute nachts eh das erste Fahrzeug nicht erwischen) - das ist aber Abteilungssache bei uns.
Ich hoffe, das hilft bei deiner Entscheidung, ansonsten behalt ich den Thread mal im Auge.
Edit:
Sonderrechte im Einsatz.
Wird ein Feuerwehrmann zum Dienst gerufen, wird von der größten Notlage ausgegangen, also Menschenleben in Gefahr. Damit gilt die Straßenverkehrsordnung nur noch als Richtlinie, der übergeordnete Paragraph schreibt eine unverzügliche Ankunft am Gerätehaus und anschließend an der Einsatzstelle vor (auf Nachfrage such ich das Ding auch raus). D. h. man DARF rote Ampeln über- und in der Stadt mit 100 km/h fahren, sofern man sich selbst und andere nicht gefährdet. Parkverbote gelten dann ebenso nicht mehr. In München werden Blitzerfotos gelöscht, wenn das Schild aufm Dach ist, meist ohne Rückfrage. Bei Strafzetteln reicht ein Einspruch mit dem Vermerk "Feuerwehreinsatz", wenn die Wachteln zu dämlich waren, das Schild zu sehen.
Wie immer gilt natürlich: Passiert was, hast du die Arschkarte. Ist aber auch bei der Blaufahrt so.
Edit 2: Immer noch Sonderrechte, diesmal mit Quelle:
http://www.anwalt.de/rechtstipps/in...iwilligen-feuerwehr-im-privat-kfz_039390.html